piwik no script img

„Heimatland“ von Güner BalciNicht Klartext, sondern Kulturkampf

Lilly Schröder

Kommentar von

Lilly Schröder

Neuköllns Integrationbeauftragte Güner Balci warnt in „Heimatland“ vor einer „Islamisierungswelle“ – und stärkt darin unbeabsichtigt rechte Narrative.

Güner Balci vertritt in ihrem Buch „Heimatland“ streitbare Thesen Foto: Carsten Koall/dpa

V erschleierte Frauen sind unterdrückt, muslimische Männer Sexisten und die „Woken“ juckt’s nicht, weil die mit sich selbst beschäftigt sind. Endlich sagt’s mal jemand! Überraschung: Es ist weder Thilo Sarrazin noch Alice Schwarzer. Diese Thesen stammen aus dem im August erschienen Buch „Heimatland“ der Integrationsbeauftragten für Neukölln, Güner Yasemin Balci.

Die Sozialarbeiterin und Filmemacherin wurde 1975 in Berlin geboren und ist im Rollbergkiez in Neukölln aufgewachsen. In ihrer Autobiografie erzählt die Tochter alevitischer Türken, wie ihre Familie in Deutschland Fuß fasste und ihre Eltern sich für die Integration ihrer Kinder engagierten. Gleichzeitig warnt Balci vor einer abgeschotteten reaktionären islamischen Parallelgesellschaft, die sich dort zunehmend ausbreite.

Sie berichtet von türkischen, arabischen oder albanischen Vätern, die sich als patriarchale Autoritäten inszenieren, sowie Salafisten und Imamen, die sich selbst zu Familienrichtern ernennen und nach Scharia-Regeln handeln: Mädchen zu Hause einsperren und zwangsverheiraten.

Balci benennt damit Probleme, die mit Migration einhergehen. So weit, so berechtigt. Das Problem: Die Pauschalisierungen. Nicht jede arabische Familie ist patriarchal und nicht jede verschleierte muslimische Frau ist unterdrückt.

Stereotypen über Mi­gran­t*in­nen werden verstärkt

Für Balci schon: Das Kopftuch sei ein Symbol der Unterdrückung und linke Feminist*innen, die Kopftücher befürworten, seien „Wohlstandsverwahrloste“, sagte sie der Neuen Zürcher Zeitung. Das zu behaupten ist ignorant und blendet die komplexen vielfältigen Lebensrealitäten muslimischer Frauen aus.

Balci verstärkt durch ihre Generalisierungen bestehende Stereotypen über Migrant*innen, den Islam und gewalttätige Ausländer. So plädiert sie etwa dafür, statt von „Femiziden“ von „Ehrenmorden“ zu sprechen, da die Täter angeblich überwiegend migrantisch seien und aus dem Motiv der „Familienehre“ handelten. Das entspricht nicht der Realität: Der Anteil der Täter mit Migrationshintergrund ist nicht höher als ihr Anteil in der Bevölkerung.

Die Integrationsbeauftragte Balci inszeniert sich als jemand, die Klartext spricht und keinen Kulturkampf betreibt – doch ihre Argumentation trägt genau dazu bei. Die „Woken“ und die Medien würden sich nicht für das Recht auf Selbstbestimmung von muslimischen Mädchen interessieren, schreibt sie. „Stattdessen wird die Frage diskutiert, ob es so etwas wie das biologische Geschlecht gibt.“ Whatabout: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun und beide Themen verdienen Aufmerksamkeit – nicht Konkurrenz.

Doch anstatt die Gleichzeitigkeit auszuhalten, beißt Balci sich fest an den „Moralaposteln einer postmigrantischen Generation von woken Identitätspolitikern“, die jeden, der Probleme in der Einwanderer-Community anspricht, sofort als „Rassisten“ brandmarken. Sie hat recht: Diese Probleme müssen angesprochen werden können – aber differenziert. Andernfalls stärken sie unbeabsichtigt rechte Narrative.

AfD befürwortet Balcis Thesen

So wie Balcis Warnungen vor der „Islamisierungswelle“, bei der Fehlverhalten fast ausschließlich kulturell-religiös erklärt wird und die sozialen Realitäten der Betroffenen kaum berücksichtigt werden. So beglückwünschte sie etwa die AfD, als sie 2020 Integrationsbeauftragte wurde, während Linke und Grüne dagegen demonstrierten: „Wir wünschen Frau Balci viel Erfolg für ihre Arbeit und gute Nerven, die sie bei den sicher nicht weniger werdenden Angriffen vonseiten linker Ideologen ganz bestimmt brauchen wird“, schrieb die AfD.

Es zeigt sich: Balci erreicht mit ihren pauschalen Thesen nicht das, was ihre Aufgabe als Integrationsbeauftragte ist. Wer Thesen von Sarrazin zustimmt, muss damit rechnen, von den Rechten gefeiert zu werden. Dass sie sich in ihrem Buch für ein Verbot der AfD ausspricht, ändert an dem Grundproblem nichts.

Veranstaltungshinweis: Am Mittwoch, den 1. Oktober, liest Güner Balci um 19.20 Uhr im Restaurant Bajszel in der Emser Straße 8/9 in Neukölln aus ihrem Buch „Heimatland“.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Lilly Schröder
Redakteurin für Feminismus & Gesellschaft im Berlin-Ressort Schreibt über intersektionalen Feminismus, Popkultur und gesellschaftliche Themen in Berlin. Studium der Soziologie und Politik.
Mehr zum Thema

148 Kommentare

 / 
  • Das mit den Wohlstandsverwahrlosten war ein Vorwurf an die Linke, die laut Balic Frauen und Mödchen, die in DE in zutiefst patriachalen Strukturen leben, aus den Augen verloren haben.

    Sie wird in der NZZ so zitiert: "Linke Frauen, «vermeintliche Feministinnen», empörten sich lieber über den alten weissen Mann, als sich um das Schicksal von Frauen und Mädchen in patriarchalen Kulturen zu kümmern. Im Kopftuch sehen sie eine kulturelle Tradition und kein Symbol der Unterdrückung. Balci nennt sie Wohlstandsverwahrloste."

    Was an dem Vorwurf, Linke würden sich nicht ausreichen um Frauen und Mädchen in patriarchalen Strukturen kümmern, ein rechtspopulistischer Narrativ sein soll, ist mir schleierhaft.



    Es wäre mir neu, dass die AFD ach nur irgendwie gegen patriarchale Strukturen ist.

  • Es ist kein Wunder, dass die Türkei 2021 aus der Istanbul-Konvention ausgestiegen ist.

    Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt von 2011und ist ein völkerrechtlich bindendes Instrument zur umfassenden Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

    Passt wohl nicht ins System, welches ja auch hier eine große Rolle spielt.

    Frau Balci arbeitet ganz einfach u.a. für Frauenrechte. Sie folgt damit ihrem Job als Intergrationsbeauftragte, in dem halt massive Verletzungen von Frauen an der Tagesordnung sind. Persönlich halte ich das Kopftuch für inkompatibel mit den Menschenrechten.

    Klar, dass von Postkulturalisten da meckern. Frauenrechte kommen ihn ihrer postkulturellen Wertehierchie doch recht weit hinten.

    Die Istanbul-Konvention wird aber auch in Deutschland nur miserabel umgesetzt. Frau Balci macht mit verschiedenen Artikeln und ihrem neuen Buch da einen unbedingt notwendigen Job:

    unwomen.de/die-istanbul-konvention/

    frauenrechte.de/fi...ord_Definition.pdf

  • Siehe auch die 17Minuten Interview auf



    www.deutschlandfun...emokratie-100.html



    Sie fordert ein Verbot der Afd, und von „Der III. Weg.“



    Also eine Bündnispartnerin.

  • Zu diesen Themen siehe auch:



    taz 19.6.2025 Nach Klagen über das Verhalten von Muslimen an Hamburger Schulen machen sich Politiker und Religionsvertreter für ein respektvolles Miteinander stark.



    taz.de/Religioese-...-Schulen/!6091591/

  • "Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat."

    Güner Balci setzt Rosa Luxemburgs Satz bestens um.

    Auch Marx wäre happy: "Die Kritik an der Religion ist die Grundlage jeder Kritik". Die Analyse religiöser Phänomene ist der Schlüssel zum Verständnis gesellschaftlicher Verhältnisse und zur Befreiung der Menschen. Die hat nicht nur Neukölln und große Teile des Ruhrgebiets bitter nötig, sondern immer weitere Teile des Landes. Die Meinung der AfD dazu ist unwichtig. Es gilt, sagen, was ist.

    Klar, dass Postkolonialist:innen jaulen, gewisse Sitten und Gebräuche anderer Völker und Kulturen dürfen nicht kritisiert werden.

    Postkolonialismus hat zweifellos große Verdienste und seine absolute Berechtigung, doch global betrachtet für viele Millionen Frauen absolut negative Folgen.

    Frau Balci hat hervorragende und mutige Arbeit geistet.

    Ein Großteil der Femizide sind Ehrenmorde.

    Um präventiv arbeiten zu können ist eine präzise Definition unablässig.

    Dazu z. B. auch Terre des Femmes:

    "Femizid oder „Ehren“-Mord?"



