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Kennzeichnung von FleischersatzproduktenDie Sprachpolizei steht rechts

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Das Gendern wollen CDU, CSU und AfD schon seit langem verbieten. Nun kämpfen sie auch gegen Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“ für Fleischersatzprodukte.

Burger dürfen womöglich bald nicht mehr veggie sein Foto: dpa

J etzt wollen uns die Rechten also auch noch unseren „Veggie-Burger“ nehmen. Die Europäische Volkspartei, der CDU und CSU angehören, hat dafür gesorgt, dass der Agrarausschuss des EU-Parlaments ein Verbot von Bezeichnungen wie „Burger“, „Schnitzel“ oder „Wurst“ für pflanzliche Lebensmittel fordert. Die AfD verlangt so etwas schon lange. Das zeigt: Die echten Sprachverbote kommen von rechts – nicht von links.

So war das schon beim Gendern: Erst warfen die Rechten den Linken fälschlicherweise vor, diese wollten beispielsweise Studenten Gendersprache vorschreiben. Dann hat zum Beispiel das CSU-regierte Bayern „mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen“ wie den Genderstern („Mitarbeiter*innen“) in Schulen, Hochschulen und staatlicher Verwaltung verboten.

Nun macht die rechte Sprachpolizei weiter bei den Lebensmitteln. Auch dahinter steckt ausschließlich Ideologie oder kulturkämpferisches Ressentiment. Denn mit der bisherigen Rechtslage können alle gut leben. Nicht einmal AfD-Wähler würden einen „Veggie-Burger“ mit einem Fleisch-„Burger“ verwechseln. Schließlich steht bei dem pflanzlichen Produkt klar „Veggie“, „vegan“ oder „pflanzlich“ dabei. Der Begriff „Veggie-Burger“ hat sich auch etabliert. Würde man ihn verbieten, gliche das einer Schikane der Verbraucher und der Hersteller.

Die vertrauten Bezeichnungen für Fleischalternativen sind nötig, damit die Verbraucher Geschmack, Textur und Zubereitung einschätzen können. Vegane Burger und ebensolche Rostbratwürstchen etwa sollen ja in gewisser Weise den herkömmlichen Produkten aus Fleisch ähneln. Und das tun sie auch. Deshalb bieten Begriffe wie „Burger“ den Verbrauchern Orientierung – solange die Zusammensetzung der Produkte klar gekennzeichnet ist. Das entspricht der aktuellen Rechtslage.

Sollte sich der Vorschlag der Rechten in der EU durchsetzen, müssten die vertrauten Bezeichnungen ersetzt werden durch alltagsferne Kunstbegriffe. Das würde die Verbraucher nun wirklich verwirren.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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9 Kommentare

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  • Es nervt, wenn linke Streber mit dem Finger auf die Rechten zeigen, wenn diese eine schlechte Idee linker Streber geklaut und auf rechts gedreht haben.



    Irgendwie scheint der Autor dann ganz durcheinander zu kommen, wenn er schreibt: "Das zeigt: Die echten Sprachverbote kommen von rechts – nicht von links." – Also kommen die falschen von links?

  • Das nennt sich Verbraucherschutz. Bürokratie pur, aber das gibt es doch bei zig Produkten.

  • Zwischen Döner und Drehspiess Döner Art ist ja auch ein gewaltiger Unterschied. Und ein Wienerschnitzel mus vom Kalb stammen sonst heist es nach wiener Art. Und das hat nichts mit Sprachpolizei zu tun sondern wurde zum Schutz der Verbraucher eingeführt. Darüber hat sich auch noch keiner beschwert.

    • @Bernd Simon:

      Klar muss die Unterscheidung zum klassischen Verständnis rüberkommen, aber wie im Artikel gesagt, das ist durch den Zusatz "Veggie" o.Ä. gewährleistet.

  • Die "Sprachpolizei" steht nicht rechts, sie ist Zeigeist. Genau wie beim aktuell viel zitierten Kulturkampf. Er wird immer nur non den Anderen betrieben. Die einen würden gern das verbieten, die anderen das, recht hat man immer nur selbst. Verbieten als Allroundlösung. Hat nur jeder seine eigenen Steckenpferd, wo er glaubt, dass man damit nicht leben kann.

  • Na wird auch Zeit. Die armen Bajuwaren wurden ja lange genug mit dem Leberkäse hinters Licht geführt.

    Wie? Der ist nicht gemeint? Na sowas aber auch.

  • Pah, Rechts setzt sich immer durch. Besonders, wenn es Widersprüche gibt, kommen die anscheinend gut an:

    CDU oder AfD: Wir gendern nicht!



    CDU oder AfD auch: "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!"

    Statt Verwirrung gibt es Jubel. Siehe den Leberkäse, der weder Leber noch Käse ist, und der absolute Hit bei Handwerkern ist. Ich esse aber weiterhin vegane Burger.

  • .. darauf erst mal ne Katzenzunge

  • Ideologie und vielleicht auch Lobbyinteressen. Jedenfalls wieder ein Beispiel, dass manche nicht nur keinen Umwelt- und Verbraucherschutz wollen, sondern ihn sogar aktiv hemmen.