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Richterin über Triage„Wir werden als Erste geopfert“

Als Mensch mit Behinderung würde sie im Falle der Triage aussortiert werden, sagt Richterin Nancy Poser. Sie hat Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Bei Triage nichts mehr für alle Coronapositiven: Pflege wie hier an der Uniklinik Greifswald Foto: Jens Büttner/dpa
Manuela Heim
Interview von Manuela Heim

taz: Frau Poser, Sie wollen den Gesetzgeber per Verfassungsbeschwerde zwingen, sich mit der Triage zu beschäftigen. Dafür gibt es doch aber bereits Leitlinien, die mehrere medizinische Fachgesellschaften erarbeitet haben.

Nancy Poser: Als ich diese Leitlinien gesehen habe, war ich schockiert. Da wird zwar gesagt, dass wegen Alter oder Behinderung im Rahmen der Triage nicht diskriminiert werden soll. Aber die Kriterien zur Einschätzung, wer im Zweifel keine intensivmedizinische Behandlung bekommen soll, werden nur von alten und behinderten Menschen erfüllt.

privat
Im Interview: Nancy Poser

Jahrgang 1979, ist Richterin am Amtsgericht Trier und Gründungsmitglied von Ability Watch e.V. Zusammen mit acht weiteren BeschwerdeführerInnen hat sie im Frühsommer Verfassungsbeschwerde eingelegt, damit der Gesetzgeber die Triage regelt. Ein Eilantrag wurde damals abgelehnt, unter anderem, weil die Infektionszahlen zu der Zeit so gering waren. Angesichts überlasteter Krankenhäuser sei die Frage der Triage nun aber „absolut dringlich“, sagt Poser

Könnten Sie das näher erklären?

Da soll zum Beispiel der allgemeine Gesundheitszustand anhand einer Gebrechlichkeitsskala bewertet werden. Wenn man einen Rollstuhl braucht, Assistenzbedarf hat oder am Rollator geht, wird man im direkten Vergleich zu einer nichtbehinderten Person schlechter eingestuft. Man muss dazu wissen, dass die Triage ja nicht nur zwischen Covid-19-Patienten stattfinden soll, sondern zwischen allen, die intensivmedizinische Behandlung benötigen. Das heißt, wenn ich dort mit meinem Rollstuhl und meiner Muskelerkrankung mit einem Herzinfarkt eingeliefert werde und neben mir liegt ein Raucher mit Covid-19, werde ich anhand dieser Kriterien schlechter bewertet.

Dann bekommen Sie im Zweifel keine intensivmedizinische Behandlung …

… und muss sterben, ganz genau. Ich habe zwei Probleme mit den Triage-Leitlinien: Zum einen halte ich sie nicht unbedingt für tauglich, um die Erfolgsaussichten der Behandlung zu bewerten. Vor allem aber halte ich diesen Weg – survival of the fittest, der Stärkere soll leben – für falsch. Es wird dann gerne das Beispiel von dem 90-jährigen Rentner mit Vorerkrankungen und der 25-jährigen Mutter gebracht. Aber so eindeutig ist das in der Praxis kaum: Da kommen der 30-jährige Turner und die 40-jährige Rollstuhlfahrerin. Und dann habe ich einen Unterschied von vielleicht 60 und 40 Prozent Überlebenswahrscheinlichkeit. Wo fängt das an, wo hört das auf?

Ergibt es denn nicht grundsätzlich Sinn, die zu retten, die wahrscheinlicher überleben?

Natürlich erscheint der utilitaristische Ansatz verlockend. Das ist im Prinzip wie bei diesem theoretischen Fall mit dem Flugzeug: Das fliegt auf ein vollbesetztes Stadion zu und die Frage ist, ob man dieses Flugzeug abschießt, um die Leute im Stadion zu retten. Die Überlebenswahrscheinlichkeit der Menschen im Flugzeug geht ja bei dem Absturz gegen Null, sie sind also quasi eh nicht mehr zu retten. Es gab ein Luftsicherheitsgesetz, das in einem solchen Fall den Abschuss vorsah. Und da hat aber das Bundesverfassungsgericht ganz klar gesagt: Das geht nicht. Ich darf selbst den totgeweihten Leuten im Flugzeug ihre Überlebenswahrscheinlichkeit, so minimal sie auch sein mag, nicht nehmen, um andere zu retten, weil ich sie damit zum Werkzeug degradiere und ihnen so die Menschenwürde nehme. Mit diesem Grundsatz bin ich auch groß geworden, als Mensch und als Juristin. Ich habe seit dem ersten Semester Jura gelernt, dass man Leben nicht gegen Leben abwägen kann, egal welche Chance man diesem Menschenleben beimisst.

Im Fall der Triage ist das Dilemma doch, dass ich entscheiden muss. Ich kann das Flugzeug im übertragenen Sinne nicht einfach weiterfliegen lassen. Wie soll diese Entscheidung gerecht sein?

Die Triage

Meint den Prozess der Sortierung oder Ersteinschätzung, wenn es zu viele Patient:innen und zu wenig Behandlungskapazitäten gibt. Im Frühjahr, nach den Bildern der Corona-Pandemie in Italien wurde auch in Deutschland über die Triage diskutiert. Acht medizinische Fachgesellschaften haben im April aktualisierte Handlungsempfehlungen veröffentlicht, an denen sich Ärzte in Notfallsituationen orientieren sollten, falls in Deutschland Triage-Entscheidungen gefällt werden müssen. Diese Leitlinien geben den Patient:innen den Vorrang, die anhand bestimmter Kriterien die höheren Überlebenswahrscheinlichkeiten haben.

Sie kann nicht gerecht sein. Aber sie kann den Betroffenen mehr Chancengleichheit einräumen. Darum geht es in unserer Verfassungsbeschwerde zunächst aber noch gar nicht. Es gibt in Deutschland einen Wesentlichkeitsgrundsatz, der vorsieht, dass wesentliche Eingriffe in die Grundrechte vom Gesetzgeber legitimiert werden müssen. Wir wollen den Gesetzgeber dazu bringen zu handeln. Solange es nur Leitlinien aus der Ärzteschaft gibt, bin ich denen ausgeliefert. Dagegen kann ich nicht klagen, obwohl ich sie für willkürlich und diskriminierend halte.

Welche anderen Möglichkeiten gäbe es aus Ihrer Sicht, um Triage-Entscheidungen zu fällen?

Für mich kommt da nur das Prioritätsprinzip infrage: Wer zuerst kommt, bekommt den Platz. Oder das Randomisierungsprinzip.

die Entscheidung nach Zufall, das ist schwer vorstellbar.

Es ist nicht befriedigend, gerade für Ärzte. Aber es geht hier auch nicht nur um sie. Die Situation ist für alle unbefriedigend, die im Zweifel sterben müssen. Wenn ich aussortiert werde, weil kein Gerät mehr da ist, ist das schlimm, keine Frage. Aber wenn das Gerät jemand anderes bekommt, weil der fitter ist und ich behindert bin, nimmt man mir meine Menschenwürde.

Die Diskussion, ob in der Pandemie die Grundrechte verletzt werden, ist gerade sehr aufgeheizt. Menschen gehen zu Zehntausenden auf die Straße, weil sie beispielsweise keine Maske tragen wollen. Die Diskussion über die Kriterien der Triage ist im Vergleich dazu außerhalb von Behinderten­selbst­organisationen immer noch sehr verhalten.

Den Leuten ist klar, dass es zuerst die Alten und die Behinderten trifft. Und weil sie nicht betroffen sind, interessieren sie sich nicht dafür.

Die Verfassungsbeschwerde

Nancy Poser und acht weitere Menschen, die sich von den Triage-Leitlinien der Fachgesellschaften diskriminiert fühlen, haben im Frühsommer Verfassungsbeschwerde eingereicht. Ihr Ziel: Der Gesetzgeber soll die Triage regeln. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) lehnen dies bislang ab und verweisen auf die Leitlinien der Mediziner:innen.

Offenbart sich da eine tief verankerte Diskriminierung?

Das ist der Punkt. Stellen wir uns vor, in diesen Leitlinien würde stehen, alle Menschen mit Blutgruppe A bekämen eine niedrigere Punktzahl. Dann würde doch niemand sagen: Ja, das ist doch klar, weil sie auch schlechtere Erfolgsaussichten haben. Denen geben wir das Gerät nicht, sondern wir geben es lieber jemand mit der Blutgruppe 0. Da wäre der Aufstand groß. Aber bei Menschen mit Behinderung und Alten halten wir solche Annahmen für absolut plausibel.

Wir müssen noch über etwas anderes sprechen: Am Freitag hat der Bundesgesundheitsminister die Priorisierungen für die Impfungen vorgestellt.

Da wird es fast zynisch: In den Triage-Leitlinien steht ja überspitzt formuliert, dass wir als Erste geopfert werden, weil wir ohnehin einen schweren Krankheitsverlauf zu erwarten haben. In der Impfverordnung werden nun aber Menschen mit körperlicher Behinderung, die zu Hause von der Familie oder von Assistenzdiensten versorgt werden, nicht einmal erwähnt. Ich gehöre zwar in der Impfverordnung als Richterin zur Gruppe drei, aber nicht als Behinderte.

Haben Sie noch Vertrauen in das Grundgesetz?

Ich habe mich als Juristin und Bürgerin vom Grundgesetz immer sehr geschützt gefühlt. Weil ich den Eindruck hatte, dass wir gerade hier in Deutschland nach unserer Vergangenheit sehr vorsichtig sind, Leben zu bewerten. Jetzt sind wir in einer Krisensituation. Es wird sich zeigen, ob das Grundgesetz immer noch hält.

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136 Kommentare

 / 
  • Nehmen wir zwei, die sich kennen, beide im gleichen Alter.



    Der eine sitzt im Rollstuhl.



    Der andere nicht.



    Der eine ist aktiver, durchtrainierter Sportler, der andere ein adipöser Raucher.



    Der eine ist Familienvater, der andere kinderlos.

    Müsste man eine Triage durchführen, so hätte der durchtrainierte Rollstuhlfahrer wohl die besseren Chancen.



    Den Dicken müsste man ggfs. opfern.



    Das wäre in dem Beispiel ich.

    Ich wünsche mir kein Gesetz, nach dem wir Strohhalme ziehen, wer beatmet wird.



    Ich wünsche den Ärzten, die sowas entscheiden müssen, dass sie das in ihren Augen richtige tun, dass man ihnen die Entscheidung überlässt, dass sie damit danach gut leben können und ich wünsche mir, dass sie mich ggfs. opfern, wenn es vernünftig ist.

    Und mir liegt nichts ferner, als ein Held zu oder unerschrocken zu sein. Als Individium bin ich egoistisch und hänge am Leben.



    Aber als Bürger, als Teil des Ganzen, muss ich pragmatisch und vernünftig sein.

    Der Gedanke, womöglich als aussichtsloser Fall einem anderen das Beatmungsgerät zu blockieren, weil ich grad eher da war oder das Los auf mich gefallen ist, das ist unerträglich.

    Und wer glaubt, durch immer mehr Gesetze gibt es auch mehr Gerechtigkeit, ist schlicht albern.



    Am Ende führt das nur zu haarsträubenden, unverständlichen Entscheidungen, weil keine Regelung ohne Lücken und manigfaltige Ausnahmen bleibt unur um dann doch an der Realität zu scheitern.

    Kein Land hat ein so umfangreiches Steuerrecht wie D. Und, ist das Steuersystem in D dadurch besonders gerecht und transparent? Oder heißt mehr Regeln nur mehr Gesetzeslücken, mehr Ungerechtigkeit?

    Wohin führte denn das gewünschte Gesetz?



    Womöglich dazu, dass ich einen befreundeten Rechtanwalt bitten würde, für den Fall meiner Einlieferung ins Krankenhaus gleich den Ärtzten mit einer Klage meiner Hinterbliebenen zu drohen, falls ich aussortiert werde.



    Wie im Steuerrecht gewinnt dann der, der die besseren Berater hat und sich besser auskennt.

    Im Namen der Menschenwürde?

  • Ich glaube nicht, dass es ihr um die Erstellung einer Art juristisches "Triage-Handbuchs" geht, sondern einfach darum, nicht schon mal ganz grundsätzlich aussortiert zu werden, weil sie im Rollstuhl sitzt. Das hat ja tatsächlich was von der grausamen NS-Vorgangsweise, die gemäß ihrer Ideologie Menschen in lebenswertes und lebensunwertes Leben eingeteilt hatte.



    Deshalb finde ich es absolut boshaft, wenn hier immer wieder Kommentare zu lesen sind, die Frau Poser absichtlich falsch verstehen.



    Das sage ich als jemand der bei einer Triage eher auf der Seite der Glücklichen stehen würde bzw. bin ich auch niemand der grundsätzlich "woken" ist für jede Minderheit.



    Aber da geht es einfach nur um Menschlichkeit, traurig dass darüber überhaupt diskutiert werden muss.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Gerold Heinemaaks:

      Natürlich geht es Frau Poser um Rechte von Behinderten und eine Vermeidung von Benachteiligung. Aber nirgendwo steht geschrieben, dass Behinderte im Katastrophenfall von vornherein aussortiert werden. Die Ärzte entscheiden immer wer akut am ehesten Hilfe braucht. Wenn der Behinderte noch selbst in der Lage ist zu atmen, dann wird eben der Greis nebenan der nicht mehr atmen kann an die Maschine angeschlossen. Wenn nicht mehr genug Beatmungsplätze vorhanden sind, dann hat der , der zuletzt kommt weniger Chancen. Der Greis wird , wenn er auf dem Weg der Besserung ist , nicht zu Gunsten eines neuen Beatmungsfalles vom Apparat genommen. Falls keine Aussicht auf Besserung besteht wird mit den Angehörigen gesprochen und die Beatmung eingestellt. Dieses Vorgehen findet tagtäglich in sämtlichen Krankenhäusern der Republik statt. Wie im Katastrophenfall zu verfahren ist, kann man jederzeit in den Notfallplänen



      der Krankenhäuser oder z.b. bei den jeweiligen Gesundheitsbehörden des Landes googeln. Die Farbcodierung der Entscheider ist bundeseinheitlich geregelt. Insofern ist die Diskussion überflüssig, da nirgendwo von einer Selektion von Behinderten geschrieben oder gesprochen wird. Frau Poser möchte für sich und die Behinderten eine Sonderstellung einführen. Dies betrifft in Deutschland ca. 10% der Bevölkerung (Statistical geschätzt). Es würde keinem Arzt einfallen einen Behinderten auszuschließen. Anders sieht es bei Organtransplantationen aus , hier wird schon seit Jahrzehnten im Hinterstübchen entschieden, wer eine Niere, Leber, Herz oder Lunge bekommt. Allein nach der akuten Notwendigkeit und den besten Aussichten den Eingriff zu überleben. Frau Poser hätte hier eventuell schlechtere Aussichten. Die Gründe liegen auf der Hand. Es tut mir leid, aber jede Krankheit hat einen Verlauf und sterben müssen wir alle, also keine Sonderregelungen.

  • Politische Position/Teilnahme könnte hinzugezogen werden - sprich: Coronaleugner*innen, "Querdenker"-Demoteilnehmer*innen müssten sich hinten anstellen. Das funktionierte entlang Ursache-Konsequenz-Logik. Allerdings fehlte für viele jener wohl der Nachweis. Sie selbst würden es kaum zugeben, wenn sie in der Situation eines intensivmedizinischen Behandlungsbedarfes wären ...

    "Den Leuten ist klar, dass es zuerst die Alten und die Behinderten trifft. Und weil sie nicht betroffen sind, interessieren sie sich nicht dafür."



    Leider bedenken einige nicht, dass sie selbst älter werden und der größte Teil an Behinderungen und Erkrankungen im Laufe des Lebens erworben werden und auch sie treffen kann.

    • @Uranus:

      Und bei Behinderungen (durch Rauchen, Adipositas, Drogenkonsum, unfitter Lebensstil, ...) gilt dann nicht ihre imho gruselige "Ursache-Konsequenz-Logik" ?

  • Ein wichtiger Beitrag.

    Die ganzen Schwarz-Weiss Beispiele sind aber nicht hilfreich. Es geht nicht alt - jung, behindert - nicht behindert, gender oder was auch immer.

    Über die Grauabstufungen kann man aber auch nicht debattieren. Ist die Krankheit x lebensbedrohlicher als Zustand y? Was ist mit Kombinationen daraus? Es müsste ein hochkomplexes Punktesytem entwickelt werden, was jährlich erneuert werden müsste. Und wehe, man hat bei der Beurteilung eine Vorerkrankung vergessen.

    Man kann darüber debattieren, ob man first-come-first-serve, randomisierte Verfahren oder eine medizinische Beurteilung (ohne oben erwähnten Katalog) gesellschaftlich tragen möchte.

    First-come- first-serve ist natürlich auch problematisch, weil sich die Gesundheitslage stündlich ändern kann.

    Randomisiert ist ebenfalls problematisch, weil es nur objektiv funktioniert, wenn alle gleichzeitig ankommen. Oder soll man jemanden der das Roulette am Vortag gewonnen hat, aber nächsten Tag wieder in den Lostopf "legen"? Dann ist es beliebig unwahrscheinlich dass es einen Gewinner gibt.

    Es bleibt nur die medizinische Individualentscheidung.

  • Eine besonders wichtige medizinethische Grundsatzdiskussion - die Verfassungsklage finde ich gut.



    Gibt es Parallelen zur Sterbehilfe?



    als solidaritätsorientierter Mensch geht mit das Leben der Behinderten und der Gebrechlichen sehr wohl nahe.



    Triage:



    Als erstes die Frage nach Knappheit mit der Überwindung der Knappheit beantworten.



    Also mehr Organspenden, mehr Blutspenden, keine Privatisierung der Krankenversorgung mehr.



    Dann wer zuerst kommt, bekommt zuerst finde ich ist gerade die Aufhebung der Triage.



    Triage also am besten abschaffen.

    • @nzuli sana:

      "Als erstes die Frage nach Knappheit mit der Überwindung der Knappheit beantworten."



      Solange es nicht möglich ist Kapazitäten in unbeschränkter Höhe vorzuhalten wird es aber zwangsläufig immer Situationen geben in denen diese nicht Ausreichen und eine Entscheidung über ihre Verteilung unausweichlich wird. Und die Planung der vorgehaltenen Ressourcen - egal ob privatwirtschaftlich oder staatlich organisiert - wird sich wohl immer am 'normalen' Bedarf zuzüglich eines großzügigen Puffers orientieren, aber nicht an katastrophalen Szenarien. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass die Behandlungskapazitäten für explodierende Covid-Fallzahlen ebensowenig ausreichen, wie sie ausreichen würden um etwa einen Reaktorunfall oder gar die Folgen eines Atomkriegs reibungslos zu bewältigen.



      "Also mehr Organspenden, mehr Blutspenden"



      Das wäre zwar wünschenswert, lässt sich aber auch nicht erzwingen. Im Bundestag war ja nicht mal die Widerspruchslösung für Organspenden durchsetzbar.



      "Dann wer zuerst kommt, bekommt zuerst"



      Und wenn auf eine Station mit nur einem diensthabenden Arzt zuerst ein Beinbruch und drei Minuten später ein Herzinfarkt eingeliefert wird?



      "Triage also am besten abschaffen."



      Es scheint, dass sie das grundsätzliche Problem nicht verstanden haben. Triage ist ja nichts was irgendjemand will oder sich aussuchen würde, sondern etwas das bei nicht mehr ausreichenden Kapazitäten unvermeidbar ist und die Verweigerung in einer solchen Situation eine Entscheidung zu treffen ist faktisch eben doch eine und selten die beste.

  • Neben der Überlebenswahrscheinlichkeit sollte auch die erwartete Dauer der Behandlung (und damit Blockierung der Kapazitäten) und die Wahrscheinlichkeit des Überlebens ohne eine bestimmte Behandlung (oder anders gesagt, der Gewinn an Überlebenswahrscheinlichkeit) eine Rolle spielen.



    Beim "first come-first served" Prinzip bleiben schon recht hoffnungslose Fäle zu lange in Behandlung, und es würden in der Tendenz diejenigen bevorzugt, die sich unvorsichtig verhalten haben, und daher zuerst erkrankt sind.

  • Sehr geehrte Frau Poser und alle lieben KommentatorInnen hier,

    als tatsächliche Krankenhausärztin, die auch die Leitlinien kennt und im Gegensatz zu den meisten hier ggf. anwenden muss, stimme ich Ihnen vollumfänglich zu.



    Triage mit Ansage ist etwas komplett anderes als ein Massenanfall von Verletzten. Hier sind offenbar fast alle in der Gruppe, die sich in der Priorisierung keine Sorgen machen müssen. Frau Poser und viele andere Menschen mit Behinderung müssen seit Monaten hilflos dabei zusehen, wie Teile der Bevölkerung überhaupt erst für Fallzahlen sorgen, die Triage Thema werden lassen, in dem Wissen, dass die aktuellen Leitlinien sie ggf. umbringen.



    Das möchte ich herzlich bitten, einmal nachzuführen. Und natürlich werden die meisten Ärzt*innen nach der Leitlinie handeln, damit sie ebenfalls die moralische Verantwortung nicht alleine schultern und nachts schlafen können nach so einer Entscheidung.

    Hier ist wieder systematische Diskriminierung von Menschen mit Behinderung gegeben.



    Und als Ärztin, die ggf. die Entscheidung trifft, möchte ich allen, die die aktuellen Leitlinien wohlwollend in u.a. meinem Namen rechtfertigen, sagen:



    Ich kann nicht ruhig schlafen, wenn ich sehe, dass Monate vorab für Menschen mit Behinderung klar ist, dass sie mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit keine Maximaltherapie erhalten als andere. Ich möchte nochmal betonen, dass diese Situation vermeidbar ist und es schon immer gewesen ist.

    Und die Impfreihenfolge ist selbstverständlich ebenfalls zu kritieren. Wenn Altersgruppen pauschal ohne Berücksichtigung des indiviuellen Risikoprofils vor jüngeren Menschen mit höherem Risiko für einen schweren Verlauf zuerst geimpft werden, löst es bei letzteren Angst und Frust aus. Zurecht. Natürlich stoßen wir auch bei Alternativen an die Grenzen der Umsetzbarkeit.

    Aber alles in allem aus einer ärztlichen Perspektive: Danke für diesen Artikel. Und alles Gute an Frau Poser.

    • 9G
      97075 (Profil gelöscht)
      @LiSoAh:

      Liebe Kollegin Lisoah,



      ich würde vorschlagen, dass Sie die Leitlinien nochmal lesen. Falls Sie meinen diese zu kennen kann es nur am mangelnden Verständnis liegen. Ich kann da z.B. auf die hervorragenden und sehr sachlichen Kommentare von Ingo Bernable verweisen. (heißt es im DIVI-Leitfaden explizit: "Eine Priorisierung ist aufgrund des Gleichheitsgebots

      - nicht vertretbar nur innerhalb der Gruppe der COVID-19-Erkrankten

      - und nicht zulässig aufgrund des kalendarischen Alters, aufgrund sozialer Merkmale oder aufgrund bestimmter Grunderkrankungen oder Behinderungen." (www.divi.de/joomla...ung-version-2.pdf)



      Ansonsten:



      Triage mit Ansage gibt es nicht.



      Ich würde nach schweren medizinischen Entscheidungen sicher nicht besser schlafen, nur weil ein Gesetz da ist.

  • 0G
    08630 (Profil gelöscht)

    „Die Leitlinien der Mediziner:innen“ sind wie der Name sagt Leitlinien, mehr nicht. Wenn es um Triade geht, ist jede Entscheidung eine individuelle Entscheidung, in welche eine Menge „Fakten“ einfließen. Normalerweise ist dies eine Teamentscheidung, wie bei vielen anderen intensivmedizinischen Entscheidungen. Das Ergebnis ist nie sicher voraussagbar. Ich erinnere mic an einen Patienten bei dem nach langen Überlegungen die Entscheidung über eine weitere medikamentöse Behandlung zur Beendigung der Medikamentengabe getätigt wurde. Allen Erwartungen widersprechend erholte sich der Patient und konnte am Ende die Intensivstation verlassen. Es werden und können immer nur individuelle Entscheidungen sein, und Leitlinien können immer nur zur groben Orientierung dienen, aber keine gesetzliche Regelung wäre da wirklich hilfreich, sie wäre als rigide Vorgabe vornehmlich Einschränkend und kann niemals der individuellen Situation gerecht werden. Wir werden damit leben müssen in solchen Situationen auf unsere Behandler*innen zu vertrauen.

    • @08630 (Profil gelöscht):

      Danke. Besser ist die reale Problemlage nicht zu beschreiben.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    ein sehr erhellendes gespräch!



    in einer behandlungs-notlage sind randomisierung oder prioritätsprinzip wohl die einzig ethisch vertretbaren, grundgesetzkonformen lösungsansätze.



    darüber sollte die gesellschaft entscheiden, bevor ärzte notgedrungen dazu gezwungen sind.

    • @90118 (Profil gelöscht):

      Meinen Sie wirklich, dass der Zufall (Prioritätsprinzip ist effektiv auch Randominiserung) besser als Ärzte die Entscheidung darüber treffen kann, wie man begrenzte, aber Leben rettende(!) Ressourcen bestmöglich einsetzen sollte?

      Ist Ihnen klar, welche "Kollateralschäden" eine so rücksichtslose Übergewichtung des Gerechtigkeitsgedankens verursachen würde? Und dass es bei der Einführung des Zufallsprinzips eigentlich nur darum ginge, den ethisch problematischen Entscheidungsprozess soweit zu automatisieren, dass am Ende bloß keiner "schuld" ist, wenn jemand unbehandelt stirbt?

      Mir graut's ein wenig.

      • @Normalo:

        Naja, falls ich Die richtig verstanden habe, Stimme ich gerne zu. Was mir innerhalb der gesamten Diskussion hier fehlt ist das konkrete in das Verhältnis setzen der Triage, oder deren Unterlassen, mit den Parametern der vorzufinden den Ressourcen und des bestehenden wissenschaftlichen Fortschritts. In Beiträgen von Kommentatoren hier wird mE unsachgemäß vorausgesetzt, dass Triage erforderlich sei und dabei der einem selbst liebe bejahende Einzelfall herbeikonstruiert.

  • Ich möchte mich in dem Beitrag an die liebe Richterin wenden. Zunächst haben sie das Leid derzeit in unseren Krankenhäusern mit großer Wahrscheinlichkeit nicht selbst erlebt. Sie sind auch kein Arzt. Ich weiß nicht, ob es in Zittau (siehe jener Artikel) schon dazu kommen musste. Ich kenne es auch nicht von eigenem Erleben, aber auch ich wäre in einer entsprechenden Situation bei den weniger Bevorzugten.

    Ich habe einen befreundeten Arzt aus dem Süden Italiens, der im Frühling freiwillig in einer Klinik in der Gegend Brescias Dienst tat. Über Unzulänglichkeiten, die zuvor in der Ausrüstung der Kliniken und im Personalbestand gemacht wurden, sei hier nicht diskutiert.

    Er arbeitete 15 bis 16 Stunden am Tag und fiel dann weinend ins Bett. So hatte er sich einst den Beruf as Arzt nicht vorgestellt. Es ist ein Mann, den ich mir eher nicht weinend vorstellen konnte. Aber er wollte und musste einfach funktionieren.

    Öfters gab es eine Situation, wo mehrere Patienten eingeliefert wurden. Es war vom Platz und vom Personal einfach nicht möglich, alle zu behandeln. Es blieb nichts anderes übrig, als die 'Überzähligen' auf den Flur zu schieben und dort sterben zu lassen.

    So Frau Richter: Was bezwecken sie m it ihrem Protest, wenn die Leute, die sich eventuell mit solchen Situationen konfrontiert sehen, vorher sich über richtiges Verhalten dabei verständigen?

    Ich weiß nur, dass viele der Ärzte, die damals so konfrontiert waren, meinen, dass kein Außenstehender darüber entscheiden sollte: Kein Politiker und erst recht kein Richter! Das gilt mindestens solange, wie nicht irgendwelche kriminelle Fakten vorhanden sind - wie das etwa bei den Nazi-Verbrechern der Fall war.

    Wollen sie einen Katalog mit 100.000 Fällen aufstellen? Wollen sie als bevorzugte Person gelistet werden? Lassen sie bitte solche situativen Entscheidungen bei den Ärzten, die solche bestimmt nicht gerne treffen.

  • 0G
    08630 (Profil gelöscht)

    Was macht den Wert eines Lebens aus?



    Gibt es da Unterschiede?



    Woran soll ich das messen?



    Und welche Kriterien soll ich zugrunde legen? Hat ein Vorbestrafter weniger Rechte? Ist das Leben eines Politikers mehr Wert als eines Gärtners? Haben jüngere Menschen Vorfahrt vor älteren Menschen? Triade ist ethisch sicher nicht vertretbar.

  • Triage kommt infrage bei Massenanfall von Verletzten/ Erkrankten.



    Praktiziert werden in den Notaufnahmen idR bis zu 6 stufige Vorgehensweisen zur Festlegung der Behandlungspriorität.



    Das Herunterbrechen auf binäre Betrachtungsweisen (alt - jung / gesund - krank) bringt nicht weiter.

    Eine der größten Katastrophen in D war der ICE-Unfall von Eschede mit 101 Toten und 88 Schwerverletzten.



    Ein juristisches Triage-"Gesetz" müßte also alle denkbaren Natur- und sonstige katastrophen und Unfälle sowie alle individuellen Fallkonstellationen der Verletzten/Erkrankten beinhalten.



    Kann man ohne Weiteres erkennen ---> geht nicht (Wie dick soll das Triage-Handbuch sein und in welcher Zeit soll Hilfe geleistet werden ?)

    Frau Richterin würde auch bei einem Verkehrsunfall mit 6 Schwerverletzten, 1 KTW und 1 Heli vor Ort der "normalen" Triage unterliegen.

  • So wie ich die meisten Kommentare hier wahrnehme plädieren hier viele für eine diskriminierende Triage in der Hoffnung es könnten so mehr Menschenleben gerettet werden. Zum Einen ist die Frage, ob sich die Hoffnung überhaupt erfüllen würde. Zum Anderen hat eine demokratische Gesellschaft und damit auch ihre Medizin nicht die Aufgabe einfach möglichst viele Menschenleben zu retten sondern sie hat die Aufgabe möglichst viele Menschenleben zu retten und dabei alle Menschen gleich zu behandeln im Sinne seiner Verfassung, die zum Beispiel eine Benachteiligung aufgrund einer Behinderung verbiete. In einer faschistischen Diktatur, die sowieso nach sinnvollem und sinnlosem Leben unterscheidet, wäre das etwas anderes, aber in der Leben wir ja nun bisher nicht.

    • @LesMankov:

      Nur sind die von ihnen formulierten Ziele möglichst viele zu retten und alle gleich zu behandeln unter der Bedingung der Ressourcenknappheit eben uU nicht mehr miteinander vereinbar. Wenn 100 Patienten um 99 Beatmungsgeräte konkurrieren wäre die einzige Möglichkeit der Gleichbehandlung allen 100 die Beatmung vorzuenthalten. Das wäre nicht Demokratie sondern Massenmord.

      • @Ingo Bernable:

        Das schweizer Modell. Sehr erhellend ist die aktuelle Jung und Naiv-Folge dazu mit der Chefin des Ethikrates.

      • @Ingo Bernable:

        Lesmankov hat in seinem Kommentar eine klare Hierarchisierung vorgenommen.

        Zuerst alle gleich behandeln, dann erst möglichst viele retten.

        • @Sonntagssegler:

          Wenn man in einer Situation unzureichender Ressourcen (und Triage findet in solchen und *nur* solchen Situationen statt) "alle gleich" behandelt, sterben im Extremfall auch alle.

          Mit 99% eines Beatmungsgeräts wird niemand gerettet.

          Es sind einfach wohlstandsverwahrloste Schwachsinnsdiskussionen einer bis zum völligen Realitätsverlust durchsaturierten Gesellschaft. Aber keine Sorge, dass es von irgendwelchen überlebenswichtigen Ressourcen nicht genug für alle gibt, wird in der näheren Zukunft ein konstantes Hintergrundrauschen sein. Spätestens in 1-2 Generationen sind auch wir Westler auf Lebensgröße zurechtgestutzt.



          Wir hätten ja bereits jetzt eine Chance, es zu lernen, aber wir weigern uns (als Gesellschaft; individuelle Ausnahmen gibt es durchaus) weiterhin hartnäckig, und debattieren über den gerechten Einsatz von Beatmungsgeräten und Pflegepersonal, die in der wirklichen Welt schlicht und einfach NICHT EXISTIEREN.



          Denn wenn sie existieren würden, würde niemand das Wort "Triage" offen aussprechen, weil alle Behandlungsbedürftigen auch behandelt werden können.

  • "Für mich kommt da nur das Prioritätsprinzip infrage: Wer zuerst kommt, bekommt den Platz."

    Also wir sortieren nicht nach Notwendigkeit, sondern nach zeitlichem Ablauf.

    lol, und sowas ist Richterin...

    • @Fabian Wetzel:

      (......lol, und sowas ist Richterin...)

      ,ich weiss nicht, wa dieser Nachsatz soll.

      Die Autorin hat doch gar keinen Vorschlqag gemacht wie triagiert werden soll.

      Sie hat lediglich, meiner Meinung nach zu recht, dargestellt, dass die von der Ärzteschaft vorgetrgene Art eben nicht verfassungsgemäss ist und deshalb, ihrer Ansicht nach, nicht angewendet werden kann.

      Sie fordert eine gesetzliche Grundlage die rechtlich kontrollierbar sein muss.



      Und nicht eine Regelung durch Standesorganisationen, dann aber die Gesellschaft als ganzes bindende Durchführung.

      Ähnliches hat die Standesorganisation auch in Bezug auf Sterbehilfe gemacht.



      Regeln erlassen, die zumindest die Ärzteberufsrechtlich binden, die andererseits zwangsweise dort organisiert sind.

      Sie fordert transparente hinterfragbare Lösungen für ein, nicht befriedigend lösbares Problem.

      Eventuell wäre sogar das Losverfhren gerechter, um es provokativ auszudrücken.

      • @Friderike Graebert:

        "Die Autorin hat doch gar keinen Vorschlqag gemacht wie triagiert werden soll."

        Eben doch, nämlich gar nicht. Stattdessen soll aus ihrer Sicht die Vergabe nur nach Zufallsprinzip (also Zeitpunkt des Eintreffens oder Los) erfolgen. Das war der exakte Aussage in dem Zitat.

    • @Fabian Wetzel:

      Sie verwecheln die Notwendigkeit zu entscheiden mit der Art und Weise, wie die Entscheidung getroffen wird.

  • Triage ist nur ethisch verantwortbar in unüberschaubaren Kriegswirren oder bei Katastrophen bei Massenunfällen mit zu viel Opfern und komplett überforderten Helfern (Ärzten/Ärztinnen Sanitätern/innen)



    Die Corona-Pandemie hat nicht schlagartig zu einer obengenannten Katastrophe geführt. Es ist die sehr wenig vorausschauende Politik die die Dinge auf sich zu treiben ließ ohne ausreichend personelle und materielle Reserven frühzeitig für einen solchen Fall zu planen und zügig um zu setzen.



    Zeit war ab der ersten Welle ausreichend vorhanden. Eine Administration die weder taktisch noch strategisch handlungsfähig ist, darf jetzt das Wort "Triage" in den Mund nehmen.

    • @Friedrich Spee:

      Sie wollen also das ganz real vorhandene Problem lösen, indem Sie nachweisen, dass es eigentlich gar nicht hätte auftreten dürfen. Ich bin völlig von den Socken. Wenn Sie das auch noch mit Krieg, Armut und Klimawandel hinkriegen, liegt vor uns nur noch das Paradies.

      [/Sarkasmus]

  • Die Forderung von Frau Poser, so berechtigt ihre Bedenken gegen die pauschale Diskriminierung bestimmter Patientengruppen sind, schüttet aus meiner Sicht das Kind mit dem Bade aus. Es sollte in der Medizin schon darum gehen, möglichst viele Leben zu retten. Und wie das klappen kann, wird in den allermeisten Fällen ein Arzt DEUTLICH besser beurteilen können als Captain Zufall. Warum also ihm so komplett die Zügel in die Hand geben? Weil es "gerechter" ist, wenn mehr Menschen als nötig sterben müssen, dafür aber von der Lotterie des Lebens ausgeloste? Hauptsache, keiner macht sich die Hände schmutzig?

    So kann die beste Lösung nicht aussehen. Das Problem ist doch auch eigentlich nicht die Zielsetzung, sondern dass es auf dem Weg dahin zu Diskriminierungen kommt, wenn die Empfehlungen zur Triage, an denen Frau Poser Anstoß nimmt, in blindem Gehorsam als verbindliche Regeln behandelt werden. Das sind sie aber nicht!

    An der Stelle kann man ansetzen: Mit den Empfehlungen sollte gleichzeitig klargestellt werden, dass ihre sklavische Anwendung nicht vor ahndbaren Fehlentscheidungen schützt sondern im Gegenteil selbst ein Ermessensfehler ist. Umgekehrt muss betont werden, dass ein Arzt, der nach bestem Wissen und Gewissen entgegen den Empfehlungen entscheidet, seinen Job GENAU RICHTIG macht. Die Rettungschancen im Einzelfall sollten den Ausschlag geben und sonst garnichts.

    Vielleicht sollten Juristen und Ethiker auch mal die Ärzte fragen. Die haben auch eine Würde, und es ist ihr Gewissen, auf dem wir Alle hier herumtrampeln. SIE müssen am Ende mit den Leichensäcken leben, die ihre Entscheidungen nach sich ziehen. Ich habe Zweifel, dass sie die deshalb von einem Prioritäts- oder Zufallsprinzip abgenommen bekommen möchten. Ein gewissenhafter Arzt wird möglicherweise eher mit einer schweren Entscheidung leben wollen, die er zu treffen hatte, als mit einer, die ihn zwar rechtlich aus der Verantwortung nimmt, aber Menschenleben kostet.

    • @Normalo:

      Sie haben es nicht verstanden!Wo steht denn, dass der Arzt hier keinen Ermessensspielraum mehr hat? Im Falle, dass beide, Behinderte und nicht Behinderte dieselbe Überlebenschance haben, darf auf keinen Fall das Kriterium "behindert" oder nicht entscheiden! In den Fall entscheidet am besten der Würfel oder wer zuerst da war!

      • @Heinrich200:

        Ich glaube nicht, dass ich Frau Poser falsch verstanden habe. Sie fordert, die Triage nach ärztlicher Einschätzung der Überlebenschancen komplett durch das Prioritätsprinzip oder ein Losverfahren zu ersetzen, nicht nur in Fällen mit gleicher Uberlebenschance. Denn sie sieht in den Kriterien der Triage eine GENERELLE Diskriminierungstendenz gegen Behinderte und Alte. Fälle mit wirklich gleichen Chancen, die auch noch im selben kurzen Zeitfenster (Freiwerden eines Intensivbettes bis Neubelegung) und im gleichen Einzugsgebiet eintreffen, dürften ohnehin eine totale Rarität sein.

  • Triage ist immer furchtbar, aber nach dem Prinzip "Wer zuerst kommt mahlt zuerst" zu verfahren ist noch schlimmer.



    Der Hundertjährige mit chronischer Lungenkrankheit soll das Intensivbett vor dem jungen Famillienvater bekommen nur weil er fünf Minurten eher eingeliefert wurde?



    Nein, auf gar keinen Fall. Es tut mir leid für jeden Betroffene, der bei einer Triage schlechte Karten hat aber es muß Entscheidungskriterien geben.

    • @Suchender:

      Immer diese Extrembeispiele. Wie sieht denn ihr konstruktiver Vorschlag bei nem 40jährigen Vater und einer 35jährigen Mutter aus? Eris im Büro, adipös, aber gut verdienen, sie Teilzeit bei Ede K. an der Kasse. Beide rauchen. Und nun??

      • @Ano Nym:

        Jedes System muß sich an den Extremen beurteilen lassen. Bei Gleichaltrigkeit und gleichen Überlebenschancen sollte derjenige Patient den Platz bekommen der zuerst da war.

    • @Suchender:

      Warum nicht?

      • @Heinrich200:

        Weil dann im Zweifel BEIDE das Krankenhaus nicht mehr lebendig verlassen.

    • @Suchender:

      Könnten sie das nicht einfach mal begründen?

      Und danach mal den Grundsatz ansehen: "Alle Menschen sind gleich".

      • @Sonntagssegler:

        Beide würden in dem Fall sterben, das ist der leicht erkennbare Grund zur Verneinung der Idee.

  • Verfassungsklagen sind immer gut, wenn sie zur Klarheit beitragen. Ich persönlich halte die Bedenken von Frau Poser für durchaus nachvollziehbar, aber letztlich unbegründet. Behinderte werden im Falle einer Triage nicht anders behandelt als Nichtbehinderte - und das ist auch gut so.

    btw.: Mit „survival of the fittest“ meinte Darwin „das Überleben der am besten angepassten Individuen“. Das ist in der Evolution keineswegs immer „der Stärkere“ gewesen.

    • @Rainer B.:

      "Behinderte werden im Falle einer Triage nicht anders behandelt als Nichtbehinderte..." Genau das ist so nicht stimmig. Ja, tatsächlich heisst es, dass behinderte Menschen nicht anders angesehen werden dürfen als nichtbehinderte. So weit, so korrekt. Befasst man sich jedoch etwas tiefer damit, werden zum Beispiel mulditmorbide Menschen als Menschen mit schlechten Überlebenschancen eingeordnet. Das trifft jedoch auf einen Grossteil behinderter Menschen zu. Die Gebrechlichkeitsdefinition sagt damit das Gegenteil von dem, was der Gleichheitsgrundsatz aussagt.

