Subventionen für Agrardiesel: Überflüssig und umweltschädlich
Kaum ein Hof wird aufgeben, weil er mehr für den Agrardiesel bezahlen muss. Auch die subventionierte Landwirtschaft muss ihren Beitrag leisten.
D as Mitleid mit den Bauern wegen der geplanten Streichung des Steuerrabatts für Agrardiesel sollte sich in Grenzen halten. Landwirtschaftliche Betriebe bekommen seit Jahrzehnten durchschnittlich die Hälfte ihres Einkommens in Form staatlicher Agrarsubventionen. Diese Branche mit nur rund 1 Prozent der Erwerbstätigen kassiert überproportional viel Geld der Gemeinschaft. Da ist es nur folgerichtig, dass auch sie jetzt von den Sparmaßnahmen des Bundes betroffen ist.
Die Kürzungen sind der Landwirtschaft zumutbar. Anders als die Agrarlobby behauptet, wird es wegen der Diesel-Causa nicht zu massivem Höfesterben kommen. Der durchschnittliche Haupterwerbsbetrieb in Deutschland erhält laut Landwirtschaftsministerium rund 2.900 Euro Agrardieselvergütung pro Jahr. Höfe dieser Kategorie nahmen aber 2022/23 insgesamt 480.000 Euro ein und verbuchten 115.000 Euro Gewinn. Die Subventionen fallen bei diesen Unternehmen also kaum ins Gewicht.
Es stimmt, dass die deutschen Bauern auch mit Landwirten in anderen EU-Staaten konkurrieren, die ebenfalls den Sprit für Traktoren subventionieren. Aber Betriebe beispielsweise in den Niederlanden und Polen müssen nach Angaben des Agrarministeriums eine höhere Steuerbelastung als die deutschen schultern. Und überhaupt: Wegen knapp 2.900 Euro pro Jahr und Betrieb weniger für den Agrardiesel wird wohl kaum ein Lebensmittel importiert statt hierzulande erzeugt.
Einen fossilen Kraftstoff zu subventionieren ist auch aus Klimaschutzsicht falsch. Wenn der Rabatt wegfällt, wachsen die Anreize, treibhausgasintensiven Sprit einzusparen. Es gibt erste Elektrotraktoren. Solche Alternativen zu entwickeln wird attraktiver, wenn Agrardiesel teurer wird. Daran sollte gerade ein grüner Landwirtschaftsminister wie Cem Özdemir erinnern. Aus Mangel an Rückgrat redet der jetzt der Agrarlobby nach dem Munde – nachdem seine Partei jahrelang gegen den Dieselrabatt argumentiert hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer