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Mitarbeiter von SPD-Mann abgewiesenAntifa-Shirt im Bundestag unerwünscht

Ein Mitarbeiter des SPD-Abgeordneten Droßmann wird wegen eines Antifa-Shirts der Zugang zum Bundestag vorübergehend verwehrt. Droßmann ist empört.

Für den Bundestag zu dubios: Das strittige Antifa-Shirt, dessen Träger zunächst nicht in sein Büro gelassen wurde Foto: Privat

BERLIN taz | Es ist ein einfaches, schwarzes Shirt mit der Aufschrift: „Antifascist Allstars“. Dazu in der Mitte das Hamburger Stadtwappen, das war’s. Dieses Shirt war genug, um einem Mitarbeiter des Hamburger SPD-Bundesabgeordneten Falko Droßmann im Juli den Zugang zum Bundestag zu verwehren.

Am späten Vormittag dieses Juli-Tags sei sein Mitarbeiter an der Pforte des Paul-Löbe-Hauses des Bundestags aufgehalten worden, sagte Droßmann der taz. Diesem sei mitgeteilt worden, dass er aufgrund des besagten Antifa-Shirts, das er trug, keinen Zugang zum Bundestag erhalten werde. Erst nach längerer Diskussion sei seinem Mitarbeiter der Zutritt doch noch genehmigt worden, berichtet Droßmann. Mehrere Zeugen hätten von dem Vorgang mitbekommen.

Den Abgeordneten empört der Vorgang. Er spricht von einem „massiven Eingriff in die freie Ausübung“ seines Mandats. Es habe keinerlei Anlass gegeben, das Shirt und die Aufschrift zu beanstanden. „Antifaschismus ist eine Voraussetzung, um überhaupt Demokrat sein zu können“, sagt Droßmann.

Klöckner verteidigt das Einschreiten

Nach einer Beschwerde von Droßmann beschäftigt der Fall auch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Die CDU-Politikerin verteidigte die zwischenzeitliche Abweisung des Mitarbeiters jedoch. Laut Einlasskontrolle habe auf dem Shirt auch „ACAB“ gestanden – das Kürzel für „All Cops Are Bastards“ („Alle Polizisten sind Bastarde“). Es hätten daher „berechtigte Zweifel an der Vereinbarkeit mit der Würde des Hauses bestanden“, schrieb Klöckner an Droßmann. Der Spruch entbehre auch „dem nötigen Respekt unter anderem gegenüber der Bundestagspolizei“. Der Mitarbeiter sei deshalb gebeten worden, sein Shirt umzuziehen. Eine Zutrittsverweigerung sei am Ende nicht erfolgt.

Droßmann weist die Darstellung zurück. „Selbstverständlich stand da nicht ACAB auf dem Shirt“, sagt Droßmann. „Das wäre bei einem sicherheitsüberprüften Mitarbeiter eines ehemaligen Polizisten und jahrzehntelangen Soldaten auch ausgesprochen absurd.“ Droßmann hatte nach der Schule eine Ausbildung zum Polizisten absolviert und wurde danach Berufssoldat. Seit 2021 ist der Hamburger direkt gewählter Bundestagsabgeordneter, zu dessen Wahlkreis auch der Stadtteil St. Pauli gehört.

„Drohende Gefahr in unserem Land nicht verstanden“

Droßmann sieht den Vorgang vielmehr als Indiz, welcher Geist unter Klöckner in der Bundestagsverwaltung eingezogen sei. „Wenn jetzt schon ein Shirt mit der Aufschrift ‚Antifascist‘ nicht mehr im Bundestag erlaubt ist, dann hat jemand die drohende Gefahr in unserem Land nicht verstanden.“

In der Vergangenheit waren auch Abgeordnete, etwa von der Linken, schon mit Antifa-Shirts oder Buttons im Bundestag unterwegs. Klöckner legt seit Antritt als Parlamentspräsident die Hausordnung aber streng aus. Ihre Bundestagsverwaltung hatte sich zuletzt schon mit Grüne Jugend-Sprecherin Jette Nietzard über einen Pullover mit ACAB-Aufschrift gestritten, den diese im Bundestag tragen wollte. Gedroht wurde, Nietzard ihren Hausausweis für den Bundestag zu entziehen. Später verzichtete die Verwaltung auf den Schritt, weil der Pullover außerhalb der Parlamentsgebäude getragen wurde.

Klöckners Verwaltung war zuletzt auch gegen Regenbogenfahnen in Büros von Bundestagsabgeordneten vorgegangen. Gleich mehrere Büros wurden aufgefordert, diese zu entfernen, teils soll die Bundestagspolizei gerufen worden sein – was zu Kritik der Abgeordneten führte. Die Bundestagsverwaltung verwies indes auch hier auf die Hausordnung, wonach grundsätzlich nicht das Anbringen von politischen Fahnen im Bundestag erlaubt sei.

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30 Kommentare

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  • "Laut Einlasskontrolle habe auf dem Shirt auch „ACAB“ gestanden"



    Das muss sich doch relativ einfach überprüfen lassen können.



    Wenn der Schriftzug auf dem Shirt prangt, war die Zutrittsverweigerung absolut nachvollziehbar, wenn nicht, muss das Thema unbedingt nachhaltig aufgearbeitet werden.

  • Mich würde interessieren, wenn jemand einen Lonsdale-Pullover oder einen mit "National befreite Zone" trägt, was dann passiert.

    Und wenn keine politischen Fahnen erlaubt sind, dass dann alle Wimpel usw mit AfD entfernt werden.

  • Klöckner ist eine rechte Kulturkämpferin.

    Wenn sie etwas gegen Antifaschismus hat, dann weiß man auch, wo sie in dieser Frage steht.

  • Gäbe es Solidarität oder wenigstens ausreichend Lockerheit im Bundestag, dann wäre so etwas gar kein Thema sondern einfach lustig.



    Diese Klöckner ist karrieregeil und/oder überfordert. Aber passt zum rechtsradikalen Habitus, der überall aus den Mülltonnen kriecht.

  • Wer gegen Faschismus ist, hat im "Reichstag" nichts zu suchen. "Politikwende" eben.

  • Es gibt viel zu wenige Abgeordnete und Mitarbeiter:innen im Bundestag, die sich offen und sichtbar als Antifaschisten zu erkennen geben. Sie fürchten sich wohl, nicht mal durch die Einlasskontrolle im Bundestag zu kommen. Wer wird schon gerne von Türstehern zurückgewiesen?



    Man muss ja kein T-Shirt tragen, aber ein Sticker am Revers oder der Bluse kleidet Demokratinnen und Demokraten. Möge die Hausherrin dann doch trauen, von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, bekennende Antifaschisten aus dem Plenarsaal zu verweisen, um die Würde des Hohen Hauses zu schützen. Die Sticker sind nicht mal so bunt, wie ein Regenbogen/Zirkuszelt.



    Wenn die Hausherrin von ihren Türstehern belogen wurde, den vermeintlichen ACAB Aufdruck betreffend, dann sollte das Konsequenzen haben. Ein T-Shirt ist ja kein Furz im Wind, sondern ein nicht flüchtiges Beweismittel.

  • So, wie Brosius-Gersdorf vernichtet wurde, müsste man jetzt von links eigentlich Klöckner und Göttke vernichten. Macht kaputt, was euch kaputtmacht.

  • Julia Klöckner willl nur eins: klarmachen, dass unter Klöckner (CDU) und ihrem Direktor Paul Göttke (CDU) jetzt ein anderer Wind weht und die Reaktionären Oberwasser in der Verwaltung des Bundestages haben. Linkem Gesocks, dass queer ist oder sich gar als antifaschistisch bezeichnet, soll das Leben schwergemacht werden.

    Denn Klöckner sieht es schließlich erklärtermaßen so: die "lieben" AfD-Wähler kriegen das, was sie wollen, auch mit Klöckner.

  • Ich stelle mir gerade vor, wie das Geschrei der Linken wäre wenn ein CDU Abgeordneter mit einem Shirt das Jesus Christus am Kreuz zeigt und der Aufschrift Jesus Christ Superstar, im Bundestag erschienen wäre.

  • Ich finde Frau Klöckner eine durchgehende Fehlbesetzung bei allen Ihren Ämtern, das mit dem Wein mal ausgenommen. Sie sollte Botschafterin in Nordkorea werden müssen.

    Gleichwohl ist die Position, alle politische Aussagen auf Kleidungsstücken etc. generell zu untersagen, durchaus eine mögliche für das Parlament. Nazis gingen in Uniform ins Parlament, um andere einzuschüchtern, da kommt es her.



    Dass Klöckner in ihrem Amt die Unparteilichkeit nicht so hinbekommt, ist etwas anderes.

  • Ich glaube, dass Frau Klöckner damit ganz stark an ihrer eigenen politischen Karriere mit Richtung Kanzlerinamt arbeitet.

  • Wenn ein antifaschistisches T-Shirt als unerwünschtes politisches Statement gewertet wird, welches nichts im Bundestag zu suchen hat, zeigt es wohl mehr als nur die Haltung des Trägers.



    Nicht vergessen, für dieses Land sollen junge Menschen bald wieder in den Krieg ziehen.



    Scheinbar für Werte, die sich mit Antifaschismus nicht vereinbaren lassen.

  • Ich weiß nicht was Ihr alle habt! - Ist es nicht zum Weinen schön, wenn sich eine Weinkönigin a.D. anschickt zur Concierge des Bundestages zu mutieren, indem sie ihr gestrenges Auge über Kleiderordnung, Kopfbedeckungen, bunte Fähnchen und sonstige Gefährdungen des sittlichen Betragens im Hohen Hause wachen lässt? Zum Schluss kommt da wieder mal einer in Turnschuhen angetrabt... Wundern würd's mich nicht!



    Freilich: Worum sie sich bislang zu wenig kümmert, das ist der Alkoholkonsum in der Bundestagskantine. Der soll ja nicht unbeträchtlich sein. Als ehemalige Weinkönigin könnte sie da ruhig auch mal ihre Expertise einfliesen lassen.



    Aber darüber regt Ihr Euch dann ja auch wieder auf, gell! Euch kann man einfach nichts Recht machen. - Is doch wahr!

  • Also lügt Frau Klöckner. Abtreten, aber sofort, ein derartig dreistes Belügen der Öffentlichkeit ist mit der Würde des Hohen Hauses nicht vereinbar.

  • Ist doch klar daß in einem Bundestag, der von AfD Kollaborateuren geleitet wird, bekennende Antifaschisten nicht willkommen sind.

    • @torrez:

      Ist doch praktisch, so kann die AfD sich in ihrer Opferrolle suhlen und gleichzeitig die Politik bestimmen ohne die Verantwortung dafür zu tragen. Und die Union ist offenbar taub und blind und spielt das Spiel mit.

  • „Antifaschismus ist eine Voraussetzung, um überhaupt Demokrat sein zu können“



    Das ist natürlich eine absichtliche Ausnutzung der begrifflichen Mehrdeutigkeit.



    Natürlich denken die meisten Leser der Aufschrift an radikale und gewaltbereite Antifa-Kämpfer.

  • Jeder Demokrat ist immer auch Antifaschist. Ist man kein Antifaschist, ist man auch kein Demokrat.

    Aber das kann Klöckner natürlich nicht wissen.

  • Antifaschismus, also die Bekämpfung des Faschismus, ist unerwünscht in der deutschen Politik geworden.

    Soll er es nächstes mal mit Mercedes oder VW-Logos probieren. Zum Beispiel am Schlüssel. Dann wird er reingelassen.

  • Es sollte doch jetzt wohl auch der letzte verstanden haben, dass Klöckner bestehende Regeln, die jedem bekannt sein dürften, streng durchsetzt. Wer jetzt immer noch in solchen Shirts auftaucht, der will bewusst provozieren und die (gespielte) Empörung muss man diesen Leuten dann auch nicht mehr abnehmen

  • Ganz ehrlich? Ich persönlich sehe keine zwingende Notwendigkeit, dass Abgeordnete oder der Mitarbeiter Klamotten mit politischen Statements tragen müssen - egal aus welcher Richtung. Einen gewissen Kleidungsstil kann man in einer Umgebung wie den Bundestag durchaus akzeptieren ohne sich gleich "empören" zu müssen. Abgeordnete haben ausreichend Gelegenheit, Ihre Statements vorzutragen - am Rednerpult.

  • Ich erinnere mich an einen langjährigen Bundestagspräsidenten, Norbert Lammert, auch CDU und konservativ. Nur verfügte dieser über den nötigen Intellekt um den Bundestag über ein Jahrzehnt zu leiten.



    Frau Klöckner ist allerdings Ausweis unserer Zeit. Es gilt nicht zu denken, nachdenken schon garnicht. Es gilt Vorschriften mit Punkt und Komma umzusetzen. Das passiert, wenn man eine ehemalige Weinkönigin, die in dieser Funktion sicherlich ihre Berechtigung hatte, zur Bundestagspräsidentin macht.



    Dazu muss man wissen, Weinköniginnen dirigieren nicht, sie werden dirigiert, von den Winzern.

    • @Bernhard Dresbach:

      Kritik, auch berechtigte, wird wirkungslos, wenn sie nicht ohne persönliche Beleidigungen auskommt. Es ist ja vollkommen in Ordnung, wenn Sie Weinköniginnen albern oder sonstwas finden. Aber daraus zu konstruieren, dass eine ehemalige Weinkönigin offenbar zu dumm ist, den Bundestag zu leiten, halte ich für absurd. Es gäbe genügend Kritikpunkte an der Arbeit von Frau Klöckner, da sollte man auch ohne Beleidigungen kritisieren können.

    • @Bernhard Dresbach:

      Man könnte auch sagen, Ihr Kommentar und der von @torrez sind auch "Ausweis unserer Zeit".

      Denn mit Klischees und Herabsetzungen ohne allzu viel sachlichen Inhalt wird nicht nur von "rechts" die politische Debatte erschwert.

    • @Bernhard Dresbach:

      Das hat nichts mit Intellekt zu tun, sondern mit Integrität. Mit einem Selbstverständnis als überparteilicher Bundestagspräsident. Die jetzige Bundestagspräsidentin erweckt den Eindruck einer Kulturkämpferin, die das Amt als Möglichkeit zum Agendasetting betrachtet. #notmybundestagspräsidentin

    • @Bernhard Dresbach:

      Ist das mit der Weinkönigin nicht langsam ausgelutscht? Oder schreiben Sie auch immer vom Studienabbrecher Kühnert?

      • @Strolch:

        Warum? Die Dame ist offenbar immer noch stolz drauf. Aus dem amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages für die laufende Legislatur:



        "Initiatorin des „Roman-Herzog-Medienpreises“ für Verbraucherjournalismus; Nahe- und Deutsche Weinkönigin (1994 bis 1996)."

        • @Flix:

          Gibt es aus Ihrer Sicht denn einen Grund, warum sich eine Frau dafür zu schämen hätte, dass sie Weinkönigin war?

          Ganz unabhängig von der Person Klöckner?

          Und tun Sie doch bitte nicht so, als wäre Ihnen nicht klar, das das "Herumreiten" auf der Weinkönigin in diesem Zusammenhang nur dazu dient, Frau Klöckner als intellektuell zu minderbemittelt für ihr Amt darzustellen.

          Das erinnert an die Zeit, als von linker Seite über Kohls pfälzische Sprachfärbung gelästert worden ist, oder alte Lübcke- und Hindenburgwitze umgeschrieben wurden, nur, um ihn als Deppen darzustellen.

          Oder die Kübel voll Häme, die über Guido Westerwelle ausgekippt worden sind, als er auf einer Pressekonferenz darauf bestand, deutsch zu sprechen.

          • @ PeWi:

            Wenn Mensch sich die Taten und Worte der Dame aus den letzten Jahren zu Gemüte führt, scheint Weinkönigin in der Tat das Ende ihrer intellektuellen Fahnenstange zu sein.

            Als Protagonistin des Alkoholkonsums aufzutrete, ist in meinen Augen auch alles andere als eine Ruhmestat

    • @Bernhard Dresbach:

      Lammert ist "old school" konservativ. Das sind Leute, mit denen man wunderbar diskutieren kann und nicht über die Fakten diskutieren muss. Solche Leute führten das Amt - wie vorgesehen - überparteilich.



      Klöckner ist da anders.



      Und zeigt gerade, dass Merz ihr vielleicht doch ein Ministerium hätte geben sollen. Das neu zu schaffende Ministerium für Weinköniginnen.