      Und genau diese "Unsauberkeit" in der Regelung stellt Frau Poser zu Recht in den Raum.

      • @Lesebrille:

        Es gibt sehr viele Behinderte, die topfit sind und beste Voraussetzungen mitbringen, Covid-19 zu überstehen. Und daneben gibt es sehr viele Nichtbehinderte, die körperlich so dermaßen kaputt sind, dass sie mit Covid-19 praktisch keine Chance mehr haben. Eine „Unsauberkeit“ liegt da lediglich bei der Definition von behindert und nichtbehindert.

  • Frauen und Kinder zuerst. Oder gibt es das heute nicht mehr?

    • @Gaston:

      Mit den Kindern bin ich einverstanden.



      Mit den Frauen nicht. Diese drängen doch immer und überall auf Gleichbehandlung. Ergo in einem solchen Fall auch keine Bevorzugung !



      P:S: ich bin selbst Frau !

      • @s. weingasi:

        "Mit den Kindern bin ich einverstanden."



        Dazu die DIVI-Empfehlungen:



        "Eine Priorisierung ist aufgrund des Gleichheitsgebots [...] nicht zulässig aufgrund des kalendarischen Alters [...]"



        www.divi.de/joomla...lung-version-2.pdf

  • DA

    Leider findet die Menschenwürde



    da ihre Grenze,



    wo es um die



    Nützlichkeit geht.

    Genau DA liegt der Denkfehler.



    ...

  • Nur um es noch einmal deutlich zu sagen:Die Triage bezieht sich ausschließlich auf gleichzeitig eintreffende Patienten, der Abbruch einer Behandlung weil jemand mit besseren Chancen daherkommt steht nicht zur Diskussion. Da hat der später kommende dann leider das Nachsehen. Außerdem wird in der Leitlinie nur auf die Überlebenswahrscheinlichkeit geguckt, nicht auf die Lebensqualität nach Überleben - das würde wahrscheinlich in der Tat zur Diskriminierung von Alten und Behinderten führen. Insgesamt halte ich die Leitlinie für sehr gelungen, da sie mir zeigt wie ich in einer Situation, in der unsere Intensivkapazitäten erschöpft sind handeln soll - das große Manko nahezu aller anderen Äußerungen irgendwelcher Verbände besteht darin, dass sie nur sagen: „So aber nicht!“ Das hilft mir leider nur bei der Entscheidungsfindung nicht weiter.



    Trotzdem hoffe ich, dass Frau Poser Erfolg hat und eine durch den Bundestag diskutierte gesetzliche Regelung erzwingt. Denn sie hat Recht, dass man aufgrund einer medizinischen Leitlinie kein Recht einklagen kann. Ich kann aber sehr wohl von Hinterbliebenen verklagt werden, da die Situation anscheinend alles andere als eindeutig ist. Und der Tipp den ein italienischer Staatsanwalt dem leitenden Arzt in Bergamo gab, einfach keine Triage zu dokumentieren mag juristisch weniger angreifbar sein, hat aber einen extrem üblen Beigeschmack...

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Weiß nicht. Alle meine Kollegen fahren jetzt zu ihren Eltern.



    Damit ist absehbar, dass das System nach Weihnachten zusammenbricht.

    Und dann sollen die Behinderten dran glauben?

  • Die gerechte Aufteilung begrenzter Behandlungsmöglichkeiten möchte kein Mediziner umsetzen müssen. Daher finde ich Begriffsakrobatik gegenüber den behandelnden Medizinern verletzend. Ein wichtiger Ansatz besteht zB darin die Möglichkeiten zu nutzen um möglichst viele Menschen zu retten. Dazu kommt auch die Unterscheidung,nur die zu behandeln, die eine reele Chance zum Überleben der Krankheit haben. In beiden Aspekten kann ich erst einmal nicht erkennen, das ein Kranker direkt ausgeschlossen ist.

    • @jogi19:

      Die Begriffsakrobatik findet aber nicht gegenüber den behandelnden Medizinern statt. Sie adressiert die theoretisch festgelegten Richtlinien. Dass diese möglichst gerecht und juristisch feuerfest sind, liegt auch im zentralen Interesse der Mediziner, die sie schlimmstenfalls anwenden müssen.

    • @jogi19:

      Das Problem, das Frau Poser anspricht, ist der derzeitige Versuch, dieses Ziel, möglichst viele Menschen zu retten, in objektive Entscheidungskriterien zu gießen - wie eben, ob jemand generell einen angeschlagenen Gesundheitszustand hat, was dann wieder daran festgemacht wird, ob er z. B. Gehhilfen benötigt. Derartige Schablonen führen zu Entscheidungen, die das Ziel verfehlen. So kann eben ein eigentlich gut zu rettender Patient aufgrund einer Gehbehinderung (die sich nicht notwendigerweise auf seine Überlebenschancen niederschlägt) zugunsten eines Anderen, der eigentlich weniger Heilungschancen hat, aber irgendwie durch das Raster der "harten" Kriterien rutscht, zurückgestellt werden. Womöglich sterben dann beide und der gehbehinterte Patient sowieso. Insoweit hat sie Recht: Solche Schablonen diskriminieren pauschal (in dem Fall Alte und Behinderte), und das lässt die Verfassung gerade in Fragen um Leben und Tod nicht zu.

      Eine andere Frage ist, ob das die ursprüngliche Zielsetzung, vor allem möglichst viele Patienten zu retten, aushebeln darf. Denn das würde natürlich eine nur auf Klarheit - und damit eine nominelle "Gerechtigkeit" - zielende Umstellung auf Prioritäts- oder Zufallsprinzip bedeuten. Da würde ich verneinen. Verbesserungen an den Triage-Kriterien - inbesondere eine stärkere Betonung ihrer Unverbindlichkeit und der Legitimität der Sachentscheidung des Arztes im Einzelfall - könnten insofern deutlich mehr bringen.

  • 9G
    97075 (Profil gelöscht)

    Frau Poser ist Juristin. Das merkt man deutlich. Was Triage ist habe ich und andere (ärztlich, pflegerisch Ausgebildete) mehrfach erklärt, auch wenn es z.B. Forist Lesebrille nicht verstehen will.



    Wenn Fr. Poser mit ihrer Erkrankung "Spinale Muskelatrophie", von der sie scheinbar ein mildere Verlaufsform mit nur wenig eingeschränkter Lebensdauer und -qualität hat in die Klinik muss und mit einem gleich alten Raucher ( oder auch Nichtraucher ) mit schwerst eingeschränkter Lungenfunktion um einen - für beide geeigneten Therapieplatz- konkurriert und der andere, nicht behinderte Patient schlechter Erfolgsaussichten hat bekommt nach den Regeln der Triage Fr. Poser den Platz. Behinderung spielt überhaupt keine Rolle.



    Es geht um GEBRECHLICHKEIT. Fr Poser ist PARALYMPICSTEILNEHMERIN.



    Das kann ich als eigenverantwortlicher Arzt sehr wohl im Rahmen der Leitlinien ( DIE NICHT BINDEND SIND) entscheiden. Und das gehört zu meinem Job.



    Falls die o.g. Leitlinien jedoch in ein Gesetz gegossen werden -und an was sollen sich den Politiker sonst orientieren- dann hat Fr. Poser im schlimmsten Fall das erreicht was sie zu vermeiden suchte... Gratulation.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Bei der Triage geht es ja nicht nur um Behinderung sie kommt ja aus dem Krieg wenn die Lazarete geflutet wurden mit Verwundeten. Heute wenn man einen Patienten hat der alt ist, ein junger der zu lange wartete und jetzt schon einen sehr schweren Verlauf hat, werden die auch benachteiligt gegenüber einem der gute Chancen hat. Das ist nicht gerecht, aber die Menschen zu retten bei denen man die besten Chancen hat ist die Vorgehensweise die die meiste Zustimmung findet.

    Es gibt hier kein richtig oder falsch jede Entscheidung ist unmoralisch, Moral scheitert nunmal an der Wirklichkeit. Es gibt nur nützliche Entscheidungen, der ultimativ kalte und menschenverachtende Weg, der mit den meisten Chancen kriegt die Behandlung, für den Rest sollte es ein Anrecht auf eine Überdosis Schmerzmittel geben das würde ich bevorzugen, nach einem leichten Verlauf von Corona, ging es mir beschissen einen schweren tue ich mir nicht an.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Ich kam sie leider nicht verstehen!

  • Die Impfreihenfolge mit der Triage in einen Hut zu werfen, ist meiner Meinung nach dann doch völlig daneben. Es ist ja nicht so, dass jeder, der nicht geimpft ist, sterben muss.

    Ich glaube, dass die meisten Menschen sich in punkto Triage-Regeln etc. nicht 100%ig auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Jeder, den man einfach mal so fragt, hat eine Vorstellung davon, wer zuerst "gerettet" werden sollte. Geradezu sprichwörtlich ist ja schon der Schiffsunglücksspruch "Kinder und Frauen zuerst". Bamm, grundgesetzwidrig. Ich gebe zu, dass ich auch eher dazu tendiere, möglichst viele Menschen retten zu wollen.



    Wenn man es allerdings ganz sauber haben möchte, war in Sachen Triage mein erster Gedanke lange vor diesem Artikel so wie der der Richterin: wer zuerst kommt, bekommt den Platz.



    Alles andere wäre ja auch absurd. Man stelle sich vor, jemand hängt bereits am Beatmungsgerät und dann kommt jemand rein, der nach den Regeln "mehr Aspruch" darauf hat. Wird dann der erste vom Gerät genommen?

  • Ich stimme Frau Poser zu, dass es ein Gesetz braucht, in dem die Leitlinien festgelegt werden.

    In den anderen Punkten, nicht auf die Überlebenswahrscheinlichkeit abzustellen, halte ich für falsch und für (eigen)interessengeleitet. Für ein objektives Gesetz sollten aber persönliche Befindlichkeiten raus kommen. Indirekt klingt in dem von ihr gewählten Vergleich mit dem Raucher auch an, dass dieser (obwohl selbst schuld) gerettet wird und sie (die nichts für die Behinderung kann) nicht. Selbstverständlich können wir auch das "Schuld" -Prinzip wählen, ob das gerechter ist, wage ich zu bezweifeln. Und first come, first serve ist auch "ungerecht", wenn mein Krankenwagen, da ich auf dem Land wohne 10 Minuten später ankommt als der Krankenwagen des Stadtbewohners.

    Ungerecht ist im Übrigen das falsche Wort. Unbefriedigend trifft es besser. Gerecht ist eine Sache, wenn Regeln aufgestellt werden und die gelten für alle. Und (ein andere Forist schrieb es bereits) bei der Wahrscheinlichkeit kann es uns alle treffen. Wenn ein gesunder Mensch einen schweren Unfall hat, ist er schnell schlechter dran als ein behinderter Mensch.

    • @Strolch:

      Es geht nicht um eine Selbstverschuldung, sondern um die Schwere des Verlaufs. Wir wissen heute, dass Raucher*innen i.d.R. einen schwereren Verlauf haben.

      • @Lesebrille:

        Das mit dem schweren Verlauf ist mir bewusst. Deswegen ja hier der Vorwurf: Selber Schuld. Das sagt Frau Pose nicht ausdrücklich. Ich lese es aber so zwischen den Zeilen.

    • @Strolch:

      "Ich stimme Frau Poser zu, dass es ein Gesetz braucht, in dem die Leitlinien festgelegt werden."



      Abgesehen davon, dass ein so ein Gesetzgebungsverfahren sich wohl so lange hinziehen dürfte, dass es für die aktuelle Krise keine Rolle mehr spielt (man erinnere sich an die Gesetzgebung zu PID, Sterbehilfe oder dem Abtreibungsrecht), wäre auch zu befürchten, dass eine gesetzliche Regelung in Grenzfällen Entscheidungen erzwingt die nach allen menschlichen und ethischen Gesichtspunkten falsch sind und die Ärzte dann dazu nötigt illegal oder unmoralisch zu handeln.



      So verständlich der Wunsch derjenigen die im Zweifelsfall eine so schwere Entscheidung treffen müssen danach die Verantwortung dafür delegieren zu können auch ist, ein Gesetz wird in seinen Antworten immer schablonenhaft sein und ist deshalb die falsche Lösung für das Problem und Leitlinien auf Empfehlungsbasis gibt es bereits.

  • Es wird Zeit, dass der Bundestag die Zügel anzieht und das handeln der Regierungen besser in seine Kontrolle nimmt. Das trifft die entschneidenden Fragen, wer sterben und wer überleben soll, aber auch solche geschichten das der Gesundheitsminister eine halbe Milliarde für seine chaotische Maskenverteilung aus einem fremdem Topf nimmt, ohne fragen zu müssen. Eine halbe Milliarde! Mit der halben Milliarde aus der Mautpleite beschäftigt sich sogar ein Untersuchungsausschuss. Zu Recht.

    • @Wondraschek:

      Bezug zur Fragestellung?

  • Viel Geschwafel um ebenso viel (menschlich nachvollziehbaren) Egoismus. Frau Richterin darf gerne sagen, dass sie im Fall des Falles, unabhängig von ihren Chancen, gerettet werden will, auch wenn es einen anderen das Leben kostet. Nur das Ganze dann hinter der Menschenwürde zu verstecken ist unredlich. Das Ergebnis Ihrer Vorschläge sind im schlimmsten Fall Tausende Tote mehr als notwendig.

    • @Samvim:

      Danke, das dachte ich mir auch.

  • 0G
    01022 (Profil gelöscht)

    Den Euphemismus "triage" ("Sortierung") finde ich unpassend und nach diesem Interview scheint es mir wohl eher "tirage" (Ziehung (der Lottozahlen)) zu sein.

    • @01022 (Profil gelöscht):

      Der Begriff entstand in den frühneuzeitlichen Militär-Lazaretten und war da eben genau das: die Sortierung der Eingelieferten entlang der Frage wem noch zu helfen war und wer ohnehin sterben würde. Diesen Schrecken klar zu benenen finde ich absolut nicht euphemistisch.

  • Kriterien zu definieren kommt dem Versuch der Quadratur des Kreises gleich.



