Kampf gegen das Patriarchat: Was, wenn es nicht um Männer ginge?

Unsere Autorin trifft sich regelmäßig mit anderen Frauen of Color zum Kneipenabend. Oft wird dabei über Männer gesprochen. Warum das ein Problem ist.

Ein Whiskexglas und Schale mit Snacks stehen auf einem Bartresen

Worüber redet man unter Freun­d*in­nen beim Kneipenabend? Viel zu oft über Männer Foto: Seeliger/imago

Unser Kneipenabend fand früher jede Woche statt. Jetzt ist das anders. Wir müssen Schichtpläne, Elternabende und Deadlines berücksichtigen. Aber diesmal muss es klappen: In den letzten Monaten haben wir Bücher veröffentlicht und Premieren gefeiert. Wir werden auf eine Beförderung und eine Scheidung anstoßen.

Diese Runden sind mein Empowerment-Circle. Vom Studium an hatte ich immer eine ähnliche solidarische Freun­d*in­nen-Gruppe, um den Alltag zu bewältigen. Menschen in der gleichen Lebensphase, die ähnlichen Hürden begegnen. Im Studium waren es andere Arbeiterkinder, als Berufseinsteigerin andere Anfänger*innen. Inzwischen sind es Frauen of Color, die mit viel Verantwortung im Kulturbetrieb unterwegs sind. Erfolge sind schnell begossen. Danach werden Probleme geteilt. Alles was uns das Leben schwer macht, hat Platz: Unsicherheit in der Freiberuflichkeit, der Druck, Sorgearbeit und Geldverdienen unter einen Hut zu bringen, Rassismus- und Sexismuserfahrungen.

Die Beispiele sind Klassiker. Hier ein cholerischer Intendant, da ein unterqualifizierter weißer Kollege, der befördert wurde, weil er der Kumpel des cholerischen Intendanten ist. Nun bringt er alles durcheinander. Die Jungs im Coworking-Space lassen den Bürokühlschrank verschimmeln und der Typ vom Schreibtisch nebenan will eine Software erklären, die meine Freundin viel besser kennt. Wir wechseln vom Beruflichen ins Private. Der 80-jährige Vater ist offensichtlich krank, aber zu stolz, um zum Arzt zu gehen. Dann ist da der Partner, der nicht weiß, wie man eine Spülmaschine richtig einräumt, oder der Lover, der einen ständig versetzt.

Würden wir den Bechdel-Test bestehen?

Es entspannt mich zu sehen, dass wir diese Probleme teilen. Aber irgendwann wird es mir zu viel. An diesem Abend hatte ich so eine Vermutung und habe in meinem Kopf den Bechdel-Test gemacht. Der Test wird eigentlich genutzt, um die Repräsentation von Frauen in Spielfilmen einzuordnen, aber die bekannten drei Fragen lassen sich auch ganz einfach auf einen Kneipenabend anwenden: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Selbstverständlich. Der Tisch reicht fast nicht aus. Sprechen sie miteinander? Und wie! Die ganze Zeit. Laut und durcheinander. Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann? Das ist kompliziert. Manchmal geht es auch um das Patriarchat im Allgemeinen, aber im Grunde bestehen wir den Test nicht. Wir reden über Männer.

Da sitzen diese Macherinnen und alle paar Sekunden fällt der Name von irgendeinem anderen cis Dude, der Energie zieht. Das geht ganz ohne „Sex and the City“-Vibes, und trotzdem komme ich nicht umhin, mich zu fragen, wie viel zusätzlicher Raum da wäre, wie viel kreatives Potential und welchen großen Fragen wir uns noch widmen könnten, wenn wir das nicht verhandeln müssten. Wenn wir keine feministischen Netzwerke bräuchten, um die Unzulänglichkeiten von Männern aufzufangen.

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Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.

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