Griechenlands Umgang mit Flüchtlingen: Grenzöffnung wäre fatal
Dass ein Großteil der EU-Bevölkerung nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen will, ist eine Schande. Aber es ist eben auch ein Faktum.
E s gibt gute Gründe, Griechenlands Verhalten gegenüber den Flüchtlingen an der türkischen Grenze zu kritisieren – zum Beispiel, weil Menschen offenbar mit scharfer Munition beschossen worden sind.
Aber es ist wohlfeil, Griechenland dafür zu kritisieren, dass es seine Grenze jetzt mit polizeilichen Mitteln wie Tränengas schützt, solange man keine realistische Alternative anbieten kann. Denn die gibt es nicht. Wären Grenzübertritte jetzt erfolgreich, würden binnen kurzer Zeit noch viel mehr Menschen folgen. Dieses Loch in der EU-Außengrenze würde Flüchtlinge auch aus anderen Regionen anziehen. Es wären wohl so viele, dass weder Griechenland noch andere EU-Staaten diese Menschen aufnehmen könnten.
Dafür gibt es einmal praktische Gründe: Soll Deutschland mitten in der Corona-Krise wie 2015 jeweils Hunderte von Menschen monatelang auf engstem Raum in Turnhallen unterbringen? Es scheitert aber auch an der mentalen Aufnahmebereitschaft vieler europäischer Gesellschaften. Die Rechtsradikalen in Deutschland, Italien und Frankreich warten nur darauf, mit der Angst vor der Zuwanderung sehr vieler Menschen in sehr kurzer Zeit Mehrheiten zu erobern.
An dieser Frage könnte die EU zerbrechen. Und in Deutschland könnte die AfD an die Macht gelangen. Die Rechtsradikalen könnten diese Demokratie in eine Autokratie verwandeln, in der zwar noch gewählt wird, aber das Volk durch Unterdrückung politischer Gegner und durch manipulierte Medien immer wieder dazu gebracht wird, eine Menschenrechte und Minderheiten missachtende Clique zu akklamieren.
Dass ein Großteil der EU-Bevölkerung nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen will, ist eine Schande. Aber es ist eben auch ein Faktum, das sich weder kurz- noch mittelfristig ändern lässt. Statt die Grenzen zu öffnen, muss die EU Griechenland nun wirklich helfen, die Situation in den Aufnahmelagern zu verbessern und Asylanträge zu bearbeiten. Zudem muss sie die Flüchtlingshilfe für die Türkei verlängern und ausweiten. Im Gegenzug müsste die Regierung in Ankara ihre Grenze wieder sichern. Das würde auch dazu führen, dass weniger Menschen in der Ägäis ertrinken.
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