    Egal, wie man es macht, man macht es falsch.

    Vielleicht muss im Falle einer schwerwiegenden Covid-Erkrankung die Frage gestellt werden:



    Was haben Sie getan, um sich vor einer Ansteckung zu schützen? Welche Möglichkeiten hatten Sie, haben Sie diese umfänglich genutzt…..?



    Wenn eine alte Person durch Unverschulden an Covid erkrankt ist (z.B. durch die Nachlässigkeit des Pflegeheims: Man ist dem Ganzen ausgeliefert; oder ein Lehrer, der von einem Schüler angesteckt wird; oder der Beschäftigte im Einzelhandel….), ist es doch etwas anderes, als wenn jemand das Tragen einer Maske vernachlässigt, im Alltag andere Personen mit Umarmung oder Handschlag begrüßt, zu mehreren sich privat in einem Raum aufhält etc.

    Nehmen wir an: Ein Mensch mit Behinderung erkrankt ohne Selbstverschulden an Covid, hat aber alles unternommen, um sich zu schützen. Im Nachbarzimmer der Klinik liegt ein 25jähriger Mensch, der sich auf einer Party angesteckt hat; daneben ein älterer Mensch, der jetzt an Weihnachten durch die Enkelin, die zu Besuch ist, angesteckt wird. Warum stellt man nicht die Frage nach dem eigenen Verschulden/nach der Verantwortung?



    Warum muss ich „bestraft“ werden, wenn andere für meine Situation verantwortlich sind? Warum muss ich „belohnt“ werden, obwohl ich leichtsinnig bis grob fahrlässig gehandelt habe?

    Ich weiß, auch dieser Ansatz schafft keine absoluten Klarheiten, stiftet Irritation. In der konkreten Situation einen Fragekatalog zum Alltagsleben zu beantworten ist nicht realisierbar und vielleicht auch nicht realistisch. Aber warum denkt man nicht in diese Richtung weiter? Man müsste den Menschen klar und lange kommunizieren, dass die Entscheidung, ob man eine bestimmte Behandlung vorrangig bekommt oder nicht, von der dem Grad der Eigenverantwortung vor der Erkrankung abhängig gemacht wird.

    • @edelkanake:

      Ich finde ihre Position schockierend!



      Es ist seit dieser Pandemie en vogue geworden, Verantwortliche für eine Infektion bzw. Erkrankung zu suchen, und meistens landet man beim jungen Partyvolk.

      Wenn sich ein alter Mensch ansteckte, muss ja wenige Glieder in der Kette davor ein junger Mensch auf irgendeiner Party gewesen sein! Ich habe seit März so viele unvorsichtige Alte Menschen gesehen, die sich ohne Maske umarmen, ohne Maske einkaufen gehen, beim Reden die Köpfe zusammen stecken - alle nach hinten reihen bei der Behandlung?

      Und wie wollen Sie messen oder überwachen, wie verantwortungsvoll sich ein Mensch vorher verhalten hat, wenn er erstmal ins Krankenhaus eingeliefert wird?

      Bezieht man dann auch Faktoren wie Jahren oder jahrzehntelange schlechte Ernährung mit ein?

      Ich zahle mit meinen Krankenkassenbeiträgen auch die Behandlung von Leuten mit, die sich, obwohl sie's hätten besser wissen können, durch zu viel Fleisch, schlechtes Fett und Zucker ihren Körper ruiniert haben, bekomme aber möglicherweise bei nicht selbstverschuldeten Leiden nicht die bestmögliche Behandlung, weil die Kasse es nicht übernimmt.

      Damit muss und kann ich leben, denn ich sehe die "Schuld" für schlechte Ernährung weniger als individuelles Problem an, denn als gesellschaftliches.

      Bei Fragen von Krankheit und Gesundheit nach der Verantwortung zu suchen, macht höchstens im Hinblick auf eine zukünftig bessere Prävention Sinn, im Fall einer notwendig gewordenen Behandlung sind solche Fragen fehl am Platz.

      Und wo würde man anfangen? Depressive Menschen gehen oft nicht mal bei schönsten Sonnenwetter raus und gehen nicht an's Telefon, wenn alte Freunde sie anrufen, obwohl ihnen beides gut tun würde. Sie "belegen" vielleicht jahrelang einen der knappen von der Kasse bezahlten Gesprächstherapie-Plätze, und jemand mit einem fremdverschuldeten aktuten Trauma mussewig darauf warten.

      Ohne Totalüberwachung kann man so etwas nicht verhindern, es sei denn: man schafft ausreichende Kapazitäten!

      • @kritikderkritikderkritik:

        "Depressive Menschen gehen oft nicht mal bei schönsten Sonnenwetter raus und gehen nicht an's Telefon, wenn alte Freunde sie anrufen, obwohl ihnen beides gut tun würde."



        Schon mal drüber nachgedacht, dass Rückzug, Isolation und Antriebslosigkeit teil des Krankheitsbildes und damit eben nicht 'selbstverschuldet' sind?

  • @WALDO



    Nachtrag ; Behinderungen und oder sonstige Erkrankungen werden in keiner Weise betrachtet.

  • Randomizing (Zufallsauswahl) und "First come first serve" ( wer zuerst, der erhält zuerst) ist wohl tatsächlich das was am einfachsten und gerechtesten ist. Die Triage ist etwas was niemand will, genauso wie Priorisierungen für Impfungen ebenfalls nur bedingt sinnvoll sind.



    Eigentlich reicht doch der Grundsatzmythos vom sinkenden Schiff doch völlig aus:



    "Frauen und Kinder zuerst. Der Kapitän und die Mannschaft (unsere gewählten und bestellten Leitfiguren) gehen als letzte von Bord." Oder ist das zu drastisch priorisiert ?

  • Ich lese hier gleich mehrfach, wie Vergleiche aufgefahren werden, um zu begründen, warum es selbstverständlich sei, dass die Triage so ihre Richtigkeit habe. Was dabei in schöner Regelmässigkeit vergessen wird, ist, dass die aufgezählten Beispiele nicht zu Ende gedacht werden.

    Da wird die Kinderrettung genannt, die vorrangig sei. Dumm nur, dass die Triage 100.000de behinderte Kinder nicht berücksichtigt bei der Rettung. Ebensowenig behinderte Eltern von Kindern. Dann wird die 23-Jährige genannt, die es gefälligst zu retten gilt, oder der Sportler. Beide können ebenfalls behindert sein und taugen damit nicht als Beispiel. Denn beide wären laut jetziger Triage-Regel von der Beatmung ausgeschlossen.

    Das, was an all den Beispielen auffällt, ist, dass wir offensichtlich ein falsches Bild von Behinderung haben. Irgendwie sind das alles isolierte Menschen ohne Anhang und vielleicht auch ohne grossen Sinn für die Gesellschaft, weshalb man glaubt, dass es keine grosse Not wäre, sie zu opfern. Die Vorstellung ist nicht nur falsch, sie wird auch menschenverachtend, wenn man einer Richterin, die darauf aufmerksam macht, dass die Triage-Regeln bestimmte Gruppen per se von der Rettung ausschliesst, auch noch unterstellt, es ginge ihr um ein Privileg. Ein "Privileg", das Nichtbehinderte ganz selbstverständlich für sich einfordern... .

    • @Lesebrille:

      "Denn beide wären laut jetziger Triage-Regel von der Beatmung ausgeschlossen."



      Hier scheinen sie einem Irrtum zu unterliegen, eine Priorisierung nach Erfolgsaussicht ist mitnichten ein generelles Ausschlusskriterium bei Behinderung. Ob jemand im Rollstuhl sitzt oder blind ist, dürfte für den Erfolg einer Covid-Behandlung komplett bedeutungslos sein. Zudem heißt es im DIVI-Leitfaden explizit: "Eine Priorisierung ist aufgrund des Gleichheitsgebots



      - nicht vertretbar nur innerhalb der Gruppe der COVID-19-Erkrankten



      - und nicht zulässig aufgrund des kalendarischen Alters, aufgrund sozialer Merkmale oder aufgrund bestimmter Grunderkrankungen oder Behinderungen." (www.divi.de/joomla...ung-version-2.pdf)



      Also bitte erstmal richtig informieren bevor man anfängt T4-Horrorszenarien an die Wand zu malen.

    • @Lesebrille:

      Was ich mich noch frage, warum glauben Sie, dass bestimmte Menschen per se ausgeschlossen wären? Keines der 100.000 behinderten Kinder ist automatisch von irgendeiner Behandlung ausgeschlossen. Ebenso wenig andere Menschen mit Behinderung.

      Triage dient ja nicht der absoluten Betrachtungsweise, sondern immer einer relativen. X wird mit Y verglichen. Und auch ein Mensch mit Behinderung kann in diesem Vergleich höhere Erfolgsaussichten auf Heilung haben. Und das ist gar nicht mal so unwahrscheinlich, je nach Krankheit und Behinderung.

      Dazu kommen dann noch andere Variablen wie Ort, Krankenhaus etc. Nur weil ein Mensch in Kiel bessere Heilungsaussichten hätte, als ein Patient in München, wird diesem ja nicht die Behandlung versagt.

      • @Pantomime:

        Erstens geht es im Artikel nicht um den Klinikstandort, sondern um die Triage. Zweitens bringen so einige Behinderungen Folgeerkrankungen mit sich. Egal ob Downsyndrom, Zerebralparese, Muskelerkrankung oder Querschnitt, die Menschen können damit als multimorbid eingeordent werden, was laut Triage unter "geringe Überlebenschance" eingeordnet wird, ohne zu wissen, ob dem tatsächlich so ist oder nicht.

        Desweiteren gibt es bei den "Gebrechlichkeits"-Einordnungen soviel Unklares, dass die klare Aussage des Gleichheitsprinzipes damit ad absurdum geführt wird. Frau Poser ist ja, anders als hier einige denken, keineswegs die Einzige, die auf den Missstand aufmerksam macht und Klarheit fordert.

        Auch Raul Krauthausen macht auf seiner Seite darauf aufmerksam: raul.de/leben-mit-...die-aussortierung/



        Und ebenso Sigrid Arnade: www.deutschlandfun...:article_id=474872



        Oder auch hier: www.eu-schwerbehin...stem-diskriminiert .

        • @Lesebrille:

          Dann haben Sie wohl nicht verstanden, wie Triage funktioniert. Natürlich ist der Klinikstandort ein wesentlicher Faktor für Triage, weil sich solche Enscheidungen immer innerhalb eines regionalen Kreises abspielen. Eine Ressourcenknappheit betrifft ja nicht alle Kliniken Deutschlands gleichzeitig. Wenn in München Beatmunsgeräte knapp sind, betrifft das in der Regel keine Menschen mit Behinderung, die eine Klinik in Kiel besuchen.

          Außerdem kann ich Ihnen auch nur ans Herz legen, sich bitte richtig über Triage zu informieren.

          Ihre Annahme, dass "Gebrechlichkeits"-Einordnungen ausschließlich zum Nachteil einer Bevölkerungsgruppe sind, ist falsch. Wie schon mehrfach erläutert, kann Triage dazu führen, dass gesunde/ fitte/ nicht gebrechliche Menschen eine Behandlung nicht bekommen, und sie stattdessen an "gebrechliche" Menschen gegeben wird!

          Zudem schmeißen sie Menschen mit Behinderung und "multimorbide Menschen" in einen Topf. Sie können nicht von 100.000 Behinderten sprechen, die geopfert werden, wenn sie eigentlich multimorbide Menschen meinen (und selbst die werden nicht geopfert).

          Die meisten Behinderungen führen nicht dazu, dass diese Person einen Nachteil bei Ressourcenknappheit hat (kommt immer darauf an, was knapp ist). Bitte suggerieren sie nicht das Gegenteil.

          Als letztes sei nochmals darauf hingewiesen, dass das viel diskutierte Konstrukt Triage fast überall automatisch stattfindet, auch im regulären Klinikalltag (bewusst & unterbewusst!) Selbst wenn man das ablehnt, heißt das nicht, dass die Vorschläge "Priorisierung" und "Randomisierung" automatisch richtig sind. Warum, haben viele Foristen (inkl. mir) geschildert.

    • @Lesebrille:

      Mein Vergleich (mit der 23 jährigen) sollte nicht zeigen, warum Triage geeignet ist. Ich schrieb sogar an anderer Stelle, dass ich keine gute Lösung des Problems sehe (also auch nicht Triage).

      Es ging mir lediglich um probabilistische Wahrscheinlichkeiten. Ersetzen Sie 23 jährige mit "Mensch mit Behinderung" und mein Beispiel zeigt noch immer, warum "Randomisierung" & "first come, first serve" keine Lösung sein können. Das gilt unabhänig vom Alter, Behinderungen etc.

      Wollen Sie auf ein überlebenswichtiges Medikament verzichten, weil ihr Krankenwagen später ankam oder eine Münze zu Ihren Ungunsten gefallen ist? Ich bin auf Ihre ehrliche Meinung gespannt.

    • @Lesebrille:

      Woher kommen Sie auf den Gedanken diese Menschen würden per se ausgeschlossen werden? Das ist vollkommener Unsinn. Triage funktioniert ja nicht so, dass man mal eben erstmal alle Behinderten von der Liste streicht.



      Es werden je nachdem wie knapp die Kapazitäten sind sowohl Leute, mit extrem schlechter Prognose von bestimmten Ressourcen ausgeschlossen, ALS AUCH Leute, die wahscheinlich auch ohne diese auskommen! Es wäre also durchaus eine Situation denkbar, in der ich von einer Behandlung profitieren könnte, aber auch ohne höchstwahrscheinlich überlebe. Wobei bei Frau Poser die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne diese Behandlung sehr gering wäre und mit sagen wir einfach mal bei 75 Prozent (ist nur ein Beispiel).



      Unter der Triage würde jetzt aber Frau Poser die Behandlung bekommen und mit ein wenig Pech würde sich mein Zustand deswegen verschlechtern und ich könnte sterben. Wäre das jetzt ungerecht? Wurde mir unfairerweise eine Behandlung vorenthalten und damit meine Menschenwürde verletzt?



