Profil-Einstellungen
Hier könnten Ihre Kommentare stehen
Herzlich willkommen.
Auch Sie haben eine Stimme und auch die soll gehört und gelesen werden.
Hier werden alle Kommentare gesammelt, die Sie verfassen. Außerdem können Sie Kontaktmöglichkeiten hinterlegen und sich präsentieren.
Wir freuen uns, wenn Sie die taz.kommune mit Ihren klugen Gedanken bereichern.
Viel Freude beim Lesen & Schreiben.
meine Kommentare
21.11.2024 , 02:09 Uhr
Danke für den Artikel. Ich denke, das gilt für viele "große Themen": man kann es nicht genau wissen, weil, wie der Artikel richtig sagt, über die Zukunft nur wenige Fakten bekannt sind. Insofern kann man sich nur zu einigen Grundsätzen bekennen und sollte ansonsten für andere Meinungen erstmal offen sein. Dass eine Gesellschaft dann irgendwann nicht nur verschiedene Meinungen abwägen, sondern auch Entscheidungen treffen muss, ist klar. Aber dabei sollte man nicht soweit gehen, alle anderen Meinungen, die sich nicht durchgesetzt haben, als dumm oder schädlich zu verdammen. Was am Ende - im Nachhinein - besser zu den Fakten passen wird, die man kennen wird, wenn die Zukunft mal zur Vergangenheit geworden ist, weiß eben heute noch niemand.
zum Beitrag19.11.2024 , 19:10 Uhr
BRICS in Kasan, G20 jetzt in Rio, das sind immer Schlaglichter darauf, dass die Welt vielleicht nicht mehr ganz so ist, wie sie bei uns im weltoffenen Teil des Westens gesehen wird. Bei uns dreht es sich etwa oft um unsere Schuld und unsere Verprflichtungen, endlich anderen die Hand zu reichen und alle mit ins Boot zu lassen. Ich glaube, die reale Welt ist weit weg davon - nicht nur im Kreise der Regierungen und Mächtigen - beliebig weit können auch die sich nicht von ihren jeweiligen Bevölkerungen entfernen. Auch die Masse der Menschen hat eher keine einheitliche und in sich stimmige Sicht der Dinge - und schon gar nicht, die Sicht, die in Teilen des Westens als fast alternativlos gilt.
zum Beitrag11.11.2024 , 03:13 Uhr
"Der globale Norden schuldet dem globalen Süden Geld, weil er die Klimakrise fast im Alleingang ausgelöst hat."
Aus meiner Sicht ist das der falsche Ansatz. Erstmal ist es so, dass der Westen im Alleingang die Kohlenwasserstoffnutzung entwickelt hat, die global allen Menschen ein besseres Leben ermöglicht hat und durch die von den 8 Mrd Menschen 6Mrd überhaupt nur am Leben sind, wegen der Fortschritte dadurch in Nahrung und Medizin (und vielen anderen Dingen, die zu Gleichberechtigung, Kultur etc. geführt haben.) Dafür schuldet der Westen erstmal gar nichts.
Natürlich gibt es auch Übertreibungen und Verfehlungen. Aber: (a) die sind glaube ich nicht so groß, relativ zu anderen, wie sie gemacht werden, (b) der Westen ist einfach nicht mehr groß und stark genug, um das alleine zu ziehen und zu finanzieren, (c) es entlässt den Rest der Welt zu sehr aus der Verantwortung sich im richtigen Maße auch zu engagieren. Ich finde den Ansatz daher nicht fair gegenüber dem Westen und ich glaube nicht, dass man das Klima so in den Griff bekommt.
zum Beitrag28.10.2024 , 11:44 Uhr
Ich glaube es gibt noch andere wichtige Aspekte, als die im Artikel genannten. Zuerst mal glaube ich nicht, dass eine rechts wählende Jugend so überraschen kann, weil das global und historisch gesehen, keine so große Ausnahme ist - es scheint also viele Gründe geben zu können, warum das Pendel in diese Richtung ausschlägt.
Neben den im Artikel genannten Gründen, ist Identität glaube ich ein wichtiger Punkt. Bei Zuwanderern und marginalisierten Gruppen würden wir doch auch selbstverständlich annehmen, dass ihre Identität ein wesentlicher Antrieb für ihr gesellschaftklich-politisches Verhalten ist: sie sind zB verunsichert, wenn ihre "Herkunftsidentität" nicht gesehen wird oder im Widerspruch zu Normen der Mehrheitsgesellschaft steht, aber auch tausend andere Dinge. Nicht für jeden biodeutschen Jugendlichen fühlt sich die Gesellschaft aber so an, dass er zur dominierenden Mehrheitsgesellschaft gehört und seine Aufgabe daher ist, zu verstehen und die Hand zu reichen.
Außerdem: zu unterkomplex sind bei so komplexen Dingen fast notwendig alle Argumentationen. Auch das Hervorheben der demografischen Notwendigkeit von Einwanderung ist in der Art zu vereinfachend.
zum Beitrag23.10.2024 , 20:38 Uhr
Die Hoffnung die jeweils andere Seite zu "überführen", indem man die vollkommen abgedrehten und gefährlichen Beispiele aufführt, ist nicht vollkommen aussichtslos, wie etwa das vorzeitige Aus von Biden zeigt. Aber das ist eher die Ausnahme. Die Differenzen der Lager sind offensichtlich so tiefgehend und komplex, dass es einfach keine gemeinsame Sicht gibt. Einerseits beschwören beide hunderte Gemeinsamkeiten: Walz zeigt sich als Waffenfan, Trump umschwärmt an Stellen Migranten oder "Minderheiten", niemand würde einen Ton gegen die Army sagen und hunderte von niemandem angreifbare Gemeinsamkeiten mehr.
Aber die Gegensätze sitzen eben noch tiefer. Ich glaube niemand hat da im Moment eine Idee und das Aufzählen der irren Überdrehungen bringt wenig. Eine der irrsten Überdrehungen 2016 war etwa die Mauer bauen zu wollen und Latinos als Vergwaltiger darzustellen. Die Mauer baut aber jeder weiter und die Latinos wählen jetzt Trump.
Das bringt so nichts. Die Gegensätze liegen irgendwie tiefer.
zum Beitrag23.10.2024 , 20:27 Uhr
Ich glaube der Staat hat sich bereits übernommen: all die Hilfen und Sonderpakete, Euro-Stützen und Pensionsversprechen - der Staat kann das nicht mehr. Geld drucken geht auch nur gut, wenn man als Wirtschaft autark ist (wie bis zu einem Grad die USA). Die Eurozone ist aber nicht unabhängig von der Welt - wir können nicht beliebig Geld drucken ohne irgendwann schmerzhafte Reaktionen des Weltmarkts. Denke ich.
zum Beitrag16.10.2024 , 01:52 Uhr
Vielen Dank für den Artikel. Ob das jetzt ein Licht auf größere Verschiebungen oder auf eher Details in einer ansonsten überwältigenden Einheit gegen "Weiße Diskriminierung" (oder was immer das große Gemeinsame ist): unabhängig davon ist es gut zu sehen wieviele Apskete, innere Bruchlinien, Widersprüche es gibt. Irgendwann werden sich viele (die meisten?) Menschen in harten Konflikten für eine Seite entscheiden, aber es ist gut, auch immer im Kopf zu haben, bis wohin so eine Entscheidung dann gilt und wo sie Grenzen finden würde.
Gerade weil Gerechtigkeit ein so immens starkes menschliches Gefühl ist, aber in der Realität immer auf eine die absolute Gerechtigkeit überfordernde Komplexität und verschiedene Vorstellungen trifft, darf Gerechtigkeit NIE fehlen (das ist denke ich klar), aber es ist wohl auch nicht klug ihr alleine ungebremst das Feld zu überlassen. Das endet leicht für alle schlecht.
zum Beitrag14.10.2024 , 00:08 Uhr
"Der Mitte-Kurs der Grünen befeuere am Ende nur den Rechtsruck."
Es ist vollkommen ok, die eigenen Anliegen kompromisslos vertreten zu wollen. Man muss nicht immer an alle denken, dafür haben wir ja das ganze demokratische System das auszuhandeln und es braucht dabei auch die, die sich ganz für eine Richtung einsetzen.
Ich finde es aber nicht gut einen Mitte-Kurs mit der Begründung abzulehnen, dass das eine Rechtsruck befeuere. Über einen Rechtsruck kann man nicht diskutieren, da gibt es nichts auszuhandeln. Wenn aber schon ein Mittekurs mit dieser Begründung abgelehnt wird, hieße das, dass außer der eigenen Position keine andere zulässig ist?
zum Beitrag12.10.2024 , 00:21 Uhr
Aus meiner Sicht sind die im Artikel aufgezählten Argumente nicht die Wesentlichen. Demokratiefeindlich sind Äußerungen von AfD-Politikern (wie Richter Meier aus Sachsen), dass man gegen seine Gegner vorgehen werde, wenn man erst an der Macht ist. Demokratiefeindlich sind alle Arten von Einschüchterung anderer Akteure (vielleicht nur auf dem Gang im Bundestag). Demokratiefeindlich wäre es insbesondere, wenn man, einmal an der Macht, die Institutionen und Checks&Balances aushebelt - das kann man aber im Moment schwer sagen, weil die AfD nirgendwo an der Macht ist.
Unschön aber nicht direkt demokratiefeindlich war der Alterspräsident in Erfurt - er hat sich an den Buchstaben geklammert, was nicht vertrauensbildend ist.
Insbesondere und da liegt die Hauptgefahr: Nicht demokratiefeindlich wäre es praktisch keine Migranten mehr aufzunehmen, praktisch keine Einbürgerungen, keine Verlängerung von Aufenthaltstiteln. All das wäre sehr unschön, aber in keiner Weise undemokratisch. Die Große Gefahr ist, dass die Mitte sich in einem Verbotsverfahren zerlegt über solche unklaren Punkte, die man sehr verschieden sieht. Vielleicht lernen wir aber auch alle daraus.
zum Beitrag11.10.2024 , 14:17 Uhr
Ja, das allgemeine demokratische Problembewusstsein ist mehr einem Zerfallen in Lager gewichen, die ihre jeweiligen Wahrheiten gegen Angriffe anderer Lager verteidigen. Die Beweislast an konkreten Beispielen ist meist auch erdrückend. Nur leider sehr unübersichtlich in verschiedenste Richtungen.
zum Beitrag08.10.2024 , 23:25 Uhr
Zu einem Teil ist es ein Verbiegen. Zu einem anderen Teil ist aber genau das Politik. Politik in einer Gesellschaft zu machen, in der sich alle einig sind, ist im eigentlichen Sinne keine Politik mehr, sondern Verwaltungsarbeit (die auch wichtig ist) zum Umsetzen der allgemein anerkannten Ziele in der allgemein anerkannten Priorisierung.
Dinge in einer realen Welt mit verschiedenen Sichtweisen zu erreichen, braucht Politik - und dafür muss man sich quasi per Definition verbiegen. Insofern würde ich das Verbiegen nicht nur als Manko sehen, sondern auch als Anerkennung. Es sollte nur auch das Verbiegen geradeheraus und nachvollziehbar sein.
Wenn Kühnert für heutige Verhältnisse alle wenigstens einen gewissen Respekt zollen, scheint er das Verbiegen nicht ganz schlecht gemacht zu haben.
zum Beitrag07.10.2024 , 19:23 Uhr
Ich will das nochmal anders fragen: außer Frage steht glaube ich (zumindest bei Menschen, die der taz nahe stehen), dass überall mehr getan werden müsste: mehr Menschen direkt nach D kommen lassen (per Flieger), mehr Menschen vor Ort helfen, den armen Ländern mehr anbieten (direkte Hilfen, wirtschaftliche Entwicklung etc.), für die Menschen, die sich trotzdem irregulär auf den Weg machen mehr Hilfen, mehr Anerkennungen .... einfach von allem mehr.
Mehr als jetzt - in allem - darüber besteht glaube ich eine große Einigkeit. Für mich die interessante Frage ist trotzdem: Wieviel mehr? Es geht ja letztlich nicht darum migrationskritische oder gar fremdenfeindliche Kreise in Europa vorzuführen, es geht darum Menschen zu helfen und die Welt besser zu machen. Es ist daher keine ausreichende Aussage, mehr und besser als "Fremdenfeinde" sein zu wollen. Die entscheidende Frage für die Menschen in der Welt scheint mir: Wieviel mehr will man geben, zulassen, aufnehmen, unterstützen? Wo würde man Grenzen ziehen - und wenn man die irgendwo ziehen will, wie würde man das konkret machen?
zum Beitrag04.10.2024 , 16:42 Uhr
Ob die Kinderarmut am konservativen Sparhaushalt liegt? Ein wenig sicher, aber als Hauptargument ist es unplausibel, weil zunehmend und fast alle Länder niedrige Geburtenraten aufweisen.
Rein statistisch scheint mit hohen Geburtenraten folgendes zu korrellieren (nicht 1-1, aber deutlich korrelliert): kaum funktionierende Staaten ohne jede staatliche soziale Absicherung, sehr starke Religiosität, wenig Individualismus, wenig gesicherte Menschenrechte im westlichen Sinn, sehr starkes Nationalgefühl im Wettstreit mit anderen, geringe Bildung ...
Wie gesagt, dass ist alles nicht 1-1. Es gibt etwa viele höchstgebildete Menschen mit sehr vielen Kindern. Antriebe können da ein starkes Nationalgefühl oder auch starke Religiosität sein (neben vielem anderen natürlich).
Was sagt uns das nun? Sollten wir den Sozialstaat rauffahren? Oder runterfahren? Die Religiosität fördern? Was sind die Schlussfolgerungen?
zum Beitrag02.10.2024 , 01:13 Uhr
"Es brauche vielmehr Islamismus- und Rechtsextremismusprävention oder mehr Demokratiearbeit."
Ist das nicht irgendwie dasselbe, wie die verschärfte Migrationspolitik der Regierung? Jeder versucht seine Anliegen zu pushen. Es ist immer gut gegen Rechtsextremismus vorzugehen, aber der Attentäter von Solingen hatte oder war kein "Rechtsproblem". Genauso: Er mag Demokratiedefizite gehabt haben, aber das ist doch nicht das, um was es dabei geht.
Solche Forderungen besagen mehr, dass man soweit es geht bei jeder Sache die eigenen gesellschaftlichen Anliegen voranbringen will (wie eben die Rechten und jetzt die Regierung). Das ist ja ok, aber man sollte es auch nicht hintenrum begründen.
Was auch klar scheint: wenn alle immer versuchen ihre ges. Anliegen voranzubringen, bringt das ab einem Punkt Stress in die Gesellschaft. Weniger Migration kann da schon etwas Druck wegnehmen - dass sich erstmal die einigen, die bereits hier leben, bevor man sich mit der "ganzen Welt" einigen muss, was eben schwieriger ist.
zum Beitrag30.09.2024 , 23:36 Uhr
Das Gefährliche ist glaube ich nicht das Scheitern so eines Antrags an sich, sondern das Scheitern unter diesen konkreten gesellschaftlichen Bedingungen.
Es gibt eine große Einigkeit über Parteien und Bürger hinweg, dass man die AfD politisch nicht mag - das ist aber erstmal eine politische Einigkeit. Viele Bürger und Politiker gehen ohne tiefer darüber nachzudenken davon aus, dass diese politische Ablehnung auf grundgesetzlich klar fassbaren Kriterien beruht. Das ist aber nicht für alle Ablehnungsgründe so klar. Das Grundgesetz würde rein theoretisch eine Menge Freiheitsgrade zulassen, die eine große Mehrheit der Bevölkerung politisch scharf ablehnen würde.
Was politisch dabei herauskommt, wenn breit diskutiert wird zu unterscheiden, was klar grundgesetzlich unzulässig ist und was klare politische Ablehnungen sind, ist nicht so ganz sicher - denke ich.
zum Beitrag22.09.2024 , 23:34 Uhr
Ja, stimmt, jetzt hat ein rechter Sozialdemokrat die Wahl gewonnen. Mehr ein Rechter oder mehr ein Sozialdemokrat? Alles dreht sich dabei um die Migration, auch bei der taz.
Die taz gehört zu den hochkarätigeren Blättern mit Autoren, die über Dinge nachdenken. Wäre es da nicht, nach sovielen Rechten Erfolgen, interessant grundsätzlicher nachzudenken? Wäre es so, dass die ganze Welt "taz-Standpunkte" hätte und nur in Deutschland gäbe es noch steinzeitliche Rechte, würde es viel Sinn ergeben, darüber keine Zeit zu verschwenden: die Steinzeitler sollen eben endlich aufhören sich so wichtg zu machen.
So ist es aber nicht ganz - die allermeisten Menschen in der Welt liegen in wichtigen Punkten nicht auf taz-Linie (sie verletzen sie in Punkten krass), auch wenn man das breite taz-Spektrum ansetzt. Es gibt sicher viel größere Strömungen, aber wiederum auch keine, die wirklich große Mehrheiten vereinen würde. Bunt eben - widersprüchlich.
Mein Gefühl ist, dass es dazu mehr tiefe Gedanken für unsere Gesellschaft geben muss, auch mit schwierigen Abwägungen, als nur, dass Steinzeit doof ist.
zum Beitrag19.09.2024 , 18:31 Uhr
Ja, das muss man alles kritisch begleiten - ist aber schwierig. Das Migrationsthema ist so groß, dass es die EU auch sprengen kann - dann erübrigt sich alles EU-Recht und was der EuGH dazu meint. Es wird auch dadurch noch schwieriger, dass es nicht das einzige Problem ist, das eine Größenordnung hat, die die EU auch zerlegen kann. Schwierig.
zum Beitrag17.09.2024 , 02:18 Uhr
"bringen jede Menge Probleme mit sich. Diese sind letzten Endes fast immer finanzieller Natur "
Nicht ganz: wenn Sie behaupten, dass es eigentlich nur um Geld ginge, sagen sie indirekt allen Migranten, dass sie sich über sonst nichts aufzuregen hätten und im Grunde so wie sie und die Mitte in Deutschland dächten. Ist das nicht übergriffig? Ich verstehe viele Migranten so, dass sie selber sagen, dass sie in vielen Punkten, die ihnen sehr wichtig sind, deutlich anders denken, als die Mehrheitsgesellschaft hier, und sich deshalb oft nicht so wohl fühlen. Ich nehme es auch so wahr, dass viele Migranten, auch solche, die viel Geld verdienen, andere Punkte haben, die sie zT auch tief erschüttern. Es scheint mir daher komplexer als nur Geldfragen.
zum Beitrag17.09.2024 , 02:13 Uhr
AfD-Eindämmung: "Indem man sich bei bestimmten demokratischen Grundlagen einig ist."
Ist das wirklich so? Führt Herr Botsch an anderen Stellen nicht selber Beispiele an, dass es ein großer Teil der Wähler selber ist, der sich nicht an demokratische Grundlagen hält, die vorgegeben und nicht zu diskutieren sind.
Wir können nur hoffen, dass sich dieser Teil der Wähler so klar zu erkennen gibt, dass er Wahlen nicht akzeptieren will, mit Gewalt die staatliche Ordnung angreifen will etc. Dann sind die Dinge klar und man kann diese "Wähler" ausschließen.
Im jetzigen Zustand ist man in einem trüben Zwischenwasser: viele Menschen wollen Schutz-Migration begrenzen, Sozialausgaben einschränken, frei über Ressentiments reden, Klimamaßnahmen kritisieren, Medien kritisieren etc. Das ist nicht schön, aber eben auch nicht direkt undemokratisch.
Was tun? Muss man dann trotzdem mit denen reden? Oder sollte man, wenn man klar erkannt hat, dass diese Menschen vollkommen undemokratisch sind, sich nur noch nicht ganz offen zeigen, sie konsequent ausgrenzen?
Ich befürchte, die Dinge sind nicht so ganz klar und wir werden mit vielen Gruppen reden müssen !?
zum Beitrag14.09.2024 , 01:21 Uhr
"Über Migration wird nur noch negativ als Bedrohung geredet."
Ist das nicht irgendwo auch "normal". "Wir" haben es geschafft die Migration über die deutsche Grenze 9 Jahre weitgehend offen zu halten. Klar - nicht direkt aus zB dem Jemen oder Sudan, von dort hat es fast keiner hergeschafft, obwohl es den Menschen in der Zeit sehr schlecht ging. Aber es war doch eine Migration, die alles übertroffen hat, was man sich davor hat vorstellen können. Die Argumente, um das offenzuhalten, waren auch nicht immer so alternativlos, wie vielleicht manchmal dargestellt, aber sie haben eine politische Mehrheit in D überzeugt, die das getragen hat. Es war aber doch klar, dass das nicht ewig gehen kann und dass bei all dem Drive für die Öffnung irgendwann der Gegendrive für das Schließen auch etwas überschießen wird.
Auch das wird nicht auf ewig sein, wir haben Millionen neue Mitbürger, die Politik wird sich alleine dadurch anpassen und nicht einfach zurückschnappen. Ich würde das etwas ruhiger als einen normalen "politischen Verlauf" sehen. Allen Menschen oder auch nur den Bedürftigsten habe wir ohnehin nie geholfen. Der Drive war immer mehr Richtung freie Öffnung.
zum Beitrag13.09.2024 , 00:53 Uhr
Ich finde den Artikel einseitig: es ist nicht lange her, da hat auch die taz in den meisten Artikeln dafür getrommelt, dass Gesellschaft und Politik nicht genug für Klima und Gerechtigkeitsthemen machen, also mehr Geld und Stellen in die Sichtbarkeit von marginalisierten Menschen, Diversitäts-Sensibilisierungsprogramme, Forschungsstellen an Unis dafür etc. Vom Straßenbau war keine Rede.
Jetzt bräuchte es vor allem Straßenbauer, Brückenbauer, Gleisbauer, Handwerker zum Wohnungsbau und Waffenbauer für den Ukrainekrieg.
Die bekommen aber kein Dankeschön, sondern die Ermahnung mit auf den Weg, dass die wirklich Leidtragenden Ausländer seien. Dem ein oder anderen Nicht-Ausländer wird vielleicht die Lust vergehen, sich überhaupt noch irgendwo zu engagieren, wenn die Fahne morgen sowieso wieder in eine andere Richtung weht.
Ich finde die Einstellung im Artikel wenig respektvoll und aufmerksam für die Situation und Leistung anderer Menschen.
zum Beitrag12.09.2024 , 14:00 Uhr
Ich würde europäische Lösungen nicht so hervorheben: auch die letzte war keine Einigung, sondern ein Scheitern, aber alle haben gesagt ok, wenn Deutschland weiter alle aufnimmt, dann meinetwegen. Die anderen sehen es dabei mehrheitlich so (wohl falsch, aebr sie sehen es so), dass Deutschland auch Schuld sei, wegen Pullfaktoren. EU-Lösungen sind also ok anzustreben, bisher aber ohne Hinweis, dass sie eine Lösung währen.
Ich würde auch weniger den Begriff "Asyl" verwenden. Es gibt zwar immer griffige Kürzel, aber Asyl spielt auf GG §16 an und soll zeigen, dass es hie nichts zu verhandeln gibt. Streng trifft es aber nur auf 1% zu. Wollen wir das? Etwas weiter meinen wir "Schutz". Aber selbst da, ernsthaft: all die Menschen, die sich ein besseres Leben erhoffen, deren Familie schon hier ist, viele andere Gründe: die wollen wir doch nicht wirklich zurückweisen? Was wollen wir wirklich? Ich denke Offenheit für alle Menschen, weil sie Menschen sind? Wollen wir eine Diskussion über Nachteile -gibt es überhaupt welche? Wenn ja, darf es bei solchen Fragen überhaupt etwas abzuwägen geben? Mit welchem Recht? Mir scheint es um solche Fragen zu gehen.
zum Beitrag09.09.2024 , 15:29 Uhr
Wie meinen Sie das genau: Die Gesellschaft wird jetzt sehr dynamisch und in all der Dynamik gibt es für die beweglichen Menschen, viele interessante Ecken mit guten Verdienstmöglichkeiten? Gerade auch sehr viele Wähler der Anit-AfD-Parteien (SPD, Grüne, Linke) wollen doch einen Staat, der sozialen und auch finanziellen Halt für alle Menschen garantiert. Die Argumente gehen dort eher in die Richtung, dass gerade eine vielfältige, offene Einwanderungsgesellschaft mehr staatliche Sicherheit dafür garantiert (weil mehr Arbeitskraft und kreative Kraft da ist und andere Argumente). Es geht doch entgegen Ihrem Argument eher darum, die staatlichen Garantien auf möglichst viele Menschen auszuweiten, nicht nur auf biodeutsche Staatsbürger.
zum Beitrag05.09.2024 , 00:04 Uhr
Das Argument, dass eine Zurückweisung das politische Klima in der EU weiter anheizen würde, finde ich nicht ganz ehrlich. Die große Mehrheit (außer Luxemburg inzwischen alle?) der EU-Staaten will inzwischen weniger Migration, weil sie alle Angst haben, dass ihnen das über den Kopf wächst. Deutschland wird als Pull-Faktor und Blockierer bei Außengrenzmaßnahmen wahrgenommen. Daraus leiten sich die meisten angesprochenen "Aufheizungen" ab, meiner Wahrnehmung nach. Das sollte man auch ehrlich darstellen.
An der Migrationspolitik muss man ja trotzdem nichts ändern, weil da ganz andere Gründe dafür sprechen - universelle Werte, die Menschen ohnehin nicht wirklich zu debattieren haben und einzelne Länder oder auch die EU auch nicht. Hier geht es einfach um höhere Werte. Ist das nicht das Argument und so sollte man es auch bringen?
zum Beitrag30.08.2024 , 18:34 Uhr
In der Kritik an den Grünen gebe ich dem Artikel recht - in der Bewertung der Maßnahmen eher nicht.
Was ich auch sehe: Politik ist nie "das Eine Richtige", es ist immer ein Ringen verschiedener Wege, auch verschiedener Ziele. Und gerade, wenn es Gegenwind gibt und die eigene Position zur Minderheit wird, könnte man sie klarer vertreten. Wenn ohnehin schon alle zustimmen, könnte man sich eher fragen, ob man vielleicht etwas bremsen sollte.
Inhaltlich diese Maßnahmen jetzt zu kritisieren verstehe ich nicht: wenn man überhaupt eine relativ offen Gesellschaft will kann man sich nicht übernehmen. Es ist kein abschließendes Kriterium, ob durch irgendeine Maßnahme ein Mensch ungerecht behandelt werden könnte oder ob darin auch eine Gefahr liegt. Das trifft immer zu. In der Abwägung gegen andere Nachteile wird es zum politischen Argument. Das Argument, dass eine dohende Abschiebung jemanden erst radikalisieren könnte, kann ich auch so anwenden, dass einen Nicht-Abschiebung (oder vieles Andere) einen Rechten radikalisieren könnte. Das wollen wir auch nicht so als abschließendes Argument stehen lassen.
zum Beitrag29.08.2024 , 20:43 Uhr
Ja, der Artikel geht sehr in Richtungen, in die ich auch denke. Empörungsunternehmerin sicher - aber das ist auch wieder nichts so Besonderes. Ich denke, mit der Gesellschaft, wie sie ist, ist heute keiner zufrieden. Was uns glaube ich noch am meisten eint, ist die tiefe Empörung, über all die Dinge, die geändert werden müssten - nur eben sieht jeder sehr verschiedene Dinge.
Ein Kriterium ist sicher die Homogenität - die Bewegungen von "Morgen", wie Böhemermann sagen würde, die alle Menschen einschließen. Und die Bewegungen von "Gestern", die nur für sich denken und sich mehr nicht vorstellen können oder wollen. Nachteilig an dieser Einteilung ist, dass die Bewegungen von Morgen schon national meist nur wenige Prozent erreichen, global oft winzig sind (auch wenn es in der Summe viele verschiedene gibt). Es ist einerseits gut für alle Menschen zu sprechen, aber doch nicht ganz so gut wie das auch mit dem Auftrag all der Menschen zu tun.
So ist es glaube ich am ehesten so, wie der Artikel anklingen lässt: das alte wird gehen (SPD, irgendwann auch die CDU), was kommen wird, weiß noch keiner. Die Wirbel tragen BSW, vielleicht AfD nach oben - aber kaum auf Dauer.
zum Beitrag27.08.2024 , 22:55 Uhr
Ja, diese Politik ist unehrlich. Ich finde aber auch diesen Artikel unehrlich, er pickt sich auch nur heraus, was ins eigene Bild passt. Claudia Roth (und andere linke/grüne europäische Politikerinnen) haben mit Kopftuch bei Besuchen im Iran ihren Respekt bei allen mögichen Gesprächen erwiesen. Dem Iran, der zB hinter dem hier angeklagten Assad steht - und hinter vielen anderen Dingen auch. War das jetzt falsch oder richtig? Bei der Asylaufnahme aus Syrien oder Afghanistan schauen wir auch nicht, ob jemand Assad- oder Talibananhänger ist. Müssten wir das nicht, wenn wir nicht verlogen sein wollen?
Ich denke, unsere Gesellschaft ist damit schlicht überfordert und sollte sich nicht zuviel zumuten. Ich halte nicht viel davon theoretische Ideale in den Raum zu stellen, die wenig mit den realen Verhältnissen und den realen Kräften zu tun haben.
zum Beitrag27.08.2024 , 01:33 Uhr
Das ist schwierig. Andere EU-Länder verschulden sich, die USA auch. Da ist es einerseits dumm sich nicht zu verschulden, weil man ohnehin mithaftet, wenn es kracht. Andererseits kann man nicht auf Dauer den Sozialstaat und die Wirtschaft durch Pump am Laufen halten. Oft ist auch jetzt schon das Geld da, aber die Arbeitskräfte dafür fehlen. Viele Schulden führen wahrscheinlich auch wieder zu niedrigen Zinsen, wieder mit Vermögenspreisexplosion - und Nachteilen für Nicht-Vermögende.
Ich glaube, ganz so einfach ist es nicht.
zum Beitrag20.08.2024 , 01:59 Uhr
„Wenn man immer sagt, wir sind die Partei der Solidarität, dann muss man halt auch nach innen solidarisch miteinander umgehen“, sagte Janine Wissler
Das empfinde ich auch als ein tiefliegendes Problem linker Parteien: dadurch, dass man sich für höchste menschliche Werte einsetzt und für all die Menschen, die unter Ungerechtigkeiten zu leiden haben, scheint es oft schwer Kompromisse eingehen zu können - das wäre ein Verrat an den Werten und Menschen.
Diesen Drahtseilakt muss die Linke (und andere linke Parteien) aber irgendwie hinbekommen.
zum Beitrag28.07.2024 , 16:57 Uhr
Das Eröffnungsfest würde ich ähnlich wie der Artikel einsortieren.
Die Bedeutung der rückwärtsgewandten, nationalistischen und auf identitären Egoismus gegründeten Ideologie würde ich anders sehen. Das ist nicht DIE große Bedrohung der Gesellschaft, es ist eines von vielen Symptomen, dass die Gesellschaft im Moment keine Mitte hat. Auch wenn alle identitären Rechten verschwinden würden, blieben genügen verschiedene und vielfältige Gruppen und Weltsichten mit sovielen gegenseitigen Unverträglichkeiten, dass die grundsätzliche Situation die gleiche wäre.
Wir können uns da glaube ich nur langsam vorantasten.
zum Beitrag24.07.2024 , 13:03 Uhr
Ist das wirklich so einfach? Einerseits hat jede Gesellschaft Bekleidungsvorgaben bei offiziellen Anlässen. Wenn es also nur um irgendein Bekleidungsstück geht, ohne große Werte dahinter, ist das Argument unvollständig, weil es dann auch nicht sooo große Bedeutung hat und jede Gesellschaft und Untergruppe je nach Anlass alle möglichen Bekleidungsvorschriften und Erwartungen hat.
Wenn es, was zutreffender ist, um ein Bekleidungsstück geht, dass in vielen und großen Gesellschaften für tiefe Überzeugungen und umfassende Wertesysteme steht, ist es eine Sache, die alle Menschen in dieser Gesellschaft betrifft.
Man kann dann etwa sagen, dass es nur um kleine Minderheiten geht, die die Gesellschaft nicht prägen: aber soll das explizit die Aussage sein: Musliminnen dürfen nie prägend werden? Das meint man wohl eher nicht. Wenn es aber um etwas geht, das potenziell für die Gesellschaft prägend werden kann, ist es prinzipiell auch ok, wenn andere Gruppen ihre Grenzen ausdrücken.
Ich sage nicht, dass es da ein klares Richtig und Falsch gibt, ich meine nur, dass es ein Punkt ist, über den man viel nachdenken und entscheiden kann. Man kann es nicht einfach zu einem Nicht-Thema erklären.
zum Beitrag22.07.2024 , 13:53 Uhr
Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns in dieser Frage ehrlicher machen. Der Artikel führt an, dass die USA wohl noch nicht so weit sind eine Frau zu wählen, dass junge GegnerInnen Israels im Gazakrieg gar nicht wählen werden und anderes. Das wird so erzählt, als gäbe es dahinter eine Weltsicht, die sich bald allgemein durchsetzen wird - wer kann auf Dauer gegen die Gleichberechtigung von Frauen sein? Niemand - das zeigt doch, dass "unsere" Sache auf Dauer gewinnen muss und wird ...
So ist das aber nicht. Realistischer ist, dass es jenseits der Ablehnung von Trump keine gemeinsame Weltsicht gibt. Auch im demokratischen Lager gehen die gegenseitigen Ablehnungen tief.
Ich glaube, wir müssten uns alle etwas weniger damit auseinandersetzen, wie schlimm der Gegner (Trump) ist, und etwas mehr damit, wie in Zukunft eine Weltsicht aussehen könnte, die viele Menschen vereinen kann. Im Moment haben wir die nicht - wenn wir ehrlich sind - denke ich.
zum Beitrag17.07.2024 , 01:31 Uhr
Stimmt, wenn immerhin 2/3 nicht rechtsextrem wählen, müssen die entsprechenden Parteien auch zeigen, dass sie soviel gegenseitige Toleranz haben (Gemeinsamkeit braucht die Demokratie ja gar nicht unbedingt, Toleranz aber per Definition), dass sie eine Regierung bilden können. Melenchon sagt aber ziemlich klar, dass er irgendwas mit Macron nicht tolerieren wird. Andere schließen LFI aus. Es gibt aber noch andere klar vorgetragene Kombnationen, die sich gegenseitig für absolut unwählbar halten.
Dann bliebe es irgendwie dabei, dass das RN die mit Abstand größte politisch einige Wählerbasis hat.
Oder das ganze ist ein Ausdruck in Richtung Unregierbarkeit, weil die Grundvoraussetzung der Demokratie nicht mehr gegeben ist, dass man einen politischen Sieg der anderen akzeptiert und keiner über die Stränge schlägt.
zum Beitrag15.07.2024 , 15:11 Uhr
"Solche Gespräche kann man ja in der Regel nur mit ein oder zwei Personen führen. Das hat doch überhaupt keine Breitenwirkung, damit erreichen Sie doch nur das ein oder andere Individuum."
Aber ist das nicht genau, worauf eine demokratische Gesellschaft basieren sollte. Viele Einzelkontakte und jeder bildet sich seine Meinung? Wir wollen doch gerade nicht, dass an wenigen zentralen Stellen die korrekte Sichtweise festgelegt wird!?
zum Beitrag10.07.2024 , 16:59 Uhr
Da gehöre ich auch zu denen, die denken, dass das, was mit der KI auf die Menschen zukommt, richtig groß ist. Es geht weniger darum, dass die KI die Menschheit physisch auslöscht. Viel naheliegender ist, dass sich die Menschheit in etwas transformiert, für das Begriffe wie "Ich", "Wille", "Freiheit", "Gerechtigkeit" etc. nicht mehr definierbar wären. Das sind alles Begriffe, die nur für Menschen überhaupt Sinn ergeben (und begrenzt für ähnlich tickende höhere Tiere). Für vernetzte Supercomputer und daran angekoppelte Cyborgs sind solche Begriffe sowenig definiert, was das überhaupt bedeuten sollte, wie für einen Felsbrocken oder eine Luftströmung.
Diskriminierungen und Vorurteile, in der Form, wie sie in unseren Gesellschaften Alltag sind, sind sicher auch wichtige Themen - man sollte sie aber nicht so isoliert wichtig nehmen, dass man darüber die ganz großen Dinge aus den Augen verliert.
zum Beitrag09.07.2024 , 15:12 Uhr
Es ist immer auch interessant verstehen zu wollen, warum Menschen extremistisch orientiert sind. Es ist aber auch interessant verstehen zu wollen, wie die "Normalen" ticken.
In GB hat Labour haushoch gewonnen, aber weniger, weil sie soviel mehr Stimmen gewonnen haben, sondern mehr weil die Rechten sich in Rechts und ganz Rechts aufgespalten haben. Labour hat auch mit Mühe eine neue Einigkeit zwischen seinen verschiedenen eigenen verfeindeten Lagern gefunden. In Frankreich haben wir einen erstaunlichen Wahlsieg von Ensemble und NFP über das RN, aber sonst ist man sich wenig einig und erklärt mehr, mit wem von den anderen man auf keinen Fall regieren wird. Trump ist schlimm, aber auf einen anderen Kandidaten als Biden kann man sich nicht einigen, weil hinter der Einigkeit gegen Trump als nächstes steht, mit wem aus dem eigenen Lager man nie, nie zusammengehen wird.
Ein Teil ist die AfD. Ein anderer Teil ist, dass es keine übergreifenden Grundsichtweisen gibt, die einen Großteil der Menschen einigen würden. Es gibt viele Bruchzonen sehr großer Unverträglichkeiten.
zum Beitrag01.07.2024 , 23:15 Uhr
@Gorres Ja, das wäre gut, diese Kernwerte genauer herauszuarbeiten. Das ist nicht so einfach, den je genauer man schaut, hat jeder Mensch andere Werte: das in politisch tragfähige Gruppen zusammenzufassen ist nicht trivial und dieser Diskurs wurde vielleicht zu lange vernachlässigt.
@W.Offa es ist erstmal offen gemeint. Aber von mir nicht explizit als Lob der Mitte. Ich empfinde es eher so, dass die Mitte bei uns (und vielleicht in Frankreich) zu lange als Ideal dargestellt wurde - vielleicht zu sehr mit dem Hintergedanken, dass es immer soetwas wie die universell richtigen Werte gebe, auf die jeder Mensch kommen müsse, wenn er ruhig abwägt. Aus meiner Sicht ist diese Sichtweise mit dieser Wahl und ähnlichen Dingen woanders gegen die Wand gefahren.
Wir brauchen mehr Nachdenken darüber, wie wir mit ernsten Gegensätzen umgehen, die nicht einfach verschwinden, wenn jeder nur ruhig und guten Willens nachdenkt. Das soll auch kein Lob der Extreme sein - nur dass es keine eindeutig vorgegebene Mitte mit "richtigen" Werten gibt.
zum Beitrag01.07.2024 , 02:16 Uhr
Demokratie kommt in Grenzbereiche. Per Definition ist Demokratie dann gegeben, wenn "die Anderen" auch eine Chance haben und behalten, an die Macht zu kommen. Das setzt soviel Mindestvertrauen voraus (und soviel Gemeinsamkeiten), dass jeder davon ausgeht, dass "die Anderen" auch an der Macht nicht Kernwerte ihrer Gegner verletzen.
Jede Gesellschaft hat ein paar wenige Prozent an Menschen, deren Kernwerte und Grundsichtweisen verletzt werden - das hat bisher noch niemand anders geschafft. Dazu denken Menschen wohl zu unterschiedlich.
Aber hier stehen sich nicht nur große Gruppen gegenüber, sondern "Links" und "Rechts" scheinen jetzt die größten Gruppen zu stehen - sich gegenseitig die Kernwerte verletzend.
Demokratisch gesehen ist das heftig - die Demokratie tritt da ein Stück weit hinter der Verteidigung der Werte zurück.
zum Beitrag30.06.2024 , 03:15 Uhr
Ja, was in Gaza passiert ist schrecklich. Trotzdem denke ich, dass sich in diesem Interview auch die sehr schwierigen seiten einer vielfältigen, offenen Einwanderungsgesellschaft zeigen.
Alles wäre einfach, gäbe es die ganz klaren universellen Werte und könnte alles, was die Herzen der Menschen bewegt, nach diesen universellen Werten beurteilt werden - und auch in einer Form und so knapp und nachvollziehbar, dass die große Zahl der Menschen folgt.
Die Welt und die Menschen sind aber Lichtjahre davon entfernt. Was die Herzen so tief bewegt geht wild und gegensätzlich durcheinander - auch bei vielen anderen Konflikten. Die Erschütterungen zerreisen viele Menschen, aber man lebt in einer Gesellschaft zusammen, die auf Vertrauen angewiesen ist.
Das ist sehr schwer.
zum Beitrag23.06.2024 , 15:49 Uhr
Hizb ut-Tahrir kenne ich nicht - es gibt sicher islamistische Gruppen, wo die klaren Aussagen dieses Artikels genau so zutreffend sind. Ich kann mich auch nur allgemein zum Islam äußern, insofern er Teil dieser Gesellschaft ist. Da scheint mir der Artikel zu einfach. Es gibt nicht nur klar falsche und extremistische "Islamisten", es stellen sich auch für den "normalen, richtigen" Islam tiefgreifende Fragen. Der Islam ist nicht nur ein Angebot unter vielen oder etwas, was sich zu einem Teilbereich des Menschseins äußert, sondern ein umfassendes System mit unbeschränktem Wahrheitsanspruch. Es gibt daher wie bei anderen Systemen mit umfassendem Anspruch in allen oder auch in manchen Bereichen Konflikte, die aufzulösen sind. Beim Islam ist das insofern ein gesellschaftlich relevantes Thema, weil er nicht nur einigen, sondern in Deutschland Millionen und weltweit hunderten Millionen Orientierung, Halt, Sinn etc. gibt.
Wie das in einer offene Gesellschaft mit anderen Systemen zusammenpasst ist offen - wir sollten diese Fragen nicht einfach beiseite schieben.
zum Beitrag20.06.2024 , 18:13 Uhr
Wieso war das nicht zu erwarten? Niemand kann heute die französische Bevölkerung repräsentieren - einfach weil es zu wenig gemeinsame Sichtweisen und Ziele gibt. Diese Entwicklung zeichnet sich seit sehr langem ab, schon Macron war der "letzte Notanker" nach dem Kollaps der alten Parteien. Macron vertritt glaube ich ganz gut den heute möglichen Kompromiss, aber auch damit ist er einer der meistverachteten Präsidenten - und jeder oder jede andere wäre es auch.
Meine Erwartung wäre, dass das auch noch lange so weitergeht, bis irgendwann die Bevölkerung sich wieder auf politische Gemeinsamkeiten einigen kann. Das kann aber auch noch eine Generation oder mehr dauern, weil die jetzige Bevölkerung einfach nicht genügend Gemeinsamkeiten hat und die Zeiten zu sehr im Umbruch sind, als dass man sich leich auf irgendwelche Sichtweisen einigen könnte.
zum Beitrag19.06.2024 , 14:39 Uhr
Ich nehme es eher so wahr, dass die meisten engagierten Menschen und Gruppen Meistererzählungen folgen, nur eben jeweils ihren eigenen. Man steht dann erschüttert und ungläubig da, wie dumm oder fies die anderen denken können - aber das scheint mir von allen in alle Richtungen zu gehen. Natürlich gibt es krasse Beispiele, die sehr objektiv zeigen, wie falsch die anderen liegen - nur hilft das auch nicht so viel, weil die meisten Gruppen mit ihren Erzählungen solche Beispiele anführen (natürlich jeweils andere).
Für mich sehe ich erstmal, dass unsere Gesellschaft misstrauischer gegeneinander und erschütterter übereinander geworden ist (nicht unbedingt privat zwischen Einzelpersonen, aber im gesellschaftlichen Zusammenhalt).
Das hat sicher viele Ursachen, eine scheint mir aber auch mit Migration verbunden, weil Menschen mit sehr unterschiedlichen Ideen und Sichtweisen (Erzählungen) aufeinandertreffen.
zum Beitrag19.06.2024 , 11:25 Uhr
Teilweise sind das negative Eigenschaften der Republikaner und allgemeiner Rechten und es stellt sich die Frage, warum manche Menschen so denken. Teilweise scheinen mir das aber auch weit verbreitete menschliche Eigenschaften in allen politischen Lagern zu sein und gerade politisch engagierte Menschen neigen manchmal zu Extremen, Verfolgungsängsten, Verschwörungstheorien - daraus generiert sich teilweise die Kraft für den hohen politischen Einsatz. Ganz falsch liegt man mit Verschwörungstheorien bis zu einem gewissen Grad auch nicht, weil sich das Misstrauen hochschaukelt und die Theorie sich dann selbst bestätigt.
So kann niemand ernsthaft etwas gegen die Angst vor rechten Umtrieben, ihren negativen gesellschaftlichen Folgen, ihrem Schaden für marginalisierte Minderheiten sagen - und doch trägt auch diese Angst dazu bei Spiralen anzutreiben. Ganz klar und einfach ist da wahrscheinlich nichts.
zum Beitrag06.06.2024 , 14:52 Uhr
"Wie sollten Gespräche mit terroristischen Regimen laufen und welche Drittländer sollten sich bereit erklären, abgeschobene Gewalttäter aus Deutschland aufzunehmen? Berechtigte Fragen, auf die weder der Bundeskanzler noch sein zukünftiger Herausforderer Antworten lieferten."
Muss darauf wirklich der Kanzler oder sein Herausforderer eine Antwort finden. Müssten bei gesellschaftlich so tiefliegenden Fragen nicht zuerst wir, als Gesellschaft, das diskutieren und einen Rahmen festlegen, was wir dazu wollen und was nicht, was wir mittragen und was wir kategorisch ablehnen. In diesem Rahmen könnte ein Kanzler dann eine Lösung finden. Im Moment scheint es mir aber diesen Rahmen nicht zu geben - was nach meiner Wahrnehmung mehr an uns, der Gesellschaft, liegt, nicht am Kanzler.
zum Beitrag06.06.2024 , 01:07 Uhr
Klimawandel ist eines der großen Probleme unserer Zeit, aber nur eines. Und Deutschland kann nur sehr begrenzt Einfluss nehmen und sollte gut abwägen, wo dieser Einfluss am weitesten trägt. Die Ressourcen, die man gegen den Klimawandel braucht, sind gegen andere große Aufgaben abzuwägen.
Am potenziellen Tod des Klimaaktivisten trägt nicht nur der Kanzler eine Mitschuld, sondern auch Zeitungen (auch die taz) und NGOs, weil sie Menschen zu sehr in nicht der Realität entsprechende extreme Sichtweisen hineintreiben. Man selber weiß, was nur lautes Getrommel ist und was die harte Realität, aber nicht jeder hält das auseinander.
Die Gefahren durch den Klimawandel sind sicher sehr groß, die Gefahren durch andere Dinge aber auch. Nirgendwo ist in direkter Weise die menschliche Zivilisation gefährdet. Ob indirekt wird schnell komplex, eine volle Konzentration auf das Klima trägt das Risiko, dass eines der anderen Probleme aus dem Ruder läuft. Man sollte auch diese Abwägungen vermitteln, nicht nur einseitige Extreme.
Vielleicht hungern sich dann Menschen nicht zu Tode, sondern beteiligen sich an den schwierigen Abwägungen.
zum Beitrag03.06.2024 , 20:58 Uhr
Das hat natürlich rassistische Anteile, die nicht unter den Tisch fallen sollen. Trotzdem verändern sich die Dinge, was auch nicht unter den Tisch fallen sollte. Es sind ja nicht nur Bioweiße, die gerne diesen oder jenen in der Mannschaft hätten, es sind auch viele Türken, die gerne Türken in der Mannschaft hätten (je nach politischer Orientierung auch bestimmte Türken, andere besser nicht), schwarze Menschen, die gerne schwarze Menschen in der Mannschaft sehen wollen usw. Das Identitätsthema scheint viele umzutreiben, auch ein gewisses Misstrauen, dass andere Gruppen überrepräsentiert sein könnten. Eine bioweiße Dominanz wie zur WM 1974 ist lange Geschichte. Ein gewisser Teil dieses Rassismus ist insofern auch eine Normalisierung, dass die "Bioweißen" nur noch eine Gruppe unter vielen sind (oder werden - gerade bei jungen Menschen aber eher schon sind) und eben auch repräsentiert sein wollen.
zum Beitrag03.06.2024 , 02:19 Uhr
Das Bild zu dem Artikel drückt den Punkt, um den es vielleicht geht, ganz gut aus: man sieht verschiedenste Menschen, die in Mannheim leben und Mannheim ausmachen, die aber alle ihr Mannheim teilen, das Leben darin, grundlegende Werte und Weltsichten. Die sich natürlich nicht alle kennen, aber sie könnten sich alle morgen kennenlernen und Dinge teilen. Einfach ein Miteinander von Menschen - wie es seit 1607 in Mannheim immer war.
Andererseits kann niemand leugnen, dass jede Gesellschaft auch Gruppen hat, die sich gegenseitig ablehnen - mal eher politisch, mal mehr kulturelle Dinge, die auch über Generationen weitergegeben werden. Das gibt es überall in der Welt und in D jetzt etwas mehr als früher. Man geht sich da eher aus dem Weg.
Die Frage ist, wie man damit umgeht, an welche Ziele man glaubt - und diese Frage zerfällt in tausend Einzelfälle. Eine leichte Frage ist das nicht - selbst dann nicht, wenn man alle menschenfeindlichen Extremisten loswerden könnte.
zum Beitrag30.05.2024 , 00:07 Uhr
Nation oder Demokratie scheint mir nicht der Hauptgegensatz, um den es geht. Die meisten Nationalisten in Europa sind auch Demokraten. Der Gegensatz ist die Einstellung zur Weltoffenheit, also der Glaube daran, dass letztlich alle Menschen so gleich ticken, dass sie in einer Gesellschaft zusammenleben können und sollten. Die "Nationalisten" glauben eher, dass Unterschiede zwischen Menschen zumindest bis heute so groß sind, dass das nicht gut funktioniert - jetzt nicht für einzelne, aber sobald es um Größenordnungen geht, ab denen gesellschaftliche Regeln neu ausgehandelt werden müssen. Eine Variante ist noch die "Schutzverpflichtung". Hier geht man davon aus, dass letztlich unverändert die Regeln "unserer" Gesellschaft gelten, wir aber eine Verpflichtung haben allen Menschen zu helfen bzw. Schutz zu gewähren - aber zu unseren Regeln. Nationalisten gehen hier davon aus, dass das nicht funktioniert und daher auch diese Verpflichtung nicht besteht. Daneben gibt es natürlich noch alle Varianten von Menschenfeinden und sonstigen Ansichten, aber die oben genannten Punkte scheinen mir die Hauptpunkte, um die es geht.
zum Beitrag26.05.2024 , 14:23 Uhr
Schwierig. Trotz allen Aufwands über Jahrzehnte und der Einbettung in eine globalere Welt kommt das Nazidenken bei immer mehr Menschen und weit in die Mitte ausgreifend zurück !? Man könnte fast auf die Idee kommen, dass Nazidenken eine tiefe, menschliche Urkraft ist, die man nicht wirklich beseitigen kann.
Ich würde Nazidenken nicht soweit aufwerten. Ein Teil scheint mir zu sein, dass bei Widersprüchen in einer Gesellschaft sich eine Gruppe gerne der Symbole bedient, die gegenerischen Gruppen besonders verhasst sind. Die zugrundeliegenden gesellschaftlichen Konflikte können ganz anders gelagert sein und vielleicht sollte man sich mehr auf diese als auf die Symbole konzentrieren. Mehr als universell-ewigpotente Nazis geht es glaube ich um die Unfähigkeit mit widersprüchlichen Interessen in einer Gesellschaft umzugehen.
zum Beitrag24.05.2024 , 13:39 Uhr
Ist das nicht zum Einen etwas schief dargestellt, zum Anderen auch eine Überdehnung der Vorstellung, was eine Verfassung leisten kann und sollte.
zum Schief: ja, die Zahl der Abschiebungen ist raufgegangen, aber relativ dazu, wieviele Menschen kommen und wieviele verschiedene Bleibetitel Deutschland anbietet doch auf geringem Niveau. Die Aufnahme von bedürftigen Menschen aus verschiedensten Gründen wurde auch mit dem GG begründet.Bei Millionen, die die letzten Jahre kamen, finde ich es schief hier nur auf die Abschiebungen zu schauen.
Was sollte eine Verfassung leisten: ich finde eine Verfassung ist erstmal eine nationale und sollte nicht am "Weltglück" gemessen werden. Zum Einen weil sie das nicht leisten kann. Auch kann eine Überdehnung die Akzeptanz der Verfassung in den Bereichen verringern, in denen man sie als politische Basis braucht. Auch: "Hilfe und Schutz" heißen hier das Zusammenleben in einer neuen Gesellschaft mit neu auszuhandelnden Werten und Regeln. Davor sollte man, auch für andere Länder, Respekt haben. Das ist abzuwägen, nicht ohne Abstriche als Grundsatz zu fordern.
zum Beitrag18.05.2024 , 02:16 Uhr
Ist "Diskriminierung" hier wirklich der passende Begriff? Mir scheint es eher um "normales" gesellschaftliches Gerangel zu gehen, bei dem viele Gruppen sich mal bekämpfen, mal ignorieren, wie die anderen sprechen oder denken, mal mehr Anteile wollen. Klar, wer missgendert wertet auch ab und/oder interessiert sich nicht dafür, wie andere reden und denken. Aber das gilt doch ausnahmslos für alle Menschen. Auch wer perfekt gendert, missachtet viele andere Gruppen nach anderen Kriterien. Bei soviel Vielfalt, teilweise Gruppen, die sich in Sprache und Codes auch bewusst absetzen, geht das auch kaum anders.
zum Beitrag16.05.2024 , 10:59 Uhr
Das scheint mir eine schwierige Abwägung. Die Ressourcen sind endlich - auch mit nochsoviel Geld geht es letztlich auch darum, wie man die endlichen Ressourcen auf die Aufgaben verteilt. Natürlich kann mehr Geld auch zusätzliche Ressourcen generieren, aber nicht beliebig. Andererseits kann mehr Geld auch Ressourcen verschwenden, weil es darüber hinwegtäuscht, dass eigentlich Priorisierungen bei den Ressourcen zu treffen wären. Das "Geld-Drucken" ist dann mehr ein Ausweg, weil man eine politische Diskussion der Gesellschaft nicht zutraut. In jedem Fall sollten zukünftige Generationen Spielraum für ihre Entscheidungen behalten, die in einer dann anderen Welt anders aussehen werden als unsere heutigen Prioritäten. Geld-Drucken kann dabei natürlich auch ein Weg sein, Ressourcen einzuteilen - aber im Moment ist es glaube ich eher eine Kapitulation, weil man sich die gesellschaftliche Diskussion nicht zutraut. Andererseits scheint mir ein starkes Argument für das Gelddrucken, dass es alle großen Staaten machen (USA, Euro-Länder). Irgendwie schiene es mir dann unfair als einziger nicht Geld zu drucken - man spart dann bei der eigenen Bevölkerung, ohne einen Nutzen, weil man mit den anderen genauso in den Crash reinlaufen würde - wenn er denn käme. Und wenn er nicht kommt, fiele ein starkes Argument gegen das Geld-Drucken weg.
zum Beitrag13.05.2024 , 16:31 Uhr
Zum "Ja": Ich glaube nicht, dass die Proteste damit richtig beschrieben sind, dass man gegen einen Krieg protestiert. Man hebt das hervor, weil das Argument in unserer Gesellschaft gut ist, aber ginge es wirklich einfach um das Ende eines Krieges, müsste man erklären, warum gerade hier mit viel und an anderen Stellen mit weniger Einsatz. Ich denke, weltweit ist eine relative Mehrheit der Menschen auf Seiten der Palästinenser, vielleicht sogar der Hamas. Also kann man in einem weltoffenen Land wie D diesen Standpuntk kaum prinzipiell verdammen. Aber auch da ist die Frage, ob man zuallererest gegen Krieg ist oder zuerst für die Sache der Palästinenser, für ihre Rechte und das scheinen mir zuallererst die Rechte auf Land, um die es geht. Würde man die Palästinenser abstimmen lassen: Frieden gegen Aufgabe des Landes, wäre eine Mehrheit wahrscheinlich nicht für Frieden, sondern dafür um das Land zu kämpfen.
Dazu kann man so oder so stehen, aber man kann nicht herbeiträumen, wie die Menschen denken. Sie denken nunmal so, wie sie denken.
zum Beitrag08.05.2024 , 15:20 Uhr
Ich denke, das geht gut zusammen: da spielen Leute und haben auch Fantasien, aber was in der KI, verbunden aber auch in der Biotechnologie, stattfindet, ist so groß, dass man kaum angemessene Gedanken dazu finden kann. Aber eben noch nicht heute und auch noch nicht in 2 Jahren. Also bleibt vernünftigerweise eher, sein ganz normales Leben weiterzuleben. Das, was dann irgendwann kommt, ist so groß, dass alle eigenen Gerdanken ohnehin irrelevant sind - einschließlich aller Gedanken zu Glück, Menschlichkeit und Frieden. Wenn mein "Ich" mal transformiert, halb ausgelagert, vernetzt und verteilt ist und auch regelmäßig upgedatet wird: wie will man da soetwas wie "Frieden" oder "Gerecvhtigkeit zwischen den Ichs" sinnvoll definieren? Kann ich dazu irgendwas sinnvolles beitragen? Ich glaube nicht - im Moment machen wir mal einfach so weiter, als gäbe es nichts.
zum Beitrag01.05.2024 , 13:46 Uhr
Gibt es nicht einen gewissen Gegensatz zwischen Anarchie und solidarischem Miteinander? Solidarisches Miteinander scheint mir fast per Definition auf Strukturen und Verhaltensweisen hinauszulaufen, an die sich die Menschen halten, was irgendwie auch immer mit einem gewissen gesellschaftlichen Druck einhergeht, dass man sich daran hält.
Ist Anarchie dann der richtige Begriff? Geht es nicht mehr darum Strukturen, die man nicht mag, zu bekämpfen, um sie durch Strukturen, die man eher mag, zu ersetzen? Manchmal vielleicht auch nur darum, bestehende Strukturen beizubehalten, aber sie mit anderen Leuten zu besetzen?
zum Beitrag30.04.2024 , 00:17 Uhr
Es gibt sicher Gemeinsamkeiten mit Deutschnationalen, ich finde es aber auch wichtig die Unterschiede zu sehen. Konzentriert man sich zu sehr auf die Gemeinsamkeiten, könnte das zu einer Sicht verleiten, die zu sehr die Gemeinsamkeit aller "Bösen" sieht und damit verbunden eine angenommene gemeinsame Wertebasis aller "Nicht-Bösen".
Das ist aber glaube ich zu einfach und könnte dazu verleiten in zu einfachen Erklärungsmustern steckenzubleiben. Es könnte dann der Respekt vor der Aufgabe leiden all die vielen Menschen mit ihren vielen Denkrichtungen und Gruppenbildungen irgendwie unter einen funktionierenden Hut zu bekommen. Da ist vieles verwirrend, unbekannt, widersprüchlich, was auch immer mitgedacht werden sollte.
zum Beitrag27.04.2024 , 11:44 Uhr
Für viele dürfte nicht Hass der Antrieb sein, sondern das Gefühl, dass Gerechtigkeit mit Füßen gerteten wird. Gerechtigkeit ist für viele Menschen einer der höchsten Antriebe - aber auch kein ganz einfacher. Das Leid der Menschen in Gaza ist offensichtlich, ihre Hilflosigkeit gegen ein lokal übermächtiges Israel auch. Nun scheint es aber auch nicht so, dass sich alle nichts lieber als einfach nur Frieden wünschten. Glaubt man Berichten, gibt es keinen tiefen Groll auf die Hamas, aber viel Zustimmung dazu, dass man sein Land verteidigt, auch wenn es Opfer kostet. Geht man über Gaza hinaus, steht eher das kleine Israel gegen eine übergroße und mächtige arabische, muslimische, "global-südliche" Weltgemeinschaft mit viel Rückhalt in den UN und zunehmend auch im Westen. In vielen muslimischen Ländern sind Juden/Israelis(eher jüdische Israelis) unerwünscht oder mussten das Land verlassen, sicher nicht gleich repräsentiert an Unis, Professuren und anderen wichtigen Jobs. Da kann man fragen, wie es das kleine Israel schafft, fast die ganze Welt so im Griff zu haben, wenn es um Gaza und andere Fragen geht. Das stilisiert Juden schon fast zu Übermenschen? Die Antwort auf diese rethorische Frage scheint mir natürlich, dass die Situation viel komplexer ist. Viele arabische Regierungen mögen die Hamas nicht (die Bevölkerung eher), Iran-SaudiArabien und vieles mehr. Ein Hauptgrund ist aber sicher auch, dass es mit tiefen Vorwürfen gegen den (alten) Westen verbunden ist. Dann müssten die Demonstranten an den Eliteunis aber auch so offen sein, dass sie gegen die (alte) USA demonstrieren. Das wäre ehrlicher, würde aber auch die sehr schwierige Situation ohne ganz klare Wahrheiten besser aufzeigen. Man spricht dann auf der anderen Seite auch sehr vielen Menschen ihre Grundlagen ab.
zum Beitrag22.04.2024 , 15:11 Uhr
Steinmeier: „Zugehörigkeit speist sich heute aus anderen Quellen, allen voran aus der Zustimmung zu den Regeln, die wir uns in demokratischen Verfahren geben und die allen die gleichen Bedingungen zur freien Entscheidung garantieren.“
Ich glaube, dass das unsere Gesellschaft nicht zutreffend beschreibt. Mir scheinen Motive sehr prägend zu sein wie etwa "Klimawandel eindämmen", "Zustimmung zu bestimmten Parteien in Konflikten", Familienbilder, Nationenbegriff (auch bei Migranten und im Globalen Süden), Wohlstand, Gewohnheiten (es gibt sehr verschiedene), Identitätsthemen, Gerechtigkeitsthemen (stark auch historisch, wie damit umzugehen ist) usw.
Natürlich gibt es auch Ansichten, das wir wenige Grundregeln haben (etwa Menschenrechte) und daraus ergäben sich die richtigen Standpunkte zu all diesen Themen - insofern wären es doch wieder gemeinsame Regeln. Aber da stimmen konkret doch wieder nur bestimmte Gruppen überein, andere sehen es ganz anders.
Was immer "Gesellschaft und Wir" ist, scheint es mir nicht durch ein paar letztlich abstrakte Regeln definiert zu sein, die auch noch alle gleich interpretieren würden. Gruppen definieren sich oft darüber, dass man für die gleichen Ziele kämpft und sich darüber einig ist, wen man zum Erreichen dieser Ziele "bekämpfen" muss (was nicht immer aggressiv oder gewalttätig sein muss).
zum Beitrag22.04.2024 , 11:59 Uhr
Es gibt sehr böse Menschen, die zB rein egoistisch handeln, andere Menschen sind ihnen einfach egal. Es gibt Menschen, die nur sehr kurzfristig denken - da steht dann der eigene Vorteil GEGEN andere. Der langfristige Vorteil, wenn alle zusammenarbeiten, wird nicht gesehen oder scheint zu ungewiss. Es gibt Mitläufer. Es gibt Menschen, die sich nicht die Mühe machen eigene Gewohnheiten zu öffnen und dadurch Wege für andere versperren ... und vieles mehr.
Es ist gut, dass es eine Zivilgesellschaft gibt, die all das aufzeigt, auch anprangert und die Welt damit hoffentlich für alle ein wenig besser macht.
Als DIE Sichtweise überzeugt es mich aber nicht. Ich denke, es gibt auch den Aspekt, dass vieles im menschlichen Zusammenleben nicht von Natur aus so angelegt ist, dass es widerspruchsfrei und glücklich abläuft. Das ist etwas, was wir als Menschen uns aufzubauen versuchen. Wir versuchen das teilweise ins Unbekannte hinein zu schaffen - mit vielen wirklich Unbekannten, d.h. wir wissen nicht wie es geht und ob es überhaupt geht.
Die Konzentration auf den Kampf gegen das Böse kann man auch übertreiben, wenn man darüber die gemeinsame Aufgabe vernachlässigt, wie die Welt überhaupt aussehen könnte und welche Widersprüche sich jeweils ergeben. Für mich ist das ein Riesenthema - oft wird es aber als fast Nicht-Existent gesehen, weil man die Wirkung klar böser Menschen so dominant sieht.
zum Beitrag12.04.2024 , 02:16 Uhr
Als Antwort, oder Frage, nochmal von einer anderen Seite, was ich schon in meinem Post schreibe: liegt das wirklich so sehr an den Parteien? Ein Problem scheint mir auch hier der Wähler selber: er erwartet die Umsetzung *richtiger* Lösungen. Das Problem ist aber oft (meist?), dass es keine im höheren Sinne richtigen Lösungen gibt. Schuldenmachen kann richtig oder falsch sein, dass hängt von sovielen Dingen ab, die unbekannt sind, die Zusammenhänge sind komplex, es hängt davon ab, mit welchen Maßnahmen man es kombiniert etc. Das gilt für alle anderen Entscheidungen auch.
Eigentlich kann man daher nur sagen: wir entscheiden uns JETZT für oder gegen Schulden (oder irgendwas), aus diesen und jenenen Überlegungen - und wir werden laufen anpassen, je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln.
Der Wähler erwartet aber absolute Aussagen, Maßnahmen, Programme, die richtig sein sollen und dann auch nicht mehr korrigiert werden. Solange man diese Erwartung hat, dürfte es schwierig bleiben?
zum Beitrag12.04.2024 , 02:03 Uhr
Machen die Parteien wirklich soviel falsch?
Ich glaube es ist eher die Bevölkerung selber, die sich in verschiedene Richtungen entwickelt - die Parteien bedienen ihr Klientel und können nicht alle gleichzeitig bedienen, das ist zu gegensätzlich. Die CDU hat unter Merkel genau die Politik "ihrer" Wähler gemacht und wurde dafür auch gefeiert und gewählt. Jetzt will der Wähler aber nicht mehr das, was er vorher unbedingt wollte. Die Wähler der Grünen (und anderen Parteien) haben auch konstant, zunehmend und über Jahre gesagt, dass sie viel mehr Klimapolitik wollen und ein riesiges Versagen in der Vergangenheit sehen. Jetzt haben wir mehr Klimapolitik, aber der Wähler will jetzt etwas anderes (z.B. billige Energie für die Wirtschaft). Viele Wähler der SPD und Linken wollten mehr soziale Gerechtigkeit - jetzt sind die Sozialetats zu hoch.
Natürlich sollten Parteien auch ihren Kurs korrigieren, aber viel von dem "Durcheinander" scheint mir aus der Bevölkerung, vom Wähler zu kommen. Die Parteien irren oft mehr hilflos zwischen den sich ändernden Trends umehr, als dass sie die Auslöser wären. Das Potenzial der Parteien die Situation zu verbessern ist daher vielleicht auch begrenzt.
zum Beitrag26.03.2024 , 12:54 Uhr
Ist das heute wirklich noch sooo relevant? Es ist denke ich Allgemeingut, dass Europa/USA, die Welt über, je nach Lesart und Region, etwa 200-300 Jahre sehr dominant geprägt haben und es ist heute glaube ich auch allgemein bekannt und Konsens, dass davon vieles, sagen wir mal "nicht so toll" war (gerader heraus auch oft "zum Kotzen").
Genauso Konsens dürfte sein, dass die allermeisten Menschen heute, egal wo sie leben, sehr viel aus diesen Veränderungen verinnerlicht haben - was aber natürlich trotzdem weit weg davon ist, dass auf einmal die Welt europäisch wäre. Im Gegenteil: die Zeit ist, ich denke auch Konsens, heute rum, die Welt wird wieder breiter, gegensätzlicher, bunter aufgestellt. Insgesamt gibt es vielleicht auch Konvergenzen, aber relativ zu einer europäischen (westlichen) Dominanz wird es sicher gerade vielfältiger.
Gerade deswegen kommen heute relevante Fehlentwicklungen auch aus anderen Regionen und Kulturen. Ergibt es da soviel Sinn beim Kampf für Fortschritt und Gerechtigkeit sich nur auf Szenarien zu konzentrieren, deren Zeit eher überschritten ist, und die den Blick auf heutige Konstellationen vielleicht eher verstellen?
Das soll natürlich nicht heißen, dass man nicht darüber redet. Es ist nur so ein Bauchgefühl, ob die Gewichtungen der bunter werdenden Realität angemessen sind.
zum Beitrag20.03.2024 , 17:15 Uhr
Sprache gehört nicht verboten. Dass es an Schulen und Behörden ein Gebot gibt, wie man "richtig" schreibt, ist einzusehen, weil es irgendeine Konvention braucht. Ansonsten ist es gut, wenn Menschen, einschließlich Medien reden und schreiben, wie sie es für richtig halten. Interessant ist der gesellschaftliche Prozess. Der Artikel sagt im Schlussabsatz: "Es gibt gute Gründe gegen das Gendern, es gibt auch gute Gründe dafür." Das hätte man vor 2 oder 3 Jahren so nicht geschrieben. Interessant sind die Prozesse dahinter, wie und warum die Gesellschaftbilder sich verändern.
zum Beitrag19.03.2024 , 13:45 Uhr
Ich glaube, die Balance ist schwieriger als es der Artikel darstellt. Es geht ganz sicher auch um die im Artikel dargestellten Aspekte, dass man Menschen befähigen muss und ihnen dazu Chancen und wenn nötig auch Hilfe zu geben, und es geht darum, dass nicht gewisse Kreise von der Armut oder den billigen Löhnen anderer profitieren.
Andererseits sind sich glaube ich fast alle Menschen einig, dass man anderen Menschen nicht beliebig vertraut, sondern in einem hohen Maße auch misstraut und sich dagegen wappnen muss, dass Dinge ausgenutzt werden. Unterscheiden tut man sich mehr dadurch, welchen Gruppen man mehr misstraut und wo man mehr Gefahren der Ausnutzung sieht - aber das prinzipielle Motiv, dass ich Menschen nicht einfach immer weiter entgegenkomme und hoffe, dass das alles von alleine regelt, das teilen glaube ich fast alle Menschen. Wir würden ja auch nicht erwarten, dass wenn wir der CDU, der Wirtschaft, den Gutverdienern immer weiter entgegenkommen, dass die dann von alleine auf eine Linie umschwenken, die wir gut fänden. Es ist oft eher das Misstrauen da, dass sie das noch bestärken könnte und ein Mensch von alleine oft nicht auf die Idee kommt, wo er anderen auf die Füße tritt.
Das ist glaube ich ein sehr allgemeines Prinzip und die Kunst besteht in der richtigen Balance aus Vertrauen und Misstrauen?
zum Beitrag14.03.2024 , 01:15 Uhr
Ich habe das nie wirklich verstanden, warum das so eine Bedeutung haben soll, dass das Geschlecht auch konstruiert ist. Zum Einen gehört das Geschlecht zu den wahrscheinlich eher wenigeren Begriffen, die nicht nur konstruiert sind, sondern auch eine biologische Realität haben. Wie "Gerechtigkeit" etwa, dass hat glaube ich auch eine tiefe evolutionäre Wurzel im Empfinden - von daher auch oft negative Seiten, weil es als Gefühl zu überschießenden Handlungen führt.
Wie dem auch sei: Frau und Mann sind auch konstruiert - natürlich. Genauso wie Gerechtigkeit und sowieso Demokratie, Menschlichkeit, Menschenwürde, Nation, Volk, Familie, Freunde, Glück, Teilhabe, sozial, Bildung einfach alles ergibt sich durch Konstruktion.
Es ist gut immer wieder daran zu erinnern, dass es keine absoluten Begriffe gibt. Aber die Konsequenzen sind doch nicht sooooo bedeutend: klar ist alles konstruiert, aber das ändert doch nichts daran, dass Menschen ihr Leben zwischen solchen Begriffen aufspannen und aushandeln.
Umgekehrt wundert es dann, dass der Brass auf Israel, Zionismus, was auch immer bei Butler so eine absolute Stellung einnimmt - nach welchen Kriterien, die nicht selber auch alle konstruiert wären?
zum Beitrag08.03.2024 , 13:15 Uhr
Im politisch-öffentlich diskutierten Raum mögen die Einschätzungen zutreffen, das kann ich nicht wirklich beurteilen. Aber in der breiten Masse: sehen die Menschen, zumindest die meisten, das nicht viel gelassener und es ist hier Tessa Ganserer, die Dinge problematisiert, die für sehr viele Menschen gar kein Thema sind?
Natürlich fühlen sich viele Menschen mit und in ihrem Körper unglücklich. Aber ob das wirklich durch einen Druck von den Massen der Gesellschaft kommt? Klar, irgendwelche Ideale gibt es immer, das lässt sich prinzipiell nicht abschaffen, aber den meisten Menschen ist das doch nicht soooo wichtig?
zum Beitrag05.03.2024 , 21:02 Uhr
Ja, das kommt mir plausibel vor, dass ab vielleicht 2013/15 oder so rechte Stimmen lauter wurden und als Gegenreaktion eine Wagenburgmentalität zum Schutz der Werte hochgefahren wurde.
Es bleibt aber die Frage, warum die rechten Stimmen auf einmal erfolgreicher sein konnten. Das hat, wie alles, sicher auch viele und oft gegensätzliche Gründe, aber ein Grund scheint mir der Gegensatz, dass man in der Wagenburg einerseits universelle Menschheitswerte verteidigt - das ist doch ein Hauptstreitpunkt. Andererseits soviele Menschen, Länder und Gruppen dagegenschießen. Das ist denke ich ein wichtiger Grundkonflikt. Es geht einerseits um absolute Werte, andererseits folgen soviele Menschen nicht und es wird schnell unübersichtlich.
Ich glaube, dass es letztlich um das Kunststück geht, Werte und Sichtweisen zu verteidigen, ohne zu wissen, ob und welche Menschen dabei wirklich mitgehen. Den Spagat und die Ungewissheit muss man wohl aushalten und laufend korrigieren?
zum Beitrag01.03.2024 , 16:09 Uhr
Geld kann nun mal am einfachsten die Kräfte einer Gesellschaft bündeln, um Aufgaben anzugehen. Wenn große Aufgaben anstehen, sollte das Geld einfach beschafft werden - man kann es ja drucken, das kostet nicht viel. Klima ist die größte Menschheitsaufgabe überhaupt, also scheint alles ziemlich klar. Nur müssen die Menschen mitspielen. Klima ist ja nur dann die größte Menschheitsaufgabe, wenn es nicht gerade durch dringende Themen unterbrochen wird: Finanzkrise, Europakrise, Migrationskrise, Coronakrise, Ukrainekrise, Gazakrise usw - also in etwa jedes Jahr, spätestens alle zwei Jahre.
Drucken wir Sondervermögen für alle wichtigen, etwa jährlich auftretenden Jahrhundertkrisen enden wir wie alle Gesellschaften, die nicht gezögert haben soviel Geld, wie es eben braucht, in die wichtigen Dinge zu stecken: in der wirtschaftlichen Impotenz, die gar nichts mehr hinbekommt, weil sich das Geld in das Gegenteil verkehrt hat. Solange es funktioniert, glauben die Leute dran und es bündelt Kräfte, bestenfalls in eine gewünschte Richtung. Hat man es übertrieben, glaubt keiner mehr dran und man bündelt keine Kräfte mehr, in gar keine Richtung.
Ich glaube, das beste ist es, die Menschen politisch zu überzeugen, dass Klimaschutz wichtiger ist als Polizeiwachen und was auch immer - wenn man das geschafft hat, hat es auch Hand und Fuß. Das, was man auf diesem Wege nicht für den Klimaschutz schafft, wird kein Hand und Fuß haben und vielleicht sind andere Themen ja auch wichtig.
zum Beitrag27.02.2024 , 14:57 Uhr
Ich sehe auch den Punkt von Herrn Muller, Gerechtigkeit, Verantwortung der Bahn etc. Aber in der Summe aller Argumente, finde ich diese Entschädigung nicht gut. Es gibt diese Art Gerechtigkeit nicht - das ist eine Überstrapazierung, die die Welt am Ende nicht besser macht. Wenn die Bahn Verantwortung übernimmt, sollte sie das für das Heute tun. Auch da gibt es genügend schwierige Themen, die austariert werden müssen und dafür Energie und Geld brauchen. Man läuft hier einem Ideal hinterher, dass es so nicht gibt. Was die Nazis gemacht haben, war ungeheuerlich. Das sollte aber nicht noch dazu führen, dass über Generationen Gesellschaften vor kaum lösbaren Widersprüchen in Gerechtigkeitsfragen stehen. Gerechtigkeit ist ohnehin ein sehr schwieriges Thema, dass als Damoklesschwert über jeder Gesellschaft hängt, weil es für Menschen so zentral wichtig ist, aber nicht widerspruchsfrei aufzulösen. Überfrachte ich das dann noch über Generationen mit einer überdimensionalen Ursünde, wird es schwierig und die Welt dadurch nicht besser.
zum Beitrag22.02.2024 , 16:14 Uhr
@Altona Ja, das stimmt - in Bezug auf die AfD. Ich glaube aber nicht, dass Probleme der Gesellschaft (die eine Mehrheit auch empfindet, die sind nicht von einigen eingebildet) wesentlich anders wären, auch wenn die AfD nicht nur weg wäre, sondern beim Verschwinden auch "entlarvt" worden wäre. Hätte das wirklich etwas mit all den Problemen in der Gesellschaft zu tun? Soweit es Probleme der Weltoffenheit angeht (ein Hauptpunkt, um den es oft geht): gerade wieder mit Lula auf dem G20, aber auch Indonesien kurz davor, in der Mehrheit die Afghanen, Mali, Niger etc. vor kurzem, Süd-Afrika mit seinem Genozidvorwurf usw usf: die meinen damit "uns", also auch eine Rot-Grüne Bundesregierung, zum Teil gerade diese. Wie ist das einzusortieren? Wie stellt sich eine Weltoffen Einstellung dazu? All das hat auch Bezüge in unsere Gesellschaft hinein und all das sind kleine Blitzlichter aus großen, schwierigen, unverstandenen Landschaften, an denen sich glaube ich erstmal wenig ändert, wenn die AfD entlarvt wäre. Aus meiner Sicht sollten wir uns mehr darauf konzentrieren, diese Dinge besser zu verstehen und eine Haltung zu gewinnen, als sich endlos und alle Kräfte absorbierend an der AfD abzuarbeiten.
zum Beitrag22.02.2024 , 16:05 Uhr
"zuerst rührend, dann befremdlich, und bald ziemlich nervig, weil wohlfeil, unterkomplex und einfallslos."
Das empfinde ich auch so. Man tut so, als sei die Sache ganz einfach: anständige, demokratische Menschen sind alle zusammen die große Mehrheit und gegen Rechts. Punkt. Aber damit ist wenig gesagt: gerade weil man die ganz große Mehrheit ist, ist zu den Problemen der Gesellschaft eigentlich nichts ausgesagt. Wir sind alle gegen vollkommen Irre, die Gaskammern für 6-Millionen bauen oder "Glatzköpfe", die mit Baseballschlägern und Pistolen alles, was ihnen nicht passt, kurz und klein hauen oder schießen. Das ist sehr gut, nur eben so selbstverständlich, dass man sich ohnehin einig ist.
Über die Probleme der Gesellschaft und deren Wertefindung, mit all ihren tiefen Erschütterungen, die Menschen auch nicht aushalten, ist dazu aus meiner Sicht Null gesagt. Die Probleme sind nicht erfasst und realistische Antworten gibt es schon gar nicht. Es gibt eben keine einfachen Antworten (und das ist nicht nur das Problem der AfD), es ist noch nicht mal einfach zu sagen, was genau das Problem ist, ohne, dass die Gesellschaft schon in viele Gruppen zerfällt, die das sehr verschieden sehen - die Welt noch viel mehr. Manchmal sind sich auch Mehrheiten einig, aber es ist recht offensichtlich, dass es so nicht funktionieren wird.
In diesem Sinne glaube ich, dass die Demos die Gesellschaft nicht weiterbringen. Wir stehen nicht vor "einfachen Fragen", die nur etwas Mut brauchen, dass Offensichtliche zu vertreten. Wir stehen vor Dingen, die so komplex, widersprüchlich und unverstanden sind, dass noch nichtmal die Fragen in größeren Mehrheiten formulierbar sind.
Denke ich.
zum Beitrag19.02.2024 , 13:58 Uhr
Vielen lieben Dank für diese ehrlichen Gedanken. Wenn ich nur nach meinem Empfinden gehe, ist das die Nachdenklichkeit, die angemessen ist - weil so vieles unklar ist und trotzdem nicht alles egal ist.
zum Beitrag18.02.2024 , 18:28 Uhr
Ich denke auch, dass man Polarisierung teilweise als Teil des Menschseins akzeptieren muss - Menschen haben nunmal Ansichten und Werte, das definiert uns. Und die Ansichten und Werte sind oft gegenseitig nicht verträglich. Hinzu kommt noch, dass man vielleicht theoretisch alles nach höheren Prinzipien ausdiskutieren könnte. In der Praxis verästelt sich das in soviele Einzelbeispiele, abstrakte Überbegriffe, Kontextbezüge etc. dass dazu niemand die Zeit und die Hirnkapazität hat. Ab einem Punkt wird man immer einfach auf Kontra gehen. Ab da bestätigen sich Dinge von selber, weil sich Lager und begründende Beispiele finden und erzeugen.
Zitat: "Finden wir es richtig, mit Menschen, die die politischen Ziele eines Rechtsextremen wie Martin Sellner vertreten, nicht das Gemeinsame zu suchen, sondern das Trennende zu betonen?" Nein, Millionen Menschen finden das selbstverständlich nicht richtig und würde eine Polarisierung hier auch ok finden. Andererseits geht es nicht nur um Martin Sellner: es geht um LePen, Trump, Modi, Duterte, Xi, Putin, Bolsonara (aber in Teilen auch Lula), Wilders, Aiwanger, Mullahs und und und. Jeweils mit Millionen Anhängern. Es ist also nicht ganz so, dass wir "DAS Gemeinsame" vertreten - das lässt sich glaube ich so nicht halten. Wir vertreten UNS und das ist irgendwie das Richtige - aber wie genau, lässt sich nur sehr schwer sagen. Jedenfalls schwerer als die allermeisten zuhören würden.
