Boris Johnsons Nachfolge: Frauen und Minderheiten zuerst

Diversität prägt das Rennen um die Spitze bei den britischen Konservativen. Verteidigungsminister Wallace verzichtet.

Sajid Javid, Rishi Sunak und Boris Johnson in der Downing Street

Sajid Javid und Rishi Sunak halten Abstand zu einem völlig unwichtigen Politiker Foto: Toby Melville/ ap

LONDON taz | Der Favorit für die Nachfolge Boris Johnsons als Chef der britischen Konservativen und neuer Premierminister entzieht sich dem Rennen. „Nach sorgfältiger Überlegung und Diskussion mit Kollegen und meiner Familie habe ich die Entscheidung getroffen, nicht am Rennen um die Parteiführung teilzunehmen“, teilte Verteidigungsminister Ben Wallace am Samstag auf Twitter mit.

Wallace war am Donnerstag nach Johnsons Rücktrittserklärung in einer Umfrage unter konservativen Parteimitgliedern an der Spitze gelegen.

Die Absage ist nicht nur aufgrund seines durch den Einsatz im Ukrainekon­flikt gestiegenen Ansehens ein Rückschlag. Er verkörpert auch für viele Parteimitglieder genau die Art von Anstand und Verantwortung, die sich viele zur Ablösung von Boris Johnson wünschen.

Das bewiesen auch die von Wallace genannten Gründe für seine Nichtkandidatur. Neben der Familie nannte er auch seine Aufgabe, das Land weiterhin zu verteidigen.

Auch der ultrakonservative Steve Baker entzog sich dem Rennen und gab an, dass er sich hinter die bisherige Generalstaatsanwältin Suella Braverman stelle. Bisher ließen sich neun KandidatInnen bestätigen, und es wird damit gerechnet, dass es bis Montag mindestens zehn werden.

Rishi Sunak hat am meisten Unterstützer

Unter jenen, die ihre Kandidatur bestätigt haben, zählt der am vergangenen Mittwoch zurückgetretene indischstämmige Finanzminister Rishi Sunak die bisher größte Zahl an Un­ter­stüt­ze­r:in­nen aus der Parlamentsfraktion.

Nach den parteiinternen Regeln stimmen erst die derzeit 359 konservativen Abgeordneten über alle Kandidatinnen und Kandidaten ab, wobei bei jedem Wahlgang der Letztplatzierte herausfällt. Wenn noch zwei übrig sind, ist die Basis von derzeit rund 200.000 Parteimitgliedern an der Reihe. Wird das Verfahren nicht abgekürzt, etwa indem am Ende der Zweitplatzierte zurückzieht, gibt es spätestens Anfang September einen neuen Premierminister.

Weitere Kandidaten sind der pakistanischstämmige Sajid Javid, der vier verschiedene Ministerposten in konservativ geführten Regierungen seit 2014 innehatte, zuletzt den des Gesundheitsministers bis zu seinem Rücktritt am Mittwoch, aber auch den des Innenministers unter Theresa May und des Finanzministers unter Boris Johnson.

Ein diverses Feld

Es kandidiert auch der Ex-Gesundheitsminister unter David Cameron, Jeremy Hunt, der 2019 das Rennen gegen Boris Johnson um Mays Nachfolge verlor. Die Kandidatur der Außenministerin Liz Truss wurde am Sonntag erwartet.

Andere sind der irakischstämmige Nadhim Zahawi, der unter Johnson nacheinander Impfminister, Erziehungsminister und Finanzminister war; der halb französischstämmige Afghanistanveteran Tom Tugendhat, der den parlamentarischen auswärtigen Ausschuss im Parlament leitet; Kemi Badenoch, Tochter nigerianischer Eltern, die unter Boris Johnson als Kommunalministerin und als Gleichberechtigungsministerin diente und sich als Stimme gegen „Woke“ versteht; außerdem die indischstämmige Suella Braverman und auch Handelsministerin Penny Mordaunt sowie Grant Shapps, der als Verkehrsminister beständig Boris Johnson verteidigte.

Es ist ein sehr diverses Feld: Fünf der Kan­di­da­t:in­nen gehören ethnischen Minderheiten an; drei, mit Liz Truss wären es vier, sind Frauen.

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