Wagenknechts Pläne für eigene Partei: Überfällig, aber aussichtslos
Dass eine Wagenknecht-Partei der AfD Stimmen rauben wird, ist ein Irrglaube. Schaden wird ihr Abgang der Linkspartei. Das ist eine Tragödie.
D ass Sahra Wagenknecht ihre eigene Partei gründet, ist überfällig. Seit Monaten kündigt sie den Schritt an, und viele ihrer Noch-Parteikolleg:innen warten sehnsüchtig darauf, dass sie endlich von Bord geht. Zu lange hat sie sich auf Kosten der Linkspartei profiliert und mit Alleingängen gequält.
Fraglich ist nur, ob Wagenknechts Rechnung aufgeht. Warum sollte ihr jetzt gelingen, was ihr mit ihrer „Aufstehen“-Bewegung vor fünf Jahren nicht geglückt ist?
Damals wollte Wagenknecht nach dem Vorbild von „La France insoumise“ („Unbeugsames Frankreich“) des französischen Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon eine linksnationalistische Bewegung aus dem Boden stampfen. Trotz prominenter Unterstützer:innen und großer Medienaufmerksamkeit fiel das Projekt aber bald kläglich in sich zusammen.
Diese Niederlage hat Wagenknecht nicht zu denken gegeben. Sie umgibt sich nur noch mit Leuten, die sie in ihren Überzeugungen bestätigen, ihr Talkshow-Ruhm hat zu Selbstüberschätzung geführt.
Deutschland braucht eine starke Linkspartei
Wagenknecht möchte insbesondere AfD-Wählern eine neue politische Heimat bieten, erklärt sie immer wieder. Denn viele wählten die rechtsextreme Partei nur „aus Verzweiflung“. Wagenknecht will ihnen mit einem linksnationalistischen Kurs entgegenkommen. Aber stimmt ihre Analyse? Zweifel daran sind angebracht. Viel spricht dafür, dass die meisten die AfD genau für das wählen, was sie ist: rechtsextrem. Das ökonomische Programm ist für viele dagegen bestenfalls zweitrangig. Wagenknechts Alternative zur AfD droht deshalb eine Totgeburt werden.
Schaden wird der Abgang von Wagenknecht vor allem der Linkspartei, deren mediales Zugpferd sie lange war. Die linke Fraktion im Bundestag wird sich spalten, ihre Wählerschaft dürfte weiter schrumpfen. Das ist eine Tragödie. Denn Deutschland bräuchte weiterhin eine starke Partei, die unverdrossen die soziale Frage stellt und SPD und Grüne von links kritisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern