Studie zum Grundeinkommen: Für alle reicht es nicht

Eine Langzeitstudie mit 1500 Menschen erforscht das bedingungslose Grundeinkommen. Was dessen Fans verschweigen: Der Staat hat nicht das Geld dafür.

Menschengruppe auf einer Einkaufsstrasse

Einkaufsstraße in Berlin Foto: Jochen Eckel/Imago

Der Traum ist so alt wie die Menschheit: der Traum vom Schlaraffenland. Niemand muss arbeiten, sondern der Bauch füllt sich von selbst. Nun scheint dieses Märchen wahr zu werden; „bedingungsloses Grundeinkommen“ heißt es heute. Jede BürgerIn soll 1.200 Euro im Monat bekommen. Vom Staat, netto.

So schön diese Idee ist: Der Staat hat dieses Geld nicht. In Deutschland leben rund 83 Millionen Menschen. Es würde knapp eine Billion Euro kosten, alle mit einem Grundeinkommen von monatlich 1.200 Euro auszustatten.

Die Fans des Grundeinkommens argumentieren gern, dass der Staat schon jetzt eine Billion Euro für Sozialleistungen ausgibt. Dieses Geld könnte man doch umverteilen. Nein, kann man nicht. Denn Transferleistungen wie Wohngeld oder Bafög machen nur einen kleinen Teil aus. Der große Rest fließt in Renten, Pensionen, Krankenhäuser, Ärzte und Altenpflege. Diese Ausgaben wären weiterhin nötig; das Grundeinkommen müsste man also zusätzlich finanzieren.

Indirekt geben die Anhänger des Grundeinkommens zu, dass das Geld fehlt – indem sie Fragen zur Finanzierung hartnäckig ignorieren. Sie widmen sich lieber Themen, die bequemer sind. Der Verein „Mein Grundeinkommen“ ist typisch: Per Crowdfunding kam jetzt genug Geld zusammen, um das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit einer Langzeitstudie zu beauftragen. 1.500 Menschen werden drei Jahre lang begleitet, 120 erhalten ein Grundeinkommen. Man will wissen, wie sich das Leben des Einzelnen verändert, wenn das Einkommen gesichert ist. Diese Frage ist interessant – ändert aber nichts daran, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle nicht finanzierbar ist.

Es ist schade, dass die politische Energie fürs bedingungslose Grundeinkommen verschwendet wird. Denn ein „bedingtes“ Grundeinkommen ließe sich bezahlen. Man könnte eine vernünftige Grundrente einführen oder die Hartz-IV-Sätze anheben. Aber dafür streitet fast niemand.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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