      Nein! Es wurde versucht die Überlebenswahrscheinlichkeit zu maximieren! So und nicht anders muss das Laufen. Wenn ich jetzt bei einem Lossystem oder sonstwas den Verzug erhalten würde, dann wäre das Frau Poser vermutlich auch wieder nicht recht, denn Sie hat den Gedanken offensichtlich nicht zu Ende gedacht.

    • @Lesebrille:

      100.000de körperlich behinderte Kinder mit einer für Covid-19 relevanten, gesundheitlichen Einschränkung? Wohl eher nicht.

  • Für mich sind die Widersprüche nicht aufzulösen. Eine Minute Leben sehe ich genauso wertvoll wie einen Tag oder ein Jahrzehnt an. Das Alter ist mir dabei egal.



    Aus meiner Sicht wären wir nicht bei den heutigen Fragen, wenn wir anders leben würden.

  • tl;dr:

    Nancy Poser hat das Konzept "Triage" nicht verstanden.

    Sie will quasi das Recht einklagen, dass, wenn es genug Essen für 1 Person gibt, 2 Personen verhungern müssen statt 1.

  • Art. 3 GG;

    "(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung (!) benachteiligt werden. "

  • Blanker Egoismus nennt sich die Position der Interviewten.



    Aus ihrer persönlichen Situation heraus verlangt sie erstens eine Regelung - um sich darüber aufregen zu können, zweitens ein Gesetz - um dagegen klagen zu können, und drittens eine Zufallsregelung, weil sie weiß, dass jede sinnvolle Entscheidung zu ihrem Nachteil ist.



    Lieber sterben so viele Leute unnötig als dass sie riskiert, selbst zugunsten der Allgemeinheit geopfert wird u werden.



    Das ist verständlich, aber eben nur die private Sicht einer Einzelnen.

  • Ist nicht auch die anfängliche Impfung der über 80-jähringen so was wie ne Triage für mich mit 70 plus? Ich muss die ganze Winterszeit mit ihren heftigen Infektionsgeschehen ungeschützt erleiden?



    Wäre es mit deer menschenwürde nicht erheblich vereinbarer, wenn jeder Civd-leugner und Impfgegner dies unauflöslich damit verknüpft, dass er auch kein knappes Intensivbett haben will.

    • @Zeit und Raum:

      So wie die Zeugen Jehovas, die ihrem Schöpfer vorbereitet entgegentreten...

    • @Zeit und Raum:

      Ich bin Impfgegner und hatte bereits vor langer Zeit eine Patientenverfügung unterschrieben, dass ich auf keinen Fall beatmet werden möchte - somit völlig unabhängig von Covid-19.



      Bzgl. Covid-19 wäre das sogar lebensrettend gewesen.



      Zitat:



      "...schließlich haben wir gelernt, dass beispielsweise die vorschnelle Beatmung von Corona-Patienten in zahlreichen Fällen wohl zum Tod geführt haben dürfte."



      www.rwi-essen.de/unstatistik/108/

  • Ich denke schon, dass einige Gruppen bevorzugt gerettet werden sollten. Kinder zum Beispiel. Und auch bei Müttern mit Kindern unter 16 Jahren würde ich dafür plädieren. Das sehe ich nicht als Diskriminierung von Alten oder Behinderten an, zumal Kinder und (jüngere) Mütter eher weniger häufig schwer an C19 erkranken. Danach kann man gerne das Prioritätsprinzip oder Zufallsprinzip anwenden.

    • @Dorian Müller:

      Denken Sie nicht, dass eine Bevorzugung von Müttern verfassungswidrig wäre? Wo kommen wir denn da hin? Selbst wenn Sie jetzt Väter mit einbezogen hätten, finde ich das einfach nicht richtig (und ebenfalls verfassungwidrig). Zumal man dann ja ein irgendwie nachvollziehbares System entwickeln müsste, dass denen "Bonuspunkte" zuschreibt, denn ich glaube Sie würden das auch nicht gut finden wenn das einfach mal pauschal immer so umgesetzt werden würde. Also selbst in nahezu hoffnungslosen Situationen.



      Nein, das Leben darf nicht von einem Mediziner anhand irgendwelcher nicht medizinischer Kriterien als wichtiger eingestuft werden. Jedes Leben ist gleich wichtig! Es darf also nur nach Kriterien der Überlebenswahrscheinlichkeit bzw Ressourcenintensität der Behandlung geurteilt werden. Mit dem Ziel so viele Leben wie möglich zu retten.

      Als nächstes kommt vielleicht China auf die Idee sein Social Scoring System dazu benutzen medizinische Kapazitäten zuzuteilen.

    • @Dorian Müller:

      "Und auch bei Müttern mit Kindern unter 16 Jahren würde ich dafür plädieren. "



      Ist das Kind 17, so folgen also die Triage und der Tod.



      ...

    • @Dorian Müller:

      Auch Sie vergessen ganz offensichtlich, dass nicht nur ältere oder alte Menschen behindert sein können. Dabei gibt es Tausende behinderte Kinder und ebenso eine nicht geringe Zahl behinderter Mütter/Eltern... .

    • @Dorian Müller:

      Würden Sie auch so plädieren, wenn Sie selbst betroffen sind?



      Oder wäre es nicht sinnvoller, mehr Personal für die Intensivpflege einzustellen? Und so den Konflikt und den Tod wegen Sparmaßnahmen zu vermeiden.

      • @Hartz:

        Vielleicht können Sie es sich schwer oder nicht vorstellen, aber es gibt tatsächlich Menschen, die auch als Betroffene derartige Regeln unterstützen. Nicht jeder Mensch klammert sich aggressiv am Leben. Auch mag es kaum für Sie vorstellbar sein, aber es gab sogar Menschen, die freiwillig auf Behandlungen verzichtet haben, damit eine andere Person überlebt.

        Und wer würde auf die Frage nach unbegrenztem Personal und Ressourcen nein sagen?



        Sie übersehen leider ein praktisches Problem. Egal wie sehr Sie die Mittel aufstocken, es kann immer dazu kommen, dass Entscheidungen getroffen werden müssen. Und genau dafür sind diese Richtlinien wohl da. Denn an fast allen Tagen müssen vermutlich gar keine Entscheidungen im Sinne von "behandle ich jetzt den oder den - einer wird sterben" getroffen werden. Jedenfalls nicht in Deutschland wegen mangelnder Kapazitäten. Die Pandemie ist ja jetzt eine Ausnahmesituation und deswegen wird darüber diskutiert.



        Die Kombination aus "Massenunfall" und "Kapazitäten des nahe gelegenen Krankenhaus sind erschöpft" kann immer auftreten, egal wie gut alle Krankenhäuser ausgestattet sind.



        Es kann Ihnen auch immer passieren, dass eine gut besetzte Intensivstation kurzfristig unterbesetzt ist. Das Personal fällt eben auch mal aus und Ersatz kann selbst bei der besten Ausstattung nicht immer rechtzeitig eintreffen.

  • Frau Poser fordert hier, wenn sie vom Prioritätsprinzip oder Randomisierung spricht, vor allem eines: mehr Tote. Die Triage erfolgt anhand von medizinischen Kriterien, die die Überlebenschancen einschätzen. Und die harte Wahrheit ist: Der 30 jährige Turner hat bessere Chancen als die 40 jährige Rollstuhlfahrerin.



    Und wenn die randomisierung dann dazu führt , das der 89 jährige beatmet wird und dann ne Woche später stirbt und der 40 jährige stirbt, weil er den Platz nicht bekommen hat - dann ist das nicht gerecht.



    Im übrigen bin ich der Meinung: das Flugzeug in dem Beispiel gehört abgeschossen. Niemand kann ernsthaft glauben, dass ein eingebildetes Verständnis von Gleichberechtigung ein paar tausend Tote wert ist. Falls es mal zu dem Szenario kommen sollte, kann man nur hoffen, das jemand den Mur hat, sie richtige Entscheidung zu treffen, auch wenn Leute wie Frau Poser denjenigen dann den Rest seines Lebens einsperren

    • @Vincent Braun:

      Ich glaube, das sehen viele Menschen hier in Deutschland so. Das Grundgesetz findet vermutlich in diesem Punkt keine Mehrheit in der Bevölkerung. Aber wenn man die Meinung der Mehrheit immer gelten lassen würde, sähe einiges bei uns anders aus - und zwar nicht unbedingt zum Besten.

    • 0G
      06227 (Profil gelöscht)
      @Vincent Braun:

      Doch, es ist gerecht - nur sehr tragisch. Dass die Pandemie viele tragische Folgen hat liegt außerhalb unserer Macht.



      Sich utilitaristisch kalt die Handlungsmaxime mit den wenigsten Toten auszurechnen scheint wohl tatsächlich für viele verlockend. Ist trotzdem menschenfeindliche *********.

      • @06227 (Profil gelöscht):

        Utilitaristische Methoden kalt und menschenfeindlich zu finden, finde ich nachvollziehbar.

        Randomisierung kann jedoch ebenfalls genau so bezeichnet werden: kalt und unmenschlich. Nur die zu Grunde liegende Formel ist eine andere...

    • @Vincent Braun:

      "Leute wie Frau Poser" vertreten den Grundsatz, dass der Wert des einen Leben nicht mit dem des anderen abgewogen werden darf.

      Das mag in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs nicht gegolten haben, aber da sind wir ja auch nicht.

      Wir sind in einem der reichsten Länder der Erde mit einem der besten medizinischen Systeme (das hoffe ich zumindest).

      Jetzt wie ein Feldscher daherzukommen und die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen zu selektieren, ist zutiefst inhuman.

      Sie würden dann auch einen Katalog brauchen, der ihnen bei der Einteilung des mehr oder weniger lebenswerten Lebens hilft.

      Good Luck!

      • @Jim Hawkins:

        Dankeschön. Sie treffen den Nagel auf den Kopf.

      • @Jim Hawkins:

        @jimhawkins die Triage ist allerdings eben keine Entscheidung über den Wert des jeweiligen Lebens. Sie dient dazu, in einem Katastrophenfall (das ist die Pandemie) bei unzureichenden Ressourcen möglichst viele Leben zu retten. Es ist keine Entscheidung über den Wert des individuellen Lebens, sondern über die individuellen Überlebenschancen.



        Wenn sie zwei ihnen Fremde Menschen ertrinken sehen und nur eine Person retten könnten, würden sie dann das kleine Kind oder die 90 jährige retten? Die Entscheidung dem Zufall zu überlassen, bedeutet nur, sich vor ihr zu drücken. Und wenn man nach dem Prinzip “Wer zuerst kommt, mahlt zuerst” handelt (Das natürlich sowieso zur Anwendung kommt solange es genug Betten gibt), wo ist der wirkliche Unterschied zu “survival of fittest”?

        • @Vincent Braun:

          "Wenn sie zwei ihnen Fremde Menschen ertrinken sehen und nur eine Person retten könnten, würden sie dann das kleine Kind oder die 90 jährige retten?"

          Das weiß ich leider auch nicht. Ich habe keinen Zettel in der Tasche, wo das drauf steht.

          Ich kann mir allerdings schwer vorstellen, dass ich dann denke:

          Die hat genug gelebt, bei der anderen fängt das Leben erst an.

          Vielleicht hat das Kind ja einen Gehirntumor.

          Wenn man sich erst mal darauf einlässt, kommt man um eine möglichst exakte Selektion nicht herum.

          Und das finde ich schon gruselig.

          • @Jim Hawkins:

            Haben Sie schon einmal ad hoc Entscheidungen treffen müssen, ohne die Zeit gehabt zu haben, lange darüber nachzudenken? Dadurch lernen Sie viel über Ihre eigene Natur. Allerdings sind nicht alle Menschen "glücklich", was sie dabei entdecken. Manche handeln zutiefst egoistisch.



            Reflexion hilft manchmal auch, sich dem eigenen Kern zu nähern.

            • @Terraformer:

              Klar habe ich das.

              Ich rannte vor der Polizei davon und kam an eine Kreuzung. Links oder rechts? Ich rannte nach rechts und kam davon.

              Ein anderes Mal rannte ich nach links und einer anderen Einheit in die Arme. Ein schmerzhafter Fehler.

              Was sagt das nun über meine eigene Natur?

  • Na endlich! Ich danke Richterin Nancy Poser von ganzem Herzen für ihr Engagement und schlage sie für den nächsten möglichen Empfang im Schloss Bellevue mit anschließender Ordensverleihung vor.

    Genau wie diese Richterin bin auch ich der Ansicht, dass sich gerade in der aktuellen Krisensituation zeigen wird, ob das deutsche Grundgesetz 75 Jahre nach Holocaust und Euthanasie immer noch hält, oder ob es zu Staub zerfällt unter dem Druck reaktionärer, neoliberal konditionierter, durch und durch egoistischer Wähler, Politiker, Verwaltungs- und Medienmenschen mit Gedächtnisschwund.

    Auch, wenn es meine eigenen Erfolgsaussichten wahrscheinlich schmälern würde, kann ich keine vernünftige Alternative zum Prioritäts- bzw. Randomisierungs-Prinzip erkennen. Denn ich bin überzeugt: Entscheidungsträger haben nur dann eine Veranlassung, Leute ohne Macht mit einzubeziehen in ihr Denken und Entscheiden, wenn im Ernstfall auch das Leben der besonders „fitten“, ans System Angepassten also, vom Zufall abhängt und nicht von der Entscheidungen potentiell korrumpierbarer Menschen.

    Das Gesundheitssystem so umzubauen, dass es auch im Fall einer Pandemie leistungsfähig bleibt, kann noch Jahrzehnte dauern. Vor allem, wenn sich an der Bezahlung der Pflegekräfte und anderen Rahmenbedingungen nichts ändern darf. Und es dauert vermutlich um so länger, je später die „Entscheidungsträger“ Angst um den eigenen, jetzt noch gepamperten Hintern bekommen.

