Debatte über höhere Benzinpreise: Ignorante Vorwürfe

Die Linken-Politikerin Mohamed Ali demonstriert mit ihrer Kritik an Baerbock peinliches Unwissen. Die Liberalen und Konservativen können sich freuen.

Linkspartei-Frak­tionschefin Amira Mohamed Ali bei einer Pressekonferenz

Sollte kritisieren statt polemisieren: Linkspartei-Frak­tionschefin Amira Mohamed Ali Foto: Christian Spicker/imago

Klimaschutz und Sozialpolitik gehören untrennbar zusammen, gleichgültig aus welcher Richtung man denkt. Denn nur eine Begrenzung der Klimaerhitzung auf ein erträgliches Maß ermöglicht eine halbwegs gerechte, für alle Menschen lebenswerte Welt. Und nur wenn die Bedürfnisse armer Menschen beim Pariser Klimaschutzziel mitgedacht werden, wird es auf Dauer Mehrheiten für ökologische Maßnahmen geben. Wer Klimaschutz und Sozialpolitik gegeneinander ausspielt, gefährdet beide Anliegen.

Wie man eine sozialökologische und mehrheitsfähige Wende hinbekommt, ist deshalb das wichtigste Thema des Wahlkampfes – und das aktuelle Debattenniveau wird dem leider nicht gerecht. Da wäre zum Beispiel Linkspartei-Frak­tionschefin Amira Mohamed Ali, die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock „unerträgliche Arroganz“ bescheinigt. Jene hatte gesagt, dass angesichts eines höheren CO2-Preises auch der Benzinpreis um bis zu 16 Cent steigen müsse.

Menschen mit kleinem Einkommen träfe das wirklich, während Reiche problemlos volltankten, wettert Mohamed Ali. Die Attacke ist dumm und unpräzise, aus mehreren Gründen: Erstens hat die Große Koalition den CO2-Preis eingeführt, nicht die grüne Partei. Zweitens ignoriert Mohamed Ali einen wichtigen Punkt: Die Grünen wollen die Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis an alle BürgerInnen wieder ausschütten.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Dieses Energiegeld würde arme Menschen besserstellen als Reiche, weil jene weniger Energie verbrauchen. Aber der Ausgleich der Grünen tariert bei Weitem nicht alle Ungerechtigkeiten aus. Ein alleinstehender Handwerker aus einem Dorf in Brandenburg, der mit seinem alten Dieseltransporter Aufträge in der ganzen Region erledigt, stünde schlechter da als die in der Innenstadt lebende Familie, die ihre Wege mit dem Rad erledigen kann.

Deshalb braucht es auch hier Streit über die beste Lösung, aber er sollte präzise und fair geführt werden – die Grünen agieren mehr über Preis-, die Linken mehr über Ordnungspolitik. Unproduktive Schaukämpfe befördern zwei Dinge. Liberale und Konservative, die sozialer Ausgleich beim Klimaschutz wenig interessiert, reiben sich die Hände. Die Union ist für einen höheren CO2-Preis, aber gegen höhere Spritpreise. Das ist paradox. Und sie hat bisher keine Idee, wie Belastungen für Niedrigverdiener vermieden werden könnten.

Sie wäre ein lohnendes Ziel für linke Kritik. Gefährlich aber ist es, durch Polemik Menschen in dem Klischee zu bestärken, Klimaschutz sei nur etwas für Besserverdiener. Das kann eine linke Politikerin nicht wollen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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