Koalitionspoker in Berlin: Verstehen muss man es nicht
Nach der Wahl in Berlin hätte es für Schwarz-Grün und Rot-Grün-Rot gereicht. Jetzt bekommt die Stadt wohl eine schwarz-rote Koalition. Logisch ist das nicht.
![Bettina Jarasch, Klaus Lederer, Franziska Giffey und Raed Saleh posieren für ein Foto vor den Verhandlungen Bettina Jarasch, Klaus Lederer, Franziska Giffey und Raed Saleh posieren für ein Foto vor den Verhandlungen](https://taz.de/picture/6130234/14/32229071-1.jpeg)
J etzt also Schwarz-Rot: Höchstwahrscheinlich bekommt Berlin jetzt ausgerechnet die Koalition, die sich wohl die wenigsten Wähler*innen am 12. Februar gewünscht haben. Zumindest rein rechnerisch hätte ein rot-grün-rotes Bündnis mit 90 Sitzen immer noch die größte Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus gehabt. Schwarz-Rot kommt auf 86 Sitze.
Genauso wie Schwarz-Grün übrigens, das ebenfalls rechnerisch möglich wäre und das – schaut man auf die Verteilung der Direktmandate – ebenfalls besser abbildet, was die Menschen eigentlich gewählt haben: Schwarz ist die Außenstadt, grün ist die City, von ein paar wenigen anderen Direktmandaten abgesehen.
Gut, so ist es eben in der Demokratie: Mehrheit ist Mehrheit. Dennoch ging es bei dieser Wahl auch darum, das Vertrauen der Wähler*innen zurückzugewinnen. Man erinnere sich, es war eine Wiederholungswahl in Berlin: angeordnet vom Landesverfassungsgericht, weil die reguläre Wahl im September 2021 völlig chaotisch verlief.
Nun wird fleißig interpretiert, warum die SPD ausgerechnet doch mit der CDU koaliert – obwohl am Tag nach der Wahl der SPD-Landesvorstand die noch Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey explizit stützte. Sie hätte, trotz ihrer Niederlage gegen die CDU, in ihrer Partei ein Mandat dafür gehabt, nochmal Rot-Grün-Rot anzuführen.
Zwar war man sich in den Sondierungen vielleicht mit der CDU in wesentlichen Punkten wie Verkehr und Bauen besonders einig. Aber auch nach den rot-grün-roten Sondierungen klang es optimistisch nach draußen: Das könnte noch etwas werden. Pragmatisch gedacht wäre es allemal gewesen: Die verbleibende Legislatur ist kurz, ein Koalitionsvertrag läge schon vor, die Posten sind verteilt. Die Stadt hätte, nach dem lähmenden Schon-wieder-Wahlkampf schneller weiterregiert werden können. Baustellen, von der kaputten Verwaltung bis zu maroden Schulen, gibt es genug.
Schwarz-Rot mag nun das Ergebnis sein – verstehen muss man es nicht.
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