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Wolfram Weimers GenderverbotWeg mit dem Wokismus

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer will gendergerechte Sprache in seinem Haus verbieten. Damit macht er aus einem Nebenschauplatz einen Kulturkampf.

Gendern: Mit dem Verbot befeuert Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer (CDU) den Kulturkampf Foto: imago

D as ist es wieder, das Verbot, geschlechtersensible Sprache im Amtsgebrauch zu verwenden. Nachdem CDU-Bildungsministerin Karin Prien und Länder wie Bayern und Sachsen damit vorgeprescht sind und andere Bundesländer ähnliche Vorschriften getroffen haben, folgt nun Kulturstaatsminister Wolfram Weimer.

Fortan müssen die – Achtung, jetzt wird gegendert – Mit­ar­bei­te­r:in­nen in Briefen, E-Mails und anderen Schriftstücken auf sogenannte Gendersternchen, Doppelpunkte oder auch das Binnen-I verzichten. Wenn man weiß, in welcher politischen Ecke sich Weimer verortet, überrascht das nicht. Gendern ist in der rechtskonservativen Blase so verpönt wie das Verwenden des generischen Maskulinums im linken Lager.

Mit dem Verbot befeuert Weimer den Kulturkampf, obwohl er meint, genau das Gegenteil zu tun. Wer Gendern verbietet, sendet ein klares Signal: Nonbinäre und trans Personen spielen sprachlich keine Rolle, werden de facto ausgegrenzt. Selbst Frauen und Männer, die sich klar ihrem Geschlecht zuordnen und gendern wollen, sind im Hause Weimer dazu verdammt, andere auszugrenzen. Damit trägt Weimer zur Spaltung der Gesellschaft bei – und das unabhängig davon, ob die Menschen gendern wollen oder nicht.

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Nebenbei bemerkt muss in Deutschland niemand gendern, denn es gibt kein Gesetz, das das vorschreibt. Statt die Menschen so sprechen zu lassen, wie sie wollen, wird ein gesellschaftspolitisches Feld bearbeitet, das im Grunde ein Nebenschauplatz ist. Die Wirtschaft des Landes hängt nicht davon ab, ob jemand Kol­le­g:in­nen sagt, aber sehr wohl auch davon, wie Unternehmen mit ihren Mit­ar­bei­te­r:in­nen umgehen. Ob sie also anerkennen, dass jemand jetzt Paula ist, obwohl sie als Paul geboren wurde.

Durch den rechten Kulturkampf gegen alles Linksliberale, zu dem in erster Linie Flüchtlings- und Klimapolitik, das Recht auf Abtreibung, eine progressive Geschlechter- und Quotenpolitik gehören, wird aus dem Nebenschauplatz gendergerechte Sprache allerdings ein Hauptschauplatz gemacht. Mit der Intention, die über Sprache hinausgeht: Weg mit dem Wokismus.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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13 Kommentare

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  • 1. Sind nicht alle Linksliberalen für's Gendern.



    2. Weil es offenbar weder Linkes noch Liberales stärkt.



    3. Nicht die Rechten haben diesen Sprachpopanz aufgebaut.



    4. Sie nutzen aber gern linke Fehler für ihre Zwecke.



    5. Vielleicht sollte die Autorin auch mal zu den Hauptschauplätzen wechseln.

  • Kulturkampfstaatssekretäris braucht keina.

  • Der Wok gehört in die Küche. Das ist der Ort für Wokismus.

    Wach in der Welt der gesellschaftlichen Blasen:

    Woke - aufgewacht linksmoralinsauer



    Erweckt - "christlich"-"fundamental" bibelgegürtet



    Erwacht - rechte Wachtelmännchen am Rhein



    Sei wachsam - seit einiger Zeit eher bei Rechtspopulisten beliebtes Reinhard Mey Zitat

    Der Wachheit kann offenbar aus jeder Richtung etwas abgewonnen werden.

    Etwa Gewinn für den Dealer aus dem Amphetaminhandel. Da, wo mit solch schädlicher Drogenchemie regelmäßig der Wachheit nachgeholfen wird, herrscht quasi Wachismus - Wachsein um jeden Preis bis hin zu körperlichen Verfallsnebenwirkungen.

    Der Begriff woke kursiert vermehrt wieder in der taz.

    Ich würde ihn lieber abschaffen. Wir könnten ihn friedlich einschlafen lassen. Wie die Wachen - siehe kamelopedia.net/wiki/Schlafwache

  • Wundere mich schon immer über die konservative Janusköpfigkeit.



    "Die Verbotspartei 'Die Grünen' wollen uns die Currywurst und Tempo 250 verbieten! Ach übrigens, gendergerechte Sprache ist ab sofort verboten."



    Merken die das eigentlich gar nicht?

  • Der Herr Weimer will nichts anderes, als die Sprache, über die wir alle uns identifizieren, schützen.



    Diese Sprache zu verfälschen bedeutet einen weiteren Impuls zur Spaltung unserer Gesellschaft.

  • Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer will gendergerechte Sprache in seinem Haus verbieten.