Außerdem: die AfD wird es denke ich ganz genauso sehen, wie dieser Artikel: ab einem Punkt geht man auf Kontra und Polarisierung und dann wird das eben in diesem Rahmen ausgetragen. Das ist denke ich eine menschliche Verhaltensweise, die man auch nicht prinzipiell abstellen kann und will.
zum Beitrag16.02.2024 , 19:42 Uhr
Was ich auch wichtig finde ist Faschismus, Nazionalismus und Rechtsextremismus nicht einfach synonym zu verwenden - zumindest nicht in jedem Zusammenhang. Nicht dass das eine gute wäre und nur das andere schlecht, aber je nach Fragestellung verschleiert es auch Dinge dahinter nur ein einziges Phänomen zu sehen.
Was die Frage angeht, ob wir mehr echte Experten zu Wort kommen lassen müssen: ich glaube das größere Problem in der Gesellschaft im Moment ist, welche Bedeutung der Rechtsextremismus gegen andere Probleme hat (Russland, Weltordnung, Klima, Wirtschaft und mehr). Das mag nicht schön sein, die Frage nach einem Rechts-Zusammenbruch der Gesellschaft mit anderen Themen zu vermengen. Ich glaube aber, dass in den Köpfen und in der Politik genau dieser abwägende Gegensatz besteht.
zum Beitrag13.02.2024 , 21:08 Uhr
Reicht ein Verbot der AfD? Auf den Demos sah man auch Plakate mit Kritik gegen CDU und andere. Es gibt auch eine scharfe Ablehnung der jetzigen Gesellschaft von verschiedenen religiösen Gruppen, nationalen (anders als deutsch) Gruppen, verschiedenen Weltanschauungen. Es gibt innerhalb der Lager oft scharfe Spaltungen, wie jetzt bei der Linken. Natürlich kann es auch richtig sein, nicht alles zu vermischen und erstmal gezielt gegen die großen Gefahren vorzugehen. Vielleicht sind sich aber auch nicht mehr genug Menschen einig, was die Gefahren angeht, und man müsste die in tiefes Misstrauen abgerutschte Gesamtsituation angehen?
zum Beitrag09.02.2024 , 00:33 Uhr
Ich denke, eine mögliche Arroganz der SZ ist hier der kleinere Teil. Der größere sind die Wellen, die zu harte politische Kämpfe auslösen und deren Ausläufer dann in vielen Ecken zuviel Druck aufbauen. Der sollte nirgendwo so groß werden, dass es Menschen in den Selbstmord oder psychische Schäden treibt. Das ist nicht die richtige Balance.
zum Beitrag08.02.2024 , 17:47 Uhr
Ich glaube nicht, dass es nur diese Szenarien gibt. Ein rundum "richtiges" oder "gerechtes" Szenario in dem Sinne, dass 90% der Menschen (oder irgendeine andere Zahl) das so sehen, gibt es glaube ich gar nicht. Der Mensch ist nicht so konstruiert, dass es immer eine richtige Lösung, einen richtigen Weg gibt. Die Einstaatenlösung wäre sicher nach viele Kriterien richtig und gut, würde aber in der Praxis wahrscheinlich voraussetzen dass Abermillionen Menschen in und außerhalb Palästinas anfangen ziemlich anders zu denken - auch bei zentralen Dingen wie Gott, Wahrheit, Geschichte etc. Das erscheint mir unwahrscheinlich - das sind für viele Menschen Werte, die noch über dem Leben oder anderen Dingen stehen.
Es geht auch nicht nur um Israel - darin verwoben ist eine Welt, die nicht länger westlich dominiet sein will. Allerdings ohne bis jetzt andere Strukturen zu haben (was man auch nicht verlangen kann) und ohne, dass sich die einzelnen Akteure in mehr einig sind oder einander vertrauen, als dass man die Dominanz des Westens nicht mehr will. Darin verwoben sind viele Narrative absoluter Wahrheiten - die der Mensch aber braucht. Sie alle zu stoppen oder abzuändern wäre nicht nur naiv, sondern würde auch unkalkulierbare Dynamiken auslösen).
Aus meiner Sicht realistisch gibt es keine Lösung, die aus der Theorie heraus planbar wäre. Es werden weiter Schritt für Schritt die großen Kräfte walten: gegen den Westen und Israel arbeiten dabei die globale Demografie und das wirtschaftliche Erstarken der nicht-westlichen Welt. Gegen die Hamas arbeitet, dass sehr viele (auch arabische) Staaten mehr Ruhe für ihre Entwicklung wollen (wenigstens die Regierungen) und keine unkalkulierbaren Fundamentalbewegungen. Wirklich planen kann das niemand. An Netanjahu hängt nicht sooo viel, glaube ich, er ist mehr ein Mediator im Spiel der größeren Kräfte. Es wäre ohne ihn nicht grundlegend anders.
zum Beitrag30.01.2024 , 14:41 Uhr
Leitkultur ist das, bei dem man selber vollkommen konsterniert davorsteht, wenn es angesprochen wird, weil man gar nicht versteht, was es da zu diskutieren gäbe - das ist doch vollkommen alternativlos klar. Aber auch diese Dinge schwingen sich im Miteinander ein - andere Länder und Gruppen sehen ganz andere Dinge als vollkommen alternativlos klar oder auch nur priorisiert an. Insofern kann eine offene Gesellschaft keine wirkliche Leitkultur haben, aber es wird immer ein wichtiges Thema sein, weil es ohne Leitkultur nicht geht. Zumindest komme ich da an meine Grenze und stehe konsterniert da, was eine Gesellschaft ohne Leitkultur sein könnte - ich bekomme das gar nicht zu fassen. Da sind eben meine gedanklichen Grenzen.
zum Beitrag30.01.2024 , 14:32 Uhr
"Alles weitere führt zu der Frage: Wer definiert eigentlich Leitkultur? Und wie wird entschieden, was dazugehört?"
Stimmt, das ist voller Widersprüche. Aber letztlich kommt keine Gesellschaft um diese Frage drumherum. Auch wenn ich mich etwa für Religionsfreiheit entscheide und das als nicht diskutierbaren Wert ausgebe, habe ich damit alle Menschen, denen ihre Religion als bestimmender Faktor wichtig ist, durch eine Leitkulturentscheidung eingeschränkt.
Man kann dabei schon etwas offener sein oder weniger, aber das sind keine leichten Unterscheidungen. Und ganz prinzipiell kommt glaube ich keine Gesellschaft um Leitkulturentscheidungen drumherum - selbst bei bestem Willen nicht. Darüber, wie man es nennt und wie man es konkret durchführt, lohnt es sich natürlich trotzdem zu reden.
zum Beitrag30.01.2024 , 14:25 Uhr
Afghanistan wächst rasant - es ist demografisch nicht mehr das Afghanistan von 2000 oder noch früher. Es hat inzwischen halb soviele Einwohner wie D und wahrscheinlich genausoviele junge Menschen, dazu wahrscheinlich noch eine größere Diaspora. Außer der Eigenschaft vor den Taliban zu fliehen, gibt es viele andere Eigenschaften. Mehr Menschen als zum "westlichen Nationbuilding" haben sich jedenfalls mit Herz und Hand zu den Taliban bekannt. Sicher nicht immer aus ganzem Herzen, aber doch in einer komplexen Gemengelage. Helfen sollte man immer, aber ist Einbürgerung in D wirklich die einzige und effizienteste Art. Auch: offen sind wir erstmal für alle Afghanen - es findet an der Grenze keine "Gesinnungsschüffelei" statt, wie man genau zu den Taliban steht. Mal abgesehen davon, dass die Taliban viele Millionen Menschen repräsentieren - da kann man einzelne Taten und Menschen verurteilen, aber nicht pauschal alles - schon einfach weil es so viele Millionen sind.
Bei den Demos: wenn wir die auf einen wirklich menschlichen Kern beschränken (oder wie man es nennen will), werden es eben sehr viel weniger Menschen. Ist jetzt der gemeinsame Kampf wichtiger oder kompromisslose Menschlichkeit?
Ein Zeitungsartikel beleuchtet immer einen oder ein paar Aspekte. Aber aus meiner Sicht sind die Zeiten zu sehr im Fluss und es gibt zuviele widersprüchliche Aspekte abzuwägen als dass die Masse der Artikel zu selektiv beleuchten sollten.
zum Beitrag27.01.2024 , 17:44 Uhr
"Das ist Wagenknechts Partentrezept gegen Rechts." Ich glaube, das trifft es nicht. Aus Wagenknechts Sicht sieht es wahrscheinlich eher so aus, dass Rechts (oder auch Klima und einige andere Themen) nicht ihre Hauptthemen sind, d.h. sie sucht gar nicht nach einem Patentrezept gegen Rechts. Der erste Absatz zeigt wie scharf sie gegen Teile unserer Gesellschaft schießt - da drücken sich wahrscheinlich eher Schwerpunkte ihrer politischen Agenda aus. Das beruht auf Gegenseitigkeit, für viele Menschen ist auch umgekehrt Wagenknecht ein rotes Tuch. Insgesamt ist es für mich ein Ausdruck der Spaltung in der Gesellschaft. Für sehr viele Menschen und Gruppen ist der Toleranzbereich überschritten und mit jeweils vielen anderen Gruppen will man keine Politik mehr gestalten, auch nicht im Wettstreit oder scharfen Diskurs, sondern nur nach vorhandenen Kräften zeigen, dass man nicht mehr bereit ist noch einen Millimeter nachzugeben.
zum Beitrag24.01.2024 , 15:01 Uhr
"Weil es nicht um das Verbot einer bestimmten Meinung gehe, „sondern um den Schutz des öffentlichen Friedens in Deutschland“."
Das ist denke ich ein wichtiger Punkt. Absolut jede Gesellschaft hat glaube ich ihre unverhandelbaren Grundwerte und Grundsichtweisen, die innerhalb dieser Gesellschaft auch nicht angezweifelt werden dürfen ohne zuviele Menschen tief zu erschütten und die Statik der Gesellschaft selber zu gefährden. Es gibt Gesellschaften, die sich mehr als kleiner Teil in einer großen Welt sehen. Die formulieren das dann eher als Schutz der eigenen Ecke vor einer gefährlichen Welt drumherum - die man aber explizit als anders wahrnimmt. Unsere Gesellschaft gehört aber sicher zu den anderen Beispielen mit universellem Anspruch. Bei uns ist es gerade wichtig, dass Grundwerte universell und für alle Menschen gedacht werden, genauso der Blick auf zentrale Säulen der Geschichte.
Die zentralen Werte und Sichtweisen sind in unserer Gesellschaft (wie in anderen universellen Gesellschaften) nicht anzweifelbar und dazu kann es keine (abweichenden) Meinungen geben. Punkt. Nach innen kann es da keine Abweichungen geben, das kann man nicht zulassen, da müssen alle zusammenstehen. Nach außen muss man unterscheiden gegenüber anderen Gesellschaften, die ihre Ecke verteidigen (ohne universellen Anspruch) - die kann man oft in das eigene Denken integrieren. Gegenüber andern universellen Gesellschaften muss man irgendeine Mischung aus ignorieren, auf Gemeinsamkeiten konzentrieren oder bekämpfen finden.
zum Beitrag22.01.2024 , 16:59 Uhr
" „Akt der Verteidigung, um die israelische Besatzung loszuwerden, auf dem Weg zu Befreiung und Unabhängigkeit, wie alle Völker auf der Welt“"
Volk ist kein einheitlich definierter Begriff - das fasst verschiedene "Gruppenkonstrukte" zusammen, wie alles mit schwammigen Rändern. Von allen Gruppen, die man als Volk bezeichnen könnte, haben aber wahrscheinlich die wenigsten einen eigenen Staat. Ob das gut oder schlecht ist, sei dahingestellt. Viele wollen auch gerade vom Volksbegriff wegkommen. Kanada, Indonesien, Brasilien, Russland, Bosnien, GB, Frankreich, besonders mit Überseegebieten und viele andere Staaten beinhalten mehrere Gruppen, die sich je nach Definition als eigenes Volk sehen würden. Das Argument ist auch nicht gegen die Palästinenser - man könnte es genauso auf "die Juden" oder Teilgruppen dieser anwenden. Es soll in diesem Sinne eher gerade kein Argument sein, nur darauf hinweisen, dass es das Argument alle Völker hätten ihren Staat so nicht gibt. Das ist ein wildes hin und her - aber vielleicht müssen wir (als Welt) über diesen Punkt mehr nachdenken.
zum Beitrag21.01.2024 , 18:23 Uhr
Mir ist der Artikel für eine ernste Frage nicht ernsthaft genug. Der Artikel liest sich ein wenig so, als ginge es nur um eine deutsche Problematik. Mir scheint es eher um einen der gesellschaftlich-menschlichen Widersprüche zu gehen. Gäbe es keinerlei Identitäten, müssten wir über nichts reden. Würden wir irgendeinem anderen Land sagen, dass dort beliebig viele Chinesen, Amerikaner, sonstwer leben können und dass die Gesellschaft vollkommen unabhängig davon funktionieren sollte, würden das die wenigstens Gesellschaften mittragen (auch wenn es vielleicht die Zukunft ist). Im Moment beruhen eigentlich alle Gesellschaften auch auf Regeln und Werten, die nicht global akzeptiert werden. Ob man die einfach alle streichen kann, ist unbekant. Zumindest wird es kein leichter Weg sein.
Wir wissen heute ziemlich genau, was die universellen Werte sind, die jeder teilen sollte, und was individuelle Geschichte, die jeder haben darf und soll, die aber niemanden von irgendwas ausschließen darf. Aber andere Wirs sehen immer Varianten davon, die nicht in allem leicht zusammenpassen.
Auch eine offene Gesellschaft wird vor ernsten Fragen in dieser Richtung stehen. Vielleicht ist im Moment dafür wirklich nicht die Zeit und es geht erstmal darum für alle festzustellen, welche Leute und Gedanken zu einer offenen Gesellschaft nicht dazugehören (damit es für den Rest universell und offen sein kann). Aber so sicher bin ich mir da auch nicht - vielleicht sind die Fragen in alles so verwoben, dass man sie immer gleich mitdenken muss - ohne jemals die allerletzte Antwort darauf haben zu werden.
zum Beitrag20.01.2024 , 02:22 Uhr
Das ist dermaßen grauenhaft und erschreckend - auch die Geschwindigkeit des Absturzes, dass jeder genau überlegen sollte, was man hieran versteht und was nicht, um möglichst Abhilfe schaffen zu können. Ein Sozialstaat ist sicher wichtig, hilft alleine aber nicht. Die Basis scheint mir immer zu sein, dass man besonders allen jungen Menschen eine perspektive in einem guten Job bieten kann. Wo kommen, gerade bei Bevölkerungswachstum, all die guten Jobs her. Das scheint mir die große Frage.
zum Beitrag19.01.2024 , 13:51 Uhr
Das ist möglicherweise so: in einer multireligiösen Gesellschaft mir Religionsfreiheit muss Relgion zu einer privaten Sache werden, ein Hobby wie viele andere auch, die keine gesellschaftliche Rolle mehr spielen darf. Sonst sind die Gegensätze zu groß und nicht zu überbrücken. Aber wird das funktionieren? Ebenso müsste wahrscheinlich in einer offenen Gesellschaft alles Nationale, Herkunft, identitätsstiftende Kultur etc. in den Hintergrund treten, der Staat dürfte keine Vereine, Strukturen etc. mehr unterstützen, die irgendwas mit bestimmten Ländern, Herkünften, Kulturen zu tun haben - weil es letztlich nicht auszutarieren ist. Solange es noch eine dominante Religion oder Herkunft gibt, kann man einfach die anderen fördern - ok, das kann funktionieren. Aber sobald der Punkt der Gleichberechtigung erreicht ist, muss man eigentlich alle abschaffen - im öffentlichen Leben. Alles muss ganz privat werden. Der Staat ist dann für Steuereintreiben und Mathematikunterricht zuständig (auch da gibt es Glaubenskriege, etwa über die Unendlichkeit, aber die verstehen nur sehr wenige). Ob das ganze funktioniert, weiß ich nicht - aber einen anderen Weg gibt es vielleicht nicht?
zum Beitrag19.01.2024 , 01:49 Uhr
Ich glaube, die Frage ist nicht so einfach. Es gibt weder die große Mehrheit der Palästinenser, die am liebsten von heute auf morgen die Hamas los wären und mit Israel irgendeine Staatenlösung verhandeln würde. Noch gibt es das "andere Israel" in einer großen Zahl von Menschen, die gerne ihre Armee abrüsten würden, weil sie das nötige Vertrauen haben, dass dann keiner drumherum sich bedroht fühlte und auch niemand angreifen würde. Dieses Israel gibt es nicht.
Artikel wie dieser sollten so seriös sein, die Masse der Menschen auch glaubhaft zu zeigen, für die sie vorgeben zu sprechen. Man kann trotzdem gerne alle Standpunkte vertreten, die ehrenhaft sind und gute Gründe haben - aber nicht vorgeben für "alle" Menschen zu sprechen.
zum Beitrag12.01.2024 , 14:46 Uhr
Was ich verstehe ist, dass der Gaza-Krieg sehr schwierige Fragen aufwirft, die einen sehr umtreiben können und wohl auch sollten. Das trifft vielleicht auf viele (oder alle) Kriege und Konflikte zu, aber ich verstehe auch, dass dieser uns besonders beschäftigt - wegen der NS-Vergangenheit, weil kein kleiner Teil unserer Bevölkerung und Mitbürger als Menschen aus diesem Raum (oder mit engen Bezügen) direkt betroffen sind und weil es für viele Menschen in der Welt um wichtige Fragen geht.
Die Art wie wir damit umgehen, die Absolutheit der Positionen empfinde ich aber als eine tiefe und strukturelle Niederlage unserer Gesellschaften und der liberalen Demokratie. Es gibt eine große Überforderung und Hilflosigkeit und für mehr als Allgemeinplätze oder die Verteufelung einer Seite scheint es keine Ansätze oder Denkmöglichkeiten zu geben. Das mag so korrekt sein, aber dieser Konflikt zeigt dann eben auch die Grenzen unserer Gesellschaftsordnung und ihrer Ideen dahinter auf. (nobody is perfect :-(
zum Beitrag25.12.2023 , 18:13 Uhr
Ich glaube ein erster Schritt ist es anzuerkennen, wie schwierig das Problem ist. Zu oft denkt man sich das Problem vielleicht zu einfach: alle Menschen seien doch für Frieden und Gerechtigket, man müsse nur die Bösewichte klar benennen, dann hätte man 99% der Menschen (auch der breiten Bevölkerung des Gegners) auf seiner Seite.
So einfach ist es aber wahrscheinlich oft nicht. Unsere Gesellschaft kennt auch rote Linien (Menschenrechte, Gerechtigkeit, regelbasierte Weltordnung) deren anhaltende und bewusste Verletzung wir letztlich mit Krieg beantworten. Natürlich werden erst alle anderen Mittel ausgeschöpft, aber an kritischen Punkten ist das letzte Mittel immer der Krieg.
Das Geflecht an sich gegenseitig auch widersprechenden Sichtweisen und Werten ist komplex und dicht in der Welt - das macht man sich vielleicht nicht genügend klar. Da ohne Kriege hindurchzunavigieren ist nicht einfach und keine Selbstverständlichkeit, bei der man nur ein paar Agressoren isolieren müsste, über die große Weltmehrheiten übereinstimmen würden. Das ist viel komplexer.
zum Beitrag25.12.2023 , 17:16 Uhr
Klar ist Bartsch irgendwie mit verantwortlich, einfach weil man das in führenden Positionen immer ist - auch mit konkreten Dingen, die man hätte anders machen können. Aber im großen Bild ist er es glaube ich nicht. Parteien sind keine monolithischen Blöcke, es sind immer auch zusammenschlüsse verschiedenster Lager, die zusammengefunden haben. Dieses Zusammenfinden ist aber immer relativ zu einer bestimmten Zeit und Situtation. Die Gesellschaft und Welt ändern sich aber, im Moment auch schneller. Ich glaube es ist dabei nicht zu vermeiden, dass sich dann manche Lagerbildungen, die bisher funktioniert haben, nicht mehr funktionieren - letztlich hätte wahrscheinlich weder Bartsch und auch sonst niemand etwas ändern können. Da die Zeiten sich ändern, wird es wahrscheinlich noch mehr solche Brüche geben - nicht immer spektakulär mit Spaltungen und Parteineugründungen (aber auch das wird es wieder geben), sondern viel mit Parteiaustritten, Eintritten und neuen Zusammenarbeiten oder der Beendigung alter Zusammenarbeiten.
zum Beitrag24.12.2023 , 02:53 Uhr
Der wichtigste definierende Aspekt einer Demokratie ist vielleicht, dass nach festgelegten Regeln auch "die Anderen" an die Macht kommen können, wenn sie gewählt werden. Das setzt ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen voraus. Gehe ich davon aus, dass "die Anderen" das Land und die Menschen in den Abgrund treiben, kann man es nicht guten Gewissens zulassen, dass die Anderen an die Macht kommen - gewählt oder nicht.
Rassisten kann und darf man nicht an die Macht kommen lassen. Dem Artikel nach dürfen alle anständigen, demokratischen Bürger einen Wahlsieg der CDU nicht akzeptieren und müssen mit allen Mitteln dagegen angehen. Damit dürfte die Demokratie tot sein, weil ein Wahlsieg der anderen schlicht nicht mehr innerhalb des noch tolerierbaren Bereichs liegt.
zum Beitrag16.12.2023 , 15:33 Uhr
Ja, das miteinander Streiten (vielleicht auch diskutieren) wird wieder wichtiger werden und Anregungen dazu sind erstmal positiv.
Dass Millionen Menschen in einer Gesellschaft und einem staatlichen Rahmen zusammenleben, und dann auch noch halbwegs zusammenpassende Sichtweisen auf die Welt und den Menschen haben, ist kein Selbstläufer, es ist eher ein künstliches Zivilastionsprodukt. Es gibt Phasen, wie vielleicht in Deutschland in den Jahrzehnten von Mitte der Siebzger bis irgendwann um oder nach 2010, wo das Zusammenleben besser klappt und gemeinsame Sichtweisen fast schon "natürlich gegeben" scheinen.
Aber das ist sicher kein Dauer- und Naturzustand. Heute jedenfalls haben sich die Welt und die Menschen (in Deutschland) an sovielen Stellen geändert, dass gemeinsame Sichtweisen oder Ziele nicht mehr in dem Maße vorhanden sind - die gegenseitigen Unverträglichkeiten sind wichtiger geworden. Da scheint es mir natürlich und fast alternativlos, dass man wieder mehr streiten und diskutieren wird.
zum Beitrag14.12.2023 , 18:01 Uhr
Mit Ausnahme der Ablehnung des Westens (und selbst da ist man sich nicht wirklich einig) zerfällt auch der "globale Süden" in verschiedenste Lager, die sich gegenseitig in vielen Fragen auch scharf ablehnen.
Ich denke auf absehbare Zeit sind die Zeiten der UNO vorbei, mit der Idee, dass man sich am Ende auf soetwas wie eine gemeinsame Weltwahrheit einigt. Das scheint mir bei immer mehr Fragen unrealsitisch.
zum Beitrag04.12.2023 , 22:01 Uhr
Man sollte sicher mehr gegen den Klimawandel investieren - aber dieser Vergleich ist nicht so gut. Er pickt eine beliebige Zahl auf der einen Seite und eine beliebige Zahl auf der anderen Seite raus.
Ich würde mal sagen, dass Deutschland als niedrigsten Wert bisher 1000 Milliarden (also US Trillion) in die Energiewende gesteckt hat - ich denke, diese Zahl hält auch als reiner Zuschuss definiert - über alternative Marktpreise und return on invest hinaus.
So gesehen, könnte man sagen, dass man bisher gar keinen Klimaschutz gebraucht hätte, weil alleine Deutschland damit alle Klimaschäden bis 2030 doppelt hätte bezahlen können (wenn die Zahl im Artikel stimmt).
Zu vordergründige Zahlenakrobatik schweißt die ohnehin Überzeugten zusammen, wird aber niemand neues gegen den Klimawandel gewinnen können.
zum Beitrag27.11.2023 , 16:33 Uhr
"Klar, eine Befreiungsbewegung ohne Bildersturm gibt es nicht."
Ist "Befreiung" der passende Begriff. Dis Sklaverei ist abgeschafft, Kolonialreiche auch. Unterdrückungen aller Art gibt es sicher noch, die geht aber in viele Richtungen, innerhalb der früheren Kolonialherren-Gesellschaften, innerhalb der früger kolonisierten Gesellschaften, heute auch aus manchen früher kolonisierten Gesellschaften in frühere Kolonialherren-Gesellschaften. Wer muss da genau befreit werden und von was? Das sind schon relevante Fragen, die aber keine einfache Antwort mehr haben mit Gegebenheiten aus früheren Generationen. Das verschleiert oft viel, erschwert Lösungen und freie Köpfe für heutige Probleme.
Ich glaube es ginge für (fast) alle besser, würde man mehr auf die heutigen Gesellschaften schauen, nicht auf die vergangenen.
zum Beitrag03.11.2023 , 18:44 Uhr
Der Artikel drückt gut aus, wie verstörend heute deutsche Politik für viele Menschen sein kann. Gute Argumente, oder auch nur Anspielungen, warum man über eine Habeck-Rede erschüttert sein kann.
Aber bringt das weiter? Das Problem scheint mir doch, dass, mit sehr, sehr guten Gründen, es so viele Menschen gibt, die über soviele Dinge so tief erschüttert sind, dass sich doch etwas tun müsste. Aber es tut sich nichts, oder wenn, dann nur so, dass es wieder nur ein paar gut finden (meist die Falschen), aber soviele andere noch mehr erschüttert sind.
Wo ist denn nun die richtige Lösung, die richtige Rede - für alle Menschen? Mir fällt da auch nichts ein - ich wüsste auch nicht, was ich sagen könnte, ohne viele Menschen zu erschüttern.
Vielleicht ist ja das ganze Denken falsch, nach DER richtigen Rede und Lösung zu suchen, die ALLE Menschen mitnimmt. Vielleicht ist der Mensch so nicht und wir werden noch endlos hilflos vor all unseren so klaren und echten Gefühlen stehen.
zum Beitrag02.11.2023 , 16:25 Uhr
"Wohin führt diese Spirale? "
Das ist die Frage: ist es eine Spirale, ein Pendel oder eine Bewegung in eine Richtung. Brauchen wir eine viel offenere Gesellschaft, für alle Menschen, die teilhaben wollen? Dann sind wir erst am Anfang einer Bewegung, vielleicht mit kleinen Rückschlägen oder Korrekturen. Andererseits scheint mir das vorauszusetzen, dass die Menschen im Grundse dieselbe Weltsicht und Werte teilen. Aber mindestens von Rechten und gar Rassisten würde man da kaum zustimmen - die müssten sich ändern oder gehören eben nicht dazu. Es gibt aber soviele. Eventuell vielleicht auch doch noch andere Gruppen, die nicht gut zusammenpassen.
Wenn wir also die volle Offenhaeit mit den realen Menschen vielleicht nicht erreichen können, sehen wir dann jetzt eine kleine Korrektur im Weg zu mehr Offenheit? Ein weites Rückschwingen aus einer nicht funktionierenden Übertreibung?
Am Ende muss ich immer genügend Menschen für den eingeschlagenen Weg überzeugen, so dass die Gesellschaft funktioniert. Zuletzt war das nicht mehr so der Fall - was auch immer dann zu korrigieren ist.
zum Beitrag29.10.2023 , 19:58 Uhr
"„Das ist Drehbuch und Kalkül der Terroristen, die einen Keil des Hasses zwischen uns treiben wollen“"
Das ist zu billig - schön wäre es: es gibt Terroristen, die Keile treiben wollen. Das suggeriert, dass es ohne die Keile diese scharfen Gegensätze nicht gebe. Es ist aber genauso wahr, dass es tief und breit verankerte Gegensätze gibt, ohne die es die Terroristen nicht gäbe. Es nützt nichts, die Welt so zu sehen, wie man sie für richtig hält. Man sollte Menschen zuhören und Gegensätze, die vorhanden sind, nicht versuchen in Wortakrobatik aufzulösen.
zum Beitrag28.10.2023 , 14:39 Uhr
Der Artikel spricht richtige und wichtige Dinge an, ich würde aber noch andere Dinge sehen.
"Es sind diejenigen, denen die gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen – Ökotransformation, Globalisierung – einfach zu schnell gehen oder die sie ganz ablehnen"
Sicher, aber dazu kann man glaube ich mehr sagen. Ich lebe nicht auf dem Land, arbeite mit der KI sozusagen an der Frontlinie der technologischen Veränderung, habe in verschiedenen Städten und Ländern gelebt, von daher keine prinzipielle Angst vor neuen Leuten und Umgebungen .... trotzdem finde ich bei Wagenknecht viele Gedanken attraktiv, wenn auch vielleicht nicht soviele, dass ich sie wähen würde.
Ich spreche vielleicht nicht für sehr viele Menschen und bin mir selber unsicher, aber eine Hauptmotivation bei mir ist glaube ich, dass ich den Erzählungen und Weltbildern der "Latte-macchiato-mit-Hafermilch-Fraktion in Berlin-Mitte" nicht (mehr) glaube. Das ist in zu vielen Dingen einfach zu weit weg von der Welt und den Menschen, wie ich sie zu sehen glaube. Nach meiner Wahrnehmung erzählt "Berlin-Mitte" zu viele unumstößliche Wahrheiten zu Demokratie, den Menschen, Umwelt, Gerechtigkeit etc., die die Menschheit vertreten sollen. Ich kann das aber nicht sehen, dass das global gesehen besonders viele Menschen vertritt. Ich kann überhaupt nicht sehen, dass ein einziges, in sich stimmiges Gedankengebäude eine große Mehrheit der Menschen vertreten würde.
Vielleicht geht es auch anderen so, aber bei mir ist es zuerst mal ein Zweifel an den bisherigen Erzählungen unserer Gesellschaft und Politik und an allen Alternativen, die vorgeben mit klaren Werten für klare (globale) Mehrheiten zu sprechen - oder auch nur für Ideen, die globale Mehrheit wären, wenn sie jeder begreifen würde.
zum Beitrag27.10.2023 , 15:56 Uhr
Ein guter Artikel - ich persönlich finde es schön, wenn "Migranten" (wir sind alle Migranten!?) sich verschiedenste Meinungen über die Gesellschaft bilden.
Der Nahostkonflikt liegt uns als Gesellschaft nicht so fern. Nicht nur, dass heute Millionen Menschen in D leben, die eher die palästinensische Seite sehen. Auch unabhängig davon ist die Gesellschaft heute so bunt und in Veränderung, dass sich Fragen wie in Israel in der ersten Hälfte des 20. Jh stellen: wem gehört eigentlich ein Land, eine Gesellschaft, welche Regeln sollen da gelten.
Unsere Gesellschaft baut bisher darauf auf, dass die Nazis abgrundtief schlecht waren - ja, in jedem Fall, nur sagt das so wenig über die meisten heutigen Fragen. Ist dann mehr EU gut oder weniger, sind wir mehr auf der palästinensischen Seite oder der israelischen, sind wir noch eine dominante Mehrheit, die endlich diskriminierte Minderheiten überhaupt mal wahrnehmen soll, oder sind wir inzwischen so bunt, dass die alten Mehrheiten endlich freiere Neubestimmungen zwischen den heutigen Mehrheitsgruppen freigeben sollten .... und viele Fragen mehr. Da hilft es überall leider nicht weiter, dass wir uns alle darüber einig sind, dass die Nazis schlecht waren. Wir hätten das zwar gerne: in jedem Konflikt muss man nur schauen, auf welcher Seite die Nazis stehen, schon weiß man was richtig ist.
So einfach ist es leider nicht. Auch unsere Gesellschaft steht vor sehr großen Fragen und über Israel und Palästina zu reden, ist dafür vielleicht eine gute "Übung" - unsere eigenen Fragen sind verwandt dazu, werden aber noch viel tiefer gehen, weil es direkt unser Leben und unsere Identität betrifft.
zum Beitrag18.10.2023 , 19:32 Uhr
Ok, ich nehme das zur Kenntnis. Damit Sie mich damit überzeugen, müssten Sie mir aber zeigen, dass Milliarden Menschen hinter Ihrer Sicht stehen. Ich kann mich mühelos in Kreisen bewegen, in denen jeder weiß, was Othering ist und was man gemeinsam unter Rassismus versteht. Keine Frage, sicher viele Millionen. Andere auch Millionen, hunderte Millionen, wissen nicht, was sie mit den Begriffen meinen, oder würden bei konkreten Fragen zum gemeinsamen Zusammenleben sehr schnell sehr konträre Ziele, Beschreibungen, Begriffe haben. Das ist die Realität die ich sehe.
Wer "Universalität" sagt, sollte auch zeigen können, dass Milliarden Menschen hinter seiner Sicht stehen.
Man kann sicher auch abstrakt genuge allgemeine Begriffe finden, aber für das gesellschaftliche Zusammenleben haben die offensichtlich keine bindende Wirkung - relativ zu all dem, was verschieden gesehen wird.
zum Beitrag17.10.2023 , 19:41 Uhr
Wenn noch eine Antwort möglich ist: Bei den vielleicht 55 oder so Ländern, die gegen eine Verurteilung gestimmt haben, sind (fast?) alle nicht-westlichen großen Länder dabei. Man kann Palau gegen Indien 1:1 zählen, geht man nach den Menschen hat sich eine große Mehrheit der Verurteilung nicht angeschlossen. Auch das hat verschiedenste Grüne - die sind sich in nichts einig, ich sage nur, dass sie sich auch mit uns nicht einig sind.
zum Beitrag17.10.2023 , 19:27 Uhr
Der Attentäter war Terrorist und es gibt sehr wenige Terroristen. Aber es gibt offensichtlich sehr, sehr viele Menschen, die die Vorwürfe gegen Schweden teilen: dass Koranverbrennungen möglich sind (auch wenn von einem Migranten ausgeführt), dass muslimische Kinder entführt werden.
Was das für mich zeigt ist, dass es nicht so ist, dass es eine "Weltgesellschaft" gibt, in der anständige "Ur"Schweden mit Migranten, diskriminierten Muslimen und allen anständigen Menschen der Welt, die die große Mehrheit sind, gegen eine Minderheit an Rechtsnationalen stehen.
Mir scheinen die Gräben und Spaltungen viel vielfältiger und auch so tiefgehend, dass auch ganz viele Menschen, die an vielen Punkten so gut miteinander arbeiten, am Grundproblem nichts änden: sehr verschiedene Weltsichten, Misstrauen, gegenseitige Vorwürfe.
Ich glaube, dass wir als Gesellschaft darüber neu nachdenken müssen. Unsere bisherige Weltsicht ist unrealistisch universell und wir haben eher gehofft, dass Feinde der universellen Gesellschaft alle aus einer bestimmten Ecke kommen, als dass die Realität so einfach wäre. Es scheint mir viel unübersichtlicher und nicht einfach in richtig und falsch aufteilbar. Ich glaube nicht, dass das so funktionieren wird.
zum Beitrag13.10.2023 , 16:10 Uhr
Ja, das gehört zu den sehr schwierigen Fragen (es gibt noch ein paar), bei denen ich mir nicht mehr so sicher bin, ob die deutsche Gesellschaft (noch) dazu fähig ist, dafür eine vielleicht nicht gemeinsame Sichtweise, aber wenigstens eine Sichtweise zu entwickeln, bei der nicht jeweils größere Teile der Gesellschaft "rot" sehen. Dieses Statement war jetzt vielleicht etwas deutsch-zentriert, wie es "uns" damit geht. Aber letztlich wird die Zukunft Israels weniger davon abhängen, wieviele gut formulierte Beileidsbekundungen es erhält, sondern ob es Gesellschaften gibt, die in der Lage sind, dazu einen eigenen, gefestigten Standpunkt zu haben. Es kann durchaus sein, dass die deutsche Gesellschaft in Zukunft dazu am liebsten gar keinen Standpunkt mehr hat, weil es zu diesem, zu damit zusammenhängenden und zu anderen Themen selber zu zerrissen ist und vielleicht froh sein wird, für sich selber irgendeinen Weg zu finden.
zum Beitrag09.10.2023 , 16:39 Uhr
Ohanwe befürwortet nicht das Töten von Menschen - er drückt das von ihm gesehene Leid und die von ihm gesehene Ungerechtigkeit gegenüber den Palästinensern aus. Das dürfte in Deutschland keine Mehrheit, aber doch einige Millionen unterstützen, insbesondere unter Einwanderern. Bei einem Meinungsbild in der Welt dürfte es auch vielfältig werden, wie darauf geblickt wird. Wir haben schon beim Ukrainekrieg gesehen, dass es nicht so ist, dass eine überwältigende Mehrheit der Menschheit klar den deutschen Mehrheitsstandpunkt teilt. Es gibt viele andere solche Themen in der Welt.
Meiner Wahrnehmung nach liegt hier ein tieferes Problem zwischen der deutschen weltoffenen Weltsicht und der gegensätzlichen Vielfalt in der Welt. Das löst sich nicht alles dadurch auf, dass wir gemeinsam gegen Rechts und Antisemiten sind. Die Welt ist viel komplexer mit vielen nicht auflösbaren Gegensätzen.
Ich denke, das ist auch immer ein Anlass über die eigene Gesellschaft und Werte nachzudenken. Alles zusammen wird man nicht haben können - dafür sind die Menschen vielleicht zu gegensätzlich?
Vielleicht auch nicht - vielleicht löst sich doch alles so auf, dass man eine begrenzte Gruppe oder Standpunkte benennen kann, die menschenfeindlich sind, für alle anderen findet man eine gute gemeinsame Basis. Wenn dem so ist, sollte man das viel klarer herausstellen.
zum Beitrag05.10.2023 , 01:46 Uhr
Umgekehrt gilt und galt das allerdings auch: es geht nur um Asyl (und dann doch um 100 andere Schutzgründe), es geht nur um Schutz (und dann doch um weitergehende Rechte und Einbürgerung), es geht nur um die paar Tausend aus dem Elendslager (und dann um Millionen und verstetigt), es geht nur um Frauen, Kranke und Kinder (und dann doch um jeden), und so weiter.
Das kann alles berechtigt sein, für jeden einzelnen Politiker gibt es wahrscheinlich auch einen roten Faden durch diese Aussagen - von außen und in Summe sieht es aber doch nicht verlässlich aus.
Es ist sicher sehr gut, wenn sich Menschen für Menschen einsetzen - das muss so sein. Eine funktionierende Gesellschaft wird daraus aber erst, wenn alle gemeinsam sich auf Dinge einigen - die verschiedenen politischen Lager, die Alten, die Neuen. Daran hapert es in jedem Fall noch und die rein normative Setzung, dass eigentlich alle "so" machen müssten, erzeugt noch keine funktionierende Gesellschaft. Am Ende zählt, wie die Menschen sich real verhalten.
zum Beitrag23.09.2023 , 15:44 Uhr
Ich weiß nicht - man soll ja nicht immer nur meckern, von rechts her schon gar nicht. Aber das ist gefühlt der 1784igste Artikel der erklärt wie dumm jede Politik zur Migrationsbegrenzung ist und dass wirklich alle vernünftigen Gründe von Menschenrechten, wirtschaftliche Vorteile, internationale Abkommen, gesunder Pragmatismus und vieles mehr für Migration sprechen - was genau ist oft nicht so klar: nur Schutzsuchend oder generell, nur aus benachteiligten Regionen oder generell? Umgekehrt gibt es natürlich Medien, wo gefühlt der 1784igste Artikel das genau Gegenteil ohne Abstriche erklärt. Das ist auch ok, man kann verschiedene Dinge lesen.
Wäre es aber nicht doch interessant die verschiedenen Dinge mehr abwägend zusammenzudenken. Meint etwa Herr Engler wirklich gar keine Begrenzung und Steuerung - oder einfach 10% mehr als jetzt, oder 100% - und dann begrenzen und steuern? Meint er eine offene Mighration für alle, nur für Benachteiligte? Sollte es ein globales Recht auf den deutschen Sozialstandard geben oder nur in Deutschland - warum nur in Deutschland? Auch weltoffene Menschen lehnen global ca. 50% aller Menschen ab, weil sie zu rechts, national, feindlich gegenüber neuen gesellschaftlichen Entwicklungen und vielen Dingen mehr sind - wie geht man damit in einer globalen Gesellschaft um? Ich finde es gibt viele Fragen, die keine endgültige Lösung haben, schon gar keine einfache. Ich kann nicht sehen, dass das, was wir in Deutschland machen dabei so vollkommen daneben ist, dass man erstmal zur Korrektur nur noch kontra sein muss.
Ich fände daher mehr Gedanken über dieses schwierige Abwägen gut, das keine endgültige und richtige Lösung haben wird.
zum Beitrag23.09.2023 , 14:29 Uhr
Alle mit Papieren wären schonmal eine große Menge Menschen, für die die Probleme nicht mehr bestehen würden. Ich kann aber auch nicht sehen, warum fehlende Papiere hier wichtig sind. An der deutschen Grenze kann ich doch auch niemanden wegen fehlender Papiere zurückweisen, wenn er Schutz beantragen will. Ich kann nicht sehen, wo da der Unterschied liegen soll. Wir können zwar dem Rest der Welt nichts vorschreiben, aber wir können allen europäischen oder deutschen Fluglinien vorschreiben, dass sie Menschen, die Schutz beantragen, mitzunehmen haben - mit oder ohne Papiere. Wenn die Fluggesellschaften das schwierig finden, können das die Botschaften machen und Papiere und Tickets ausstellen.