    Schließlich: Kommt die Triage, wird es bei der Entscheidung nach dem Alter oder den Vorerkrankungen nicht bleiben. Unter „Erfolgsaussichten“ fallen dann wahrscheinlich sehr bald (wieder) sämtliche Privilegien: Geld, Einfluss und Beziehungen, etc. pp. Das kann ich noch weniger wollen, als eine Berufsrichterin. Denn all meine Lieben wären extrem gefährdet mit der Triage. Ich ganz allein kann ihre Gesundheit nämlich nicht garantieren. Corona-Skeptiker entscheiden bei jedem Kontakt mit. Dann doch lieber das Zufallsprinzip.

    • @mowgli:

      Was die korrumpierbaren Menschen angeht - valider Punkt!

      Selbstverständlich haben auch Geld, Einfluss etc. unter ethischen Gesichtspunkten nichts in der Entscheidungsfindung zu suchen - darüber müssen wir doch gar nicht diskutieren.

      Aber es kann doch für eine Gesellschaft keine ernsthafte Option sein, Dilemmata durch Randomisierung anstatt durch ethische Konzepte zu lösen? Das ließe sich ja nicht nur im Krankenhaus umsetzen, sondern auf jegliche Dilemmata übertragen. Wir haben ein ethisches Problem? Kein Problem - Münzwurf! Du weißt nicht, welchen der 6 Menschen du retten sollst? Roll the dice!

      Ich kann mir schwer vorstellen, dass das ein ethisch vertretbarer Ansatz ist.

    • @mowgli:

      "Könnte es möglicherweise sein, dass es für das Problem nicht mehr ausreichend vorhandener Behandlungsmöglichkeiten einfach keine gute Lösung gibt?" Doch die gibt es und die wird von jeher praktiziert. Bei knappen Ressourcen (und gerade wenn es um Leben oder Tod geht) kommt es darauf an, sie nicht zu verschwenden. Und der Einsatz der Ressourcen ist genau dann optimal, wenn nach Überlebenswahrscheinlichkeit entschieden wird, ohne ansehen der Person. Vorausgesetzt, wir einigen uns darauf, dass jedes menschliche Leben gleich viel wert ist und "optimal" in diesem Zusammenhang bedeutet, möglichst viele Leben zu retten. Jedes andere Kriterium führt zwangsläufig zu mehr Todesfällen.

    • @mowgli:

      Das Zufallsprinzip wäre alles andere als gerecht, da es dabei zwangsläufig zu mehr Todesfällen kommen würde als bei der klassischen Triage, bei der die knappen Ressourcen so eingesetzt werden, dass möglichst viele Leben gerettet werden, ohne Ansehen der Person. Was Sie hier imaginieren (Selektion nach Macht, Geld etc.) hat mit Triage nichts, aber auch gar nichts zu tun und steht überhaupt nicht zur Debatte.

  • So sehr ich die Verärgerung seitens Menschen mit Behinderungen oder Vorerkrankungen verstehen kann, so wenig möchte ich aber das daran etwas geändert wird. Ich glaube es gibt auch keinen Zusammenhang mit der persönlichen Betroffenheit und dem Ausbleiben einer gesellschaftlichen Debatte. Denn jeder kann davon betroffen sein wenn auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit. Und viele Leute (ich auch!) haben gebrechliche Eltern, Freunde, etc.



    Wenn ich morgen einen schweren Unfall habe und beatmet werden müsste, aber meine Prognose sehr schlecht ist, dann möchte ich den Platz niemandem wegnehmen, der mit höherer Wahrscheinlichkeit überlebt. Und so ungern ich meine Eltern verlieren würde, so möchte ich nicht, dass dies z.B. auf Kosten einer Person geschieht, die ansonsten gute Chancen zu überleben gehabt hätte.

    Ein Zufallssystem halte ich für vollkommen ungeeignet. Das könnte dann z.B. auch zu der Situation führen, dass jemand der zu 90 % stirbt behandelt wird und Ressourcen beansprucht (ich rede jetzt nicht nur von Beatmungsplätzen, sondern auch Zeit des Personals), mit der man drei Leute mit einer 80 %igen Überlebenswahrscheinlichkeit hätte behandeln können. Das klingt jetzt vielleicht überspitzt, aber der Betreuungsaufwand kann extrem hoch sein.



    Das erscheint mir einfach nicht richtig. Selbstverständlich ist das diskriminierend. Ich wüsste jetzt aber auch keine Möglichkeit das irgendwie abzumildern. Irgendwie verspüre ich schon den Drang Menschen mit Behinderungen da irgendwie auszuklammern. Andererseits würde das dann dem ganzen Sinn der Sache zuwiderlaufen.

    Schweres Thema, ist schwer da drüber nachzudenken. Und nur zur Info, wenn ich im Flugzeug aus dem Vergleich sitze, dann schießt das Ding bitte vom Himmel.

    • @Huege:

      "Wenn ich morgen einen schweren Unfall habe und beatmet werden müsste, aber meine Prognose sehr schlecht ist, dann möchte ich den Platz niemandem wegnehmen, der mit höherer Wahrscheinlichkeit überlebt."

      Ich befürchte, dass die meisten Menschen solche Gedanken eben nicht hätten.



      Die Ärzteschaft hat das jedenfalls erkannt und anscheinend explizit mit aufgenommen. Es heißt "Zentrale Kriterien für die Entscheidungen angesichts knapper



      Ressourcen sind also die medizinische Indikation, der Patientenwille und die klinischen Erfolgsaussichten."

      Zumindest "auf dem Papier" klingt das ganze für mich ethisch vertretbar. Ob es wirklich eine Benachteiligung von Menschen mit "anerkannter Behinderung" gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Denn es gibt ja auch genug Menschen, die keine anerkannte/erkennbare Behinderung haben, aber dennoch mehrere Krankheiten haben. Diese würden ebenfalls schlechter beurteilt.

      Im Ärzteblatt stand mal "Bereits in der Normalbevölkerung leiden 20–30 % der Menschen an mehreren Krankheiten gleichzeitig."



      Laut Bundesamt für Statistik haben weniger als 10% eine Behinderung in Deutschland.



      Aber ja, die Sache ist komplexer als diese beiden Zahlen ...

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Das ist ausgemachter Blödsinn. Hier wird auf dem Buckel von Schwerbeschädigten versucht Politik zu machen. Im Katastrophenfall ( Zugunglück oder Massenunfall) macht jeder Ersthelfer und Arzt automatisch Triage. Komme ich zu einem Unfall und sehe ich Menschen mit offenen Knochenbrüchen , schreiend vor Schmerzen, nebenan ein Bewusstloser mit aufgerissener Bauchdecke, kümmere ich mich um den Bewusstlosen , decke den offenen Bauch ab und wende mich den anderen Verletzten zu. Im Krankenhaus, bei Massenanfall, kommt es auf vorhandene Resourcen an. Ein offener Bauch mit multiplen Verletzungen , Darmriss, Gefäßverletzungen kann letztendlich nur von Spezialisten versorgt werden. Die Entscheidung treffen die Ärzte in der Notaufnahme, auch wer als erster behandelt wird. Alter, Sozialstatus, Herkunft und Versichertenstatus spielen keine Rolle. Eine Triage findet in Deutschland jeden Tag statt. Die Richterin möchte auf Grund Ihrer Behinderung eine Privilegierung.

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Was ist an dem Wunsch zu überleben, und nicht einfach von vorneherein aussortiert zu werden, ein "Privileg"?

      • 9G
        97075 (Profil gelöscht)
        @Lesebrille:

        Lesen Sie mal zu Ihrem Kommentar von 12:30 Uhr. Ich hoffe Ihnen ist dann klar welchem Prinzip die Triage unterliegt.

        • @97075 (Profil gelöscht):

          Das ist keine Antwort auf meine Frage. Herr Rohms letzter Satz lautet: "Die Richterin möchte auf Grund Ihrer Behinderung eine Privilegierung." Meine Frage an Herrn Rohm darauf kennen Sie. Und genau auf Herrn Rohms letzten Satz hätte ich gerne eine Antwort erhalten. Wer von "Privileg" spricht, sollte das auch erklären können.

      • @Lesebrille:

        Ich finde es interessant, dass hier immer automatisch davon ausgegangen wird, dass die Behinderten in so einem System immer benachteiligt sind.

        Es könnte ja auch eine Situation vorliegen in der ich, ohne Vorerkrankungen, ein Medikament benötige, und ich ohne dieses sterben könnte, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich überlebe ist auch ohne ziemlich groß. Bei Frau Poser ist die Wahrscheinlichkeit zu überleben ohne Medikament ziemlich schlecht, damit aber auch recht hoch (wenn auch nicht so hoch wie bei mir). Wer sollte das Medikament bekommen?



        Ich würde selbstverständlich Frau Poser das Medikament geben. Das maximiert die Wahrscheinlichkeit möglichst viele Leben zu retten!

        Wenn man jetzt aber der Logik von Frau Poser folgt, dann würde ich ja eigentlich willkürlich benachteiligt.



        Denn Überlebenswahrscheinlichkeiten als Entscheidungskriterium sind diskriminierend.

        Ich denke unter den Umständen wäre Frau Poser nicht bereit zu Losen oder mir das Medikament zu geben wenn ich zuerst da gewesen wäre. Wer A sagt muss auch B sagen und ich glaube wenn man sich den umgekehrten Fall vor Augen führt, dann sieht man erst wie bescheuert die dem zugrunde liegende Logik ist.

      • @Lesebrille:

        Sie wird ja nciht von vornherein aussortiert. Je nachdem wie knapp die verfügbaren Kapazitäten sind, haben auch Leute mit Vorerkrankungen mal bessere mal schlechtere Chancen.

        Genauso wird aber auch andersherum ein Schuh draus. Ich bin relativ fit und bekomme Covid, angenommen es gibt nur begrenzte Mengen von Medikamenten. Ich könnte davon profitieren, aber die Ärzte gehen davon aus, dass ich das auch so schaffe. Bei der Dame mit Vorerkrankungen ist dies nicht der Fall, wobei sie immer noch eine gute Überlebenswahrscheinlichkeit hat, wenn sie das Medikament bekommt.



        Mein Zustand könnte sich aber auch verschlechtern und bei ausreichendem Vorhandensein von Medikamenten hätte man es mir auch gegeben. Wer soll es jetzt bekommen?



        Ich würde sagen natürlich die Dame. Denn das maximiert die Wahrscheinlichkeit, dass möglichst viele Leute überleben.



        Aber würde mir da nicht auch die Menschlichkeit abgesprochen, wenn mir ein Medikament, das mir das Leben retten könnte, vorenthalten würde?



        Ich glaube kaum, dass die Frau unter diesen Umständen immer noch Lose ziehen wollen würde. Wer A sagt muss auch B sagen.



        In der Praxis gibt es einfach keine vernünftige Alternative.

  • Könnte es möglicherweise sein, dass es für das Problem nicht mehr ausreichend vorhandener Behandlungsmöglichkeiten einfach keine gute Lösung gibt?



    Der von Frau Poser geforderte Ansatz die zuerst Eingelieferten zu behandeln hat seine eigenen Probleme. Einerseits würde dieser gegenüber dem kritisierten Ansatz einer Priorisierung nach Erfolgsaussicht insgesamt mehr Tote fordern, es würden also Leute sterben die man relativ sicher hätte retten können, weil vorher jemand mit kaum vorhandener Überlebenschance eingeliefert wurde. Zum Anderen seien hier die seinerzeit diskutierten Immunitätsbescheinigungen nach überstandener Infektion in Erinnerung gerufen, die dann dazu führten, dass einige Leute meinten Corona-Parties feiern zu müssen. Ähnlich muss man davon ausgehen, dass eine Bevorzugung der früher Eingewiesenen dazu führen würde, dass Leute tendenziell früher ins Krankenhaus gehen bzw. dass Ärzte 'ihre' Patienten früher auf die Intensivstationen verlegen weil sie nicht sicher sind ob dies morgen auch noch möglich wäre. Der Ansatz 'wer zuerst kommt, mahlt zuerst' würde also die ohnehin schon zu knappen Kapazitäten nur noch weiter verknappen.



    Der randomisierte Ansatz wirkt ähnlich absurd, hieße er doch, Ärzte müssten bei zwei Patienten mit jeweils 90% und 10% Überlebenschance per Münzwurf entscheiden wer die Behandlung bekommt.



    Schließlich bliebe als weitere Alternative zur Entscheidung nach Erfolgsaussicht die Variante allen die gleiche Behandlung zukommen zu lassen und diese bei nicht ausreichender Verfügbarkeit auch für Alle gleichermaßen einzustellen. Das wäre ein zwar gerechtes, aber eben auch sehr blutiges Vorgehen.

    • @Ingo Bernable:

      Zumindest für den "Normalfall", sagen wir ein Busunglück scheint es da schlüssige Lösungen zu geben. Bin da ja eigentlich vollkommen planlos, aber in einem Betriebsersthelferlehrgang gabs zum Schluss noch eine Exkursion zum Thema Busunglück. Wenn ich mich recht erinner, wurde gesagt zuerst Leuten zu helfen die sich bemerkbar machen bzw. bei Bewusstsein sind. Hat sich irgendwie sinnvoll angehört, denn wenn man nur den Bewusstlosen hilft überlebt im schlimmsten Fall niemand. Aber naja, andererseits ist Covid dann doch eher eine Sache von Tagen und Wochen. Gleichzeitig will man wahrscheinlich ein klares Regelwerk haben, damit das für die Behandelnden nicht allzu traumatisch ist. Aber vielleicht wird das Thema auch etwas überdramatisiert, z.B. die provisorischen Behandlungskapazitäten werden ja auch noch nicht benutzt.

    • @Ingo Bernable:

      Wie schon in meinem anderen Beitrag möchte ich auch hier noch zu bedenken geben, dass jemand, der eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit hat - ich rede jetzt nicht von Covid, sondern allgemein - mit größerer Wahrscheinlichkeit auch mehr Ressourcen beansprucht. Bei Beatmungsgeräten mag das nicht der Fall sein, aber z.B. wenn nach einem großen Unfall (Zugunglück oder sonstwas) der OP besetzt ist. Soll ich dann eine 10 stündige Operation machen um einen zu retten, bei dem die Prognose schlecht ist (weil er zuerst da war, oder sein Name aus dem Hut gezogen wurde), wenn ich in der gleichen Zeit 2-3 Operationen machen könnte, die bessere Erfolgsaussichten haben?