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    Kann man(n)/FRAU so sehen, aber mir fällt spontan noch ein Aspekt mehr dazu ein, MÄNNLICH UR-angst! :-)

    Die hat Schiller im "Lied von der Glocke" ja schon klar umschrieben:



    ".... Da werden Weiber zu Hyänen



    Und treiben mit Entsetzen Scherz.....",



    weiteres zu zitieren verbietet mit die Sorge um meine so empfindlichen Mitmänner! :-)



    Mein Fazit: Ist alte Taktik der "Rechten" Nebenschauplätze & Symbole !hoch zu jatzen" um "das Volk" von der Wirklichkeit abzulenken.

    Siehe Nr.47, Orban. Erdogan, uvam.

    Mein Fazit: Lassen wir WW ein bisschen "Trumpfen", nehmen Ihn einfach nicht ernst & lachen ihn aus.

  • ,,Statt die Menschen so sprechen zu lassen, wie sie wollen, wird ein gesellschaftspolitisches Feld bearbeitet, das im Grunde ein Nebenschauplatz ist."



    Ich finde die Vorstellung witzig, dass jemand, der bei einer Bundesbehörde arbeitet, so schreiben könne, wie er es will. Es geht da um eine Amtssprache und nicht um kreatives Schreiben. Dass die sich an den Empfehlungen des Rechtschreibrats orientiert, allgemeinverständlich ist und sich nicht eines Soziolekts bedient, der von einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, sollte eigentlich selbstverständlich sein.



    Wenn es ein "Nebenschauplatz" ist und "nicht so wichtig" wie dann immer plötzlich behauptet wird, wenn jemand mal eine Gegenposition dazu einnimmt, dann kann man es ja auch einfach bleiben lassen! Wenn man es nicht kann, scheint es ja enorm wichtig zu sein - und dann muss man auch damit leben, dass es Gegenpositionen dazu gibt. Vielleicht muss man auch einfach mal einsehen, dass man diesen Kulturkampf schlicht verloren hat?

    • @Milky:

      Ich finde die Vorstellung witzig, dass jemand, der bei einer Bundesbehörde arbeitet, so schreiben könne, wie er es will. Es geht da um eine Amtssprache und nicht um kreatives Schreiben. Dass die sich an den Empfehlungen des Rechtschreibrats orientiert, allgemeinverständlich ist .....



      ----



      Milky, wann hast DU je einen Behördenbrief bekommen, der frei von Fählern war & allgemeinverständlich,... usw. war?



      Amts- bzw. Behördendeutsch hat mit Umgangssprache mMn. nicht mehr viel gemein! :-(

      Obj. : Mir hat eine "Behörde" mal bestätigt, dass ich gestorben bin & meine Lady nach dem ich 40 Jahre im Landesdienst war. die Witwenrente bekäme!



      Da wurde nicht nur die Adresse, sondern auch der "Anspruch & alle anderen Daten" vertauscht!



      War den o.a. nach einem Anruf etwas peinlich, doch wir haben dann gemeinsam geschmunzelt!

      Ps. Mildernde Umstände: Der Bescheid wurde am "Aschermittwoch" in Düsseldorf erstellt! :-)

    • @Milky:

      Ich stimme da zu. Rund achtzig Prozent der Bevölkerung lehnt diese Art zu kommunizieren ab. Ich selbst kenne niemanden, der so spricht. Es muss nicht alles, was angeblich ein Fortschritt ist, auch wirklich bei den Menschen Anklang finden. Sogar die Mehrheit der Grünenanhänger sind laut einigen Umfragen dagegen. Die Amtssprache wurde nach vielem Ringen in 19. Jahrhundert festgelegt, vorher schrieb jeder, wie er wollte. Wir sollten uns an die Regeln halten, die vom Rat der Deutschen Rechtschreibung vorgegeben sind. Die gelten nämlich auch in Österreich, Belgien, der Schweiz und Luxmburg.

  • Die Rechten in den USA haben bewiesen, dass das Thema geeignet ist, die Zielgruppe zu triggern. Entsprechend schwappt das selbstverständlich auch in entsprechende Kreise hier in D.



    U.a. in Bayern (natürlich!) gibts entsprechende Verbote schon.

  • Bezeichnend für den politischen Trend, für sein Amt ein Armutszeugnis und so fragt man sich nur, warum geht’s denn dann nicht wieder zurück in die Höhle? Wenn man sich mit der Zukunft so gar nicht anfreunden will und ein friedliches, akzeptierendes und respektierendes Leben der nachfolgenden Generationen so egal ist. Woher kommt diese Angst der privilegierten Hälfte der Bevölkerung, die der anderen Hälfte in einem fortlaufendem Sermon Daseinsberechtigungen, Gleichstellung abschreiben und Lebensvorschriften machen möchte, die sie selber zu keinem Zeitpunkt akzeptieren würden.

    „Die Freiheit des einen hört da auf wo die des anderen beginnt“ wir können einiges lernen von E. Kant…wenn wir wollen…

    • @Lou Andreas-Salomé:

      Wie kommen Sie denn auf diese 50:50 Teilung der Bevölkerung in Privilegierte und Nichtprivilegierte? Und was hat diese Teilung mit Gendern zu tun?

      • @Piratenjäger:

        Ich verstehe das als 50% Frauen (zu 50% Männern).