Wenn man die Dinge wirklich ändern will, kann ich nicht sehen, das fehlende Papiere eine Rolle spielen.
zum Beitrag23.09.2023 , 14:23 Uhr
Das schwierige an Grundrechen ist, dass es davon viele gibt, die sich je nach Situation gegenseitig widersprechen. Nicht, weil sie falsch wären, sondern weil die Widersprüche in der Natur der Sache liegen. Es ist also immer abzuwägen.
Es gibt auch ein Grundrecht, dass die einen Menschen die anderen nicht dazu zwingen können für sie zu arbeiten und für sie einseitig verantwortlich zu sein. Es gibt außerdem die rein praktische Randbedingung, dass sobald nicht durchgeführte Zwangsräumungen bei privaten Eigentumswohnungen kein großer Einzelfall sind, Privatleute keine Wohnungen mehr bauen und vermieten werden.
Andererseits gelten all die Argumente aus diesem Artikel. Das muss dann je nach Fall abgewogen werden - mal eher so, mal eher anders.
zum Beitrag22.09.2023 , 14:39 Uhr
Ja, das ist einigermaßen lächerlich, bis unmenschlich, wenn ich Leute auf hoher See aus einem Schlauchboot rette und dann erst einen hunderte Kilometer entfernten Hafen anlaufen muss, bevor ich die schon bewusstlosen Menschen im Schlauchboot nebenan retten darf.
Irgendwie hat aber das ganze Szenario etwas groteskes: warum müssen Menschen überhaupt erst in Schlauchboote steigen, um dann aufwändig gerettet zu werden? Wirklich grundlegend anders wäre es doch nur, wenn jeder von jedem Flughafen der Welt aus nach Deutschland fliegen könnte, um Asyl zu beantragen. Alles andere scheint mir immer zu ähnlich grotesken Situationen zu führen. Aus irgendeinem Grund fokusieren wir uns in den Nachrichten auch immer auf die Schlauchboote - ich denke, weil das internationales Gebiet ist und wir da operieren können.Den Flüchtlingen ist das aber glaube ich egal, die sterben auf dem Weg bis zur Küste auch schon und für die macht das wahrscheinlich wenig Unterschied.
Ohne ein freies Einreiserecht per Flugzeug und klaren Anweisungen, dass zumindest deutsche Flieger solche Menschen mitnehmen müssen, um Asyl zu beantragen, wird sich grunsätzlich an den grotesken Situationen wahrscheinlich nichts ändern.
zum Beitrag21.09.2023 , 15:19 Uhr
Ja, das ist eine bedenkliche Entwicklung, wenn zunehmend und mehr als 1% eher an einen Führer und andere rechte Ideale glauben. Die ganze Zeit heute ist aber aufgewühlt und etwas orientierungslos. Meiner Wahrnehmung nach glauben etwa 90% der Menschen an ein widerspruchsfreies Menschenbild, aus dem ein Ideal DER richtigen Werte folgt, das nicht verletzt werden darf und die Grundkoordinaten jeder Gesellschaft vorgeben sollte. Verletzungen dieses Ideals sind nicht zu diskutieren, sondern zu bekämpfen.
Das macht es manchmal auch etwas schwierig, weil der Mensch nicht so widersprichsfrei ist und alle Ideale auch gegen Wände, gegensätzliche Vielfalt, mangelnde Kräfte und einiges mehr laufen können. Der Kampf gegen Rechts sollte sicher an erster Stelle stehen und bleiben, aber manchmal muss man auch aufpassen, dass das nicht die notwendigen (und schwierigen) Diskussionen verdeckt, die trotzdem bleiben.
zum Beitrag21.09.2023 , 00:04 Uhr
So ganz krass ist die Abschottung jetzt auch nicht. Deutschland hat über einige aber doch relativ wenige Jahre inzwischen einige Millionen Menschen aufgenommen - neben aller möglichen Migration, die man hier nicht mitzählt. Das ist auch nicht nur eine Hilfsleistung "der Deutschen", sondern hat die Gesellschaft mit verändert, was es überhaupt heißt "deutsch und wir" zu sein und wird es auch weiter tun.
Vielleicht könnte man das noch beschleunigen, darüber kann man immer reden. Aber von krasser Abschottung zu reden, trifft es nicht ganz.
zum Beitrag19.09.2023 , 23:12 Uhr
Die Frage ist, was tun. Was glaube ich niemand bestreiten kann ist, dass das Misstrauen in der Gesellschaft stark zunimmt. Und das nicht zwischen 5% Rechts- (und sonstigen) Extremisten und der demokratischen Mehrheit, sondern, wenn man ehrlich ist, kreuz und quer entlang verschiedener Bruchlinien.
Natürlich ist es so, dass wenn alle anderen Themen endlich mal angegangen und gelöst wären, mehr Kraft da wäre auch noch deutlich mehr Einwanderer aufzunehmen und die dabei auftretenden Reibungen zu bearbeiten.
Das gilt aber auch aus jeder anderen Sicht: wäre das Zuwanderungsproblem gelöst, fiele die Bearbeitung der EU-Bruchlinien leichter, oder der Finanzmarkt bedingten Bruchlinien, oder der sozialstaatlichen Probleme und andere.
Alles auf einmal wird vielleicht nicht möglich sein - die Unterschiede zwischen den Menschen sind sehr real und die daraus resultierenden Reibungen kosten viel Kraft - bei der Zuwanderung, in Europa und bei vielen anderen Fragen.
zum Beitrag18.09.2023 , 01:24 Uhr
Die Anregungen sind gut, aber man sollte mit den Details doch seriöser umgehen und da gibt es mehr Fragen. Dass der freie Austausch übers Mittelmeer die Grundlage der gesamten menschlichen Zivilisation ist, würden Chinesen, Inder und viele andere anders sehen.
Aber wichtiger ist, dass übersättigte Länder mit Geld hier und arbeitswillige Menschen dort leider noch kein ausreichendes Konzept für gelingende Gesellschaften ist. Es ist auch wichtig sich mit all den "Details" auseinanderzusetzen, warum das so ist.
zum Beitrag17.09.2023 , 16:32 Uhr
"Konservative und Rechte entdeckten aber auch recht bald, dass sich der „Kampf gegen Antisemitismus“ prima gegen Linke und Einwander*innen wenden lässt."
Das ist glaube ich ein wichtiger Satz. Bei vielen dieser Debatten geht es glaube ich nur sehr am Rande "wirklich" um Juden. Mein Eindruck ist, dass dies gesellschaftliche Kämpfe zwischen gesellschaftlichen Mehrheitsgruppen sind, in einem Umfeld sich ständig verschiebender Mehrheiten, was Denkrichtungen und demografische Zusammensetzungen und andere Dimensionen betrifft. Juden eignen sich, um den Gegner mit Vorwürfen zu treffen, aber gemeint ist allermeist eine oder mehrere der anderen Mehrheitsgruppen.
Es wäre interessant herauszuarbeiten um welche Inhalte und Gruppen es eigentlich genau geht. Sicher geht es um Alt-Biodeutsche ("Aiwangersche bayrische Hoferben"), die glauben die Wertekoordinaten der Gesellschaft vorgeben zu können, weil sie "schon länger hier wohnen" - in völkisch-familiären Linien, die sie eben für sich passend definieren. Auch andere Gruppen haben aber ähnliche Erzählungen, mal mehr volksbezogen, über Familienlinien, um ihre Sichtweisen zu unterstützen. Wieder andere Gruppen reklamieren universelle Menschheitswerte und gewisse Regeln, was wann als universeller Menschheitswert anzusehen ist.
Es wäre interessant genauer heauszuarbeiten, welche Ansichten hier wie begründet und in wie großen Gruppen gegenüberstehen.
zum Beitrag17.09.2023 , 13:54 Uhr
Ich würde da noch einen Gedanken ergänzen: es ist auch nicht so, dass die einzige Mutter aller Probleme die irreguläre Migration ist. Ich denke, es gibt generell nicht "DAS" funktionierende Gesellschaftsmodell mit "DEN" richtigen Regeln. An vielen Stellen führen Veränderungen immer wieder zu Spannungen, die irgendwie aufgelöst werden müssen - ohne klare Vorgaben, wie das jeweils zu geschehen hat. Auch wenn die Rechten verschwänden, wir die Gesellschaft komplett für Migration öffneten und das auch alle Menschen wollten, wäre das keine problemfreie Gesellschaft. Es gibt weder "die" Migranten als in sich funktionierende, widerspruchsfreie Gruppe (weit weg davon), noch gibt es "die" Altgesellschaft mit universell-ewigen Regeln, die (bis auf Rechte) für alle Menschen immer funktionieren.
Gesellschaft ist einfach prinzipiell eine schwierige Aufgabe - mit vielem, was möglich ist, und sehr vielem, was sicher nicht funktionieren wird.
zum Beitrag17.09.2023 , 02:06 Uhr
Wenn man Aiwanger nicht mag - persönlich oder politisch, gibt es dafür genügend Gründe und Politik lebt davon, dass Menschen auch ihre politischen Gedanken oder auch nur Gefühle aussprechen. Das ist ok und gut.
Aiwanger in Nazi-Nähe zu rücken ist aber glaube ich kontraproduktiv. Politik, die man ablehnt, auch sehr tief ablehnt, die Menschen erschüttert, benachteiligt, was auch immer, muss nichts mit Nazis zu tun haben. Es ist nicht gut das zu vermischen, man vermeidet die Nazis nicht dadurch, möglichst früh alles in diese Nähe zu rücken.
Das erschwert eher das weite Feld der "normalen Politik", das schwierig genug ist und auch schon genügend Unheil produziert. Und Nazis werden dadurch zu etwas Alltäglichem, Banalem, weil man sie an jeder Ecke findet - der alte Freund, der Lehrer, viele Journalisten, Politiker, Professoren usw., usf. Zum Einen werden dann viele Leute Nazis als etwas ohnehin überall vorhandenes und normales akzeptieren - so wie bei Aiwanger der Nazivorwurf die einen zwar aktiviert, an vielen aber einfach abprallt. Man schaut gar nicht mehr hin. Zum Anderen werden die Nazi zu einer dauerpräsenten, universell-omnipotenten Antithese, so dass jeder, der irgendwas gegen den Staat oder die Gesellschaft hat, versucht ist mit Naziauftritten zu kokketieren - einfach weil's der größte, immer funktionierende Schocker ist.
Beides ist nicht gut. Damit, dass die Gesellschaft auch ohne Nazis genügend Potenzial für politische Abwege hat, wird man sich ohne Nazibezüge auseinandersetzen müssen - denke ich.
zum Beitrag15.09.2023 , 03:36 Uhr
Es ist normal, dass Bewegungen immer nur einen begrenzten Beitrag leisten. Die Welt entsteht gerade daraus, dass viele Ideen und Dinge sich zusammensetzen und Klima ist wichtig, aber eben nur ein Thema unter doch einigen - wie das wo am besten auszutarieren ist, überblickt niemand. Daher ist es auch ok, wenn nicht eine Bewegung die ganze Agenda setzen kann. Ich denke eine Gesellschaft braucht Menschen, die Motivation für diesen Einsatz mit begrenztem Einfluss aufbringen. Die allermeisten Aktionen und Menschen haben noch weniger Einfluss und müssen trotzdem für ihren Einsatz motiviert sein.
Ich würde das auch nicht so eng mit dem Faschismus verknüpfen. Es ist nicht so, dass alle negativen und alle positiven Eigenschaften immer jeweils miteinander verknüpft sind, also dass Klima-Ignorierer auch Faschisten, Antidemokraten etc. sind und umgekehrt. Ich würde mich da nur auf das Klima konzentrieren - das ist komplex genug.
zum Beitrag12.09.2023 , 01:57 Uhr
Ich würde hier "Verlustängste" von "rückwärtsgewandt" unterscheiden. Eine "weiße" Gesellschaft ist vielleicht etwas rückwärtsgewandt - wozu auch all die "weißen" Erzählungen gehören, von klassischer Musik, über Brüder Grimm, deutsche Geschichte, bis letztlich auch die deutsche Sprache, die immer bestimmte Menschen bevorzugen wird, die hier aufgewachsen sind, und auch das eher aus bestimmten Kreisen. Aber ich würde es da auch nicht übertreiben, weil alle Menschen in solchen Zusammenhängen leben, nur in jeweils anderen.
Die heterosexuelle Familie ist, Stand heute, gar nicht rückwärtsgewandt, sie ist eben nur noch ein Modell unter vielen, aber, Stand heute, genauso zukünftig wie die vielen anderen Modelle.
Es geht also mehr um Verlustgefühle. Ein Teil davon ist die Einsicht, dass die eigenen Modelle nicht mehr die einzigen sind - das ist real und man kann diese Sorge den Leuten nicht nehmen. Das andere ist aber der echte Verlust, weil die eigenen Modelle als rückwärtsgewandt abgeschafft werden sollen - das ist doch aber nicht so. Hier geht man doch in Scheinkämpfe, die die Dinge nur unnötig schwierig machen. Zumindest Stand heute, wird die heterosexuelle Familie nicht verboten, sie wird vielleicht nur relativ etwas weniger gefördert. Auch klassische Musik wird nicht verboten, nur etwas weniger gefördert, weil man vieles Neue fördern will. Usw. Also: weniger rückwärtsgewandt, sondern viel Neues dazu.
zum Beitrag11.09.2023 , 20:37 Uhr
Frankreich und Algerien sind durch Millionen Menschen und Bürger so eng verbunden, dass Macron kaum eine andere Wahl hat, als sich hier Algerien anzuschließen, will er viele seiner Bürger nicht noch mehr erschüttern als dies ohnehin schon der Fall ist?
zum Beitrag11.09.2023 , 15:36 Uhr
Endzeit-Fantasien sind tatsächlich lächerlich. Bei allem Leid sind hunderte Millionen Menschen, eher im Aufbruch und vor einer Zukunft mit mehr Wohlstand und Sicherheit. Zumindest nach dem, was man heute sieht und was viele Menschen glaube ich auch so empfinden.
"Für meine InterviewpartnerInnen ist die „Normalität“, die meist auf die Lebensform einer heterosexuellen Kleinfamilie bezogen ist und auf weißen, deutschen Identitätsprivilegien beruht, abhandengekommen!"
Das würde ich allerdings nicht ganz so lächerlich machen. Mir scheint, dass die meisten der Milliarden Menschen ihre "Normalität" leben und ohne diese auch schnell heimat- oder orientierungslos sind. Zu dieser "Normalität" gehören immer Konstrukte wie Geschlecht, Familie, Geschichte, Nation, Religion, Wertesysteme, Gerechtigkeit, Freiheit etc. - nur eben ein Sammelsurium sehr verschiedener Konstrukte. Man sollte zwar schon die Größe haben, zu kapieren, wann die eigenen Konstrukte am Ende sind und jetzt mal andere dran sind. Man sollte Menschen aber auch zugestehen, dass sie immer in solchen Konstrukten leben werden - die dürfen, werden und müssen sich eben nur ab und an ändern.
zum Beitrag08.09.2023 , 01:40 Uhr
Das ist mir etwas zu dick aufgetragen.
Ja, es ist super-gut wenn Aiwanger nicht 50% Wählerstimmen hat und es andere politische Angebote für wichtige Fragen und für viele Menschen gibt.
Nun ist aber auch keine Partei zu erkennen, die von 90% der Menschen als ihre Vertretung akzeptiert würde - es ist einfach keine Partei zu sehen, die von allen Minderheiten akzeptiert würde, mit der alle Mehrheiten über Menschenrechtsfragen und sonstige großen Leitlinien übereinstimmen usw.
Wenn wir also nun in einem demokratischen System sind, also einem mit verschiedenen Ansichten: welche anderen Parteien als z.B. die Freien Wähler stellt man sich dann vor? Man muss die ja wirklich nicht politisch mögen, aber welches Spektrum, auch noch EU-weit und gar weltweit, wäre denn demokratisch tolerierbar? Und wenn die Freien Wähler klar nicht mehr in diesem Spektrum liegen - was machen wir mit all den Menschen, die solche und andere Parteien wählen. Das sind viele in Deutschland und noch mehr EU- und weltweit. Sehr viele. Die mögen falsch liegen, dafür gibt es politische Angebote und Diskussionen. Aber wenn die alle außerhalb des Spektrums liegen - wie gehen wir damit um?
zum Beitrag06.09.2023 , 00:38 Uhr
Irgendwo fallen aufgedunsene, vollgesoffene Bierschädel auf die Bierbänke und irgendwo anders sitzen Mädchen, Äffchen und Pferde zusammen - sinnierend über die Welt und offen für jeden, der gerne mitsinniert.
Was wir glaube ich alle verstanden haben ist, dass niemand alle Gruppen und Menschen vertritt, und dass jeder, der politisch irgendwie aktiv ist, auch von sehr vielen Menschen und Gruppen tief abgelehnt wird. Andere sind wieder begeistert. Es scheint vollkommen unwahrscheinlich, dass irgendeine Partei große Mehrheiten von der eigenen Sicht überzeugen könnte.
Jeder hat seine Prioritäten und Zusammenhänge, die er (gerne) sieht. Andere sehen sie anders und ordnen auch den aufgedunsenen Bierschädel anders zu.
Der Plan die miesen Seiten der Gegner solange aufzuzählen, bis >90% der Menschen es kapiert haben, scheint mir gescheitert. Zuviele Gegner, zu verschieden, die überzeugen auch laufend, zu bunt.
Mein Gefühl ist, dass wir weniger Energie darein stecken sollten möglichst viele Menschen davon zu überzeugen, wie mies die Gegner sind. Wir brauchen glaube ich mehr Energie dafür, darüber nachzudenken, wie eine Gesellschaft funktionieren kann, in der viele verschiedene Gruppen wenig miteinander anfangen können bzw. sich scharf ablehnen. Das muss man wohl akzeptieren - aber wie könnte das funktionieren, ohne bodenlos in Abgründe abzusacken. Alle zu überzeugen scheint mir illusorisch, aber ohne Abgründe zusammenleben ist hoffentlich trotzdem erreichbar?
zum Beitrag05.09.2023 , 12:39 Uhr
Meine Familie war auch Opfer. Möglicherweise deswegen nehme ich das Thema sehr ernst und gerade deswegen will ich hier auch widersprechen - ich sehe das etwas anders als der Artikel.
Der Fehler von Aiwanger ist, dass er eben nicht "das" Volk vertritt. Rund um den Gillamoos vielleicht, aber auch da wird es viele andere Stimmen geben. In München sicher nicht, und da leben sehr viele Menschen. Aiwanger tritt allen möglichen Leuten heute auf die Füße, die nicht in die Gillamoos-Weltsicht passen. Darum geht es. Umgekehrt gilt das alledings auch: es gibt das Gillamoos, die Leute dort sind nicht von Aiwanger gekauft, sondern er vertritt sie, und es sind auch nicht ganz wenige. Auch deren Weltsichten und Lebensweisen dürften aus vieler Münchner Sicht so gar nicht existieren (weil sie aus Münchner Sicht andere angreift).
Das sind schwierige Gegensätze und darüber muss die Gesellschaft dringend reden. Das hinter einer Holocaustdiskussion zu verstecken ist nicht gut. Weder Aiwanger noch seine Anhänger planen das, sie leisten dem auch nicht mehr Vorschub als dass alles irgendwie auch entgleiten kann (auch die eigene Seite). Es ist ok, wenn man Aiwanger tief ablehnt. Aber so einfach, dass er aus universellen Gründen für alle klar außerhalb steht (Holocaust), ist es nicht. Und weil es nicht so ist, ist das gefährlich und geht nach hinten los.
zum Beitrag05.09.2023 , 02:24 Uhr
Das Flugblatt hat die Shoa für eine plumpe Trotzgeste missbraucht - aber eine Geste gegen "Links", nicht gegen Juden oder Israel? Ich glaube, Antisemitismus ist die falsche Diskussion. Ich sehe nicht, dass Aiwanger oder die Freien Wähler antisemitische Zielsetzungen hätten. Vielleicht sind sie da unsensibel, aber das Thema ist ihnen eher egal, als dass sie dazu eigene Ziele hätten.
Das Flugblatt ging damals und jedenfalls die Politik heute geht gegen "Links-Grün". Man sollte diskutieren, welche Linke, Grüne, Frauenvertreter, vielleicht Queere, Migrationsbefürworter und viele, viele mehr sich angegriffen fühlen - das hat alles politische Substanz, die zu diskutieren ist. Antisemitisch ist bei Aiwanger glaube ich nicht viel zu holen - das ist die falsche Diskussion, die Juden keinen Dienst erweist. Das stumpft nur ab oder erzeugt unnötige Gegner, die man in anderen Debatten vielleicht als Verbündete braucht. Es reicht Aiwanger seine Geschmacklosigkeit vorzuhalten - das mag auch für einen Rücktritt reichen, aber es ist etwas anderes als eine antisemitische politische Zielsetzung.
zum Beitrag01.09.2023 , 16:00 Uhr
Homann: "Die Umfrage zeige ihm zufolge auch, dass die CDU mit ihrer Strategie gescheitert sei."
Ich glaube, wenn man ehrlicher ist, sieht man, dass wir gerade insgesamt als Gesellschaft scheitern. Keine Partei kann irgendein politisches Konzept vorlegen, das nicht auch relevante andere Bevölkeungsteile bis ins Unerträgliche erschüttern würde. Sicher könnten auch die Parteien in vielem besser sein, aber auch mit den besten Parteien bliebe diese Situation, weil die Sichtweisen und Werte in der Bevölkerung zu divergent sind, das Vertrauen zu sehr gestört.
Ich glaube, wir können auf absehbare Zeit zufrieden sein, wenn es Parteien schaffen, dass die gegenseitigen Erschütterungen nur sehr, sehr tief sind - aber nicht zum Abgrund werden, der alles mitreißt.
zum Beitrag30.08.2023 , 18:17 Uhr
Man kann es ja auch so sehen: Faeser macht an Stellen Zugeständnisse, wo es nicht ganz so weh tut, um freiere Wege für Hundertausende aus schwierigeren Regionen offenzuhalten?
Ansonsten wäre es interessant, welchen Anteil die Angst vor der AfD (und den Wählern) hat und welchen Anteil die Angst vor einer Unkontrollierbarkeit zukünftiger Entwicklungen. Ich nehme an, es wird eine Mischung aus diesen Motiven sein. Offene Menschenfeindlichkeit wird man Faeser glaube ich nicht unterstellen.
zum Beitrag29.08.2023 , 23:03 Uhr
Was denke ich richtig ist: die deutsche Demokratie alten Schlages, in der man sich auch herzlich angefeindet hat, aber doch eine 95% Einigkeit darin bestand, dass ein Wahlsieg des Gegners akzeptiert wird, hat sich verändert. Es gibt heute mehr Lager und die gegenseitigen Abneigungen gehen tiefer. Das ist kein Grund zur Panik, die Institutionen halten das Land auch so fest zusammen. Aber ginge es nach den Menschen, gibt es heute weit mehr als 5% die jeweils andere weit mehr als 5% nie und nimmer an der Regierung tolerieren wollen. Da, wie gesagt, die Institutionen fest sind, hat dieses "Nicht-Wollen" erstmal keine Konsequenz - wohin die Reise noch geht, kann man sich aber nicht sicher sein.
zum Beitrag29.08.2023 , 11:36 Uhr
Stimmt, das kann nur der Anfang von Debatten sein, die zulange verschleppt wurden, weil man Werte als absolut gesetzt hat, die nunmal nicht absolut sind, wenn man die Gesellschaft öffnet, oder die Gesellschaft sich verändert.
Natürlich ist dieses Gesetz/Verordnung eine Schwäche des Staates und auch eine Schwäche der Gesellschaft. Aber die Schwäche ist real und wird nicht einfach dadurch zur Stärke, dass man sagt "unsere Werte sind so fest, wir brauchen das nicht". So ist es eben nicht, die Werte sind nicht so fest und klar - weil die Menschen nicht so klar sind, sondern sehr verschiedenen Ideen folgen.
Der Islam ist eine der ganz großen Menschheitsideen, selber mit einem universellen Anspruch. Eine weltoffene Haltung, die davon ausgeht, dass "Wir" dir universellen Werte haben und innerhalb dieser universellen Werte offen für alle Menschen sind, und auch der Islam selbstverständlich seinen Platz innerhalb unseres Gebäudes bekommt, vollkommen gleichberechtigt, neben Christen, Sportliebhabern, Kunstfreunden, Klimaschützern, Hardrockfans ... das kann so auch nicht funktionieren. Es gibt auch nicht nur den Islam, auch wenn er (in seiner eigenen Vielfalt) zurzeit eine der großen Ideen und Bewegungen darstellt. Das grundsätzliche Problem, dass die Menschen verschiedenen Ideengebäuden und höchsten Werten folgen, besteht prinzipiell und auch mit anderen Strömungen.
Dazu einfach nur eine souverände Toleranz und die "wahre Menschlichkeit" anzuführen, scheint mir das grundlegende Problem nicht sehen zu wollen. Es ist eben nicht irgendwie gottgegeben klar, was und wie Gesellsschaft ist und funktioniert.
zum Beitrag28.08.2023 , 17:26 Uhr
Schwierig. Was mir klar scheint ist, dass in einer Gesellschaft mit Religionsfreiheit als wichtigem Thema öffentlich keine Religion eine starke Rolle spielen darf und kann. Das kann für religiöse Menschen auch bitter sein, weil sie täglich akzeptieren müssen, dass ihr Leitbild in der Öffentlichkeit sich unterzuordnen hat unter höhere Prinzipien. Das ist eine schwierige Lage. Es ist auch keine immer unbedingt notwendige Konsequenz der Religionsfreiheit, aber wenn sich gesellschaftliche Probleme aufschaukeln, scheint es mir kaum zu vermeiden.
Andererseits geht es wohl auch nicht nur um Religion, sondern um das Misstrauen und einfach verschiedene Werte zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Wenn man den Staat (die Minister, die die Verordnungen umsetzen etc.) dann nicht als neutral ansieht, wird es sehr schwierig. Wenn man sie andererseits bei stark polarisierten Gruppen als neutral ansieht, ist es auch schwierig, weil die Regierung dann mit "dem Volk" wenig zu tun hat, außer es zu verwalten. Das sind dann Konstrukte wie zB. in Syrien, wo ein Assad Chef ist/wurde, weil er keiner der großen Gruppen angehörte.
Ganz einfache Lösungen gibt es da wohl nicht.
zum Beitrag22.08.2023 , 22:23 Uhr
Der Artikel trifft es ganz gut: bei sehr vielen Dingen geht es gar nicht so sehr um die Inhalte. Auch bei vielen Themen zur Sprache, Identität etc. einigt man sich meist schnell darauf, dass ja niemandem etwas vorgeschrieben wird, aber man einfach mal nett sein könnte, oder locker. Oft geht es mehr darum, dass man bestimmte Gruppen nicht mag, andere dafür mehr. Das macht sich aber an vielen Dingen fest, nicht an diesen konkreten Debatten.
zum Beitrag11.08.2023 , 14:58 Uhr
Ich glaube nicht, dass das Haupthinderniss für ein Verbot ein überzogener Liberalismus ist. Das Hauptproblem ist erstmal, ob man genug Kraft für ein Verbot hat - sonst macht man es noch schlimmer.
Die "Kraft" bezieht sich dabei auf die Zahl der Menschen, die das Eine oder Andere wirklich uterstützen. Demokratie ist auch das oft nicht so schöne Austarieren zwischen Gruppen - weil man bisher noch nicht die Kraft gefunden hat, zumindest in den Grundfragen, das Richtige und Gute durchzusetzen (über das man ja nicht abstimmen müsste, wohl auch nicht sollte?).
"Kraft" bezieht sich aber auch auf die Probleme dabei, wie genau das Richtige und Gute definiert ist. Große Teile der Menschheit wehren sich dagegen, die Menschenwürde in unserem Sinn als höchsten Maßstab zu akzeptieren - weil zu individualistisch, nicht deren Tradition, weil Gott sich nicht vor der Menschenwürde verantwortet, weil gegen den Volksgedanken - verschiedenste Gründe. Wie geht man damit um? Sehr viele Menschen (auch solche, die die AfD mit einem ethnischen Volksbegriff ausschließen will) haben einen ethnischen Volksbegriff. Wie geht man damit um?
Es fehlt oft einfach die Kraft das Richtige und Gute durchzusetzen - nicht nur gegen die AfD, auch gegen sehr viele andere Menschen. Im Moment kann man nur Schritt für Schritt gehen, die AfD ist dabei nur einer von ziemlich vielen unklaren Punkten, wie man weitergeht.
So einfach ist es daher glaube ich nicht.
zum Beitrag09.08.2023 , 23:45 Uhr
Die Erzählungen, dass der Reiche Norden die Verantwortung trägt, sind mir zu einseitig. Historische Dinge, wie die frühere Waldabholzung (oder CO2-Ausstoß) haben nicht die Bedeutung, die ihnen heute gegeben wird - früher war früher, in einer anderen Welt mit anderen Technologien und Weltsichten. Der CO2-Ausstoß kam auch erstmal der ganzen Welt zu Gute, 80% der heutigen Weltbevölkerung wäre ohne ihn überhaupt nicht am Leben. Es ist auch fraglich, ob einseitig festgelegte Zahlungen an Entwicklungsländer irgendwas bringen. Das ist für mich alles nicht auf Augenhöhe.
Auf Augenhöhe wäre für mich tatsächlich nicht in Europa einseitig über Standards in Südamerika zu entscheiden - nicht bei Lieferketten, nicht bei Menschenrechten, nicht beim Klima. Da könnte man wirklich mehr zuhören. Auf Augenhöhe ist aber auch nicht ewige Schuldlisten gegen den Norden zu führen - das führt zu nichts, ist meistens auch zu willkürlich.
zum Beitrag04.08.2023 , 03:07 Uhr
Ich finde, das wird hier auch zu einfach dargestellt: als seien die Problem klar, die Antworten von Rechts zu simpel und die Lösung liege in Kompromissen zwischen Grünen und FDP ... den bekannten Koordinaten und Parteien.
Ich glaube, die Verunsicherung kommt eher daher, dass es darüber hinausgeht. Dinge werden zB jetzt mehr in Asien entschieden, und nach anderen Denkmustern - nicht zwischen FDP und Grünen. Auch bei uns gibt es eine neuere Gesellschaft, die sich nicht nur in den alten Koordinaten abspielt. Welche Probleme es alles sind, weiß keiner genau - nur ein Gefühl, dass es einige sind.
Ein Teil des Unbehangens kommt glaube ich nicht daher, dass eine Randpartei wie die AfD zu simple Antworten hat, sondern dass die Antworten/Sichtweisen der Gesellschaft möglicherweise nicht mehr wie früher zu einer sich verändernden Welt passen.
zum Beitrag02.08.2023 , 16:11 Uhr
"den religiösen Pflichten, denen sie sich unterworfen haben"
Wir stehen für alle Menschen, den Wert des Individuums, Freiheit, gegen Unterdrückung, für Selbstbestimmung, wir achten die Gefühle von Menschen - all das ist richtig und richtig ist auch, dass ein Hidschab, wie vieles andere, Ausdruck dieser Grundhaltung sein kann.
Nicht richtig ist, dass man damit für alle Menschen stünde und alles gesagt sei. Ein Hidschab kann auch Ausdruck starker Überzeugungen sein, wie Nation, Religion, andere gesellschaftlich defierende Normen, die gesellschaftlichen Druck ausüben. Ein Hidschab kann Ausdruck einer religiösen Überzeugung sein, die eben nicht gleichwertig neben tausend anderen Dingen steht, sondern einer universellen Religion (vergleichbar mit anderen universellen Haltungen), letztlich für alle Menschen. Jedenfalls anderen Koordinatensystemen als (westliche) Freiheit und Individuum.
Für mich ist die passendere Einstellung nicht, dass hier irgendetwas klar gut und richtig ist - es ist ein Thema, die Welt wird weniger westlich, also haben sich auch Sitten anzupassen, aber es bleibt ein Thema, das auch kritisch zu begleiten ist - nicht endgültig zu beurteilen.
zum Beitrag29.07.2023 , 15:30 Uhr
Das ist nicht falsch, was der Artikel sagt, aber ich würde andere Dinge mehr betonen. Klar, männliche Jugendliche machen schon immer Randale - aber schon immer lohnt es sich auch hinzuschauen. Wenn rechte Trupps Randale machen, lohnt es sich auch hinzuschauen - oder nicht? Beim Hinschauen bleibt im Artikel der Ton (zwischen den Zeilen), dass das alles Teil von "Uns" ist, dem einen deutschen Volk, oder heute eher gedacht der Einen Menschheit, zu der wir alle gehören, mit schon immer den üblichen Macken.
Nur: ist das die passende Sicht? Ich denke schon ein Teil der Randale will uns auch sagen, dass hier Unterschiede betont werden sollen. Die wenigsten Leute lesen taz und von den Randalierern wohl noch weniger. Die Parallelwelten berühren sich kaum. Würden sie sich berühren und diese Jungs würden in einen "taz-Kosmos" gezwungen, würden sie glaube ich eher die Redaktion zu Kleinholz verarbeiten, als sich dem fügen. Es scheint Unterschiede zu geben und es ist glaube ich interessant darüber nachzudenken, welche Unterschiede hier betont werden sollen.
zum Beitrag28.07.2023 , 16:44 Uhr
Interessant dazu auch "Trials of the Sate" des ehemaligen britischen Supreme Court Richters Jonathan Sumption.
zum Beitrag28.07.2023 , 16:43 Uhr
Keine Frage, Regierungen müssen in Checks&Balances eingebunden werden (und ganz rechte dreimal). Aber in Checks&Balances sind auch Verfassungsgerichte einzubinden - das genaue Verhältnis ist nie leicht, aber wichtig. Nach meiner Staatsauffassung liegt bei uns auch ganz klar der Primat bei der öffentlichen Debatte und den Parlamenten - nicht beim Verfassungsgericht. Das sollte nur Extreme einkassieren und ansonsten die verfassungsmäßigen Checks&Balances selber kontrollieren - ohne Inhalte, einfach wie die Entscheidungen zustande kommen.
In vielen westlichen Ländern gibt es Tendenzen, die Gerichte über dieses Maß hinaus zu stärken, um "das Richtige" voranzubringen. Das gilt auch für den EGMR. Man sollte das aber auch als Gratwanderung diskutierend begleiten - einfach sich vorstellen, die Gerichte wären "rechts" besetzt. Politik braucht auch die Einsicht, dass es für das Allermeiste kein richtig und falsch gibt, nur einen gefundenen Konsens.
zum Beitrag27.07.2023 , 17:22 Uhr
Das ist alles gut, aber was bei Frau Göring-Eckardt fehlt, ist die Dimension, dass Gesellschaften auch gegensetzlich vielfältig sind und wie man damit umgeht.
Menschen und Politik im allgemeinen gehen oft davon aus, dass man seine Ideen besser erklären muss, und wenn man nur lange genug darüber redet, werden auch alle zustimmen (oder man selber stimmt mal den anderen zu).
Ich glaube die Welt und die Menschen sind kontrovers vielfältiger - da kann man solange reden, wie man will, viele verschiedene Gruppen werden ablehnen wie ich denke. Und nicht, weil die dafür 99% der Menschen vertreten - untereinander würde die sich je nach Thema auch ablehnen, auch scharf.
Natürlich kann man immer auf irgendwelchen krassen Extremmist der Gegner verweisen - aber grundsätzlich ändert das nichts. Das machen wechselseitig auch alle und es bleiben genug andere Punkte, die gegensätzlich sind, ohne, dass man sie an klarem Extremmist festmachen könnte.
Wenn ich über Gesellschaft rede, brauche ich, glaube ich, auch eine Idee, wie ich damit umgehe, dass die Menschen Dinge so verschieden sehen. Das schließt auch ein, dass man nicht so einfach sagen kann, was progressiv und fortschrittlich ist. Auch da reicht es wieder nicht Extrembeispiele zu nennen, und damit eine breite Agenda zu rechtfertigen - man kann das machen, aber das schaukelt dann eben die Gegensätze auf.
zum Beitrag26.07.2023 , 00:17 Uhr
Das ist sicher so, nur ist es dann eben keine flächendeckende Dominanz mehr, der andere Gruppen ausgesetzt sind - eher ein buntes Durcheinander (mit gegenseitigen Anfeindungen). (Aber wie gesagt: in höheren Positionen gibt es sicher noch eine biodeutsche Dominanz - auf der Straße eher nicht mehr).
zum Beitrag26.07.2023 , 00:13 Uhr
Ok, es bleibt dann aber das Argument, dass die Diskussion irgendein Kompromiss aus Technologie und Verzicht ist.
zum Beitrag25.07.2023 , 19:00 Uhr
Die harten Drogengesetze in vielen Staaten finde ich auch ziemlich einschüchternd - mehr noch als die politischen Drohungen. Auch politisch kann man nie ganz sicher sein, ob man nicht irgendwas falsches gesagt hat, ein falsches Foto gemacht hat etc. - wenn die Strafen dafür extrem sind, wird einem schon mulmig. Für Drogen gilt das fast nochmehr: was, wenn einem etwas ins Gepäck gesteckt wird, man irgendeine andere Falle nicht gleich erkennt? Mal abgesehen davon, dass selbst wenn jemand wirklich Drogen verkauft die Todesstrafe für 500g Cannabis schon etwas krass ist.
zum Beitrag24.07.2023 , 18:07 Uhr
„Die mit Abstand meisten Fälle von klassischem Rassismus in Deutschland gehen von der Mehrheitsbevölkerung aus und betreffen Menschen, die nicht zu ihr dazuzählen und nicht umgekehrt.“
Das scheint mir so auch zu vereinfachend. Gerade in Städten und bei jungen Menschen gibt es doch keine dominante Mehrheitsbevölkerung mehr - wenigstens nicht auf der Sraße. Je politisch einflussreicher die Kreise werden, gibt es sicher noch mehr biodeutsche Dominanz, aber hier geht es um die Straße.
zum Beitrag24.07.2023 , 17:51 Uhr
Der Lebensstandard von 1970 wird sicher möglich sein, schon einfach weil die Menschen (global) es sonst nicht akzeptieren werden. Das scheint mir aber nicht die Frage. Würden wir einfach durch Verzicht auf 1970 gehen, wäre das sicher nicht haltbar - wenn auf dem Level die ganze Welt laufen kann, hätte der Westen bis 1970 keine Klimaschuld aufgebaut. Das kann so sicher nicht stimmen.
Die Aussage des Lebensstandards geht also von einem Technologiewandel aus, mit dem der Level von 1970 tragbar ist. Dann müsste man aber auch über diesen Technologiewandel mit sprechen, nicht nur über den Verzicht.
zum Beitrag24.07.2023 , 14:40 Uhr
Ich sehe da mehr Zielkonflikte: Dürfen Menschen in ein reicheres Land ziehen - mit mehr Klimaverbrauch verbunden? Dürfen ärmere Menschen Karriere machen? Ist es wirklich so einfach, dass nur SUVs und Luxus-Flugreisen das Problem lösen - auch Musikkonservatorien, Parteikongresse, Readaktionsräume etc. verbrauchen Klima. Ist es so klar, was man runterfährt, was nicht? Ist es klar, dass wenn alles Dekadente, wie SUVs, runtergefahren wird, aber alles Schöne, wie Camper, Konservatorien, Bildungseinrichtungen, Unis, Krankenhäuser etc. beibehalten wird, dass es dann gut für's Klima reicht?
Wenn es nicht so ist - wo ist dann die Grenze, dass man Menschen auch einfach symbolische Beiträge machen lässt, auch wenn es direkt für's Klima nichts ändert.
zum Beitrag13.07.2023 , 00:59 Uhr
Ist Heterosexualität wirklich noch so dominierend in dem Sinne, dass sie anderen etwas aufzwingt? Mir scheint es mehr so, dass die Gesellschaft sehr vielfältig geworden ist, und zwar, und das scheint mir der Punkt, nicht nur in sexueller Hinsicht, sondern in vielen Punkten. Natürlich meinen da auch viele andere Gruppen (nicht nur Heterosexuelle), dass ein bestimmtes Kriterium zuviel Aufmerksamkeit bekommt. Queere und andere Gruppen haben sich auch schon zu Wort gemeldet, wenn irgendein anderes Thema ihrem Empfinden nach zu dominant wurde und dadurch zuviel Aufmerksamkeit an sich reißt. Das kann Klima sein, dass (für manche) zu sehr von andern Gerechtigkeitsfragen ablenkt, es kann die Aufmerksamkeit für Ostdeutsche oder irgendeine andere Gruppe sein, die anderen unangemessen vorkommt.
Prinzipiell scheint mir das ein Wesen der Demokratie zu sein, das immer in Frage zu stellen, auch darüber zu streiten und es immer neu auszutarieren.
zum Beitrag07.07.2023 , 16:50 Uhr
Wenn Polizei und Minister von "Horden" etc. reden wird das offensichtlich zu keiner Lösung führen. Als Vertreter des Staates hätten sie mehr Verantwortung als Normalbürger. Trotzdem scheint es mehr eine allgemeine Überforderung Aller zu sein - der Gesellschaft fehlen Grundlagen und herbeizaubern kann die niemand. In den Vorstädten spricht man denke ich auch sehr abwertend über andere Bevölkerungsgruppen und würde man die Staatsgewalt einfach in diese (oder andere) Hände legen, hätten die natürlich auch kein Konzept, wie man die jeweils anderen Gruppen integriert. Im Moment sind die Menschen und die Gesellschaft überfordert und so direkt wird niemand eine Lösung haben.