      Natürlich sind solche Abwägungen auch extrem subjektiv und ich würde solche Entscheidungen nicht treffen wollen.

    • @Ingo Bernable:

      Stimme zu. Ich persönlich sehe auch keine zufriedenstellende Lösung - bei knappen Behandlungsmöglichkeiten gibt es leider immer jemanden, der benachteiligt wird.

      Daher ist es nötig, die am "wenigsten schlimmste" Methode zu finden. Ich weiß spontan nicht, welche das ist. Was ich jedoch weiß ist, dass die von Frau Poser genannten definitiv nicht in diese Kategorie fallen.

      Ich halte es auch für ethisch nicht vertretbar, auf Diskriminierung von Behinderten und Alten zu verweisen und eine "tief verankerte Diskriminierung" zu unterstellen. Es wird hier nicht zwischen wertvollen und nicht wertvollen Leben unterschieden (zum Glück), sondern danach, wer die besten Heilungsaussichten hat. Das ist ein substantieller Unterschied. Bei dem Blutgruppenbeispiel würde ich es natürlich auch nicht gutheißen, wenn jemand mit Blutgruppe A und geringen Heilungsaussichten das Gerät bekommt während Blutgruppe 0 leer ausgeht.

  • Aussichtslos. Schon bei der Zulässigkeit bestehen ernsthafte Zweifel.

  • Politikversagen: Arme müssen sterben

    Das kommt davon, wenn man leider nicht genug Personal ausbildet und einstellt, obwohl diese Gesellschaft sich das leisten könnte. Unmenschlich!



    Das ist die Folge eines schweren Politikversagens.



    Wer Geld hat, kan sich natürlich immer die Intensivpflege leisten. Arme müssen sterben! Ein dauerhafter Riesenskandal.

    • @Hartz:

      Ein Vorschlag zur Gerechtigkeit. Die Lebenserwartung Reicher ist höher als die Armer, dazu gibts über Jahrzehnte Statistiken.

      Um Chancengleichheit herzustellen, sollte Macht und Reichtum, politischer und wirtschaftlicher Einfluss mit Punkten bewertet werden und diese Punkte bei der Vergabe von Intensivplätzen abgezogen werden.



      Wer sich haushälterin und Gärtner und weitere Angestellte und "Mit"arbeiter leisten kann, mag sich von diesen daheim pflegen lassen, von denen hat doch bestimmt einer einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht.

      "Weil Du arm bist, musst Du früher sterben!" Lässt sich das mit der Menschenwürde vereinbaren?

  • Erst HI-dann Hepatitis-C und nun Corona-Viren.



    Der Verband der Opfer des Blutskandals VOB e.V. wünscht Frau Poser, dass sie Recht bekommt! Frau Poser spricht einen äußerst wunden Punkt an, der auch auf die infolge mangelnder Staatsaufsicht mit HI-und Hepatitis-C-Viren infizierten Bluter in den 80er Jahren zutrifft. Bei den meisten der 45-75 jährigen Überlebenden des Blutskandals ist die Leber derart angegriffen, dass sie eine Covid-19-Erkrankung nicht überleben. Die 534 noch Lebenden wurden wieder vergessen ob bei der Triage oder der Prioritätenliste für die Impfung. Jens Spahn als vormaliger Vorsitzender der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ und als nun für sie zuständiger Gesundheitsminister hat sie wieder einmal übersehen. Warum? www.nochleben.de

  • ˇWenn ich aussortiert werde, weil kein Gerät mehr da ist, ist das schlimm, keine Frage. Aber wenn das Gerät jemand anderes bekommt, weil der fitter ist und ich behindert bin, nimmt man mir meine Menschenwürde.ˇ



    Wenn Kriterien Behinderte diskriminieren, muss dies natürlich abgeändert werden, ansonsten diese Aussage Quatsch der Zufall mit Fairnessverwechsler. (Wenn Zufall fair wäre, könnte man Sportmedallien verlosen)



    Gewissermaßen geht es bei ihrer Argumentation darum, einer höheren Moral zu liebe mehr Menschen sterben zu lassen.



    Das ist m. E. menschenverachtend, wenn in einer Notsituation anhand von medizinischen Kriterien die Überlebenswahrscheinlichkeit der Gesammtheit optimiert wird ist es nicht.



    Zumindest weniger als der Satz ´wer zu spät kommt hat Pech gehabt´



    Es ist jedoch anzunehmen, dass das BVerfG der Argumentation von Frau Poser folgen wird, nicht nur wegen dem Flugsicherheitsgesetz (welches Murks war, da die Absicht der Täter real kaum zweifelfrei feststellbar ist, ein Abschuss also immer willkürlich wäre-siehe ´finaler Rettungsschuss´), sondern auch wegen dem Abtreibungsparagrafen, wo das BVerfG einerseits die Verwerflichkeit festgestellt hat, andererseits einer Straffreiheit unter besomderen Umständen zustimmt.



    Entsprechend sollte ein Triagegesetz aussehen: Verboten, ausser bei exakt definierten Umständen.

    • 0G
      06227 (Profil gelöscht)
      @Euromeyer:

      der Vergleich mit Sport ist hanebüchen weil es dort ja um Individualismus/Leistung geht.



      Eine 'optimierung der Überlebenswahrscheinlichkeit der Gesamtheit' funktioniert schlicht nicht bzw. wird problematische Konsequenzen haben, weil es immer Einzelfälle geben wird die plötzlich nicht mehr eindeutig ins Schema passen...

      • @06227 (Profil gelöscht):

        Sport sollte nur verdeutlichen, dass Zufall kein Fairnesskriterium ist - diese Ausflucht aus dem Unwillen einen gesellschaftlichen Konsens auszuarbeiten was ´fair´ ist, wird ja bei Studien- oder Arbeitsplatz- oder Politpostenvergabe gegenwärtig gehypt.



        Eine medizinisch faire Patientenauswahl würde nur fragen, wem die Maßnahme die Überlebenswahrscheinlichkeit am meisten erhöht - also nicht nur Schwerst-, sondern auch Leichtbetroffene würden aussortiert.



        Wichtiger als die Patientenauswahlkriterien ist m.e. eine strenge Festlegung, wann Triage überhaupt erfolgen darf: Ökonomisch bedingte Kapazitätsmängel dürften kein Anwendungskriterium sein.

  • Grundsätzlich sollte sich die Richterin (und auch einige andere) mal mit "Choice Architecture" oder ähnlichen Prinzipien beschäftigen. Auch wenn man in einer Situation gefühlt nur passiv entscheidet, trifft man immer eine Entscheidung.

    Wenn ich die vorkonfigurierten Einstellungen meines Browsers akzeptiere, treffe ich die Entscheidung. Wenn ich eine Münze entscheiden lasse, wen ich rette und wen nicht, bin ich trotzdem dafür verantwortlich. Ich kann mich auch durch Regeln, Vorgaben von Vorgesetzten oder "Randomisierungsprinzipien" nicht meiner Verantwortung für eine Handlung entledigen.

    Um es kurz zu machen (und weil in der Übertreibung die Anschaulichkeit liegt), hier mal ein Fallbeispiel zu den beiden Vorschlägen der werten Richterin:

    Ein 87 jähriger Patient mit Krankheit X liegt schon seit Wochen auf der Intensivstation eines Krankenhauses, bekommt die gering verfügbare Medizin Y. Es geht ihm stetig schlechter, die Erfolgsaussichten einer weiteren Behandlung mit Y liegen bei 5%.

    Eine 23 jährige Patientin mit Krankheit Z wird eingeliefert, für eine Behandlung wird ebenfalls Medizin Y benötigt. Die Erfolgsaussichten bei einer Behandlung mit genanntem Medikament betragen bei ihr 99%.

    Es kann nur eine(r) von beiden behandelt werden - ohne Medikation stirbt der/die andere.

    Folgt man dem Prioritätsprinzip, wird der 87 jährige behandelt und stirbt dennoch zu 95%. Die 23 jährige stirbt zu 100%. Bei einem einfachen Randomisierungsprinzip (Münzwurf), sieht es probabilistisch schon etwas besser für die 23 jährige aus (50% * 99% = 49,5%), allerdings ist sie noch weit entfernt von den 99%, die ihr eine sichere Behandlung bieten würde.

    Man muss kein Utilitarist sein, um diese beiden Prinzipien abzulehnen. Was sagt Richterin Poser denn zur Menschenwürde der 23-jährigen Patientin, welcher aufgrund eines Münzwurfs das sichere Leben genommen wird? Oder weil ein anderer Patient einfach schon länger da ist? Wie ist das mit dem Grundgesetz vereinbar?

    • @Pantomime:

      Sie vergessen dabei, dass auch Ihre 23-jährige Patientin eine Vorerkrankung haben und/oder einen Rollstuhl aufgrund einer Behinderung nutzen kann. Darüber hinaus ist sie Mutter eines kleinen Kindes. Was jetzt?

      • @Lesebrille:

        Das ändert nichts am obigen Beispiel. Sie können die Patienten durch alles mögliche ersetzen - deswegen habe ich mich ja auf Wahrscheinlichkeiten berufen.

        Wenn die Erfolgsaussichten der von Ihnen genannten Menschen weiterhin signifikant besser sind, als die des anderen Patienten, ändert sich nichts an der Gleichung.

      • 9G
        97075 (Profil gelöscht)
        @Lesebrille:

        Wie schon in Ihrem obigen Kommentar kapieren Sie das Prinzip Triage nicht. Es spielt keine Rolle ob die Mutter 1, 5 oder 9 Kinder hat 23 oder 73 Jahre alt ist. Es geht einzig und alleine um Erfolgsaussichten der Behandlung.



        Soll heißen: Wenn die 23 jährige Mutter schlechtere Erfolgsaussichten hat bekommt der deutliche ältere ( zunächst) die Behandlung. Triage heißt nämlich auch nicht, dass der nicht behandelte Patient stirbt !



        Und nochmal zum Verdeutlichen: Triage gibt es JEDEN Tag. Das gehört zur Aufgabe eines (Not-)Arztes oder Intensivmediziners.

      • @Lesebrille:

        Genau das gleiche! Nur medizinische Kriterien sollten einbezogen werden. Ein Mediziner oder sonstwer kann und soll nicht darüber entscheiden welches Leben mehr wert ist (auch nicht bei Müttern UND VÄTERN!!!, sonst sind die Taz leser doch immer so an geschlechter gerechter Sprache interessiert!). Einzig die Maximierung der zu rettenden Leben sollte Grundlage dieser Entscheidungen sein. Sowohl Alter als auch Rollstuhl oder sonstige Behinderungen spielen nur insofern eine Rolle wie sie die Überlebenswahrscheinlichkeit beeinträchtigen.



        Was ist denn die Alternative? Stell dir mal vor, du wärst Krankenpfleger / Arzt und das Los entscheidet (oder der zuerst da war, je nachdem welches System Sie besser finden) du musst dich um den einen Typen kümmern, der vermutlich sowieso stirbt, also ich würde auf die Vorgaben scheißen und so wenig wie möglich da machen, grade genug damit ich nicht verklagt werden kann oder meinen Job verlier, und mich um die Anderen kümmern. Sonst würde man doch Irre werden,.

      • @Lesebrille:

        Auch dann führt das Kriterium "Überlebenschance" zum besseren Ergebnis, vorausgesetzt wir können uns darauf einigen, dass jedes Leben gleich viel wert ist und das Ziel ist, möglichst viele Leben zu retten.

  • Ein sehr bewegendes Interview. Gut, dass Frau Poser das Thema auf den Tisch gebracht hat. Auch ich hatte zuletzt den Eindruck, dass dieses Thema abgesehen von Fachkreisen und billigen Gruseleffekten nicht wirklich ernsthaft diskutiert wurde. Dabei zeigt sich doch gerade bei diesem Thema, wie wir mit unseren Werten und unseren Mitmenschen im Ernstfall umgehen.

    Was mir an dem Interview fehlt, ist, dass es auch für Ärzte und Pflegepersonal wichtig ist, zu wissen, dass sie mit ihrer Entscheidung auf dem Boden des Gesetzes stehen. „Nur“ eine Leitlinie und mögliche Straffreiheit im Falle einer Fehlentscheidung reicht für so eine verantwortungsvolle Aufgabe nicht aus.

    • @alexxcologne:

      Stimmt - gut, dass das Thema jetzt auf den Tisch kommt. Schade, dass es immer erst zu Ausnahmesituationen kommen muss, um zu sehen, wo Nachholbedarf besteht - aber das ist ja nichts Neues.

      Ich bin kein Jurist, aber für mich klingt Leitlinie inklusive Straffreiheit erstmal besser als ein festes Gesetz. Zum einen, weil jeder Fall so spezifisch ist, dass ein starres Gesetz kaum in der Lage ist, für jede zu treffende Entscheidung passend/ flexibel genug zu sein - gut, das ist auch abseits der Medizin häufig der Fall.

      Zum anderen jedoch, weil es mit einem festen Gesetz in der Hand schwieriger ist, potentiell lebensrettende Abweichungen zu rechtfertigen. So landet man eventuell doch eher vor Gericht oder mit einem Bein im Gefängnis, wenn man gegen ein Gesetz verstößt, als gegen Leitlinien.

      Vielleicht schätze ich das aber auch falsch ein. Straffreiheit kann es ja auch mit Gesetz geben.

      • @Pantomime:

        Ein Gesetz kann ebenso allgemein gehalten oder exakt (starr) sein, wie eine Leitlinie, kann ja sogar den gleichen Wortlaut haben. Der Unterschied liegt hier einzig und allein in der Tatsache, WER diese Entscheidung trifft (auch die, den Medizinern mehr oder weniger Entscheidungsfreiheit zu überlassen). Ist es irgendeine Fachgesellschaft oder die demokratisch legitimierten Vertreter der Bevölkerung?

        • @Clifford:

          Stimmt, das hatte ich nicht auf dem Schirm. Danke!

  • Jetzt wurde diese "Triage" (Unwort des Jahres?) mit solch einem Aufwand als Schreckgespenst aufgebaut und nun kommt Frau Poser und zerstört alles....