Wagenknecht-Auftritt im Bundestag: Schlimmer geht immer

Sahra Wagenknecht betreibt in ihrer Rede im Bundestag AfD-Rhetorik. Dass Teile der Linksfraktion applaudieren, zeigt deren Orientierungsverlust.

Sahra Wagenknecht

Grobe Holzhammerrhetorik: Sahra Wagenknecht am Donnerstag im Bundestag Foto: Clemens Bilan/epa

Die Linkspartei ist eigentlich für Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Allerdings sind zentrale Figuren in der Fraktion anderer Ansicht. Klaus Ernst, der Gerhard Schröder der Linkspartei und immerhin Vorsitzender des Energieausschusses des Bundestages, wirbt für Deals mit Putin. Wer Sevim Dağdelen zuhört, die die Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss vertritt, kann den Eindruck gewinnen, dass die Nato am 24. Februar Russland überfallen hat.

Sahra Wagenknecht hat nun im Parlament die Regierung scharf attackiert – und dabei ein paar richtige Punkte gemacht. Die Ampel scheue sich vor Übergewinnsteuer und Preisdeckeln. Das ist kritikwürdig. Sie sei daher die „dümmste Regierung in Europa“. Das ist selbst eine recht dümmliche Polemik, auf jeden Fall grobe Holzhammerrhetorik. Aber das ist Geschmackssache. Das Bild, das Wagenknecht von Deutschland malt, ist jedenfalls tiefschwarz. Die deutsche Wirtschaft werde „bald Geschichte sein“, wenn die Regierung ihren unverantwortlichen Wirtschaftskrieg gegen Putin weiterführe, anstatt wieder brav Gas und Öl aus Russland zu beziehen.

Das Katastrophenbild, in dem das Industrieland Deutschland dem Untergang geweiht ist, zeichnet exakt so die AfD, die damit Ängste anheizen will. Auch die Karikatur, dass grüne Russland-Feinde mit Sanktionspolitik die kleinen Leute ausplündern, ist ein Textbaustein der AfD-Agitation, der sich so ähnlich auch bei Wagenknecht findet. Im Bundestag applaudierten AfD und große Teile der Linksfraktion einträchtig – wobei die linken Abgeordneten damit eine Position feierten, die der ihrer Partei widerspricht.

Man kann auch mal Beifall von der falschen Seite bekommen. Bei Wagenknecht aber fragt sich, ob sie nicht längst die Seite gewechselt hat – hin zu einem putinaffinen Rechtsnationalismus mit sozialpopulistischer Garnitur. Dass Teile der Linksfraktion bei dieser Show die treuen Claqueure gaben, zeigt, wie weit ihr politischer Orientierungverlust und ihr moralischer und intellektueller Verfall fortgeschritten sind.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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