Die heftigsten Übergriffe von allen Seiten eindämmen ist natürlich trotzdem sehr wichtig und geht wahrschenlich auch. Man sollte sich als Ergebnis nur kein gegenseitiges Vertrauen und sowas wie eine geeinte Gesellschaft erwarten.
zum Beitrag07.07.2023 , 12:18 Uhr
Herr Alshebl sagt, dass man bei der Migration auch an Belastungsgrenzen kommt - und was es helfe, wenn am Ende die AfD gewählt würde.
Das ist eine wichtige Frage: ist dabei die Belastungsgrenze nur die AfD, ansonsten gäbe es (zumindest im Moment absehbar) keine Grenze? So ist das glaube ich nicht gemeint. Die Frage der Belastungsgrenze ist sehr schwierig: nicht nur, dass es viele ineinandergreifende Kriterien gibt - es hängt auch ganz davon ab, was man als Zielvorgabe für die Gesellschaft hat. Stellt man sich eine Gesellschaft vor, in der möglichst alle Kulturen, Religionen etc. der Welt gleich vertreten sind, hat man eine andere Belastungsgrenze, gibt andererseits damit implizit für die Gesellschaft viel vor (die Leitwerte, die alle leben).
Es gibt viele solcher Fragen. Der Artikel hebt etwa hervor, wie sehr Herr Alshebl nach "unseren" Kriterien in "unsere" Gesellschaft passt und wie "dumm" es daher ist, wollte man ihn nur nach äußeren Kriterien ausschließen.
Das kann man einerseits als Offenheit sehen, man kann es aber auch so sehen, dass wir ganz fest "unsere" Werte vorgeben, in die die Menschen reinpassen müssen - Herr Alshebl ist nicht einfach als Mensch zum Bürgermeister fähig, sondern weil er genau unseren Kriterien entspricht. Andererseits wird er genau dafür gewählt, weil man davon ausgeht, dass Menschen sehr verschieden sein können - und dieser Mensch trifft die eigenen Kriterien, andere weniger.
Ich denke, wenn man das durchdenkt, ist keine Gesellschaft wirklich universell - es gibt immer auch Belastungsgrenzen, die an den zufälligen Leitlinien hängen, die gerade in dieser Gesellschaft gelten - die kann man sicher auch ändern, hätte aber dann wieder nicht universelle Leitlinien - auch da gäbe es Grenzen, was diese Gesellschaft dann verkraftet.
Es ist daher wahrscheinlich sinnvoll, das möglichst zu trennen: die Ablehnung der AfD und ein Nachdenken über Ziele und Grenzen der Gesellschaft.
zum Beitrag06.07.2023 , 16:56 Uhr
Sind diese Dinge nicht alle nebeneinander wahr - mal mehr das eine, mal das andere. Und es ist gar nicht so einfach, auseinanderzuhalten, wann mehr das eine wichtig ist, wann mehr das andere. Bildung ist auch schwierig: wenn mein Kind einen Herzfehler hat, werde ich nach Möglichkeit zu einem erfahrenen Arzt gehen, der im Mittel vielleicht mehr von einer renommierten Uni kommt - solche Dinge schaffen auch Fakten, weil sie vielfach an vielen Stellen passieren. Ich denke aber wie Frau Liu auch, dass wirtschaftlich bedingte Klassengegensätze relativ zu identitären Gegensätzen wichtiger sind, als das heute in der Gesellschaft politisch gelebt wird. Die Abhilfe ist nur nicht so einfach, weil nicht alle wirtschaftliche Macht und Vorteile nur auf unberechtigt "geklauten" Privilegien beruhen. Wie man die Dinge ändert, ohne das Gefüge instabil zu machen oder gute Dinge mit zu beseitigen, muss man probieren und wieder korrigieren.
zum Beitrag04.07.2023 , 17:40 Uhr
Einerseits ist es gut, klar zu den eigenen Werten zu stehen.
Andererseits: FFF ist wahrscheinlich mehr im weißen Wohlstandsmilieu und bei assimilierten Zuwanderern beheimatet, aber das ist ja nicht nur schlecht - auch das hat seine Berechtigung. Wenn schon FFF strukturell rassistisch ist, findet man am Ende wenige Mitkämpfer für die eigene Sache. Es stellt sich auch die Frage, ob Dinge überhaupt noch demokratisch-politisch zu erreichen sind - wenn es nur noch rassistische Gegner gibt, bleibt am Ende nur der Kampf - zu verhandeln gibt es dann eigentlich nichts mehr.
Alle Gerechtigkeitsthemen zusammen zu denken (Klima, Kapitalismus, Rassismus etc.) hat einerseits eine Konsequenz, andererseits dünnen sich die Mitstreiter aus, die all diese Themen genauso sehen. Am Ende bleibt dann vielleicht nur noch, allen anderen Menschen zu sagen, wie schrecklich man sie findet - das ist vielleicht ehrlich, bringt aber auch nicht weiter. Es geht auch davon aus, dass die eigene Sicht die alternativlos richtige ist.
zum Beitrag04.07.2023 , 02:26 Uhr
Ich weiß nicht, ob man da zuhören und Verständnis zeigen soll. Eine rassifizierte Jugend im Selbstschutz gegen einen mörderischen Staat und Gesellschaft - die anderen Menschen sind alle nur Dreck, der das eigene Leben verstellt?
Erwartet der Autor hier wirklich, dass nur, weil er in manchen Punkten auch recht hat, dass man als Leser dieser Abwertungen von Menschen und Gesellschaft folgt?
Die treffendere Analyse scheint mir da: die Gesellschaft ist bunt geworden und verschiedene Gruppen kotzen sich jenseits der Erträglichkeitsgrenzen an - trifft es das in etwa?
Neben allen guten Punkten, die der Autor hat: Staat und Gesellschaft tun auch sehr viel - niemand zwingt Jugendliche ohne Führerschein mit Autos herumzurasen´und dabei Menschen zu gefährden, auch Macht zu demonstrieren. Ich glaube hier liegt neben allen Fehlern auch ein tiefes, vielleicht mehr kulturell, vielleicht anders bedingtes gegenseitiges Ankotzen zugrunde. Gepaart mit sehr viel Hilflosigkeit.
zum Beitrag03.07.2023 , 00:59 Uhr
Wann und wie genau sind Menschen der einen Gruppe für Menschen der anderen Gruppe verantwortlich? Wann versperren Menschen der einen Gruppe Menschen einer anderen Gruppe etwas, was ihnen zusteht? Wer ist dafür verantwortlich, dass es allen Menschen gut geht. Lässt sich jeder Hass zwischen Menschen darauf zurückführen, dass irgendwer mal angefangen hat andere Gruppen ungerecht zu dominieren?
Ich glaube nicht, dass Menschen und Gesellschaften dazu fähig sind solche Fragen aktiv anzugehen. Ich denke man wächst da mehr passiv heraus, oder es eskaliert erst und dann kommt irgendwas Neues.
zum Beitrag03.07.2023 , 00:53 Uhr
Das trifft es glaube ich ganz gut. Man könnte sicher auch einige mehr solcher Selbstaussagen schreiben, weil viele Gruppen irgendwie durch die Ereignisse betroffen, getroffen, geängstigt sind.
Ob, wann und wie das mal wieder zu soetwas wie einer Gesellschaft zusammenfinden wird, kann man wohl nicht sagen. Vielleicht sind Phasen, in denen die Gemeinsamkeiten in Gesellschaften überwiegen, ohnehin nicht die Regel?
zum Beitrag29.06.2023 , 12:26 Uhr
Deutschland hat sich gewandelt - es gibt viel weniger soetwas wie eine homogene Mehrheitsgesellschaft, die als fremd empfundene Menschen ablehnt. Die "neue Realität" geht eher dahin, dass sich in einer vielfältigen Gesellschaft viele Gruppen gegenseitig ablehnen und misstrauen. Muslime bilden auch keine kleine Minderheit mehr, eher schon eine der vielen neuen Mehrheitsgruppen. Natürlich bilden real nicht alle Muslime eine Gruppe, aber das gilt für alle anderen Gruppen auch - je nach gesellschaftlicher Frage gibt es dann Schulterschlüsse oder nicht. In obersten gesellschaftlichen Führungspositionen sind Muslime (besonders solche, für die der Islam ein sehr großes oder auch dominierendes Identitätsmerkmal ist) sicher extrem unterrpräsentiert - aber das gilt für viele andere gesellschaftliche Gruppen auch. Gesellschaftliche Führungspositionen sind noch stark "biodeutsch" geprägt (bezüglich Herkunft, mehr noch aber bezüglich des Wertesystems/Weltbilds - salopp gesagt sind assimilierte "Fremde" bisher schneller aufgestiegen), aber die Dynamik steht hier von alleine auf Veränderung - schon rein demografisch.
Es scheint mir vollkommen legitim, dass Menschen sich in Gruppen zusammentun und versuchen ihr Gewicht in der Gesellschaft zu erhöhen - das geht aber, wie gesagt, nicht nur Muslimen so, sondern vielen Gruppen. Ich würde das dominierend nicht als Diskrimierungsproblem sehen (was es sicher auch gibt), sondern als allgemeine Aufgabe in vielfältigen und sich (schnell) ändernden Gesellschaften ein Gleichgewicht zwischen den verschiedensten Gruppen, ihren Interessen, ihrem gesellschaftlichen Anteil etc. zu finden. Das ist eine riesige Aufgabe mit sehr hohem Frustrationspotenzial - aber eben nicht nur für Muslime.
zum Beitrag07.06.2023 , 01:21 Uhr
"n der Klage heißt es, das Unternehmen habe 0,42 Prozent des weltweit von der Industrie zwischen 1750 und 2021 emittierten CO2 verursacht. "
Nun hat Holcim das nicht für den eigenen Jux gemacht. Es könnten gegen das Ehepaar all die Millionen Menschen Klage einreichen, die in Kliniken behandelt wurden, die mit Holcim-Zement gebaut wurden. Nach der Logik des Ehepaares hätte das nie stattfinden dürfen. Das Ehepaar wurde von Holcim auch schon dadurch ausbezahlt, dass die Gäste für ihr Guesthouse nur über Holcim-Zement-Flughäfen und Straßen anreisen konnten. Umgekehrt hat das Ehepaar den Tourismus gefördert, einen großen Treiber an CO2 und anderen Fußabdrücken. Alle Firmen, die heute Green-Energy machen, sollten auch zahlen oder besser heute schon dicht machen, weil sie die sind, die die Limits von morgen in anderen Bereichen überschritten haben werden.
Wenn der Klimaschutz zu ichbezogen wird, tut man der Sache nichts Gutes.
zum Beitrag31.05.2023 , 15:00 Uhr
Ich würde dazu zwei Dinge trennen: das Eine ist die Gewalt gegen Mevlüde Genc, ihre Familie und andere Menschen. Dagegen muss sich die Gesellschaft wehren und gegen diese (und alle) Gewalttäter vorgehen, und auch gegen Strukturen, die solche Gewalt begünstigen.
Das Andere sind für mich die allgemeinen gesellschaftlichen Schlüsse, die ich daraus ziehe. Hier in Deutschland haben wir noch das "Glück", dass eine Nazi-Vergangenheit und braune Gewalt in einem absoluten Sinne einzusortieren sind. Schaue ich aber in andere Länder und auch auf Gewalt zwischen Zuwanderergruppen (die sicher keine Nazibezüge haben), wird es viel schwieriger, welche Schlüsse man ziehen soll. Es gibt dann eine verwirrende Vielzahl an Gruppen mit jeweils sehr festen Sichtweisen. Artikel sehr ähnlich wie dieser, werden von anderen Gruppen als verdrehende Hetze gesehen, es werden Beispiele aufgezählt, wo die eigene Gruppe nach höchsten Prinzipien hier sehr milde gehandelt hat, dort unerträglich angegriffen wurde. Es ist sehr schwer das zu durchdringen - oft kann man nur sagen, man will damit überhaupt nichts zu tun haben, weder auf der einen, noch der anderen Seite, was die Menschen, die Leid erfahren haben, aber auch vor den Kopf stößt.
Wie gesagt, jetzt nicht in diesem konkreten Fall, aber für die gesellschaftlichen Verallgemeinerungen des Artikels jenseits der deutschen Gesellschaft bin ich unsicher, was richtige Schlussfolgerungen wären.
zum Beitrag23.05.2023 , 01:59 Uhr
Ich habe nicht das Gefühl, dass man hier scharf herausarbeiten könnte, was in einem höheren Sinne "richtig" oder "falsch" wäre. Offensichtlich werden viele starke Gefühle auf allen Seiten getroffen, die alle an reale Gegebenheiten und spezifische Sichtweisen auf die Gegebenheiten anknüpfen. Hier gibt es wohl auch kein einfaches Miteinander-Reden, sich verstehen und dann Aufeinander-Zugehen.
In vielfältgen Gesellschaften muss man mit starken gegenseitigen Abneigungen und Misstrauen wahrscheinlich umgehen lernen.
Trotzdem sollte man miteinander reden - man wird nicht zusammenfinden, das muss auch nicht das Ziel sein. Aber man sollte wenigstens ungebremste Eskalationen abfangen.
zum Beitrag22.05.2023 , 17:05 Uhr
Der Artikel trifft es ziemlich auf den Punkt. Nur treffen in einer vielschichtigen Gesellschaft auch andere Sichtweisen ganz gut "den" (bzw. andere Punkte).
Wegner begründet nicht offen und ehrlich und schiebt Zuwanderer vor - das ist natürlich Unsinn. Was aber auch nur in manchen Situationen und für manche Menschen zutrifft, ist dass Gendern marginalisierten Menschen helfe oder die Gesellschaft sensibler im positiven Sinne mache und fit für die Zukunft.
Hier werden ja auch "schwache Menschen" entweder erfunden oder instrumentalisiert, was im guten Sinne sensibel und Zukunft ist und was an Vergangenheit immer schlecht ist, wird auch einfach so in den Raum gestellt.
Etwas von außen sieht es mehr so aus, dass verschiedene Gruppen gerne verschieden sprechen würden. Und der Eindruck besteht, dass es eigentlich nicht so sehr ums Sprechen geht, das scheint oft austauschbar, wie man dann wirklich redet. Ein Hauptantrieb für viele scheint mehr, dass sich wechselseitig verschiedene Gruppen und Menschen einfach nicht ausstehen können und man dem irgendwie Ausdruck verleihen will - indem man die eine oder die andere Sprache verwendet, aber auch durch andere Gesten. Oft ist man dabei schon offen für wirklich alle Menschen (konservative wie progressive), aber eben unter der Bedingung, dass die eigene Weltsicht geteilt und die passenden Codes repliziert werden.
zum Beitrag17.05.2023 , 16:53 Uhr
Ich sehe es wie Sie, vielleicht mit dem Unterschied, dass ich mir immer nur erwarte die "bessere" Sicht in einer begrenzten Umgebung durchzusetzen. Vollkommen unabhängig davon, was ich mir denke oder wir uns in Deutschland denken, wird es auf irgendwie absehbare Zeit immer eine Mehrheit an Menschen geben, die das in wichtigen Punkten ganz anders sehen. Das scheint mir kein Relativismus, sondern einfach ein Blick auf die Welt.
zum Beitrag17.05.2023 , 16:49 Uhr
Natürlich gibt es objektive Fakten - sie sind aber gesellschaftlich nicht das Problem, weil unstrittig, oder sie gelten eben nur innerhalb bestimmter Gesellschaften.
Ich kann natürlich sagen, dass Politiker X dies und jenes getan hat, was als Fakt nicht dem Standard Y entspricht. Aber aus anderen Blickwinkeln geht das unter in einem Meer aus anderen Fakten, Begriffsdefinitionen, konkreten Beispielen, an die man denkt, wirklich wichtigen ganz anderen Blickwinkeln auf dieselbe Sache usw usf.
zum Beitrag17.05.2023 , 16:41 Uhr
" Die Flüchtlingsorganisationen schreiben, statt dem zuzustimmen solle in Deutschland lieber „mit Nachdruck an einer solidarischen Aufnahme von Ankommenden in der EU gearbeitet werden, welche die Rechte und Bedürfnisse der Schutzsuchenden stärker in den Mittelpunkt stellt.“"
Ist diese Aussage nicht widersprüchlich? Die Flüchtlinge wollen ja gerade nicht verteilt werden - auch nicht "fair". Sie würden gerne dort leben, wo sie aus verschiedenen Gründen (Jobs, Communities, Verwandte, Sprache, Sozialleistungen und mehr) für sich die besten Chancen sehen.
Auch ein wichtiger Punkt: sind das Forderungen nur an die EU, oder erwarten wir entsprechende Angebote zu Flucht und Migration von allen Staaten dieser Erde? Gilt das nur für Flucht oder sollten Staaten überhaupt das Recht haben Menschen die Teilnahme an ihrer Gesellschaft zu verweigern?
zum Beitrag17.05.2023 , 11:57 Uhr
Ich glaube, ich sehe es ähnlich wie der Artikel. Dass, was wir "Mehrheitsgesellschaft" nennen, die universelle Werte vertritt, ist zu eingeengt - das meiste in der Welt, all die Widersprüche und das Unverstandene kommen nicht vor.
Es ist natürlich auch nicht so, dass all die Griechen und sonstigen "besser" wären. Billige Forderungen an "böse Deutsche" stellen, ist auch nur ein richtiger Aspekt unter vielen anderen, die in andere Richtungen zeigen.
Vielleicht noch ein Nachtrag zum Artikel: eine Besonderheit unserer Mehrheitsgesellschaft ist es das "Wir und Die" in der Welt überwunden zu haben. Wir vertreten universelle Werte für eine universelle Gesellschaft und jeder gehört dazu.
Es wird dann aber oft erstaunlich fein unterschieden, in "wirklich und richtig" Deutsche und Andere. Wirklich richtige Deutsche sind die, die für Klima, Kapitalismus, Kolonial, Fremdenfeindlichkeit etc. verantwortlich sind, andere haben die Fähgikeit zu Diskriminierungserfahrungen. Wo da wie die Trennlinien verlaufen folgt einer komplexen Logik mit vielen Aspekten, die aber erstaunlich starr vorgegeben ist - von jedem Menschen kann ich ziemlich klar sagen, ob er zur einen oder zur anderen Gruppe gehört.
zum Beitrag15.05.2023 , 23:56 Uhr
"Die Armen leben schon heute gezwungenermaßen umweltfreundlich, die richtig Reichen können sich Klimaschutz ohne Einbußen leisten. Verzichten muss die Mittelschicht. Das ist nicht schön, aber notwendig."
Da ist etwas dran, aber ich glaube nicht, dass das insgesamt eine gute und richtige Sichtweise ist. Für die Armen dieser Welt tritt das nicht ein, denn die träumen nicht davon, dass die Deutschen genauso leben wie sie, sondern dass sie so leben wie die Deutschen. Mit allen Möglichkeiten, die sie haben, tun sie das auch.
Klar gibt es immer auch einen Verzichtsgedanken, ohne den nichts geht - nicht nur beim Klima können nicht alle immer mehr und nur das Maximale wollen.
Aber aus dem Verzicht einen Leitgedanken machen zu wollen, ist glaube ich der falsche Weg - für Arm, Mitte und Reich.
zum Beitrag15.05.2023 , 17:56 Uhr
Ich glaube das Klima hat schon viel Aufmerksamkeit und Zustimmung. Die eigentlichen Probleme liegen heute glaube ich eher in der Abstimmung der vielen verschiedenen wichtigen Themen. Da kann es auch kontraproduktiv sein, wenn ein Denken gefördert wird, als ginge es nur um EIN alles beherrschendes Thema.
Selbst die Letzte Generation fordert ja direkt nur 9-Euroticket (hat möglicherweise mehr soziale Komponente als positiven Beitrag zur CO2-Einsparung - man kann es kaum wissen) und Tempo 100 (weniger Lärm, vielleicht Tote, sehr gut, aber minimaler Beitrag für CO2). Das sind ja mehr symbolische Themen. Ich denke nicht, weil das eben ein Anfang ist, sondern weil auch für die LG klar ist, dass jedes wirklich große Thema schnell sehr komplex wird - sowohl im positiven oder am Ende sogar negativen Beitrag für's Klima, wie auch in Nebenwirkungen für alle anderen wichtigen Themen.
zum Beitrag09.05.2023 , 12:27 Uhr
"Man sieht einen Umschwung, dass sich nun endlich etwas verändert“"
Trifft das zu? Wenn, dann vielleicht auf kurze Sicht und ob das ein längerer Trend wird, ist fraglich. Bis jetzt habe ich den Eindruck, dass der längere Trend eher eine Zunahme des Antisemitismus ist, nicht nur in den Niederlanden, vielleicht auch eingebettet in eine generelle Zunahme der Abneigung zwischen verschiedenen Gruppen. Das mögen auch Anpassungsschmerzen eines eigentlich vielfältigeren Zusammenlebens sein, aber so sicher kann das glaube ich keiner sagen. Einen "Umschwung" zu sehen, scheint mir aber gewagt.
zum Beitrag06.05.2023 , 16:55 Uhr
Die faire Verteilung in der EU wird oft als fehlender Baustein hervorgehoben. Für ein innereuropäisches Gerechtigkeitsgefühl mag das wichtig sein, am Problem der Flucht-/Migrationsbewältigung scheint mir das wenig zu ändern: eine relativ kleine Region versucht ein relativ großes Problem zu lösen. Prinzipiell ändert sich and der Situation nichts, ob nur Berlin Flüchtlinge aufnimmt, nur Deutschland oder ganz Europa: für die allermeisten Menschen, die flüchten oder migrieren wollen, wird es genauso aussehen. Eher schlechter, weil die meisten nach Deutschland wollen oder auch andere bestimmte Länder, aber eben nicht so gerne nach Ungarn oder in die Slowakei.
Auch, dass endlich Fluchtursachen bekämpft werden sollen, scheint mir nicht weit zu tragen: klar, man kann guten Willen zeigen, auch für abertausende Menschen die Situation verbessern. Aber nicht grundlegend für zig- oder hunderte Millionen. Das hat bis jetzt am ehesten ein relativ harter Kapitalismus (und "Nationalismus", also ein starkes Bekenntnis zu den Interessen der betreffenden Nation, in den betreffenden Ländern) geschafft - auch wieder mit den bekannten Risiken und Nachteilen.
Ich glaube man kann auch viel kaputtmachen, wenn man solange andere Menschen abwertet, bis alles gut ist. Dafür sind diese Dinge zu groß.
zum Beitrag25.04.2023 , 01:35 Uhr
Blockierte Rettungswagen finde ich nicht den Hauptpunkt. Kritischer finde ich die Einstellung den Druck solange zu steigern, bis die Forderungen erfüllt werden. Was ist etwa mit Rassismus: müsste man sich da nicht auch festkleben, bis sich Dinge ändern. Oder das Elend in der Dritten Welt: müsste man da nicht auch steibern, bis es sich ändert? Sterben im Mittelmeer, andere Migrationsthemen, oder viele andere Gerechtigkeitsthemen - will man das wirklich verargumentieren, dass die alle weniger wichtig wären?
Aber auch nationale oder religiöse Themen sind vielen Menschen so wichtig, dass sie eigentlich keine Alternativen dazu tolerieren können.
Kann das wirklich funktionieren Themen, die alternativlos sind, so vornzubringen? Ich meine jetzt nicht, ob es richtig ist - ich meine, ob es mit realen Menschen realistisch funktioniereren kann?
zum Beitrag18.04.2023 , 22:26 Uhr
Gibt das nicht auch uns zu denken? Wer vertritt die universellen Werte? Welche sind das? Warum sind soviele Länder kritisch gegenüber dem Westen eingestellt - und offensichtlich nicht nur gegenüber Trump&Co - viele sind generell kritisch gegenüber dem Westen, manche gerade gegen Obama&Co.
Woher kommt das? Wer kann mit welchem Recht sagen, er spreche für "die Menschen" oder den Globalen Süden?
Es scheint mehr Gegensätze zu geben als AFD und Kapitalismus gegen Meschlichkeit!?
zum Beitrag04.04.2023 , 14:00 Uhr
Vielleicht noch: jede konkrete Demokratie ist immer ein Drahtseilakt zwischen verschiedenen Anforderungen. Selbstverständlich gibt es darunter auch immer die Gefahr, dass die Übertreibung bestimmter Befugnisse von Institutionen die Demokratie aushebelt. Auch und gerade bei verfassungsgerichten. Diese Frage ist natürlich ein ständiger Begleiter.
zum Beitrag04.04.2023 , 13:58 Uhr
Hier geht es nicht um Zuständigkeit im Rahmen einer bestehenden Rechtslage. Hier geht es um Interpretationen der Verfassung - das sind sehr verschiedene Dinge, jedenfalls für mich.
zum Beitrag04.04.2023 , 13:54 Uhr
Einerseits ist die Sache relativ klar: "wir" (wer immer das genau ist, aber es ist jedenfalls klar genug) wollen so eine Reform nicht, weil sie uns zu undemokratisch und einseitig ist.
Andererseits lotet der Artikel nicht aus, dass es für mich bei der Sache viel zum Nachdenken gibt: so kann man die neuen religiös-nationalen Kräfte glaube ich auch als eine bisherige Minderheit sehen, die sich früher marginalisiert vorkam und jetzt ihren Anteil einfordert, weil ihr demografisches Gewicht gewachsen ist. Das "alte" Israel war mehr europäisch dominiert, jetzt kommen durch Migration und Geburten andere Kräfte stärker zum Tragen. Das hat also auch einen Aspekt von "privilegierte Alt-Israelis" wehren sich gegen dynamische, bisher in der Minderheit befindliche neue Kräfte. Hier kämpfen auch im demokratischen Sinne bisher diskriminierte Gruppen um Teilhabe. Nur, dass sie inzwischen nicht Teilhabe haben, sondern die Macht, und dass uns die Ziele nicht gefallen - es bleiben aber auch die anderen Aspekte.
Und: die Macht von Gerichten einzuschränken ist sehr kritisch. Bei uns wird aber auch das Umgekehrte kritisch diskutiert: der Versuch über Gerichte (auch internationale Gerichte) zu große Bereiche aus dem parlamentarischen Entscheidungsraum herauszunehmen, kann auch undemokratisch werden.
Dass die Palästinenser ein Volk sind, steht für mich erstmal außer Frage, weil sich Millionen selber so sehen und underte Millionen das von außen auch so sehen. Trotzdem hat auch diese Frage Punkte, über die es das Nachdenken lohnt. Wir sagen ja bei uns auch, dass es ein Volk im absoluten und engen Sinne nicht gibt. Alles ist bis zu einem Grad auch eine Konstruktion, die Menschen kommen, gehen, verbinden und lösen sich in unstrukturierter Vielfalt, die nicht 1-1 in Volksbegriffe zu pressen ist.
zum Beitrag29.03.2023 , 19:07 Uhr
Der EGMR sollte das ablehnen zu behandeln. Wenn man Menschenrechte so weit fasst und dem EGMR (oder anderen Gerichten) soviel Macht und Entscheidungsgewalt gibt, wäre das soetwas wie eine Diktatur, die garantiert, dass die wahren Werte durchgesetzt werden. Das klingt gut. Nur kennen sich mit Diktaturen andere besser aus. Wenn das so weitergeht, wird man sich noch wundern, wer alles darum kämpfen wird Richterposten zu besetzen, und, wenn die das geschafft haben, was dann so alles als nicht mehr angreifbare wahre Werte durchgesetzt wird. Ich würde da die Finger davon lassen und mich weiter auf die Parteien und in die Aktionen und Debatten stürzen.
zum Beitrag26.03.2023 , 22:23 Uhr
Stimmt, man sollte grundsätzlich glaube ich mehr zweifeln. Jede ganz klare Antwort - fast egal zu was - ist glaube ich eher falsch. Entscheiden muss man sich am Ende dann immer noch und den Weg der Entscheidung mit Konsequenz gehen. Aber man sollte nicht vergessen, dass jede Entscheidung unter Zweifeln zustande kommt (oder zustande kommen sollte).
Was die Klimaneutralität angeht: neben der Frage, woher das Geld (und dahinter real die Arbeitskraft) herkommt und was dafür liegenbleibt, ist abzuwägen in welche Richtung es zum Vorbild werden könnte. Es könnte als leuchtendes Vorbild für D und die Welt dastehen, wie es geht. Es könnte aber auch ein abschreckendes Vorbild werden, für alle, die Gegenargumente suchen. Es könnte auch ein Vorbild dafür sein, dass am Ende ohnehin alles ignoriert wird, d.h. ein Vorbild dafür, dass Politik und Wirtschaft mit allseits gefälligem BlaBla alles ankündigen und versprechen, was die Leute gerne hören wollen. Dran halten muss man sich ja ohnehin nicht.
zum Beitrag26.03.2023 , 22:01 Uhr
"Das Signal ...wurde in den Spandauer und Reinickendörfer Vorgärten zwischen Swimmingpool und SUV erfolgreich abgewürgt."
Ok, das stimmt. Aber jenseits von Klima hat das doch auch etwas Positives. Es zeigt, dass immerhin knapp 50% der Bevölkerung zwischen SUV und Swimmingpool leben können - sozial immerhin ein Erfolg. Wenn man bedenkt, dass von den JA-Stimmen 50% durch gute Beamtenpensionen oder starke Stellen in der Wirtschaft und Ähnliches abgesichert sind, ist das Signal - sozial gesehen - nicht so schlecht. Für's Klima ist es Schade und um die 25%, die ohne SUV und Beamtenpension leben müssen, muss man sich natürlich auch noch kümmern.
zum Beitrag26.03.2023 , 18:34 Uhr
An dem globalen Backlash sieht man ja, wie notwendig es ist für die Rechte sexuell nicht nur diskriminierter und marginalisierter, sondern in der physischen Existenz bedrohter Menschen zu kämpfen.
Trotzdem scheint das nur ein Aspekt von mehreren. Eine "unserer" Erzählungen lautet ja auch, dass wir damit progressiv DIE Befreiung DER Menschen vorantreiben - auf der anderen Seite stehen kleine machthungrige Eliten oder regressive Minderheiten, die um ihre Privilegien fürchten. So ganz scheint diese Sicht aber nicht zu stimmen - hier scheint es eher um Auseinandersetzungen jeweils großer Mehrheitsgruppen zu gehen, die in sich viele Untergruppen vereinen, die auch nur für gewisse Themen zusammengehen.
Im Rahmen dieser Großgruppen-Konglomerate gibt es natürlich auch globale Ideen für progressive Gesellschaften, in denen es allen Menschen besser geht, aber viele Menschen können oder wollen das "noch" nicht sehen. Gegen diese "noch" gibt es natürlich auch soetwas wie globale Initiativen und Koordination.
Es könnte dann auch um eine Abwägung gehen: je härter und koordinierter wir auf die schnelle Durchsetzung der richtigen Gesellschaft für alle Menschen dringen, um so mehr wird es in einer Übergangszeit noch Gegenkräfte geben, unter denen einige sehr leiden werden.
Dringen wir dagegen nicht stark genug, könnte es sein, dass die Welt gar nicht zu der richtigen Gesellschaftsform und Werten findet. Schwierig.
zum Beitrag24.03.2023 , 16:19 Uhr
Ob die starke KI noch Jahrzehnte braucht, kann glaube ich niemand mehr sagen. Die Revolution jetzt, die seit sehr wehnigen Jahren läuft, verwendet das immer gleiche Grundsprinzip (deswegen geht es auch so schnell) und trainiert einfach mit immer neuen Daten und neuen Aufgaben. Bis jetzt ohne Grenze und mit immer neuen Erfolgen, egal auf welche neue Aufgabe man das DeepLearning loslässt.
Ob die KI dabei rassistisch ist, scheint mir wirklich das kleinste Problem. Unter Rassismus verstehen wir ja heute nicht mehr, ob die KI uns angekettet in Schiffsrümpfe schmeißen wird - das ist bis jetzt nicht so. Der Rassismus der KI besteht ja darin, ob sie mal ein N-Wort oder Z-Wort falsch verwendet, oder bei der Kunstkritik nicht neutral genug nach Hautfarben ist oder so. Soetwas schockt zwar Menschen bis ins Mark, aber es geht glaube ich doch um größere Probleme und wir sollten uns mehr überlegen, was uns wichtig ist.
Es ist absehbar, dass KI Systeme in vielen bereichen weittragende Enstscheidungen mittreffen, die niemand überblickt. Menschen müssen die einfach umsetzen, wollen sie nicht ins Hintertreffen geraten. Wie gehen wir damit um?
zum Beitrag19.03.2023 , 01:22 Uhr
Die Verbotsfantasien der CDU halte ich im Moment für politisch relativ normal. Gesellschaft besteht irgendwie immer auch daraus, dass es verschiedene Gruppen und Richtungen gibt, die sich gegenseitig ziemlich unerträglich finden. Politik ist das Verhandeln darüber nach Regeln.
Früher kamen eher von Rechts-Konservativ die krassen Abwertungen, dass die nicht gemochten Andersdenker gleich Vaterlandsverräter, Gottlose, Kommunisten waren, und was früher so als maximal schlimmes Feindbild galt.
Heute sind die Rechts-Konservativen eher zahm, reagieren meist mehr als zu agieren. Die krassen Abwertungen kommen heute eher von der anderen Seite, wo es nur so wimmelt von Rechtsextremen, Rassisten, Sexisten, Verfassungsfeinden, Menschenfeinden etc.
Die CDU ist ideen- und orientierungslos, aber ihr Verbotsfantasien sind eher auf gemäßigtem Niveau.
zum Beitrag13.03.2023 , 17:11 Uhr
Die Eigensicht von Frau Funke scheint mir zu selbstgewiss. Diese Standpunkte vertreten ohne Frage Millionen Menschen. Jedoch sind andere Millionen unsicher, ob z.B. die Energieentlastungen oder ein 9-Euro-Ticket ihnen langfristig wirklich helfen. Ob Energie und Bahn direkt vom Kunden oder indirekt über seine Steuern bezahlt werden, hat komplexe Vor- und Nachteile, die nicht jeder überblickt.
Nochmal andere Millionen (ich denke auch Migranten) fühlen sich von Standpunkten der Jusos eher angegriffen als vertreten. Frau Funke hat etwa den Rassismus in der CDU erwähnt. Viele (ich denke, auch Migranten) sind unischer, ob sie selber noch alle richtigen Codes zum Thema Rassismus einhalten können.
Viel mehr als in der Darstellung von Frau Funke scheint es mir um normale Politik zu gehen. "Normal" heißt dabei, dass die CDU die Interessen bestimmter Menschen und Gruppen gegen die Interessen anderer Gruppen vertritt. Genau das machen Frau Funke und die Jusos auch. Um das auszudiskutieren haben wir unser politisches System, zu dem z.B. Wahlen und Koalitionen gehören.
zum Beitrag09.03.2023 , 01:27 Uhr
Die Gedanken sind gut, stehen aber nicht alleine. Das Kind braucht eine schwierige Herz-OP - welchem Chirurgen vertraue ich das an, mit welcher Ausbildung. Das Amt braucht ein neues Computersystem, um die Auszahlung von Sozialleistungen zu organisieren. Daran hängen viele Familien und Menschen. Welches Computersystem kaufe ich und von welchen Leuten mit welcher Ausbildung wurde das hergestellt.
Es ist ein Mischmasch aus vielen solchen Überlegungen, die am Ende den Anspruch an die Schulen definieren.
zum Beitrag07.03.2023 , 12:43 Uhr
Ich glaube der Artikel hat auch ein zu simples Gesellschaftsbild. Ist es wirklich sinnvoll die weiß-europäische Mehrheitsgesellschaft gerade dann so zu betonen, wenn sie in Zahl und Einfluss am Zurückgehen ist? Beschreibt sich vieles nicht eher als Kampf zwischen Gruppen neuer Mehrheitsverhältnisse (zu denen sicher auch alte Gruppen gehören, aber eben nur noch "auch").
Und: wenn außer der allgemeinen patriarchalen Männlichkeit keine kulturellen Aspekte vorhanden sein können: ist das nicht ein gefährliches Argument, weil es schnell dünn wird in der Argumentation anderen Gruppen kulturelle Korrekturen nahezulegen - z.B. einer weiß-europäisch-rassisitisch-kolonialen Kultur?
Mir scheint es eine bessere Beschreibung unserer heutigen Gesellschaft, dass sie aus verschiedenen Kulturen besteht, die übereinander tief erschüttert und verunsichert sind. Das scheint mir sogar dominant eine kulturelle Sache zu sein - ohne das irgendeine Seite dabei falsch wäre, es passt nur nicht so gut zusammen.
Viele Leute arbeiten daran, über das Ganze eine neue universelle Kultur zu setzen, in der die alten Gruppen und Kulturen alle verschwinden, aber es ist bis jetzt unklar, ob das klappt und ob es dann von allen als besser empfunden wird.
zum Beitrag27.02.2023 , 15:30 Uhr
Ich glaube es gibt gute Gründe, das im "nomralen" demokratisch-politischen Prozess zu verhandeln, also im Parlament, den Parteien, der Öffentlichkeit etc.
In Einzelfällen sind Erfolge vor Gericht schön, aber langfristig kann auch die Gegenseite Erfolge vor Gericht erstreiten. Außerdem untergräbt es das demokratische Miteinander, wenn nicht mehr politisch verhandelt, sondern gerichtlich entschieden wird. (immer in Maßen natürlich - in einzelnen Punkten sind Gerichtsentscheide wichtig).
Ein nochmal anderer Punkt ist es, wenn Anwälte Themen vorantreiben. Hier vermischen sich schnell finanzielle eigene Interessen mit gesellschaftlichen Zielen. Das sollte kein zu starkes Moment werden.
zum Beitrag23.02.2023 , 02:57 Uhr
Der eine Aspekt an der Sache ist wie mit der AFD umzugehen ist. Es gibt aber für mich noch einen anderen Aspekt: in einer Demokratie stellt sich generell die Frage, ab wann Steuermittel für Institute, Stiftungen, NGO-Förderung, bei denen man dann Stellen mit "eigenen" Leuten besetzt, schädlich für die demokratische Vertrauensbildung sind.
Bis zu einem Grad sind diese Dinge gut und notwendiger Teil des demokratischen Systems. Ein Staat gibt immer Geld für alle möglichen Institutionen aus und wird wichtige Stellen naturgemäß nicht mit "feindlichen" Leuten besetzen.
Auch klar untergräbt es aber ab einem Punkt das Vertrauen, wenn es nach Selbstbedienung und Selbstbestätigung derer aussieht, die gerade an der Macht sind.
zum Beitrag17.02.2023 , 01:47 Uhr
Wäre es bei einer anhaltend hohen Migration nicht das Allerwichtigste über die Werte/Ziele/Regeln der Gesellschaft zu reden und das insbesondere mit den Menschen die kommen bzw. kommen wollen. Die Gesellschaft hat sich schon schnell und deutlich geändert die letzten Jahre und bei anhaltend hohen Zuzugszahlen (und auch Wegzug) verschiebt es sich deutlich und schnell, welche Menschen in dieser Gesellschaft leben. Wir können da glaube ich kaum einfach unsere alten Sichtweisen und Regeln als universell und dauerhaft verbindlich für alle erklären - bzw. wenn wir das täten, wäre es ohnehin auf Luft gebaut, weil Menschen sehr verschieden denken und verschiedene gesellschaftliche Ideen haben.
Wir tun oft so, als ginge es nur darum universelle Rechte von Zuzüglern gegen eine dominante Mehrheitsgesellschaft durchzusetzen. Das scheint mir aber an der eigentlichen Frage vorbeizugehen, die mir eher scheint, was die neuen Regeln sein sollen. Diese ändern sich ohnehin laufend, aber mit vielen neuen Menschen eben noch deutlicher und schneller.
zum Beitrag13.02.2023 , 18:00 Uhr
Einerseits ist Demokratie auch dazu da, sehr verschiedene Sichtweisen und Interessen politisch abzubilden. Wenn von den relevanten Parteien die politischen Pole miteinander koalieren, kann dieser Gedanke Schaden nehmen - für was dann überhaupt noch wählen, könnten sich manche fragen.
Andererseits: wenn in einer immer vielfältigeren Gesellschaft noch nichtmal CDU und Grüne miteinander koalieren können, die relativ zur Buntheit der Gesellschaft eher nicht sehr weit auseinanderliegen (und noch weniger relativ zur Buntheit der Welt, zu der man ja offen sein will), dann fragt man sich, wie Politik überhaupt noch gehen soll.
zum Beitrag13.02.2023 , 16:37 Uhr
Wir sind kulturell so geprägt, dass wir bei solchen Fragen 100% objektiv-universelle Kriterien erwarten, was richtig ist. Menschen, die eine andere Sicht haben sind dann Menschenfeinde. Das macht politisch die Dinge klarer, hat aber wenig mit der Realität zu tun, in der keine eindeutigen Regeln vorliegen. In ganz weitem Maß sind das gesellschaftliche Entscheidungen, die man so oder so treffen kann.
