Neuer Lokführer-Streik bei der Bahn: Irrationale Züge
Beim Geld kann man sich einigen. Aber der GDL geht es vor allem um Gewerkschaftsmacht. Deshalb provoziert sie einen unnötigen Streik.
C laus Weselsky von der Eisenbahner-Gewerkschaft GDL begründet den neuerlichen Streik bei der Deutschen Bahn unter anderem so: „Irgendwann begreift das Management, dass man einen Krieg gegen die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht gewinnen kann.“ Echt jetzt? Der Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der GDL hat längst irrationale Dimensionen erreicht – und der aktuelle Streik, der den Personenverkehr ab Donnerstag fünf Tage lang stark einschränkt, ist völlig unnötig.
Beim schon lange gärenden Streit geht es vordergründig um Geld und andere Zahlen, was den Vorteil hat, dass man eigentlich ganz gut Kompromisse schließen könnte: Über Laufzeiten und die Höhe von Coronaprämien lässt sich verhandeln. Weselskys Forderung, sich beim Tarifabschluss am öffentlichen Dienst zu orientieren, ist, vorsichtig gesagt, originell. Die Bahn ist zwar in staatlicher Hand, aber als Unternehmen organisiert, dessen Einnahmen von der Zahl der KundInnen abhängen. Und an den Milliardenverlusten im vergangenen Coronajahr trägt der Bahn-Vorstand nur bedingt Schuld.
Weselsky, der begnadete Polemiker und Kommunikator, hat es geschafft, den Tarifstreit in der Öffentlichkeit zu einem Kampf um Zahlen zu verengen. Dabei umfassen heutige Tarifverträge viel mehr: Es geht auch um Ausbildungsgarantien, Freizeitregelungen und Kündigungsschutz. Letzteres hat die größere Bahngewerkschaft EVG, die Weselsky gern als Weicheier-Gewerkschaft darstellt, durchgesetzt – was bei einem Unternehmen, das tief in den roten Zahlen steckt, ein Wert an sich ist. Es geht ihm in Wirklichkeit um Einfluss bei der Bahn, weil die kleine GDL Angst hat, von der EVG an den Rand gedrängt zu werden.
Das Streikrecht ist ein hohes Gut. Aber ein Streik zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht klug, auch wegen der Infektionsgefahr in übervollen Zügen. Die Bahn ist ein wichtiges Verkehrsmittel, dessen Bedeutung in Zeiten der Öko-Wende noch steigen wird. Wenn die GDL ausgerechnet jetzt die Bahn weiter schwächt, schadet sie am Ende auch den Beschäftigten.
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