Können Schwangerschaftsabbrüche bis zur Geburt gerechtfertigt sein? Auch die Geburt ist als universell klare Zäsur anzweifelbar. Sie fokusiert auf die physischen Aspekte der Zumutungen für die Mütter. Mit dem Akt der Geburt kippt das dann 100% auf Kindesschutz, auch mit harten Strafen bei Fehlverhalten. Auch das scheint mehr gesellschaftlich gelernt, als dass es ganz klare Fakten zwingend so vorschrieben. Man könnte seelische Belastungen höher werten, die sich nicht schlagartig mit dem Vorgang der Geburt ändern. Es gibt auch historisch Gesellschaften, in der die "Verfügungsgewalt" über die Kinder, auch das Leben der Kinder, auch nach der Geburt bestehen blieb. Es scheint eine ziemlich große Bandbreite zu geben, für was sich Gesellschaften entscheiden können und schon entschieden haben.
zum Beitrag13.02.2023 , 12:54 Uhr
Ich denke, man muss das auch so lesen, dass gute Linke Politik, wie jede Politik, die Interessen bestimmter Gruppen und Weltsichten vertreten sollte. Man sollte nicht überziehen, dass die eigene, progressive, Politik die Interessen aller Menschen vertritt und auf der anderen Seite nur Egoisten oder Menschenfeinde stehen. Mit einem Politikverständnis, dass sich wieder mehr als Interessenvetretung (und damit gegen die Interessen anderer Gruppen) begreift, womit auch klar ist, dass die anderen ihre Interessen vertreten (dürfen) ohne damit Menschenfeinde zu sein, könnte linke Politik vielleicht noch breitere Zustimmung bekommen.
zum Beitrag06.02.2023 , 01:01 Uhr
Ich würde das mit dem Antisemitismus nicht zu sehr betonen, denn das ist nicht das Kriterium bei Maaßen. Er mag jetzt um sich hauen und da alles mögliche sagen, aber er ist einfach kein Antisemit das ist zu billig. Man kann ihm ankreiden, dass er verbal um sich haut, das stimmt, aber selbst das ist zu billig.
Die eigentlichen Punkte sind doch tiefiegend inhaltliche und unter diesen Punkten ist der stärkste Gegensatz zu Maaßen denke ich der Folgende: Ist die deutsche Gesellschaft offen für alle Menschen, die auch gleichberechtigt die Themen und Ausrichtungen der Gesellschaft, die Zukunft, mitbestimmen können - selbstverständlich immer im Rahmen der universellen Menschheitswerte. Oder ist Deutschland irgendwie durch besonders identifizierbare "Deutsche" und deren Traditionen definiert.
Dieser Punkt ist zu wichtig, um das mit einem nur ungenau treffenden Antisemitismus abzuhandeln. "Wir" wollen ja auch keine Nationalisten, Religionsfanatiker, Klimaleugner, Rechte aller Art, Menschen, die Fortschtschritt und moderne gleichberechtigte Gesellschaften ablehnen etc. Es ist also wichtig solche Gelegenheiten zu nutzen, um möglichst genau zu definieren, wer "Wir" sind (d.h. welche Menschen in der Welt alle auf "unserer" Seite sind), für was wir stehen und was Maaßen daran verletzt.
zum Beitrag05.02.2023 , 01:44 Uhr
Skipisten und Kunstschnee zerstören vielleicht die Natur vor Ort durch alle möglichen Eingriffe - aber warum ist Skifahren klimaschädlich - mehr als alle anderen Aktivitäten, für die man irgendwohin fährt und in einem Hotel wohnt?
zum Beitrag28.01.2023 , 19:53 Uhr
Ich denke, Theresa und Stefan waren, wie die Protestler gegen Walser, damals noch Studenten, nicht Studierende. Auch das würde zur Beschäftigung mit anderen Zeiten (und Gegenden) gehören. Die Kritik an dem Buch scheint ansonsten nachvollziehbar, dass es zu sehr um zitierbare Sentenzen geht, als neue Einblicke durch glaubwürdige Charaktäre. Aber geht es nicht sowieso mehr um die Zeitgeistdebatte - man hätte auch ein Gesprächsprotokoll veröffentlichen können.
Da scheint sich für mich auch dieser Artikel mehr entscheiden zu müssen: ist entweder alles mehr wie gehabt, auch zu Walsers Zeiten wurde wie zu allen Zeiten davor, heftig gestritten. Oder gibt es (a) diesen fortschreitenden Weg auf absolute Wahrheiten und absolute Menschlichkeit zu, und (b) sind Weltoffenheit, Rassismus, Klima etc. die noch nie dagewesenen Megathemen mit den ganz klaren Sichtweisen, Wichtigkeiten und Gegenspielern? Sind wir jetzt eine bunte Gesellschaft, eingebettet in eine noch viel buntere Welt, die immer hefig diskutieren und Dinge verschieden sehen wird, oder kämpfen wir mit der gesamten Menschheit für die gesamte Menschheit und für die gemeinsamen Megathemen. Das scheint mir eine spannende Frage zu sein, über die sich Diskussionen lohnen - egal in welchem Format sie angeregt werden. Mir persönlich scheint die Welt bunt und widersprüchlich, aber viele Menschen sehen mehr universelle Werte und Gemeinsamkeiten. Das Thema an sich ist schon so spannend, dass mir das Format nebensächlich erscheint.
zum Beitrag28.01.2023 , 18:44 Uhr
Grundsätzliches Nachdenken und Diskustieren finde ich gut.
Es könnte sein, dass auch Paris ein Fehler war, weil man zu billig etwas gefordert und andere nachgegeben haben, was nicht wirklich zum Zustand der Welt passt. Es könnte auch sein, dass bei aller Wichtigkeit des Klimas es auch andere wichtige Themen gibt und es ehrliche Schwierigkeiten dabei gibt, das richtig auszutarieren.
zum Beitrag23.01.2023 , 20:10 Uhr
Einerseits ist es gut und wichtig über solche Dinge und all die damit verbundenen Gefühle, Lebensumstände etc. zu sprechen und teilweise auch Handlungen daraus abzuleiten. Andererseits sind die realen Umstände, etwa der heutigen ethnischen Zusammensetzung Namibias, so kompliziert, dass man nicht erwarten sollte auf diese Art eine dauerhafte Befriedung und Anerkennung durch alle erreichen zu können. Legt man das Vorgehen als Maßstab für alle Menschen und Gruppen in der Welt und deren Vergangenheit an, könnte es eher zu vielen kaum zu vermittelnden Konflikten führen?
zum Beitrag22.01.2023 , 22:09 Uhr
Ein sehr interessanter Artikel. Ich denke, eine Sichtweise darauf ist auch, wieviel Episode und wieviel Fortsetzung jeder im Leben braucht. Einerseits zwingen einen die äußeren Bedinungen oft zur Episode (man wechselt die Stadt, Partner, Krankheit etc.) - man braucht also auch dafür ein Konzept. Andererseits braucht glaube ich auch jeder einen ausreichenden Anteil an Fortsetzung - jeder anders, aber etwas braucht glaube ich jeder.
Dasselbe gilt glaube ich auch für Gesellschaften.
zum Beitrag18.01.2023 , 16:13 Uhr
Der Artikel unterstreicht, dass bestimmte Lager verfestigt sind und dass man von Kommunikation zwischen Menschen nicht zuviel erwarten sollte - sie ist aber trotzdem wichtig.
Was sicher richtig ist: wenn alle Gruppen mal vorurteilsfrei an grüne Ideen herangehen würden, sich nicht auf Teile versteifen, die man ablehnt, sondern das Potenzial sehen und fördern, könnten aus diesen Ideen viele gute Dinge entstehen.
Allerdings gilt das für sehr viele andere Gruppen und Bewegungen auch. Gesellschaft und Politik bestehen ja gerade auch daraus iregendwie damit zurechtzukommen, dass es keine festgelegte Führungsgruppe gibt, der alle folgen.
zum Beitrag11.01.2023 , 22:59 Uhr
Stimmt, die Grünen haben da ein Problem, weil sie ihre eigenen Werte nicht einhalten. Andererseits hat auch die Klimabewegung ein Problem: ist es wirklich glaubwürdig, dass die Grünen das nur aus reiner Machtgier machen oder von RWE gekauft sind? Keine Frage, die Nicht-Einhaltung des Pariser Abkommens ist ein starkes Argument - es gibt viele weitere starke Argumente. Nur das alleine sagt auch nichts: in einer komplexen Welt gibt es immer sehr starke Argumente für alle Seiten und in widersprüchliche Richtungen. Es werden auch immer Versprechen gebrochen, die irgendwer vorher gegeben hat. Also Ja, die Grünen haben ein Problem, aber die Klimabewegung hat auch ein Problem, weil es schwieriger wird zu argumentieren welche Argumente die eigene Sicht unterstützen und welche Argumente in andere Richtungen ziehen. Auf der anderen Seite steht eben nicht nur RWE, sondern auch ziemlich viele Menschen mit einem Wirrwar an verschiedenen Interessen.
zum Beitrag07.01.2023 , 22:01 Uhr
Für normale politische Themen reicht es, wenn ich alle Argumente aufzähle, die für meine Interessen und Ziele sprechen. Um Argumente für andere Interessen und Ziele kümmern sich andere Gruppen - oder sollten das zumindest, sonst haben sie im politischen Ringen eben Pech gehabt.
Klimaschutz gehört glaube ich zu den großen Themen, die etwas jenseits dieser politischen Alltagslogik stehen.
Ich denke, da sollte immer klar sein, das dahinter eher komplexe Abwägungen mit vielen Argumenten in viele Richtungen stehen, die in der Summe abgewogen bestimmte Schritte nahelegen. Das schafft glaube ich auch langfristig den "nachhaltigeren" Rückhalt für die großen Themen.
zum Beitrag21.12.2022 , 15:18 Uhr
Vielleicht nocht eine Bemerkung zur kapitalistischen Ordnung: (fast) alles bei uns ist kapitalgetrieben. Auch der Staat födert die Demokratie und andere Ziele mit Geld und Stellen - auch vielen sehr gut bezahlten Stellen, weil man sonst keine guten Leute bekommt. Die gehen allermeist davon aus, dass ihnen das Geld auch zusteht.
Klar braucht es Stimmen, die gegen eine dumpf-materielle Protzgesellschaft ansprechen, aber ist das wirklich das Problem unserer Gesellschaft?
Was den Klimawandel angeht, würde eine perfekt erfüllte Wunschliste der Konsumkritiker vielleicht zu 50% Reduktion führen, wobei wir aber 30-50% auch wieder Steigerung bräuchten, um materiell diskriminierte und marginalisierte Gruppen materiell gerechter zu behandeln.
Verzicht ist immer gut, Kapital und Wohlstand sollten immer kritisch begleitet werden, aber man sollte in Bezug auf den Klimawandel auch über die wichtigen Themen reden. Die dürfen nicht durch eine Konzentration auf Nebenthemen untergehen.
zum Beitrag21.12.2022 , 15:05 Uhr
"„Während ganz Deutschland die Woche damit verbringt, die besten Geschenke aus den größten Läden zu besorgen, fragen sich andere, woher sie ihr Wasser zum Trinken bekommen, nachdem Dürren und Fluten ihre Ernte vernichtet haben“"
Diese "Anderen" sind glaube ich wesentlich der "fossile Alltag", weil sie ihr Wasser, Essen etc. aus dem fossilen Alltag bekommen und zumindest einige Jahrzehnte auch zunehmend noch daraus bekommen werden.
Klimarettung ist wichtig, aber fossiler Alltag ist auch sehr wichtig - noch. Bei der Letzten Generation geht es glaube ich weniger um die großen Fragen des Klimawandels verknüpft mit sozialem und demografischem Wandel. Es geht meist mehr um "kleinere" (klar, auch wichtige) Fragen des Anstands und der materiellen und sozialen Werte innerhalb unserer Wohltsandsgesellschaft - scheint mir.
zum Beitrag16.12.2022 , 19:06 Uhr
Ich denke mit der Auflösung der Widersprüche ist im Moment jeder überfordert - der Fußball sowieso. Die Widersprüche in der Welt wurden glaube ich meist nur durch die Kraft des Faktischen weitergeschoben - selten mal wirklich aufgelöst. Wären Menschenrechte wirkich universell, würden ja per Defintion von alleine alle Menschen dahinter stehen. In der Realität ist unklar, was genau Menschenrechte sind und sobald man es an irgendeiner Stelle konkret macht, aht man sofort nicht nur ein paar Ewiggestrige gegen sich, sondern global betrachtet meist gleich hunderte Millionen. Menschenrechte sind natürlich trotzdem eine der fundamentalen Ideen in der Welt, vor der sich auch keiner drücken kann (glaube ich). Nur mit dem "universell" würde ich sparsam umgehen - das ist meist entweder Wunschdenken oder Kampfansage. Ein schwieriger Punkt scheint mir dabei (neben der genauen Defintition) die Beziehung zu anderen höchsten Werten. Selbst bei bestem Willen, sind die Widersprüche darin wohl nicht universell auflösbar. Schlechter Wille kommt dann natürlich noch dazu.
zum Beitrag13.12.2022 , 15:14 Uhr
Sehe ich ganz genauso. Wie die Interpretation konkreter Fälle aussieht, darüber gehen die Meinungen dann weit auseinander. Unsere Gesellschaft erhofft sich vom GG zuviel, das ist (auch?) mein Eindruck.
zum Beitrag13.12.2022 , 15:08 Uhr
Liegt es wirklich nur am Geld? Das erscheint mir wenig glaubhaft. Das wäre auch ein Menschenbild, dass der Mensch ein hilfloses, nicht selbst handlungsfähiges Wesen ist, dass davon abhängig ist, dass andere höhere (vollwertige?) Wesen (der Staat, Politiker, Kapitalisten oder soewas), sich zu ihm herunterbeugen und ihm Dinge zukommen lassen. Klar ist Geld auch ein Faktor, aber so wenig Geld wird dann auch wieder nicht ausgegeben. Es scheint mir auch am gesellschaftlichen Wert von Bildung, an Eigenmotivation, Vorbildern, Medien (die mehr darauf fokusieren, was ungerecht ist und was andere tun müssen, als was man selber tun kann) und sicher vielem anderen zu liegen.
zum Beitrag09.12.2022 , 12:34 Uhr
Das ist ein schwieriges Umfeld, aber das macht Gesellschaft auch spannend. Wer bei der Islamkonferenz spricht, sprechen darf und wer sich dafür eingesetz hat, dass bestimmte andere nicht sprechen und teilnehmen dürfen, wer dabei wen repräsentiert ... das sind seit Jahren umkämpfte Themen.
Ein schwieriger Punkt dabei ist auch, dass es vielen "Bio-Altdeutschen" (meiner Wahrnehmung nach z.B. auch ganz überwiegend der taz) nicht speziell um den Islam als Teil und Bereicherung unserer Gesellschaft geht, sondern um alle Menschen. Das gilt genauso für Hindus und alle anderen Religionen und Gruppierungen. Das Ziel dabei ist, dass das alles zu einem Ganzen mit universellen Menschheitswerten für alle Menschen beiträgt. Den einzelnen Gruppen, etwa verschiedenen muslimischen Gruppen, geht es aber schon um ihre Religion, Kultur, Nation, was auch immer. Das kann wunderbar zusammenpassen und genau die universelle Vielfalt darstellen, es ist aber nicht selbstverständlich und kein Selbstläufer. Es sind genauso Modelle denkbar, wo die die Menschen sich zuerst ihren Gruppen und den jeweiligen Werten zuordnen, und die Gesellschaft "nur" einen lockeren Rahmen bildet, der die Koexistenz ermöglicht.
zum Beitrag09.12.2022 , 12:13 Uhr
Das wirft glaube ich sehr schwierige Fragen auf. Einerseits zeigt dieser Artikel viele Punkte auf, warum viele Menschen Tellkamp scharf ablehnen. Andererseits kann man glaube ich nicht wirklich bestreiten, dass Tellkamp auf dem Boden des GG und der Demokratie steht. (Natürlich könnte er oder jemand aus seinem nächsten Umfeld "abgleiten", aber abgleiten könnten viele, auch aus anderen Richtungen). Jahrzehnte war die deutsche Gesellschaft homogener. Ich nehme es so wahr, dass das GG und die Idee der Demokratie eine solche Spannbreite an Sichtweisen, Lebensweisen, Zielen etc. zulassen, dass sich nicht mehr alle tolerieren können. Es gibt verschiedenste Gruppen, die sich wechselseitig so tief ablehnen und so tief voneinander erschüttert sind, auch objektiv ausschließen, dass ein Zusammen schwierig wird. Oft hofft man auf das Argument, dass sich das Verhalten und die Kontakte der abgelehnten Gruppen als offen so gewalttätig oder demokratiefeindlich zeigen, dass die klare Orientierung wieder gegeben ist. Ich bin mir da aber nicht sicher: mein Eindruck ist, dass es tiefer im Menschlichen liegt für bestimmte Werte/Ziele/Sichtweisen zu stehen, die andere Werte/Ziele/Sichtweisen ausschließen und zu gegenseitigen Erschütterungen führen. Manches davon ist über klares demokratisches Fehlverhalten auflösbar und man findet dann wieder eine gemeinsame Basis - aber mein Eindruck ist eben, dass das nicht immer der Fall ist. Da setzt sich dann vielleicht eher auf Dauer die stärkere gesellschaftliche Strömung durch, um wieder zu einer gewissen gesellschaftlichen Einheit ohne allzutiefe gegenseitige Erschütterungen zu kommen.
zum Beitrag05.12.2022 , 02:15 Uhr
Ja, vielleicht gibt es Chancen wieder die Gemeinsamkeiten zu finden. Aber ich glaube auch eher, dass eine Trennung besser wäre, weil nichts mehr konstruktiv zu kitten ist. Wegen persönlicher Verletzungen, aber mehr noch wegen der tiefen inhaltlichen Differenzen, über die glaube ich alle genug nachgedacht haben und die Differenzen bleiben werden.
Was die Sache für die Linke nicht so einfach macht ist, dass es nicht so ist, dass die ganze Partei und Leute aus allen Strömungen auf der einen Seite und nur Wagenknecht auf der anderen Seite stehen. Der Riss geht denke ich tiefer und spiegelt teilweise die Gräben in der Gesellschaft.
Es ist nicht so klar, ob die Kraft reicht, eine Partei von relevanter Größe oder gar politisch relevante Teil der Gesellschaft mitzuziehen.
zum Beitrag02.12.2022 , 01:48 Uhr
Ja, Ceta ist stark verbessert, sicher auch mit, weil "wir" gegen Auswüchse demonstriert haben. Trotzdem macht mich das nachdenklich: jetzt sind noch größere Gefahren da, die neu sind, aber auch wieder nicht so ganz neu. Es ist ja nicht so, dass manche in strategischen Ausrichtungen das nicht auch schon vor Jahren einbezogen hatten. Ich denke es könnten auch andere Fragen, in denen sich Ansichten sehr unversöhnlich gegenüber stehen, morgen auch in einem anderen Licht erscheinen. Es ist nicht leicht abzuwägen, wo man besser fest gegen klare Feinde des eigenen Lagers zusammenstehen sollte, und wo man besser offen für andere Gedanken bleiben sollte.
zum Beitrag08.11.2022 , 22:32 Uhr
Es ist ziemlich klar, dass "woke" weder eine einheitliche Denkrichtung oder Gruppe wäre, noch dass diese (nicht definierte) Gruppe DIE große Bedrohung der Gesellschaft wäre. Grund zum Reden gibt es natürlich trotzdem. Mir scheint auf der anderen Seite es auch nicht besonders relevant, ob dieser Kongress nun populistisch oder AFD-nah ist. Das ist relevant, aber keine besonders relevante Frage.
Relevanter scheint mir, was denn nun die Werte und Prinzipien unserer Gesellschaft sind. Ganz offensichtlich scheint mir da niemand >90% der Menschen zu vertreten, außer man redet von ganz banalen Dingen wie "wir sind für ein gutes Leben" (ja, aber das unterscheidet eben auch von nichts).
Ziemlich klar spricht dieser Kongress nicht für "die" Mitte oder "die" Menschen. Ziemlich klar sprechen aber auch Antidiskriminierungsbeauftragte, Genderlehrstühle oder sonst engagierte Menschen für besonders viele andere Menschen. Das kann man glaube ich nicht ernsthaft anzweifeln. Ein Blick in die Welt zeugt auch, dass da ziemlich verschieden gedacht wird und niemand sehr große Gruppen hinter sich hat - außer für Spezialthemen, aber nicht, wenn es um die Gesellschaft als Ganzes geht. Da stellt sich schon die Frage: was könnten den nun gemeinsame Prinzipien in "unserer" Gesellschaft sein. Hat jemand da Ideen?
zum Beitrag07.11.2022 , 15:17 Uhr
Danke für die klaren Worte, ich sehe manches davon ähnlich.
Was mich stört, ist das so herausgehoben auf einen "Despoten" zu reduzieren. Hinter diesem "Despoten" stehen Millionen Menschen, auch weit über die Türkei hinaus. Genauso wie hinter den Taliban, Trump, Bolsonaro etc. Millionen Menschen stehen.
Die taz legt glaube ich viel Wert auf "Weltoffenheit" - dann sollte man auch über die Welt und die Menschen reden, wie sie sind. Da ist es einfach nicht so, dass fast alle Menschen denken wie "wir" und dieselben Ansichten teilen, nur manche werden von Despoten unterdrückt. Das ist so vereinfacht keine zutreffende Beschreibung der Welt und der Menschen.
Anstatt soviel von Despoten zu reden, müssten wir uns viel mehr mit anderen Menschen beschäftigen und wie wir mit unverträglichen Ansichten umgehen wollen, wie politische Strukturen dafür auszusehen haben.
Schweden passt sich pragmatisch den großen Mehrheitsgruppen in der Welt an - so ist es glaube ich richtig beschrieben. Bis zu welchem Punkt sollte man das - das scheint mir eine relevante Frage.
zum Beitrag26.10.2022 , 17:34 Uhr
Ich habe nicht den Eindruck, dass es ein dominierendes Motiv ist Faschismus nicht zu benennen aus Angst der Begriff könnte selbsterfüllend sein.
Ich finde es im Gegenteil zu verbreitet auf "Politisches" (d.h. Dinge die auszuhandeln sind) zu schnell extreme Begriffe wie "Faschismus", "Rassismus" anzuwenden, die letztlich besagen sollen, dass es nichts politisch zu verhandeln gibt, sondern die Feinde so schlimm seien, dass man erwartet, dass die Gesellschaft geschlossen zusammen dagegen steht.
Das wird aber nicht passieren. Ein Grund, warum es selbst da zu wenig passiert, wo es wirklich um krasse Dinge geht, ist, dass man zu schnell den Faschismus, Rassismus etc. ausruft. Ich denke im Moment müssen wir akzeptieren, dass die Gesellschaft bunter und vielfältiger ist und es viele Gruppen gibt, die sich gegenseitig ganz schlimm finden. Über vieles werden wir trotzdem, oder gerade deswegen, reden müssen.
Auch: Faschismus hat viele Aspekte. Einer ist es, von einer Wahrheit ausgehen, in der eine imaginierte einheitliche (Volks/Welt)Gesellschaft möglichst geschlossen gegen die Feinde der Wahrheit vorgeht. Das finden wir aber auch bei anderen Gruppen. Absolute Wahrheiten zu verteidigen scheint mehr eine menschliche Grundneigung.
Wachsamkeit gegen Faschismus ist gut. Woher die nächste ganz große Gefahr für die Demokratie kommt, wissen wir heute noch nicht. In den 1920,30er Jahren hatte der Faschismus auch deswegen Zuspruch, weil viele fest überzeugt waren, dass die ganz große Gefahr vom Sowjetkommunismus ausginge - der Blick war da offensichtlich zu einseitig.
Viel ist aber auch Buntheit, nicht Abgrund. Dass in bunten Gesellschaften Gruppen sich gegenseitig ablehnen, wird wohl so sein. Das Gesellschaften Zuwanderungsregelungen haben wird auch außerhalb des Faschismus so sein. Wir brauchen Lösungen, die damit politisch umgehen können, weniger eine geschlossene Front gegen "DIE" Feinde - weil zu wenig klar ist, wer das genau ist.
zum Beitrag25.10.2022 , 14:22 Uhr
"haben ausgerechnet zwei Innenministerinnen migrantischer Herkunft dermaßen strenge, unmenschliche Einwanderungsgesetze konstruiert, die ihren Vorfahren die Einwanderung unmöglich gemacht hätten"
Ist diese Begründung wirklich so logisch? Man kann das auf verschiedenste Arten lesen: z.B: ein Zuwanderer muss immer seine Zuwanderung höher als andere Dinge gewichten. Ergibt das wirklich Sinn? Wenn ich als reicher weißer Europäer nach Kamerun gehe und dort eine Firma aufbaue, muss ich mich dann immer und nur dafür einsetzen, dass mehr weiße Europäer nach Kamerun kommen, um dort eine Firma aufzubauen? Mir scheint, dass offensichtlich nicht.
Es gibt viele andere Lesarten, aber so ein Argument scheint mir erklärungsbedürftig, was man damit aussagen will.
Auch denke ich, dass der Zustand der britischen Gesellschaft komplexer ist als eine Einordnung in dumpfe Rassisten und helle Migration.
Ich denke, was man eigentlich meint, ist das Menschen aus armen Ländern ein Recht haben sollten frei in reiche Länder zu migrieren, weil man glaubt, dass das die ganze Erde am Ende besser macht. Das wären am Ende wieder mehr Fragen von arm und reich als von Rassismus.
zum Beitrag25.10.2022 , 00:21 Uhr
Wenn Coronaparties der schwerwiegenste Fehler in Johnsons Politik war ...? Die Parties sind wohl eher ein Symbol für den Vertrauensverlust.
Was Sunak machen wird, wohin das führt, ist wie immer offen - aber zum Nachdenken regt das schon an. Migration kann in etwas Neues aufgehen oder ethnische, kulturelle, auch nationale Identitäten über Generationen bewahren, oder Zwischendinge davon, je nach gesellschaftlichem Teilbereich (Job, Freunde, Sport, Heirat etc.). Für eine Elite (migriert oder nicht), aber nicht nur (auch für sehr viele "Normalbürger") sind globale Bezüge immer wichtiger - nationale damit weniger, zumindest stehen Engagement, Verantwortung und Interessen unter Zielabwägungen.
Das ist alles so, es kann gut oder schlecht sein, aber ich finde es von Interesse darüber nachzudenken.
Interessant ist die Analyse, dass Sunak nicht für den Brexit war, weil er Angst vor Zuwanderung oder globaler Konkurrenz hat, sondern weil ihm die EU zu provinziell, zu einengend ist.
zum Beitrag22.10.2022 , 22:42 Uhr
Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist das Akademische des Reports zu sehr zu betonen - würde man akademisch herausfinden, dass man nicht von Rassismus sprechen kann, wäre das Problem ja nicht weg, weil große Teile der Bevölkerung politisch unzufrieden und misstrauisch sind. Ich denke man sollte es daher auch so benennen: es geht um politische Auseinandersetzungen, und dabei nicht um kleine Verwaltungsfragen, sondern um die großen emotionalen Dinge, Vertrauensfragen, Werte.
Grundlegender als ein prinzipieller Rassismus (den es denke ich bei wenigen gibt, sicher nicht bei Frau Spranger) ist glaube ich ein politischer Wechsel: die "rechte SPD" steht vielleicht für eine gesellschaftliche Offenheit, in der sie definiert, mit welchen Werten sie gegenüber wem offen sein will. Die Gesellschaft entwickelt sich aber weiter und neue Gruppen und Menschen würden gerne selber definieren nach welchen Werten sie wohin offen sein wollen.
Ich würde das aber auch nicht zu sehr auf das Thema Rassismus schieben. Das würde bedeuten, es gäbe gar nichts politisch zu diskutieren und die anderen sind einfach nur noch böse und zu stoppen. So ist es aber (in der Breite) denke ich nicht. Die ganz bösen Dinge würden nichts am allgemeinen politischen Unbehagen ändern, hätte man sie alle gestoppt.
Es geht um eine sich verändernde Gesellschaft, mit neuen politischen Interessen und Konfliktzonen. Ich denke so sollte man es auch austragen. Eine "rechte SPD", die noch darin lebt, dass sie die Werte und Offenheit festlegen können, wird ohnehin keine lange Zukunft haben. Aber es werden in der Richtung neue Konfliktlinien mit anderen kommen - die man besser gleich politisch angeht. Es ist ja nicht so, dass jenseits der rechten SPD sich alle einig wären und tiefes Vertrauen ineinander hätten.
zum Beitrag22.10.2022 , 22:24 Uhr
Stimmt - die allgemeine Kanon-Kritik. Nur was ist die Alternative? Hätte man mich als jungen Menschen die Politik machen lassen, zu der es mich gezogen hat, hätten an jeder Ecke zwei Süßigkeitenautomaten gestanden. Wäre das besser gewesen? Ich denke die Ablösungen für einen alten Kanon kommen immer von neuen Kanons und neuen Eliten. Auch ProChoice, Frauenrechte etc. sind Themen für gewisse Gruppen - alle sehr berechtigt, aber tief prinzipiell nie in der Lage eine global-universelle Gleichberechtigung in der Kunst zu erreichen. Auch der heutige Kanon war zum größten Teil mal Avantgarde gegen damalige Establishments. Gegen neue Kanons ist prinzipiell nichts zu sagen: das Leben geht weiter, Menschen ändern sich, selbst wenn nicht, will man einfach mal etwas Neues machen usw. Nur etwas ganz prinzipiell Neues, etwas jetzt final Gerechtes oder so, ist es eben nicht. Schillers Räuber kämpften auch schon gegen alle mögliche Ungerechtigkeit und für viel Progressivität, jetzt ist es eben alter Kanon und ungerecht. So wird es den neuen Kanons selbstverständlich auch gehen - was kein Grund sein sollte sie nicht zu probieren.
zum Beitrag12.10.2022 , 20:54 Uhr
Vielleicht geht der Schock auch eher noch etwas tiefer. Wenn es nicht mehr ganz so klar ist, das Thunberg ganz richtig liegt (sie kann ja, aber zumindest muss man darüber nachdenken), ist es auch nicht ganz so klar, ob "die" Wissenschaft immer Recht hat und ob Lindner immer nur egoistische Ziele verfolgt. Die Welt wird dann auf einmal unübersichtlich - welche Argumente genau gelten, welchen Leuten man folgen soll, ob man selber nun auf der guten Seite steht, oder doch auf der die (in einer bestimmten Frage) zu sehr vereinfacht. Ich denke, da kommen bei manchen Zweifel auf, ob das immer so klar zu entscheiden ist - auch Unsicherheiten, ob dieser Zweifel nun gut oder schlecht ist.
zum Beitrag06.10.2022 , 19:23 Uhr
Ich denke, die interessanten Punkte gehen noch tiefer als diese "wackelnden Gewissheiten".
Eine (vielleicht "die") deutsche Lesart könnte sein, dass es Antisemitismus immer gab, gerade in Deutschland, er war in Deutschland nie weg, ihn gibt es natürlich auch woanders in der Welt, jetzt wurde er eben zum Teil von "außen" getriggert. Das ist sicher nicht falsch, aber trifft glaube ich den Punkt nicht.
Ich denke die von den Machern der Documenta vertretenen Positionen sind in der Welt nicht sooo ungewöhnlich. Sie sind sicher nicht "die" Mehrheit, aber "die" Mehrheit gibt es ohnehin zu kaum einem Thema. Die Positionen der Documenta gehören global aber zu "den" (vielen) Mehrheitspositionen, d.h. die von vielen Menschen/Gruppen/Staaten vertreten werden. Sicher nicht genau in der Art, wie das, was "wir" vorwerfen, da kann man sich sicher auf gewisse Kompromisse einigen, aber ein Grunddissenz wird bleiben.
Ich denke das ist aber nichts so besonderes mit dem Antisemitismus: zu Fragen etwa der Kurden und Türken, Muslime in Indien, Schiiten und Sunniten, Spannungen verschiedener Gruppen aus dem afghanischen Raum, Zustimmung oder Ablehnung von Maduro, Putin und vielen, vielen Themen mehr, gibt es ziemlich unterschiedliche Standpunkte in der Welt, die sich gegenseitig sehr erschüttern und ablehnen.
Es ist zuallererst Ausruck einer vielfältigen Welt und einer offenen Gesellschaft, die diese Welt widerspiegelt. Denke ich.
Ich denke, das ist ein Grund darüber nachzudenken, was ich persönlich mit "Offenheit" meine: Offenheit gegenüber den Menschen (wie sie sind), Offenheit Ideen anzuhören, Offenheit Ideen zu übernehmen, Offenheit für mich universelle Sichweisen zu leben (wobei ich festlege, was universell ist, da es offensichtlich andere anders sehen), Offenheit für das, was in meiner Umgebung die Mehrheit sagt, Offenheit für das, womit ich mich wohlfühle ...
Ich glaube, das ist eine ziemlich schwierige Frage.
zum Beitrag29.09.2022 , 19:45 Uhr
2014, auch 2015 hieß es ja, dass letztlich nur so wenige kommen und wir so viele und so stark und reich sind. Trägt diese Sicht? Irgendwann kommen ja richtig viele Menschen. Der Hauptpunkt ist dann weniger, ob es genügend Wohnungen gibt, sondern ob man sich auf gemeinsame Regeln einigt und ob das gegenseitige Vertrauen in der Gesellschaft hält. Das gesellschaftliche Vertrauen hat schon jetzt gelitten, aber das große Netz hält gut, weil es eine Einigkeit gegen Angriffe von rechts gibt. Das überdeckt aber nicht ewig alle anderen Fragen, die nicht verschwinden, nur weil man sich gegen Rechts einig ist. Die größere Frage ist die der gemeinsamen Regeln. Die sind nie fest, sondern werden immer neu ausgehandelt und jetzt selbstverständlich auch von sehr vielen Neu-Dazugekommenen. Das ist alles andere als eine triviale Aufgabe, bei der man nicht erwarten kann, dass nur weil man länger hier lebt und sozusagen Hilfe geleistet hat, die Neuen ewig die alten Regeln befolgen müssten. Egal wer wann wem geholfen hat, am Ende geht eine Gesellschaft nur gleichberechtigt - und das geht glaube ich nicht beliebig schnell beliebig viel. Oder sind wir wirklich noch weit weg von allen größeren echten Problemen?
zum Beitrag25.09.2022 , 19:31 Uhr
Es gibt sogar eine noch viel größere Welt, die sich einem eröffnet, wenn man es zulässt, dass nicht jede Frage etwas mit Männer zu tun hat. Die meisten Fragen haben noch nicht mal etwas mit Diskriminierung zu tun, sondern mit echten Fragen, die auch bei allseitig gutem Willen spannende Aufgaben ohne klare und endgültige Lösungswege bleiben.
Aber von (weißen) Männern verursachte Probleme anzugehen ist auf jeden Fall auch ein wertvoller Beitrag. Wenn man sich sein Leben lang sehr darauf fokusiert, verschenkt man wahrscheinlich trotzdem Potenzial und Lebensqualität.
zum Beitrag22.09.2022 , 14:50 Uhr
Mehr Erfolg kann man über die Straße glaube ich nicht erreichen. Klima ist doch ein ganz forderes Thema. Davos, Brüssel, Regierungen etc. haben das ganz vorne in ihren Begründungen, warum sie Dinge tun. Die EZB begründet ihren vom ursprünglichen Mandat abweichenden Kurs mit Klimainvestitionen - da geht es um tausende Milliarden.
Natürlich ist vieles davon auch Feigenblatt und kein echtes Engagement, aber das korrigiert man wohl nicht durch noch mehr Druck von der Straße (denn das Thema Klima ist schon überall gesetzt), sondern durch viel Detailarbeit an vielen Stellen, um zu entscheiden, was wirklich dem Klima hilft und was nur so tut.
zum Beitrag22.09.2022 , 00:11 Uhr
Ja, die Masse der Menschen würde der Gewalt nicht folgen. Was mir als demokratisches Grundverständnis auch wichtig ist: wenn ich mit Gewalt Erfolg habe, auch für die gute Sache, ist das kein Erfolg. Gruppen, die bodenlos für ihre Sache brennen, gibt es zu jeder Zeit genügend - die schlagkräftigsten sind dabei gar nicht die, die einfach nach Macht und Geld streben, sondern die, die für die Sache brennen und da gibt es viele "Sachen": religiöse Themen sind beliebt, irgendein Führer, Vaterland, verschiedene Rettungsideen für die ganze Menschheit etc. - und von diesen Gruppen sind sicher genügen schagkräftiger und auch skrupelloser als die Klimaaktivisten. Von daher bin ich der Überzeugung, dass dieser "Klimasieg" ein kurzer wäre und sich schnell andere Gruppen auf das etablierte und anscheinend gesellschaftlich erfolgreiche Vorbild stürzen und ihre Ziele durchsetzen würden.
Von daher bin ich sehr zufrieden, wenn eine Gesellschaft da nicht mitzieht. Es gibt keinen anderen Weg als die Menschen zu überzeugen und dabei zu akzeptieren, dass viele andere Gruppen auch um Aufmerksamkeit buhlen.
zum Beitrag13.09.2022 , 12:42 Uhr
Einerseits ist es in der Politik wichtig sich von ganz anderen Meinungen ganz deutlich abzusetzen - das ist ein Inhalt der Politik. Von unmenschlichen Standpunkten muss man sich ohnehin absetzen. Anderersetis müssen noch soviele Menschen übrigbleiben, dass man noch Mitstreiter hat und genügend Menschen vertritt - das wird wohl ein Spannungsfeld bleiben.
In der nationalen Frage bin ich eher national eingestellt - mit allen bisherigen Erfahrungen scheint mir das zumindest im Moment die Basis für eine bessere Welt. Innerhalb der Nation übernimmt man mehr Verantwortung, auch über Lager hinweg. Und die Nation ermöglicht das nicht-eskalierende Zusammenleben in einer Welt, in der es (Stand heute) keine allgemein akzeptierten Werte und Weltsichten gibt und keiner die Kraft hat für alle Menschen eine bestimmte Sicht durchzusetzen.
Ein nicht-nationaler Standpunkt ist zwar offen dafür, dass wirklich alle Menschen auch sofort der Gemeinschaft beitreten könnten - aber eben nur unter der Prämisse, dass sie die wahren Werte und Sichtweisen teilen. Ich kann für mich nicht sehen, wohin dieser Ansatz in der Welt wie sie heute ist führen soll.
zum Beitrag12.09.2022 , 17:59 Uhr
Ja, das könnte das Gehaltsniveau in jetzt unterbezahlten Berufen nach oben drücken und sollte es wohl auch.
So wie der Artikel suggeriert, dass dann alles in Ordnung ist, ist es aber auch nicht. Niedriglöhne verhindern in Deutschland Produktivitätssteigerungen - höhere Löhne würden viele Jobs automatisieren (und das wären glaube ich ziemlich viele) oder einfach entfallen lassen. In wichtigen Bereichen könnten sich gerade ärmere Menschen dann manche Arbeiten, etwa von Handwerkern, nicht mehr leisten. Außerdem: Armut ist bei uns relativ definiert. Wenn man die Löhne in den schlecht bezahlten Berufen anhebt, werden die Bürgergeldempfänger relativ zu allen anderen schon wieder ärmer, trotz des höheren Bürgergelds - was sich auch im Leben zeigen wird, wo man überall mitmachen kann und wo nicht. Auch steht in vielem D nicht isoliert da und kann nicht beliebig von europäischen oder globalen Randbedingungen abweichen.
Das heißt nicht, dass man das Bürgergeld nicht erhöhen sollte. Aber final richtig oder falsch ist das nicht -. es dürfte eher ein nie endender Anpassungsprozess sein.
zum Beitrag12.09.2022 , 13:57 Uhr
Man kann es aber auch nicht ganz auf einen Kampf der Sozialdemokraten gegen die Rechten reduzieren, in dem die politischen Inhalte beliebig verschiebbar wären. Am Ende muss es auch zu den Menschen, und da Schweden nicht isoliert ist, zu Europa und zur Welt passen. Das macht es im Detail so unübersichtlich (a) was die Ziele sind und (b) welche konkreten Maßnahmen auf die Ziele hinführen und welche eher weg davon. Wenn man es darauf reduziert, was den Rechten nützt, wird es übersichtlicher, ist aber eben auch eingeengt.
zum Beitrag12.09.2022 , 01:45 Uhr
Für mehr Vielfalt ist sicher eine gute Sache - in Bezug auf Behinderungen oder ein paar andere Merkmale von Minderheiten oder Benachteiligten ist das ein "netter Zug" (also nicht unbedingt notwendig für die Macht), was Frauen, Hautfarben und Herkünfte angeht, ist es wahrscheinlich einfach notwendig für zukünftige Machtoptionen, weil die Gesellschaft in Zukunft eher nicht so deutsch-weiß und männlich ist. Vielfalt ist daher gut und wichtig, man sollte das alleine aber auch nicht zu hoch aufhängen und feiern: über die Inhalte sagt das noch gar nichts, und am Ende geht es in der Politik um Inhalte.
Liz Truss neues Kabinett ist super-divers, gerade auf den Spitzenposten und zumindest nach deutsch-grünen Maßstäben, aber die Politik ist trotzdem hart rechts, auch gegen Ausländer und Migration etwa. Das ist auch wenig verwunderlich: ein Großteil der Welt ist ja nicht (so richtig) demokratisch, viele sind rechts-national, viele materiell oder kapitalistisch ausgerichtet, andere sehen die Religion als höchsten Wert und vieles andere. Es ist bunt, aber politisch sind es nicht immer grüne Inhalte. Da scheint mir Vielfalt kein Selbstzweck sondern mehr das Gewinnen von mehr Leuten für grüne Inhalte - um die es am Ende gehen sollte.
zum Beitrag09.09.2022 , 16:47 Uhr
"„Es ist das Visa- und Grenzsystem, das die Migranten in Gefahr gebracht hat, nicht ihre Mütter“"
Wie müsste es aussehen, damit es keine Toten mehr gäbe?
zum Beitrag05.09.2022 , 01:12 Uhr
Ich glaube nicht, dass der Rest der Menschheit so abgehängt ist, dass man nur auf Hitler, die Chicago-Boys und Shell schauen muss, um die Welt zu verstehen. Das glaube ich nicht.
zum Beitrag05.09.2022 , 00:59 Uhr
Ja, ich glaube ein Motiv für überzogene Wokeness ist es eigene Privilegien möglichst nicht angetastet zu sehen: etwa wenn Großunternehmen ganz woke werden. Manches ist einfach mit dem Zeitgeist gehen, was Menschen per Definition des Zeitgeists immer tun - da macht man eben im Moment so. Ein anderes Motiv ist es ganz, wirklich sehr unbedingt die Welt besser machen zu wollen: wenn man da im Moment Zustimmung haben will, geht das ohne allzuviel Aufwand eben nur so. Ein anderes Motiv ist es die Welt realtiv einfach zu sehen Progressiv-gegen-Rechts oder so, weil oft alles andere als ganz klare Sichtweisen ängstigen.
Was ein wenig gefährlich daran ist, denke ich und über den Verlust akademischer Qualität hinaus, ist dass die Gesellschaft zu wenig über wirkliche gesellschaftliche Probleme nachdenkt, die ja durch sich verändernde Sitten, Europa, Migration und andere mit "Woke" zusammenhängende Themen tatsächlich nicht wenig anstehen. Es gibt da kein "Richtig", keine festen Vorgaben, aber gerade deswegen viel zum Nachdenken.
zum Beitrag02.09.2022 , 12:55 Uhr
Es ist sehr gut, wenn Menschen hier diese Dramen nicht aus dem Blick verlieren und darauf hinweisen.
Will man es aber nicht bei reinen Gesten belassen, geht es einem nicht nur über die Empörung und das eigene Menschlichkeitsbild oder um den Kampf gegen Rechts bei uns, sondern um eine grundlegendere Verbesserung, wäre mehr Offenheit gut. Aus meiner Sicht gehört dazu, dass es nicht nur keine einfachen Lösungen gibt, noch nicht mal komplizierte, und auch, dass viele im Kleinen menschliche Maßnahmen im Großen nichts verbessern, manches sogar verschlimmern.
Es nützt wenig auf Einzelschicksale hinzuweisen, wo in jedem (wirklich jedem) Fall, so leicht eine Abhilfe zu schaffen wäre - das Verbessert nichts an der Gesamtsituation für Abermillionen Menschen. Die scheint mir einiges komplexer, als dass nur Fehler bei den reichen Ländern lägen, sie die also auch mit gutem Willen beheben könnten.
zum Beitrag29.08.2022 , 23:23 Uhr
Ok, Scholz hat nicht gesagt, wie er diese europäischen Ziele erreichen will. Mindestens genauso wichtig fände ich aber eine Aussage dazu, was Europa dann sein soll.
Die letzten Jahrzehnte galt Europa als Metapher für eine überwindung des Nationalstaats und eine multilaterale, regelbasierte Ordnung, die die ganze Welt und alle Menschen umfasst.
Jetzt klingt es mehr nach einem europäischen Nationalstaat gegen den Rest der Welt - und als Hauptmotivation eher, dass die alten Nationalstaaten zu klein geworden sind und nichts mehr ausrichten können auf globale Skala. Also eher nationale Machtmotive.
Beides kann ja ok sein, aber ich hätte von Scholz gerne mehr Klarheit welchem Bild er folgt.
zum Beitrag29.08.2022 , 23:18 Uhr
Vielleicht nochmal deutlicher mein Punkt: wenn zu gesellschaftlich so relevanten Themen die Einstellung der Gesellschaft wäre, dass dies Experten festlegen und der Rest sich danach zu richten hat, fände ich das ziemlich schlimm - weit weg von dem, was ich als unsere Demokratie und Verfassung ansehe.
zum Beitrag29.08.2022 , 23:15 Uhr
Ich werde über die Quantenverschränkungen nachdenken (als Physiker habe ich das auch schon sehr viel). Was die soziologischen Themen angeht, nehme ich schon seit langem zur Kenntnis, dass es vielen Menschen auf den Senkel geht, wenn "nicht informierte Egozentriker" meinen alles bewerten und andere abwerten zu müssen. Ich bin da trotzdem anderer Meinung: diese Themen gehen uns alle an. Offensichtlich sehen in Deutschland Menschen Dinge sehr verschieden - auch bis zu dem Punkt, an dem man die anderen Gruppen nur ungern erträgt. Akademische Bildung hin oder her, scheinen wir damit umgehen zu müssen. Die sicher mehr fundierte Meinung der Fachkräfte zu den Themen scheint mir auch kein Ausweg das zu vermeiden.
zum Beitrag29.08.2022 , 15:45 Uhr
Ok, Lernenmüssen fällt Menschen wahrscheinlich/möglicherweise schwer - aber ich glaube wenn, dann nicht nur der hiesigen Kultur. Aber für die Sache der Workshops: hilft diese Erkenntnis weiter? Es ist dann ja offen, ob die Workshopteilnehmer sich sträuben, oder ob die Workshopveranstalter sich sträuben die bisherige Gesellschaft anzuerkennen und entsprechend zu lernen.
Das realistischere Bild ist glaube ich, es als Machtdemonstration zu sehen und das Lernen nicht zu stark zu betonen. Für mich zumindest sähe lernen anders aus.
zum Beitrag29.08.2022 , 15:38 Uhr
Ich glaube, die ganze Idee mit den Privilegien und dem Lernen über Diskriminierung ist keine gute Idee und geeignet unsere (und jede andere) Gesellschaft vor die Wand zu fahren.
Es geht davon aus, als gäbe es eine höhere Sicht der Dinge - was es aber real gibt, sind momentan politsch dominierende Strömungen und ansonsten die weite Welt der menschlichen Widersprüche.
Der Artikel sagt, wir hören alle zu und werden sensibler. Zum Einen ist es nicht mein Menschenbild, dass bei genügend Sensibilität sich alle wohlfühlen - tiefste Erschütterungen gibt es auch dann. Zum anderen, scheint es mir nicht die gelebte Praxis: "niemand" (aus Regierung etc.) widerspricht, wenn die Formulierungen so sind, dass die Einen mal ruhig sein sollen und die anderen reden dürfen und sollen. Die gesellschaftlichen Ziele scheinen festgelegt. Das scheint mir wenig etwas Offenheit lernen zu tun zu haben, sondern mit Machtdemonstrationen.
Man stelle sich vor, man will eine neue gesellschaft mit vielen Zuwanderern gründen und Menschen, die z.B. aus Afrika ankommen, werden erstmal in Workshops und Dauerfeuer gesteckt, dass sie alle rassistisch sozialisiert sind und umdenken müssen (oder dort vielleicht ein anderer, entsprechender Vorwurf). Kann das funktionieren - das wird glaube ich niemand annehmen. Warum soll es umgekehrt funktionieren.
All die akademischen Untermauerungen, dass es dadurch begründet ist, dass wir eine eurozentrische Sicht haben und unsere Privilegien nicht sehen, sind nicht falsch, aber so vereinfachend udn herauspickend, dass es für mich die Sache verschlimmert.
Für mich ist es auch kein Grund, dass soviele Menschen durch die jetzige Gesellschaft bis ins Mark erschüttert sind: das ist doch keine Begründung für simplifizierende Machtdemonstrationen, die alle noch mehr erschüttern.
Ich halte von der ganzen Rassismusdebatte (und teilweise auch andere Themen - aber jedes ist etwas anders), so wie sie bei uns läuft, nichts.
zum Beitrag28.08.2022 , 01:18 Uhr
Das muss heute nicht unbedingt Thema sein, aber war Algerien vor 1830 die Nation im heutigen Sinne? Es gab Berber und verschiedene Barbareskenstaaten. In jedem Fall gab es aber natürlich eine Bevölkerung, die, so verschieden sie vielleicht war, nicht europäisch war und sein wollte. Das heutige Algerien wäre aber wahrscheinlich auch nicht die natürliche Wahl der Menschen damals gewesen. Auch nicht vergessen sollte man, dass bis direkt vor der Kolonialisierung (eher Landnahme, da auch besiedelt wurde) die Barbareskenstaaten Piraterie, Entführungen, Versklavungen, Überfälle auf die Küsten Europas verübten - regelmäßig als Geschäftsmodell. Das soll nichts umgekehrt rechtfertigen, aber man sollte im Kopf haben, dass damals keiner der Staaten und keine der Gesellschaften progressiv-humanistisch-pazifistisch im heutigen Sinne war.
zum Beitrag26.08.2022 , 15:35 Uhr
Nun kann man solche "ungebrochen" ausgesprochenen Gedanken in eigentlich allen Werken finden. Auch taz-Artikel (ich denke man kann sagen alle) werden normalerweise "ungebrochen" abgedruckt. Die Frage ist daher bei diesem Argument, warum gerade Winnetou?
Mir scheint es um etwas anderes zu gehen, dass mit Karl May und Winnetou nur insofern etwas zu tun hat, als es mit allem etwas zu tun hat: die bisherige Gesellschaft (eigentlich alle Gesellschaften der Welt) sind bei genauerem Hinsehen falsch, national, rassistisch und in vielen Punkten nicht so, wie sie nach neuerer Forschung und dem aktuellen Stand der Menschlichkeit (für alle Menschen, nicht nur für ein paar!) sein sollten. Es geht also um eine ganz umfassende Umorientierung der Gesellschaft (eigentlich der Menschheit). Man muss sich daher nicht lange bei Karl May aufhalten, weil man jedes andere Buch, jeden Film, jede Musik genauso nehmen könnte.
Viel wichtiger als Gedanken speziell über Karl May ist sich darüber zu verständigen, wer neue Richtungen vorgeben darf - damit der Aufbruch durch die Falschen gekapert wird.
zum Beitrag25.08.2022 , 13:54 Uhr
Sicher anstrengend und teuer, aber auch lustig und spannend und es fördert das Gemeinschaftsgefühl. Das hat viele gute Seiten.
In der heutigen Sensibilität für Begriffe, Übergriffe, Stereotype und Vorurteile ist es aber vielleicht nicht der richtige Begriff von "migrantischen Hochzeiten" zu sprechen. Migrant sind alle außer Biodeutschen und die Biodeutschen sind überall außer in D auch Migranten: die Welt ist sicher einiges bunter als Gesellschaften, die auf solchen Prinzipien organisiert sind, dass man eher solche Hochzeiten feiert. Auch all die anderen wollen natürlich gesehen (oder manche auch gerade nicht gesehen) und wertgeschätzt werden.
zum Beitrag24.08.2022 , 22:47 Uhr
Man muss loslassen können - das ist sicher eine wichtige menschliche Eigenschaft in einer dynamischen Welt.
Am schönsten ist es, wenn alle anderen loslassen müssen und man selber sich ohne alle Zweifel auf dem aufsteigenden Weg zur DER richtigen und besseren Welt befindet.
Viele Menschen heute sind vermessen und verblendet. Was hat Karl May mit Rassismus zu tun? Es scheint sich mir eher um normale demokratische Vorgänge zu handeln, dass alle möglichen Gruppen sich gegenseitig ankotzen, über einander entsetzt sind, alle im Besitz der Wahrheit für alle Menschen sind - und das ganze sortieren wir nach den demokratische Regeln aus. Die sind nicht schön, keiner hat am Ende so richtig Recht für seine tiefsten Wahrheiten bekommen - aber so ist das nunmal in der Demokratie.
Sorry für die klare Sprache. Aber ich trage es gerne, dass auch Leute mich ganz schlimm finden. Das gehört auch zur Welt und zum Menschsein.
zum Beitrag28.07.2022 , 19:15 Uhr
Es zeigt aber auch, dass Europa und selbst das große Frankreich in Afrika nicht mehr die alles dominierenden Kolonialherren sind und Afrika jedes willkürliche Verhalten einfach hinnimmt, weil hinnehmen muss. Dieses Bild stimmt nicht mehr so ganz. In vielen Dingen müssen Europa und Frankreich anscheinend kleine Brötchen backen in Afrika, sind nicht sehr beliebt, müssen mehr bitten als dass sie fordern können.
zum Beitrag28.07.2022 , 15:32 Uhr
Ich mache mir schon Gedanken, wie viele Menschen wie tief getroffen und erschüttert sind. Ist das wirklich normal und war Gesellschaft immer so, oder sind die Erschütterungen übereinander gerade besonders heftig? So heftig, dass es die Gesellschaft auch zerreißen kann? Zumindest bei vielen Sichtweisen scheint eine Vermittlung kaum möglich. Gibt es daneben wirklich die große, starke Mitte, die das alles gelassener sieht?
zum Beitrag28.07.2022 , 14:40 Uhr
Ja, Freiheit kann man wie jeden anderen Begriff (Würde, Menschenrechte, Demokratie etc.) solange drehen, bis nichts mehr klar ist - auch weil die Dinge nicht so einfach klar sind.
Ansonsten sehe ich es aber anders als Frau Baghernejad. Die Themen der "Cancel Culture" gehören zu den ernstesten überhaupt. Die Autorin sagt selber, dass Rassismus tötet. geht mehr? Kann man Menschen mehr erschüttern? Auch andere Themen der "Cancel Culture" zu Umwelt, Geschlecht etc, erschüttern Menschen wohl tiefer als alles andere - zumindest zur Zeit. Will man das den Menschen absprechen, ausreden, sagen, dass das unwichtige Dinge seien und die wirklich wichtigen Dinge andere seien? Das kann die Autorin nicht ernsthaft sagen wollen.
Ich glaube, dass es ehrlicher ist die Auseinandersetzung anzunehmen: es gibt Gruppen, für die Rassismus, Sexismus und andere Themen allgegenwärtig, erdrückend, erschütternd, auch tötend sind und die in der ganzen Gesellschaft Umdenkprozesse wollen. Dann gibt es Menschen wie Merz, die das anders sehen, andere Prios und Dringlichkeiten setzen. Ich glaube nicht, dass es um weniger geht. Sollte es um weniger gehen?
Ich glaube, dass sollten wir schon ausdiskutieren. Merz macht kein perfides Spiel für irgendeinen Machterhalt oder so, er meint Dinge wirklich so (wenigstens zum Teil) und viele andere Menschen (jeder auf eine etwas andere Art) mit ihm.
Diese Diskussionen muss man wohl führen - oder die Kraft haben all die Menschen, die die Themen der CancelCulture nicht in ihrer Prio anerkennen wollen, ins Abseits zu stellen. Aber diese Kraft ist glaube ich im Moment in der Gesellschaft nicht da. Also bleibt wohl die Auseinandersetzung.
zum Beitrag25.07.2022 , 17:43 Uhr
Ja klar ist es gut viele Stimmen zu hören und wahrzunehmen wie verschieden jeder die Welt sieht. Der Autor dieses Artikels stellt aber auch politische Einordnungen und Forderungen auf: er will gemeinsam auf die Straße gehen gegen einen rechten Rollback. So scharf formuliert sollte er 90% hinter sich haben, die gegen 10% rechts stehen - oder ähnlich.
Auch politische Forderungen sind natürlich ok, aber mein Kommentar sollte ausdrücken, dass es nicht ganz so ist, wie in dieser Forderung: es stehen hier nicht 90% gute Gesellschaft gegen 10% rechter Rollback, sondern CSD ist eben Teil der Mehrheitsgesellschaft und daher viel komplexeren politischen Abwägungen, Bruchlinien, widersprüchlichen Interessen und Prioritäten ausgesetzt.
Alle unterhaken gegen Ungarn ist schön und gut, aber realistischer in Deutschland ist glaube ich die Auseinandersetzung innerhalb des "guten" Lagers über all die verschiedenen Ziele und Prios, die sich ja nicht auf einmal in Luft auflösen, sondern im Gegenteil mehr werden in einer bunten Gesellschaft.
zum Beitrag23.07.2022 , 11:26 Uhr
Dinge in komplexen, vielfältigen Gesellschaften laufen mal widersprüchlich zueinander, mal unabhängig voneinander, immer vielfältig. Es gibt sicher die großen Gefühle, die hier im Artikel geschildert sind. Aber ist unsere Gesellschaft noch so eindeutig, dass das DIE großen Gefühle sind und Teil aller großen Gefühle, die, einmal untergehakt, die ganze Gesellschaft zu mehr Freiheit (ist das ein für alle *übergeordnet* positives Ziel?) , Anerkennung (dito) etc. für alle führen?
Ich bezweifele das. Ohne die Gefühle und Aussagen dieses Artikels in Abrede stellen zu wollen, laufen paralle andere Dinge ab. Sexuelle Orientierungen, CSD ist heute auch Teil der "dominanten Mehrheitsgesellschaft", schafft (neben anderen guten und weniger guten Dingen) auch wieder Ausgrenzungen und Marginalsierungen - trägt Teile zum Funktionieren der Gesellschaft bei, andere zur Dysfunktionalität. Dahinter auch noch grundlegendere Fragen: soll Gesellschaft überhaupt funktionieren - ist das ein oder das übergeordnete Ziel? Müssen alle positiven Ziele unbedingt zusammen gehen, oder bestehen nicht viel mehr immer unereinander Widersprüche? Ich glaube letzteres. Eigene Gefühle sind wichtig - man sollte sie aber nicht so wichtig nehmen daraus ein ganzes Gesellschaftsmodell abzuleiten. Zumindest nicht ohne wahrzunehmen wieviele andere Gefühle es gibt und wieviele Randbedingungen des menschlichen Daseins, die sich nicht nach unseren Gefühlen richten.
zum Beitrag20.07.2022 , 13:18 Uhr
Die EZB erzeugt über Ankäufe und Zinsen immer noch viel zu viel billiges Geld.
Natürlich ist es verlockend einfach alle Menschen fair zu bezahlen, über Arbeitsplätze, Renten, Sozialmaßnahmen. Wenn ich das Geld billig genug mache, werden dafür auch genügend Firmen überleben, das scheint mir relativ sicher.
Das Geld muss dafür aber vielleicht sehr billig gemacht werden und einen Anreiz zu überprüfen, ob meine Arbeit und meine Firma auch nachgefragt sind, gibt es dann weniger. Die Menschen werden dann auf längerer Sicht lieber asiatische Produkte kaufen und dort investieren.
Das ist aber ein langwieriger und sehr multikausaler Prozess, bei dem man Ursachen und Wirkungen ohnehin nie genau zuordnen kann. Insofern stimmt es wahrscheinlich: das kann erst ein Anfang gewesen sein - jetzt sollte die EZB erst richtig für faire Löhne, Arbeitsplätze, gesicherte Renten und Sozialleistungen sorgen. Gelddrucken ist so einfach - es kann einfach nicht sein, dass es daran scheitert.
(ok, das war jetzt etwas bissig-satirisch).
zum Beitrag15.07.2022 , 23:54 Uhr
Was mir sofort einleuchtet: Leute zuhause erfrieren lassen dafür, dass in der Wirtschaft die Profite ungehindert weiterlaufen kann nicht richtig sein. Aber geht es nur darum? Es kann auch um mehr als nur maximale Profite gehen und wenn Firmen runterfahren, ist nicht gesagt, dass man sie nach einer Energiekrise wieder hochfahren kann: dann fehlen Arbeitsplätze, Versorgungssicherheit mit Gütern, Steuereinnahmen, Absicherungen für Renten und Gesundheit etc. - auch nicht wenig.
Es leuchtet mir ein, dass man dazwischen abwägen sollte.
zum Beitrag13.07.2022 , 14:52 Uhr
Wie hat Seehofer so eine Macht über die EU? ... Hat er natürlich nicht, es wird eine Mehrheitspolitik durchgesetzt. Ich habe schon öfters gefragt und fände es gut, wenn hier ein Redakteur auch mal eine Antwort gäbe: was wären die Vorstellungen der taz (ich nehme an, es geht nicht nur um die Einzelmeinung von Herrn Jakob)? Klar, ich kann viele Einzelfälle aufzählen, die ich menschlicher behandelt haben will, ich kann lange Wortlisten erstellen, was auf der einen Seite menschlich, gerecht etc. ist, auf der anderen seite unmenschlich etc. Ich kann alle möglichen Gesetze und internationale Abkommen aufzählen, die meinen Standpunkt unterstützen - was auch wenig sagt, weil es davon viele gibt, viele Widersprüche, sie geändert werden können, aus einer anderen Zeit kommen etc.
Wi ich zusimme: wir reden hier nicht über ein kleines Nebenthema, sondern eines zu dem man eine Meinung und einen Plan haben sollte, der über die Behandlung von Einzelschicksalen hinausgeht. Deutschland hat die letzten Jahre Millione aufgenommen - was die Situation, die Ungerechtigkeit und alles anscheinend nur verschlimmert hat. Also was tun?
Nochmal mein Gedankenspiel: Zuwanderung, egal ob Asyl oder sonstwas, heißt zuallererst gleichberechtigte Mitbürger, die diese Gesellschaft genauso mitgestalten, alle Rechte haben sollen und müssen. Die taz nimmt anteilig zu ihrer Größe Menschen auf, die gleichberechtigt taz mitgestalten können - einen Anspruch darauf haben. Auch anteilig zur Größe sind das viele Menschen. Nichts darf ausgesucht werden - die Menschen suchen sich aus, ob sie kommen. Wie würde die taz das handhaben, was ist vbergleichbar, wass nicht. Wenn man da überzeugende Antworten und Vorbilder liefert, könnte das ein globaler Durchbruch sein. Nach meiner Wahrnehmung sind aber alle Gruppen (etwa auch die taz) sehr selektov, wer zu ihnen gehört und wer nicht.
zum Beitrag12.07.2022 , 16:22 Uhr
Der Eurokurs wird durch viele Faktoren festgelegt - welche Gewichte und gegenseitigen Beeinflussungen die haben, darüber kann jeder denken was er will. Beweisen lässt sich da kaum etwas. Dass die Finanzierung der Südländer durch die EZB garantiert gar nichts mit dem jetzigen Wechselkurs zu tun hat, finde ich aber einen etwas extremen Standpunkt.
zum Beitrag11.07.2022 , 12:00 Uhr
Mir scheint das auch beim Thema Klima als ein Punkt mitzuschwingen: wenn man es übertreibt oder falsch angeht, können Staaten kollabieren - arme sowieso, aber auch reiche oder mächtige Staaten, wie Saudi Arabien oder Russland, die vom Öl oder Gas leben.
Das spricht nicht gegen starkes Engagement gegen den Klimawandel, aber gegen monothematische Fixierungen und auch dagegen auch beim Thema globale Weltrettung und globale Gerechtigkeit wieder alles zu sehr aus der Eigenperspektive zu sehen.
zum Beitrag11.07.2022 , 00:05 Uhr
Ja, das sehe ich auch so: bei Themen, die einem sehr wichtig sind und die in der Gesellschaft ungenügend behandelt werden, muss ziviler Ungehorsam eine Option sein. Da sehr viele Menschen Themen ungenügend behandelt sehen, gehört ziviler Ungehorsam wahrscheinlich als ein Element zur Demokratie.
Aber das heißt natürlich nicht, dass große Entscheidungen so getroffen werden sollten, es heißt auch nicht, dass sich alle über die Themen einig sind.
Wie gesagt: wenn man Klimaschutz für sehr wichtig und noch unbehandelt hält, wird man das auch mit zivilem Ungehorsam vorantzutreiben versuchen. Wenn dann viele Menschen ausreichend mitmachen, braucht es den Ungehorsam nicht mehr und es kann normal weitergehen. Wenn nicht soviele mitmachen, z.B. weil die auch andere wichtige Themen sehen, wird es eher ein Ärgernis bleiben.Solange es in diesem Rahmen bleibt, scheint mir das demokratisch ok . Für den Einzelnen kann es trotzdem ärgerlich sein, aber der darf ja auch gegen Blockaden etc. vorgehen, etwa vor Gericht, oder auch mit Aktionen.
zum Beitrag10.07.2022 , 23:53 Uhr
Wenn die Konservativen Brexiters soviele "PoC und Migranten" als Kandidaten haben, manche offen in Gegnerschaft zu "Woke" scheinen das nicht nur Ausnahmen gegen die Regel zu sein. Wer sich zu welchen Werten bekennt und durch wen vertreten fühlt scheint auch vielfältig zu sein.
zum Beitrag10.07.2022 , 00:44 Uhr
Ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt, die meinen, dass jede Veränderung schlecht sei, und Veränderungen, die man heute meist als gut ansieht, sind kein Beweis dafür, dass jede Veränderung gut sein muss (und schon gar nicht für alle Menschen zu allen Zeiten). Das ist ein wenig der Kampf gegen selbst aufgestellte Pappkameraden.
Zum Klimaschutz: wenn man der Ansicht ist, dass Klimaveränderung eine absolut ultimative und genau jetzt zu entscheidende Bedrohung der Erde und Menschheit ist, und wer darüber hinaus der Meinung ist, dass Klimaveränderung die einzige solche Bedrohung ist, der wird wohl zu solchen Mitteln greifen müssen.
Alle anderen werden versuchen die verschiedenen Gefahren, Wünsche und Prioritäten mehr abzuwägen, wofür etablierte demokratische Verfahren meist aussichtsreicher sind.
zum Beitrag06.07.2022 , 22:27 Uhr
Ansonsten sehe ich es aber wie Sie: der Artikel drückt aus, dass der Autor Vertrauen in die Politik von Ataman hat und weniger in die ihrer Kritiker. Das ist eine persönliche Meinung, die ist berechtigt, aber es gäbe auch einiges mehr dazu zu sagen.
zum Beitrag06.07.2022 , 22:25 Uhr
Was ich nicht mehr so glaube ist, dass die Gesellschaft durch eine starke Mitte geprägt ist - ein wenig noch, in den politisch maßgeblicheren Strukturen schon. Aber das täuscht inzwischen mehr vor, als Substanz da ist. Mit vielen Großtrends - die Babyboomer laufen aus, Migration in alle Richtungen (auch Deutsche, die wegziehen, vielfältig heiraten etc.), neue Ideen und transnationale Gruppierungen, neue Weltordnungen, soziale Gegensätze und und und, kann ich nicht mehr eine gesellschaftliche starke Mitte erkennen, die irgendwie homogen genug wäre, dass ich den Ausdruck verwenden würde. Das haben wir auch in anderen (westlichen?) Ländern, dass sich Gesellschaften hin zu mehr Vielfalt entwickeln, die nicht mehr leicht unter einen Hut zu bekommen ist.
zum Beitrag06.07.2022 , 21:24 Uhr
Für mich geht es weniger um Beleidigungen - das finde ich leichter wegzustecken. Mir ginge es zuerst um Atamans Vorstellungen der Gesellschaft, wer welche Rechte und Pflichten hat, wer Schuld an was hat und was daraus für die Zukunft folgt, wem welche Posten zustehen, was man sagen darf und was nicht. Es geht für mich zuerst darum, in welcher Gesellschaft wir leben wollen.
Ein Verdienst Atamans ist in jedem Fall aufzuzeigen, dass es da Dinge zu diskutieren gibt und es nicht einfach eine alternativlos richtige Vorstellung davon gibt. Ataman macht sich sehr dafür stark, dass eine (von ihr postulierte, was teilweise sicher richtig ist) "alt-bio-"-deutsche Sichtweise der Gesellschaft nicht alternativlos ist. Ihre Sicht ist es aber auch nicht. Ich nehme Ataman bisher nicht so wahr, dass sie Dinge zur Diskussion stellt. Das wäre für mich Voraussetzung - dann bleiben natürlich immer noch die (oft stark) verschiedenen Sichtweisen, aber das ist ja ok und normal in einer offenen Gesellschaft und Demokratie.
zum Beitrag06.07.2022 , 21:15 Uhr
Zu Atamans Positionen sagt der Artikel nichts, außer, ein Zitat, dass nicht nur weiße Menschen Rassisten sein können. Es geht auch nicht nur um Ataman, dafür ist der Posten zu wichtig: sie kann auf dem Posten viele Stellen besetzen und Einfluss nehmen - es geht also um ein politisches Umfeld, in das man Vertrauen hat oder nicht.
Herr Meisner hat offensichtlich Vertrauen, dass Ataman seine politische Ideale vertritt. Aber Herr Meisner zählt auch selber viele Menschen auf, die nicht sein Vertrauen genießen - offensichtlich gibt es in D verschiedene Gruppierungen, Ansichten, Vertrauensnetzwerke.
Aus diesem Artikel geht indirekt auch hervor, dass die, die kein Vertrauen in Ataman haben (bzw. andere gesellschaftlich-politische Ziele haben) ernst zu nehmen sind, da keine schwerwiegenden Verfehlungen bekannt sind.
Es scheint mir also ein Fall verschiedener politischer Ausrichtungen und wir sollten mehr die Inhalte diskutieren. Formal und auf Metaebenen scheinen wir weder die eine noch die andere Seite stürzen zu können.
zum Beitrag05.07.2022 , 23:01 Uhr
Die Autorin hat im Studium gelernt, wie man die Welt kolonial interpretiert und welche Menschen Menschenrechtsangriffen ausgesetzt sind und welche eher nicht, oder gar Angreifer sind - und was Menschenrechte überhaupt für eine Rolle spielen und wie sie in das Gefüge mit anderen Leitgedanken passen.
In diesem ganzen Gefüge gibt es natürlich Leute, die ähnlicher zueinander Denken, vielleicht weil sie aus einer selben Zeit von denselben Unis kommen, vielleicht aus anderen Gründen. Und dann gibt es natürlich, je nach Thema, viele andere "Gruppen", die Dinge anders sehen.
Da gibt es natürlich Verständnisgruppen, Solidarisierungen etc., auch ohne offizielle Mitgliedschaften - und es gibt auch viele Strukturen, Institutionen, Gelder, die das jeweils zusammenhalten.
Ich glaube daher schon, dass es Sinn ergibt, gesellschaftliche Diskussionen nicht nur an Individuen aufzuhängen - sonst könnte man auch nie über soetwas wie Postkolonialismus reden.
Ich glaube am Ende geht es einfach um die Diskussion von Werten und Weltsichten. Ein Grundkonflikt dabei ist, dass Werte mit Gerechtigkeit zu tun haben - und wer die einfordert, muss andere Menschen als ungerecht erklären und angreifen. Das ist immer ein Drahtseilakt, den wird man nicht vermeiden können.
Für eine gerechte Welt zu sein und von allen Seiten Zustimmung zu erwarten, ist glaube ich zuviel erwartet. Immerhin heißt der Kampf für eine gerechte Welt der Kampf gegen andere Menschen, deren Weltsicht, deren Platz im Leben etc. - das werden nie alle freiwillig einsehen und auch für die Gerechten ist es nicht immer leicht genau die richtigen Angriffe zu fahren.
zum Beitrag05.07.2022 , 22:46 Uhr
"Die Welt war lange genug heteronormativ und insgesamt zu homogen und das ist stinkelangweilig."
In der Kunstwelt in bestimmten Städten ist das eine interessante Aussage. Für die ganze Welt nimmt sich diese Aussage viel vor. Und ist das auch korrekt? Die Welt besteht aus viel Globalem Süden, marginalisierten Menschen, migrantisch gelesenen Menschen etc. - darf man denen so direkt sagen, dass sie alle stinkelangweilig sind (außer denen, die schon interessanter leben)? Noch wichtiger: mit der heteronormativen Dominanz heben sich die diverseren Menschen wohltuend als interessant ab. Aber ohne das Heteronormative wäre ja schnell Divers die Norm und stinkelangweilig. Hat es da nicht auch etwas sehr Gutes, dass die Masse leider im stinkelangweiligen Trott lebt, aber dafür die anderen umso mehr strahlen können? Das hat doch auch einen schönen Aspekt.
zum Beitrag02.07.2022 , 13:00 Uhr
So optimistisch wäre ich da nicht. Wahlen werden durch sehr viele Punkte entschieden. Die Menschen sind auch oft konservativ - was die "wahre" Mehrheit ist, ist nicht so klar und wandelbar. Ich glaube der bessere Ansatz ist, möglichst viele von guten Kompromissen zu überzeugen.
zum Beitrag02.07.2022 , 12:57 Uhr
"Schwarze Rechtskonservative sind gern gesehen – allerdings nur, wenn sie das politische Projekt der weißen, christlichen patriarchalen Hegemonie unterstützen."
Ich glaube, dass das unzutreffend ist und den Kampf um das Recht auf Abtreibung nur erschwert - weil es nicht gut ist alles zu vermischen und so zu tun, als ob alles Gute zusammen vernetzt sei und alles Böse auch. Und weil es glaube ich falsch ist.
Das ist sicher nicht einheitlich, aber durch "Nicht-Weiße" Migration werden Gesellschaften oft auch in bestimmten Punkten wieder konservativer. Von Schwarzafrika geht etwa eine gewisse "Rechristianisierung" Europas aus - Progressive Katholiken in D laufen unter anderem auch gegen Wände, weil sie global keine so große Rolle mehr spielen.
Man sollte sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen - aber dafür die Welt realistisch sehen, in der man versucht das durchzusetzen.
In den USA hieße das (wahrscheinlich - bin kein Experte), dass es fürs Erste in jedem Bundesstaat einzeln zu erkämpfen ist, weil nach der Verfassung (zumindest lauf verfassungsgericht) das eben keine Bundesangelegenheit oder allgemeines Grundrecht ist. Es wäre wahrscheinlich besser sich darauf zu konzentrieren und zu hoffen, dass bei anderen Dingen Staaten ihre Souveränität auch positiv nutzen können: etwa dass NY das Tragen von Waffen verbieten kann und kein Bundesgessetz da reinzureden hat.
zum Beitrag29.06.2022 , 17:10 Uhr
Klar kann man etwas anderes lernen - das passiert ja auch oft. Die Frage ist: muss und will man es. Fast alles, was unser Leben ausmacht, ist angelernt, und selbst die nicht angelernten Dinge (wie männliches Interesse an Frauen und andere Dinge) kann man umlernen, weil moderne Gesellschaften das anders wollen.
Dass man etwas umlernen kann, bringt also argumentativ nicht weiter, weil man alles umlernen kann.
Die Frage ist, ob es um ein universelles Gerechtigkeitsmoment in einer universellen absoluten Gerechtigkeitsskala geht, die die Welt aus einem barbarischen Urzustand Schritt für Schritt in eine universell gerechte Welt überführt.
Das glaube ich hier eher nicht. Es geht eher um die üblichen gesellschaftlichen Sitten, die immer irgendeine Form haben. Da geht aber nichts vorwärts in irgendeinem höheren Sinn - man macht einfach von Zeit zu Zeit Dinge neu. Das ist auch voll ok - man muss es aber auch nicht, oder kann sich andere Sitten raussuchen.
PS: ich denke alles, was man als ganz schlimme Sitte abtut, war irgendwann zu seiner Zeit, als es noch ältere Dinge abgelöst hat, mal eine Befreiung von den eben noch älteren Dingen, die man als unterdrückend und nicht mehr zeitgemäß empfand. Da ist aber wenig absolute Richtung drin. Insgesamt wird die Gesellschaft z.B. seit einiger Zeit wieder prüder und konservativer - auch gerade bei junden Leuten. Das wird jetzt als rücksichtsvoller empfunden - das "Oben-Ohne" hier scheint eher eine Ausnahme vom Großtrend.
zum Beitrag27.06.2022 , 00:44 Uhr
Verletzte Menschen ohne Hilfe liegen lassen geht nicht, das muss untersucht werden.
Für alles andere: was wäre der Vorschlag der taz? Der Westen beutet weniger aus? Der Westen öffnet die Grenzen? Allen Menschen sind gleiche Lebensbedingungen zu garantieren - von wem? Von der EU?
Ja, in vielem kann man gut und leicht übereinstimmen, was gar nicht geht. Das dreht sich dann Jahr um Jahr weiter.
Was wären die Vorschläge, was geht? Aber jetzt realistisch. Zur Anregung hätte ich immer das Bild: die taz öffnet ihre Türen und JEDER, der die Verlagsräume betritt und bleiben will hat ein Recht auf Aufnahme, Teilhabe, Repräsentation, Jobs (auch verantwortliche, als Redakteur, auch leitende Jobs). Die Regel ist nicht, dass die taz aus dem Strom der vorbeikommenden Menschen geeignete aussuchen kann, sondern die vorbeikommenden Menschen suchen sich aus, ob sie bleiben und mitmachen möchten. Die taz muss gleiche Arbeits- und Teilhabebedingungen für alle garantieren.
Das ist sicher sehr wünschenswert - natürlich kann die taz auch nicht hunderte Millionen aufnehmen, aber anteilig zu ihrer Größe schon sehr viele Menschen, wenn man es mit Europa vergleicht.
Wie genau würde man soetwas gestalten? Wenn man da ein realistisches Bild entwerfen oder es vorleben kann, das könnten Druchbrüche sein. Ich denke, die wenigsten Menschen haben wirklich etwas gegen andere - man muss nur daran glauben, dass es funktioniert. Am besten durch ein Vorbild.
zum Beitrag25.06.2022 , 01:33 Uhr
Ja, Wissen ist nie schlecht und in einer komplexeren Welt wohl noch wichtiger.
Was ich dabei nicht verstehe, sind die Anspielungen im Artikel: z.B. dass Kontaktbeschränkungen Covid aufhalten ist sicher richtig, so isoliert für sich aber eine irrelevante Aussage, weil es dazu mehr komplexe Fragen und Randbedingungen gibt, als hier in die Zeilen passen. Von daher ist mir die Stoßrichtung nicht ganz klar, für was dieser Artikel mehr Wissen verwenden würde.
Wissen kann glaube ich immer nur begleiten - der öffentliche Diskurs muss dagegen immer auch (und deutlich) von Meinungen und persönlichen Bewertungen leben. In D hat sich eine Mentalität entwickelt, dass wichtige Fragen durch Wissen zu entscheiden wären - was natürlich nicht der Fall ist. Das Wissen sollte da sein, es sollte halbwegs transparent sein, was ein Wissensanteil ist und was mehr Meinung, Vorliebe, politische Entscheidung. Aber relevant sind am Ende immer mehr Meinungen, Vorlieben, Entscheidungen. Sonst müsste man auch das GG umschreiben.
zum Beitrag24.06.2022 , 12:30 Uhr
Ein großes Problem der Linken ist gerade das Ideal von "Fortschritt und Befreiung". Dies setzt ein Menschenbild voraus, bei dem es ein absolutes Ziel gibt, über das sich alle einig sind und auf das hin man Fortschritt erzielen kann. Die Befreiung setzt voraus, dass auf diesem Weg Hindernisse von "falschen" Menschen und Gruppen aufgebaut sind, die z.B. ihre Interessen vertreten, statt das universelle Ziel.
Das sind, wie vieles andere, wichtige Aspekte - weswegen es die Linke braucht. Es sind aber eben nur Aspekte - weder gibt es so ein universelles Ziel, also auch nicht DEN Fortschritt, noch gibt es DIE Befreiung.
Die Demokratie (wie sie ich und viele auffassen) beschränkt sich daher darauf, gewisse Regeln festzulegen, nach denen Interessen abgeglichen und zu Entscheidungen geführt werden. Sie legt kein absolutes Ziel fest. Nach Linkem Anspruch ist das viel zu wenig und ein Defizit der Demokratie - die ist aber eben nur ein Baustein und kann nicht alles.
Linke kämpfen für das absolut Gute - das kann viel Kraft geben, ist aber auch oft hinderlich, weil darunter jeder etwas anderes versteht und man daher zu Grabenkämpfen neigt, weil außer der eigenen Gruppe alle nicht wirklich absolut gut sind.
Bürgerlich-konservative Parteien haben es da leichter, weil sie pragmatischer am Machbaren und den real vorhandenen Interessen orientiert sind. Das ist oft auch kompatibler mit der Demokratie (die aber, wie gesagt, auch nur ein Baustein und nicht alles ist).
Aber ohne eine Korrektur durch Ideale (auch wenn die nie absolut sein können) kann auch der pragmatische Interessenausgleich GaGa laufen. Insofern wäre es Schade, wenn sich die Linke ganz zerlegt.
zum Beitrag23.06.2022 , 15:25 Uhr
Kurz zusammengefasst: Hitze ist Mist und Männer sind ganz großer Mist. Danke für die Info.
zum Beitrag23.06.2022 , 01:18 Uhr
Ich halte Frau Kleffners Einstellung für demokratisch problematisch. Sie betont, wieviele Gruppen und Menschen in Deutschland diskriminiert werden. Auf der anderen Seite stehen Hass und Hetze, misogyne, Rassisten etc.
Gerade weil es so extrem viele Menschen betrifft, geht es doch eigentlich mehr um allgemeine Politik, in der es immer darum geht wie all die vielen Gruppen und Interessen fair bedient werden. Wenn alle Gegner Rassisten und schlimmer sind, kündigt man die Demokratie auf, weil man mit Hassern, Hetzern und Rassisten offensichtlich nicht politisch verhandeln kann.
Meinem Eindruck nach äußert sich Ataman oft in derselben Richtung: es gibt unverhandelbare Ziele und Gegner, die außerhalb des demokratischen Diskurses stehen, mit denen man also gar nicht politisch verhandeln darf.
Ich glaube das wird so nicht funktionieren. Das Gesellschaftsbild von Frau Kleffner ist für mich problematisch.
zum Beitrag22.06.2022 , 15:21 Uhr
Das sehe ich ähnlich. Die documenta-Leitung, Poilitik, NGOs etc. haben einfach ziemlich genau das bekommen, was sie bestellt und ausgewählt haben. Die Welt ist durchaus vielfältiger als das, aber man will eben nur diese Teile wahrnehmen.
zum Beitrag22.06.2022 , 15:14 Uhr
Super. Endlich eine angemessene Sprache für unsere Situation - nicht eine Sprache, die alternativlose Klarheit suggeriert, sondern die mehrdeutig, nachdenklich wipselt.
zum Beitrag22.06.2022 , 00:36 Uhr
Haben hier wirklich nur die Kommunal-, Landes- und Bundespolitik nur die Documenta gegen die Wand gefahren?
Meiner Wahrnehmung nach gibt es einen sehr breiten gesellschaftlichen Konsens aus Politik, Medien, Kirchen, Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, zahllosen Vereinen, NGOs, Bürgern und und und, dass die Gesellschaft ein Problem mit Rassismus, und Postkolonialismus hat und marginalisierte Gruppen, Migranten etc. mehr zu Wort kommen und mehr Einfluss in der Gesellschaft bekommen sollen. In unzähligen Beiträgen, auch in der taz, wird das Problem von verschiedensten Seiten geschildert.
Auch klar ist, zumindest für weltoffene Menschen, die sich auch außerhalb der "biodeutschen" Diskursräume informieren, dass weltweit betrachtet die Documenta nicht so ein Skandal wäre - die Ansichten sind da ziemlich vielfältig. Man kann z.B. einfach verfolgen wer vor den Vereinten Nationen (Menschenrechtsrat) für was gerügt wird.
Im deutschen Diskurs gibt es auch einen Konsens, dass mit großem Abstand die politisch-gesellschaftliche Gefahr von (deutsch)-Rechts kommt. Es gibt unzählige Beispiele in denen klare Ansagen zu kritischen Themen auch von Leuten aus dem globalen Süden kommen. Bis auf Ausnahmen (letzte Jahre Al-Quds-Marsch oder so) sind sich die genannten gesellschaftlichen Gruppen eigentlich einig, dass den Menschen aus dem globalen Süden mehr zugehört werden muss und ihre Anliegen mehr Eingang in die Gesellschaft finden sollen.
Nehme ich das verkehrt wahr? Ich denke die Documenta ist so gelaufen wie bestellt. Aus irgendeinem Grund hat der Wind hier ein wenig gedreht.
zum Beitrag21.06.2022 , 12:57 Uhr
Stimmt, Demut ist nicht gerade Macrons Stärke.
Dieser Artikel ist aber, wie sehr viele "Linke", auch nicht der Demut gewidmet. In der Eigenwahrnehmung spricht man für ALLE Menschen und richtet sich deutlich gegen die Xenophoben.
Was auch immer die richtige Beschreibung für das RN ist, scheint mir jedoch klar, dass viele Sichtweisen dort von sehr, sehr vielen Menschen in der Welt, in anderen Kulutren, Nationen, Ländern vertreten werden. Offensichtlich ist es nicht so leicht für ALLE Menschen zu sprechen. Aber auch ganz offensichtlich spricht auch das RN nicht für alle Menschen, sondern es wird von sehr vielen tief abgelehnt und erschüttert die Gefühle vieler Menschen.
In diesem Wirrwar würde ich mir etwas mehr Demut und Nachdenken wünschen und nicht einfach eine Trompete mehr, die die eigene Erschütterung über die schlimmen anderen verkündet.
zum Beitrag08.06.2022 , 18:17 Uhr
Wo ich Ihnen Recht gebe ist, dass manche Werte nur für mich selber (meine Gruppe) wichtig sind, andere Werte würde ich versuchen global voranzubringen. Wie das konkret aussieht, liegen wir aber wahrscheinlich weit auseinander.
Die Dinge, die ich als "universell" ansehe, sind ganz wenige oder sie sind so universell, dass man nicht soviel drüber reden braucht, weil sie sowieso von allen Menschen geteilt werden.
Irgendwas mit Menschenrechte hat wohl einen universellen Charakter, wenn man es eng genug definiert. So weit und unscharf, wie das in der deutschen Gesellschaft zum Teil gefasst wird, finde ich das für mich und unsere Gesellschaft sehr gut. Global sind es aber entweder tatenlose Worte, die nichts oder negatives bringen. Oder es führt in die Konfrontation mit anderen, die noch weniger bringt.
Da liegen die Menschen und wahrscheinlich auch wir beide weit auseinander. Aber ich denke man muss sich mehr Gedanken darüber machen, dass das, was für den einen absolut unverhandelbare Dinge und Ansichten sind und wo dieser Eine das auch direkt verknüpdft sieht mit schlimmsten Verbrechen und Grausamkeiten, das von anderen Menschen, Kulturen etc. oft recht anders und in anderen Zusammenhängen gesehen wird. Irgendwie muss man wohl anders damit umgehen als zu bekunden, dass man mit dem Kopf durch die Wand für seine universellen Werte einstehen wird.
zum Beitrag07.06.2022 , 01:18 Uhr
China ist da eher nicht das Paradebeispiel. Da ist nicht so klar, ob sie als zukünftige (oder zumindest gewollte) Weltmacht wirklich akzeptieren, dass Andere Dinge anders sehen - zumindest was die Sicht auf China angeht, reagieren sie sehr empfindlich.
Vielleicht sollte man eher an kleine, "blockfreie" Länder wie die Schweiz denken. Man wirft ihr natürlich oft vor, dass sie um des Geldes willen alles mitträgt. Es hat aber eben auch seine starken Seiten, wenn man nicht versucht die ganze Welt zu missionieren. Ein Paradies und Allheilmittel ist das natürlich auch nicht - aber zu manchem übertriebenen Missionierungseifer eben ein Gegengewicht.
zum Beitrag07.06.2022 , 01:08 Uhr
Eine Brandmauer gegen Rechts, die wiederholt bei politischen Fragen hochkocht, die offensichtlich nichts mit rechter Menschenfeindlichkeit zu tun haben - wie etwa der Frage eines Mindestabstands zu Windrädern, wird keine starke Brandmauer bringen, sondern das Gegenteil.
Entweder die AFD wird klein, weil sie wenige Prozente bei Wahlen bekommt, oder man überzeugt für andere Mehrheiten ohne übersteigertes Hochkochen. Zumindest scheinen mir das die gangbaren Alternativen.
zum Beitrag06.06.2022 , 00:48 Uhr
Ist die deutsche Gesellschaft wirklich in einem solchen Zustand, dass ein jahrelanges volle Breitseitenfeuer gegen Rassismus, Sexismus, Diskriminierung und Marginalsierung gerechtfertigt ist? Zieht sich die gewalttätige und destruktive toxische Männlichkeit so dominant durch die Gesellschaft, prägt diese und bestimmt das Leben der Menschen? Bestimmt sie auch das Leben der typischen Zuschauer? Wenn nein, müsste man nicht auch Kunst machen, die die erreicht, um die es gehen soll?
Es hat immer wieder heftige Fälle, zumindest Vorwürfe gegeben - oft aber an Theatern, im Kulturbetrieb, jetzt der Linkspartei. Die Frage stellt sich, gegen wen sich die Vorwürfe eigentlich genau richten - wer sollte was ändern? Wenn das Theater sich selber hinterfragt, zeigt, dass es sich selber und sein Umfeld ändern will, müssten dann die Stücke nicht anders aussehen?
Viel Diskriminierung gegen Frauen oder Migranten ist doch viel subtiler. Etwa wenn Unternehmen mehr von weißen Männern gegründet werden. Ja, auch kleine Dienstleistungsbetriebe sind hoch zu achten, aber bei der Diskriminierung geht es doch am Ende eben darum, warum nicht große Techunternehmen etc. von den diskriminierten Gruppen im gleichen Maße gegründet werden. Da geht es doch um viel subtilere Dinge als das, was am Theater angesprochen wird. Niemandem ist es verboten ein Unternehmen zu gründen, aber woran liegt es dann genau, dass obwohl letztlich alle Menschen gleich sind, bestimmte Gruppen so überrepräsentiert sind. Reicht es die einen auszubremsen, wodurch automatisch andere ans Licht kommen, oder braucht es andere Dinge? Wären das nicht relevantere Fragen als die Darstellung übelster Gewalt in schwierigen sozialen Milieus?
zum Beitrag04.06.2022 , 16:07 Uhr
Danke für den Artikel. Ich sehe es auch so, dass unsere "westlich-deutsche" Gesellschaft zu wenig nachdenklich und selbstkritisch ist. Natürlich neigen auch Osteuropa, Afrika oder der Rest der Welt dazu alles durch die eigene Brille zu sehen.
Ich glaube nicht, dass es bei dem deutschen verengten Blick, zuerst darum geht die eigene Passivität zu rechtfertigen. Ich denke es geht zuerst darum, möglichst in universellen Werten für die ganze Menschheit sprechen zu wollen. Das klingt erstmal nach einem guten Ansatz, hat aber, wenn man nicht sehr fein damit umgeht, den im Artikel genannten Nachteil, dass man alle anderen Menschen und Länder zu Objekten macht, die der universellen (also unserer) Auffassung zu folgen haben.
In der Welt gibt es viele unschöne Dinge. Da liegt es nahe sich an universelle Werte klammern zu wollen, die alles gut machen und klare Feinde des Guten erkennen lassen. Man sollte dieser einfachen Versuchung nicht zu sehr nachgeben. So simpel sind die Dinge nicht.
Als Ausgleich können da Länder und Gesellschaften gut tun, die auch absolute Werte haben, aber explizit nur für sich selber. Sie kennen auch deutlich ein "Wir und Die" und akzeptieren, dass es Grenzen gibt, jenseits derer anders gedacht wird.
Auch das ist nicht das Paradies, aber als Ausgleich zu einer einseitig proklamierten Einheit ist es hilfreich.
zum Beitrag02.06.2022 , 13:53 Uhr
Es ist gut die Zustimmung der anderen Länder zur EU kritisch zu hinterfragen. Nur eine Korrektur: den Solo-Kurs in der Flüchtlingspolitik gibt es so nicht. Die Flüchtlingspolitik der EU scheint mir recht uneinheitlich, insofern ist es da schwer einen Solo-Kurs zu haben. Wenn man überhaupt einen Hauptkurs ausmachen will, haben D und LUX einen Solo-Kurs. Daran sieht man, dass Solo-Kurse auch nicht unbedingt schlimm sind und auch eine EU-Zustimmung nicht immer nur in allen Aspekten positiv. An der offenen deutschen Flüchtlingspolitik kann es kaum Zweifel geben, denn nur sie weist darüber hinaus, dass die EU wieder einfach nur zu einem größeren Nationalstaat wird. Das zielt auf alle Menschen ab und deren Grundbedürfniss eine gemeinsame Menschheit zu bilden. Hier müssen sich D und LUX etwas dem EU-Kurs anpassen, der das (noch?) mehr "nationaler" sieht. Auf Dauer wird sich der "Solo-Kurs" natürlich durchsetzen, weil es 8 Mrd Menschen gibt, die zur Einheit wollen, aber nur 450 Mio Europäer, die sich etwas abschotten wollen.
zum Beitrag30.05.2022 , 15:42 Uhr
Die Idee mit 30% des Nettoeinkommens klingt in der Tat merkwürdig. Spitz formuliert würde ich mir sofort die größte Villa im tollsten Vorort mieten - ich könnte diese ja immer mühelos bezahlen. Wenn man dagegenhält, dass natürlich nur "angemessene" Wohnungen gemeint sind, landen alle Niedrigverdiener in irgendwelchen "Löchern". Wenn nur die Wohnungen gemeint sind, in denen man schon wohnt, hilft es wie so oft denen, die schon "im System" sind - wer neu dazukommt hat es umso schwerer.
Wäre die einfachste Lösung nicht, dass der Staat, die Kirchen oder Gewerkschaften den Wohnungsbau übernehmen. Der Staat baut auf seinen oder neu ausgewiesenen Flächen einfach selber (oder über Gewerkschaften etc.) Wohnungen: keine Finanzhaie, keine Gewinnmargen. Das müsste doch eigentlich perfekt funktionieren. Warum macht man das nicht? Liegt im Bauen, Erhalten und Vermieten von Wohnungen irgendeine Leistung, die der Staat nicht ganz trivial selber erbringen kann? Wenn dem so ist, müsste man ja genauer über diese Leistung reden und wie man Menschen dazu bringt diese Leistung zu vollbringen - sei es als private Vermieter oder als staatlich nagestellte Verwalter.
zum Beitrag26.05.2022 , 00:40 Uhr
"Dass sie lernen, dass wir Menschen einerseits alle gleich sind, andererseits aber auch sehr unterschiedlich."
Das stimmt, es gibt nicht die eine Normalität. Aber wann und wo sind wir nun gleich und wann unterschiedlich - und wann ist verschieden ok, wann sollte es überwunden werden, weil wir letztlich eine Menschheit sind. Sind das nicht die schwierigen Fragen?
Vieles in der jetzigen Rassismusdebatte scheint den Schwerpunkt nicht darauf zu legen, dass es keine EINE Normalität gibt, sondern dass es eine NEUE Normalität gibt - in der es wichtig ist Täter und Opfer zu unterscheiden. Bzw. Menschen, die lernen müssen und solche, die eher dran sind zu sagen, was gelernt werden sollte.
Bisher haben wir verschiedene Normalitäten durch verschiedene Nationen, Religionen oder andere Gruppierungen getrennt - was wir aber überwinden wollen.
Ich denke, das wird ein schwieriges Thema bleiben. Wahrscheinlich bleibt es noch eine Weile ein Thema eher für Erwachsene, bis mehr Klarheit herrscht, was genau Kindern vermittelt werden sollte.
zum Beitrag24.05.2022 , 01:54 Uhr
Das sehe ich ähnlich wie Sie. Irgendwelche global gesteuerten großen Austausche sind Quark. Aber natürlich gibt es auch starke Kräfte, die sich soetwas wie eine universelle Weltgesellschaft wünschen - das könnte ja auch gut sein. Ich bin aber wie anscheinend Sie etwas skeptisch, ob es sicher gut ist und noch mehr, ob es heute erreichbar ist. In vielen Ecken der Erde, Ethnien, Kulturen, Staaten, Gruppen scheinen mir viele Vorlieben zu existieren, die sich mit einer universellen Weltgesellschaft beißen. Kann man all diese Menschen in endlicher Zeit umerziehen - und sollte man das?
Auch ganz ohne ein Ideal der Weltgesellschaft gibt es aber genug Veränderung, so dass man solchen Fragen nicht ausweichen kann: Menschen gehen dorthin, wo man möglichst viel verdient, Firmen suchen die qualifiziertesten Mitarbeiter - egal aus welchem Raum, Menschen aus verschiedenen Ecken befreunden sich oder heiraten. Den Fragen wird man nicht ausweichen können, aber es gibt einen weiten Gestaltungsspielraum und verschiedene Ideale dahinter.
Das Ideal einer einzigen Menschheit mit gleichen Sichtweisen und einheitlichen universellen Werten ist im Moment glaube ich nicht machbar und ich glaube auch eher nicht, dass es gut wäre.
zum Beitrag23.05.2022 , 14:52 Uhr
Der Artikel stellt das wie so viele aus meiner Sicht auch zu einseitig dar, was nicht hilfreich ist.
Klar wird nichts "ausgetauscht", weil ja niemand gezwungen wird irgendein Land oder seine Gewohnheiten zu verlassen - es kommen einfach neue Menschen, Sichtweisen, Gewohnheiten dazu. Klar gibt es auch viele übertriebene Ängste, Verschwörungs- oder Gewaltphantasien.
All das ändert aber auch nichts daran, dass große Veränderungen anstehen, Menschen, Ideen, Werte, Geschichte und Zukunft wird sich vermischen und neu sortieren. Und das für alle - es wird z.B. auch keinen "reinen Islam" mehr geben in einer neuen Gesellschaft, sondern einen sich wandelnden Islam, der sich wie vieles irgendwo einfügt und dort bereichert. Es wird auch kein reines "Schwarzsein" mit seinen kolonial-rassistischen Traumata geben, die man in klar umrissenen Gruppen mit gemeinsamer Erfahrung aufarbeiten kann. Natürlich wird sich viel ändern - auch für Menschen, die lieber in der biodeutschen Geschichte weiterleben würden.
Es ist doch nicht zielführend, dabei die Verschwörungstheorien zu sehr zu betonen. Besser ist es doch die Verluste (auch z.B. der Migranten, Muslime etc.) anzuerkennen, aber dazu zu stehen, dass man die neue Gesellschaft eben will, weil man sie am Ende für alle für besser hält.
Das Fokusieren auf das Bekämpfen von Verschwörungstheorien finde ich aber so weit verbreitet, dass mich eine Antwort der Autorin interessieren würde, ob das wirklich weiter bringt.
zum Beitrag23.05.2022 , 10:16 Uhr
Gegen weißen Rassismus vorzugehen ist sicher eine schwierige Sache, bei der nicht klar ist, ob das eine Gesellschaft überhaupt schaffen kann. Unverhältnismäßig gehetzt wurde und wird ja auch gegen andere Gruppen: mal Kommunisten, in anderen Ländern jetzt etwa Russen gegen Ukrainer und vieles mehr. Es scheint aber gar nicht nur ein Phänomen nur der Weißen zu sein: zumindest wenn keine Weißen in der Nähe sind, scheinen sich ja auch andere Ethnien, religiösen oder politischen Gruppen untereinander oft sehr hart, vorurteilsbeladen und ungerecht anzugehen.
Am Ende liegt es vielleicht auch stark an individuellen Einstellungen und nicht nur an vererbten oder erlernten Strukturen - was es noch schwieriger machen würde. Denn woher erkenne ich dann, ob sich jemand gerade ungerechtfertigt gewaltätig oder diskriminierend verhält oder nur in nachvollziehbarer Weise auf ungerechte Umstände, die ihn ja auch nicht unbedingt persönlich treffen müssen, aber eben in der Gesellschaft und den Strukturen vorhanden sind.
Es wirkt fasst so, als sei jede Form von Macht gefährlich, aber wie kann eine Gesellschaft ohne Machtstrukturen funktionieren?
zum Beitrag20.05.2022 , 13:30 Uhr
Sklaverei ist heute immerhin fast weltweit und zumindest offiziell geächtet - ich denke auch wirklich im Denken einer Mehrheit der Menschen. In den meisten Gesellschaften (nicht allen) sieht es eine Mehrheit der Menschen nicht mehr als persönlichen Erfolg an, wenn andere in sklavenartigen Verhältnissen für sie arbeiten. Zu niedrigen Löhnen gerne, aber nicht mit den Einschränkungen der Freiheit - es herrscht doch recht breite Zustimmung dazu, dass die Leute gehen können, wenn sie wollen.
Was die "Kolonialisierung" von Ländern oder Bevölkerungsgruppen angeht, scheint es mir viel komplexer. Da scheinen mir die Übergänge zu heutigen Strukturen viel fließender und mehr durch Übereinkünfte klar abgegrenzt, die man heute so deutlich sieht - das kann und wird aber morgen und in anderen Weltteilen auch wieder ganz anders gesehen werden.
zum Beitrag19.05.2022 , 23:04 Uhr
„Wir sind da und wir werden bleiben“, sagt Saleh." Das ist zweifelsohne richtig, klingt aber etwas wie eine Kampfansage. Dass Toleranz zur Anerkennung führen muss, ist wünschenswert, aber Toleranz kann man fordern, Anerkennung eigentlich nicht. Die Frage in einer vielfältigen Gesellschaft scheint mir auch direkt zu sein, wie es mit der Anerkennung (oder Toleranz) in alle Richtungen aussieht. Einseitige Forderungen scheinen mir ohnehin keine Basis für eine funktionierende Gesellschaft.
zum Beitrag16.05.2022 , 13:39 Uhr
Liegt das hauptsächlich an Wagenknecht?
Mit den Jahren gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass es im Wesen linker Strömungen liegt sehr zerstritten zu sein. Ich glaube das liegt daran, dass sich dort eher Menschen sammeln, die sich sehr stark für Gerechtigkeit einsetzen und die sehr sensibel gegenüber Ungerechtigkeiten sind. In einer realen Welt mit vielen verschiedenen Ansichten gibt es in den eigenen Reihen wie außerhalb soviele Dinge, die als ungerecht empfunden werden, je nach Gruppe und Standpunkt sind es aber ganz verschiedene Dinge oder wenigstens andere Prioritäten. Ich glaube da liegen Verletzungen und Kampf in der Natur der Dinge.
zum Beitrag08.05.2022 , 00:54 Uhr
Die Ukraine wurde angegriffen, es wurden Gräueltaten verübt (auch an Männern), die Ukrainer haben sich anscheinend mehrheitlich entschlossen zu kämpfen. Deutschland kann sich dann immer noch raushalten oder nicht und die Gefahr eines Atomkriegs oder einer sonstigen Ausweitung abzuwägen ist wichtig.
Eine Auseinandersetzung wie diese aber duch die eigene Begriffsmühle zu drehen und nur danach zu beurteilen finde ich einseitig, an den Menschen vorbei, für mich abstoßend. Man darf gerne seine Weltsicht haben, an jeder Weltsicht sind auch Punkte, die ihre Berechtigung haben. Aber so einen gerade laufenden Konflikt auf die eigenen Standards von Feminismus, Gewalt gegen Frauen, Rassismus, strukturelle Gewalt jeder Art etc. zu reduzieren, es nur durch diese Brille zu betrachten, zeugt von wenig Interesse an anderen Menschen. Aus meiner Sicht.
zum Beitrag07.05.2022 , 15:24 Uhr
Man sieht ja an der Wortwahl, dass es den Taliban auch um menschlich hochstehende Werte geht: ohne Zweifel empfinden Millionen Menschen in der Region die Burka (oder ähnliche Vorschriften) als traditionell und respektvoll, viele westliche Werte empfinden sie als übergriffig und beängstigend. Dass Frauen zuhause bleiben sollen ist eine "Empfehlung", die sicher auch in aller Sinne gut gemeint ist. Es ist ja auch nicht verboten das Haus zu verlassen und für wichtige Erledigungen explizit ok. Für unwichtige Dinge muss man ja nicht die Gesellschaft und die Traditionen in Unordnung bringen und es an Respekt für die Gefühle anderer fehlen lassen.
Soweit die eine Sicht: wie jede Gesellschaft gründen sich auch die Taliban auf hohe Werte. Wenn mich aber jemand in eine Burka stecken und zuhause einsperren wollte, wäre mir das recht egal: mir wären die Traditionen egal, der Respekt vor den Leuten, die das Nicht-Tragen vor den Kopf stößt, und auch ob die Gesellschaft damit zurecht kommt oder nicht. Es wären dann einfach nicht mehr meine Gesellschaft und nicht meine Werte. Physischer Zwang und Gewalt wären natürlich etwas anderes - denen würde ich natürlich immer folgen - weswegen sie wohl auch oft angewendet werden. So sind die Menschen irgendwie.
zum Beitrag28.04.2022 , 00:17 Uhr
Ich stimme Frau Marinic ja meist eher nicht zu, aber den Artikel finde ich gut, weil er zu einfache politische Schemata hinterfragt: es reicht nicht zu sagen "EU gut" und "Achtung Rechts". Das ist als Konzept für die Zukunft deutlich zu wenig.
Wo ich finde, dass Frua Marinic auch hier nicht recht hat ist, dass es am Ende auf eine einzige andere Frage hinausliefe: die des besseren wirtschaftlichen Ausgleichs.
Frau Marinic selber klagt ja oft andere Themen an, wie etwa Rassismus oder kulturelle und sonstige Identitäten.
Ich denke die "Wahrheit" ist, dass große Gesellschaften einfach keine Selbstläufer sind, dass es ziemlich viele Gründe gibt, warum Menschen sich gegenseitig eher ablehnen. Es ist eher die anzustrebende Kunst, als der nur durch krasses Fehlverhalten zu störende Normalzustand, eine Gesellschaft halbwegs zusammen und befriedet zu halten - denke ich.
zum Beitrag26.04.2022 , 18:05 Uhr
Perspektivlosigkeit auf der einen Seite, viel Geld auf der anderen Seite - da kann man schon mal über das Töten nachdenken. Armeen unterhält ohnehin jeder und die tiefere Schuld liegt bei denen, die für die Perspektivlosigkeit verantwortlich sind (also eher der reiche Westen). Was ich schön finde an unserer Welt ist, dass die Dinge meist sehr klar liegen und man nicht soviel Zeit und Pein für das Nachdenken über schwierige Fragen aufbringen muss.
zum Beitrag26.04.2022 , 17:48 Uhr
Ich denke, es geht hier um Wettkampfsport - Breitensport für sich selber ist für jeden beliebig frei. Beim Wettkampfsport geht es per Definition darum, besser zu sein als andere. Das kann man wegdefinieren, etwa dass man gut ist relativ zu den eigenen Voraussetzungen, aber das ist dann etwas anderes. Spitz gesagt wäre das auch diskriminierend, weil auch manche trans und anders Marinalisierte davon träumen zu siegen und breite Aufmerksamkeit zu haben, was aber nicht geht, wenn jeder gleich viel Aufmerksamkeit bekommt.
Bei all den "modernen" Themen, bei denen es um mehr Gerechtigkeit geht, finde ich es störend, dass es zunehmend darum geht andere Gruppen und Sichtweisen als falsch und schlecht zu brandmarken. Das bringt glaube ich nicht weiter. Wir werden schon lernen müssen mit den inneren Widersprüchen des Menschseins zu leben - die kann man in verschiedene Ecken schieben. Wer aber an eine absolute Gerechtigkeit denkt, ist wahrscheinlich selber Teil eines "Gerechtigkeitsproblems".
In dem Artikel hier ging es glaube ich aber weniger um Gerechtigkeit als um Ideen, wie man als Mensch ganz anders denken und handeln kann. Das ist immer spannend, bringt aber nichts prinzipiell Neues. Auch ein VR-Sport, der alle Unterschiede ausgleicht, unterdrückt die einen Dinge und Menschen und fördert andere. Das ist ok, aber auch nur in eine andere Ecke geschoben. Jeder darf natürlich gerne seine Ecke für die bessere halten - auch die Ecke, in der die Leute meinen, dass es nicht um besser und schlechter ginge.
Meine Lösung wäre es, den Sport als Wettkampssport zu lassen, aber ihm generell etwas weniger gesellschaftliche Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist nicht ganz so wichtig, wer am besten Fußball spielt.
zum Beitrag26.04.2022 , 03:14 Uhr
Macron sagt, er habe verstanden und versuche jetzt für alle Franzosen da zu sein. Ob das reicht?
Ich habe eher den Eindruck, das hat nur begrenzt mit ihm zu tun, jeder Präsident hätte ein Problem und Macron kann da auch nur begrenzt viel machen.
Das tiefere Problem ist, dass Frankreich (wie viele Gesellschaften) in Gruppen zerfällt, die sich wenig grün sind, verschiedene Sichtweisen haben, man lehnt sich eher gegenseitig ab (zum Teil abgründig), es fehlt oft selbst eine gemeinsame Sprache und Begriffswelt. Der Präsident wird das trotz seiner Machtfülle nur wenig ändern können.
zum Beitrag12.04.2022 , 18:30 Uhr
Putin glaubt er kann die Ukraine nach Russland zwingen und erzeugt damit eine ukrainische Nation, die zusammensteht, was es in dem Ausmaß wohl vorher nicht gab.
Der Westen muss auf den Angriff und die grausame Kriegsführung reagieren - die Reaktionen des Westens vereinen aber die Russen hinter Putin und erzeugen eine russische Einigkeit, mehr als vorher.
Natürlich sind die Russen durch falsche und selektive Nachrichten verblendet, aber auch das ist aus russischer Sicht umgekehrt genauso.
Natürlich steht hinter uns die Welt, aber viele Staaten in der Welt auch nicht oder nicht so richtig - so in etwa 50% wie es aussieht, wenn man nach Bevölkerung geht und nicht nach Anzahl der Staaten.
Russland wird das nicht durchhalten, weil es auf Dauer seinen Bürgern nicht genug wirtschaftliche Erfolge bieten kann. Das ist wohl so, zeigt dann aber auch, dass Wirtschaft vor allem geht - wo wir doch gerade Werte verteidigen.
Ich finde das Bild der EINEN Menschheit, bekommt hier, wie schon in Afghanistan, Mali etc., Risse.
Mir scheint es eher eine tiefe Grundgesetzlichkeit zu geben, dass sich Menschen in Gruppen aufspalten, die sich gegenseitig verachten und misstrauen.
zum Beitrag01.04.2022 , 18:29 Uhr
Einerseits ist es immer und grundsätzlich wichtig Polizeiarbeit kritisch zu begleiten. Dier Polizei hat viel Macht, die Bürger auch direkt zu spüren bekommen können. Misstrauen gegenüber der Polizei kann einen Vertrauensverlust in der Gesellschaft erzeugen und damit die Basis der Gesellschaft.
Aber ist diese Überschrift wirklich in diesem Sinne - oder zerstören solche Überschriften nicht viel direkter gesellschaftliches Vertrauen? Oder sind solche Überschriften (und damit einhergehende Bewertungen des Vorgefallenen) Ausdruck dessen, dass das Vertrauen schon weg ist und es nur noch darum gehen kann sich gegen die "angreifenden" gesellschaftlichen Gruppen zu wehren?
zum Beitrag29.03.2022 , 22:52 Uhr
Ich glaube, wenn der Westen konsequent überall auf der Welt seine Werte durchsetzte, das würde nicht gut gehen - und es gäbe glaube ich auch relativ wenige Staaten und Menschen, die das gut fänden.
Was natürlich immer erhofft wird, ist dass der Westen oder irgendeine andere Macht die eigene Sache unterstützt - aber kaum jemand würde es dann wirklich begrüßen, wenn diese Macht ihre eigenen Werte durchsetzt.
zum Beitrag29.03.2022 , 21:11 Uhr
Linke: Jede Organisation hat auch die Komponente des reinen Selbsterhalts. Ich glaube aber nicht, dass das bei der Linken dominiert. Die Frage ist: müsste man Wagenknecht und andere rausschmeißen - oder sind es gerade zu wenige Kompromisse, die auf Dauer an den Abgrund führen? Es gibt in jeder Bewegung auch die Tendenz, dass verschiedene Untergruppen versuchen sich durchzusetzen, die ganz besonders von ihren Ansichten überzeugt sind. Zum Teil ist das eine notwendige Profilierung, es kippt aber auch schnell, dass man zwar eine schlagkräftige Gruppe für die "richtige Richtung" wird, man außerhalb der eigenen Kreise aber immer weniger Menschen erreicht (auch wenn man als höchstes Ziel hat für alle Menschen zu kämpfen). Vielleicht braucht es dann doch gerade mehr Kompromisse, oder ein Nachdenken darüber, warum andere Menschen von anderen Dingen überzeugt sind.
zum Beitrag29.03.2022 , 16:48 Uhr
Solche "Kinder"-Fragen sind auch wichtig und können einen wichtigen Beitrag leisten. Nur haben wir glaube ich die letzten Jahre (fast Jahrzehnte inzwischen?) davon glaube ich genug gehabt. Das führt nicht weiter - es ist sogar eher schädlich, weil es von wichtigeren Fragen ablenkt.
Die Welt ist nicht einfach schlecht, weil einige nicht von ihrem Wohlstand loslassen wollen. Auch nicht wegen irgendwelcher Nationalstaaten, die bisher eher viel Segen brachten, weil sie mehr als andere Dinge (außer vielleicht Religion - die aber auch für viel Übel sorgt) Menschen in übergeordnete Verantwortung und Solidarität bringen. Nationalstaat first, Humanismus second oder Menschenleben gegen schwarze Null ist glaube ich zu wenig tief gefragt. Außerdem retten der Nationalstaat und die schwarze Null auch oft den Humanismus und Menschenleben. Aber das ist nicht der Punkt - der Punkt ist mehr, dass es so zu verdreht und vereinfacht ist.
zum Beitrag25.03.2022 , 00:06 Uhr
Wenn die Beteiligten wirklich weiter sind: warum gibt es dann immer neue Umdrehungen in einer schon überdrehten Diskussion, die eigentlich schon lange genug läuft, dass jeder Zeit hatte darüber nachzudenken?
zum Beitrag08.03.2022 , 12:52 Uhr
Danke für den Kommentar.
Trotzdem dürfen "diese" Linken natürlich gerne auch auf Schwierigkeiten in den Positionen des Westens/der NATO hinweisen. Vieles davon wird jetzt nicht falsch, es ist nur im Moment nicht das große Problem. Was es braucht ist die Größe einzusehen, dass auch andere Standpunkte wichtige Beiträge, und im Moment die wichtigeren, leisten.
Was ich auch etwas anders sehe: wir empfehlen nicht "von oben herab" die Neutralität und betreiben Täter-Opfer-Umkehr. Dahinter steht ein Weltbild, dass "Wir", der Westen, gottgleich und allmächtig sind und damit für die globale Gerechtigkeit verantwortlich - und dieser Rolle nicht gerecht werden. Das ist aber die falsche Sicht: die Neutralität der Ukraine wäre erstmal ein Eingeständnis der eigenen Grenzen, der eigenen Kleinheit. Wir können meinen, was wir wollen, aber wir haben keine Mittel es durchzusetzen - aber wir können viel Schaden anrichten. Es ist erstmal ein Eingeständnis dieser Tatsache.
zum Beitrag07.03.2022 , 23:49 Uhr
Ich weiß, dass mein Standpunkt viele Menschen sehr trifft. Ich schreibe ja öfters mal, dass mit bewusst ist, wie tief ins Mark Menschen oft von Standpunkten und Sichtweisen anderer Menschen erschüttert sind, wie unerträglich die Gleichgültigkeit oder gar das Unmenschliche ist.
Ein Blick in die Welt sagt mir aber, dass diese recht bunt ist und durch "Menschlichkeit nicht menschlicher wird". Was ich damit meine: so wie Sie das schreiben, schmeißen Sie Begriffe wie Genfer Konvention oder Asyl in den Raum, durch die anscheinend alles gesagt ist. Und kulturelle Kompatibilität ist anscheinend unaussprechbar, womit sie implizit auch sagen, dass Ihnen alle Kulturen und Prägungen egal sind und sich alle Menschen nach den universellen Werten zu richten haben: die was sind und wer festlegt? Sie? Ich glaube auch nicht, dass so ein Standpuntk am Ende mehr Menschen menschlich hilft. Er weigert sich zumindest schonmal Menschen in ihrer Vielfalt wahrzunehmen und darüber nachzudenken. Dafür ist man schnell dabei Menschen auszusortieren und abzuwerten, wenn sie (menschlichen?) Normvorgaben nicht entsprechen.
Oder in etwas anderen Worten: das abgrundtiefe Entsetzen über andere Menschen ist manchmal notwendig, aber meist sollte es nicht die dominante Rolle spielen.
zum Beitrag05.03.2022 , 19:03 Uhr
Hier vermengen sich meiner Meinung nach verschiedene Dinge. Ein Ding ist, dass auf einem "Welt-Level" alle Menschen gleich sind oder gleich sein sollten. Ein anderes Ding ist, dass in konkreten Fragen logischerweise die "Nachbarn" näher sind. Wer da grenzenlose Solidarität mit der ganzen Welt verspricht, hat gar keine Solidarität, weil das natürlich hohle Worte sind. Er zwingt außerdem dem Rest der Welt dieselbe Solidarität auf, ohne sie gefragt zu haben, ob die z.B. mit Europa genauso solidarisch sein wollen, wie mit ihren Nachbarn. Dass sich "Nachbarn" nicht mehr geografisch oder nach Staaten orientiert, sondern vielleicht in Zukunft nach anderen Kriterien, ändert nichts daran, dass Unterschiede bestehen. Noch ein anderer Punkt ist, dass es bei vielen Dingen nicht um Flucht geht (auch, aber nicht zuerst), sondern um gleichberechtigte neue Mitbürger und Gesellschaften. Da macht es schon einen Unterschied, ob ich mich als Gesellschaft entscheide alle möglichen Strömungen einer bunten Welt gleichberechtigt aufzunehmen. Oder ich zwinge implizit, ohne es klar zu formulieren, alle Zuwanderer sich an bestimmte Weltsichten zu halten, die doch aber erkennbar nur unsere hier sind und woanders in der Welt so nicht geteilt werden. Der Artikel redet daher für mich an den eigentlichen Fragestellungen vorbei.
zum Beitrag23.02.2022 , 01:45 Uhr
Sie drücken richtig aus, wie sehr Martenstein die Gefühle vieler Menschen verletzt und wie platt viele Menschen martensteins Gedanken finden. Daneben steht, was Frau Mertins richtig sagt, dass größere Teile der "mittigen Gesellschaft" so denken wie Martenstein. Auch dort, und in noch anderen Lagern, ärgert man sich und es werde Gefühle verletzt. Das Übereinander-Ärgern und das tiefe Verletzen von Gefühlen ist wohl ein Kern der pluralistischen Gesellschaft - bzw. der ziviliserte Umgang damit. Ich denke das ist der Gedanke, der in dem Artikel zum Ausdruck kommen soll.
zum Beitrag13.02.2022 , 02:00 Uhr
Stimmt, es braucht nur 10 Personen, um die Räder anzuhalten - an vielen Stellen. Da gäbe es noch viel effizientere Stellen. Das ist beeindruckend, wenn man dadurch die Dinge voranbringt, die am Ende alle Menschen auch so wollen - oder die zumimndest alle vor Schlimmem retten, auch wenn es nicht jeder einsieht.
Warum kommt das dann nicht in der Verfassung vor - ist der Verfassung der Erfolg der richtigen Sache egal, wird es dem Zufall überalassen? Es könnte doch einen Grundrechtsparagraphen geben, der klar festlegt, dass je richtiger und wichtiger eine Sache ist, ein Recht oder sogar eine Pflicht besteht, an kritischen Punkten die Räder anzuhalten. Dann müsste man nicht auf mutige Gruppen warten - die sich vielleicht auch nie finden.
Der Nachteil ist, dass, wenn die Effizienz mal demonstriert ist, viele Gruppen das für ihre Ziele nutzen könnten. Es ist auch nicht immer so klar, ob sich am Ende alle Menschen einig sind, was die großen wichtigen und richtigen Ziele sind. Der Artikel suggeriert viel Zustimmung - das ist nicht immer ganz so klar.
zum Beitrag11.02.2022 , 16:33 Uhr
Die Mutter einer Betroffenen oder Zeugin anzurufen, um da Druck zu machen, ist ein NoGo.
Die anderen "Vorwürfe" in dem Artikel würde ich anders bewerten. Herr Reichelt ist ein Mensch, der in weiten Kreisen der Bevölkerung tief verachtet wird, ob seiner politischen, gesellschaftlichen, menschlichen Einstellungen - oder was man als solche vermutet. Auch durch Netzwerke, in denen man ihn vermutet und die er stützt und stärkt. Das ist für viele Menschen und nicht kleine Teile der Bevölkerung gruselig und schwer erträglich und man hat auch gute Begriffe, das objektiviert zu beschreiben (Sexismus etc.).
Das ist auch alles richtig und sehr ernst zu nehmen.
Nur gibt es auch viele andere Menschen, andere Teile der Bevölkerung und wen es vor was alles gruselt ist ein buntes Spektrum. Daher würde ich Grenzüberschreitungen wie Druck auf die Mutter davon trennen, dass es organisierte Strukturen (wie Springer) gibt, die man nur noch menschenfeindlich etc. findet. Das ist ja, wie gesagt, die (berechtigte) Meinung einer Gruppe - und es gibt viele andere.
zum Beitrag07.02.2022 , 23:46 Uhr
Da ist sicher etwas dran. Zumindest leuchtet es ein, dass solche Teams es durch Reiseschwierigkeiten schwerer haben bei Wettbewerben Qualipunkte zu sammeln unter Corona sicher nochmal mehr.
Aber kann man das mit der "Hautfarbe" nicht weglassen? Über Hautfarbe gehen wichtige gesellschaftliche Diskussionen und wenn jeder überall das Argument zieht, entwertet es das für die, die es brauchen, und die anderen hören nicht mehr hin.
zum Beitrag02.02.2022 , 12:56 Uhr
Gesellschaften entwickeln sich ständig weiter und können sich auch stark verändern. Da gibt es laufend neue Dinge, von denen erwartet wird, dass man sie jetzt kann, so macht, anders macht, so denkt oder anders denkt.
Die Jungen wachsen schon so auf und haben gar kein Verständnis mehr dafür, dass jemand anders denken kann als sie (man selber empfindet das als offen, weil man ja gegen das Alte in das Neue reingewachsen ist) - bis sie dann selber später "abgeräumt" werden.
Das ist alles ganz normal und wird gemeinhin als "Fortschritt" bezeichnet.
zum Beitrag19.01.2022 , 03:15 Uhr
Das Beispiel von Weidel und Storch regt neben der Frage, wo die Energie für Frauenbeteiligung in der Gesellschaft am besten eingesetzt ist, auch die Frage an, wie die politische Energie am besten zwischen den sehr vielen politischen Themen aufgeteilt wird. Es ist ja nicht so, dass wenn Frauen mehr beteiligt sind automatisch jedes andere Thema auch besser wird. Auch hier gibt es die sonst auch ganz normalen politischen Abwägungen zwischen verschiedenen Zielen und wo man die endliche Energie reinsteckt.
zum Beitrag