    Eine Begriffsdefinition

    frauenrechte.de/fi...ord_Definition.pdf

  • Vielleicht sollte man auch als studierte Soziologin nicht immer glauben, alles besser zu wissen als die persönlich betroffenen Praktiker. Eine Freundin von mir (selbst übrigens Iranerin), die als Erzieherin an einer Berliner Grundschule arbeitet, könnte stundenlang haarsträubende Geschichten erzählen, was sie sich als Frau von kleinen Jungs mit türkischem oder arabischen MiHiGru tagtäglich anhören muss, wobei die natürlich nur unreflektiert wiedergeben, was ihnen zu Hause beigebracht wurde. Und das sind keine seltenen Ausnahmen, die unzulässigerweise generalisiert werden! Dass nicht alle „so“ sind, ist ein beliebtes Scheinargument, mit dem man statistisch signifikante Phänomene als anekdotische Evidenz relativieren kann. Das gilt nicht nur bei diesem Thema.

    • @Leon Noel:

      Ihr Ressentiment gegen "Studierte" in allen Ehren, aber wenn Sie statistische Signifikanz behaupten, müssen Sie das auch belegen. Mit Statistiken. Die man dann auch noch richtig erklären muss. Dass Sie jemand kennen, der jemand kennt, reicht eher nicht.

  • Ich würde ja gerne einmal die Reaktion linksgerichteter Medien lesen, wenn es in dem Buch um christliche Fundamentalisten ginge. Ich bin als Kind von Zeugen Jehovas in einem sozialen Brennpunkt im Ruhrgebiet groß geworden. Meine besten Freunde sind noch heute Menschen, deren Eltern strenge Muslime sind. Sie haben dem Glauben ihrer Eltern entsagt, so wie ich dem meinen, und das verbindet uns. In der deutschen Debatte wird vor allem von links verkannt, was Religion sein kann und was sie im Fall des Islams oftmals hinter dem Anschein der Mäßigung ist. Die größte faschistoide Gruppierung in Deutschland sind die Grauen Wölfe. Wo bleibt der Aufschrei von links?

    • @Eichhörnchen99:

      Ich sage erst mal "Glückwunsch" - und Ihre Kritik teile ich.

  • Bei den vielen Gegendarstellungen (u.a. zum Inhalt des Buches) in den Kommentaren fände ich einen Kommentar zur Aufklärung und der ggf. Richtigstellung der Autorin hilfreich.

  • Das Kopftuch, welches Frauen aufgrund einer Religion, das heißt einem gesellschaftlichen System tragen, sei nicht per se unterdrückend? Und das von einer feministischen Autorin mit Soziologiestudium? Ich bin dann doch etwas verwirrt.



    Nur weil die individuelle Frau nicht explizit einen Druck oder Unterdrückung spürt, ist das Kopftuch als religiöse Bekleidung im Islam unterdrückend. Da gibt es eigentlich keine zwei Meinungen. Bzw. Ich habe noch keine verständliche, kohärente Analyse gesehen, die das Gegenteil beweist.



    Immerhin muss einem die Unterdrückung nicht direkt spürbar bewusst sein. Und ein Kopftuch was nur für Frauen ist und explizit mit Ideen und Narrativen von Frauen als "the other", Verführerinnen und Schamhaft aufgeladen ist, ist immer unterdrückend und patriarchal. Heutzutage ist es nicht möglich sich von diesen Narrativen loszulösen. Und schon gar nicht als religiöse Frau die das Kopftuch aus religiöser Überzeugung trägt. Es ist systemisch unterdrückend.

    • @curiouscat:

      Ja seltsam oder? Die Integrationsbeauftragte scheint recht zu haben.



      Vor allem wenn man bedenkt, dass in einigen Medien schon die abstrakte "Erwartung der Gesellschaft", dass sich Frauen so oder so zu kleiden hätten, als patriarchale Unterdrückung und mittelalterlichen Sexismus gewertet wird.



      Aber wenn tatsächliche patriarchale Systeme, wie Islamische Kirchen, Frauen ab dem Kindesalter indoktrinieren: Absolute Freiheit, keine Kritik, wer es anspricht wird angegangen.



      Die Arbeit der Integrationsbeauftragten wird auch falsch verstanden: Diese soll ja gar nicht jede rückständige Tradition hierzulande verteidigen, sondern die Menschen in eine aufgeklärte, humanistische Gesellschaft integrieren - das geht nun mal nicht, wenn man Frauen als Menschen zweiter Klasse sieht.

    • @curiouscat:

      Natürlich kann man in dieser Frage anderer Meinung sein; die bekannten Argumente – dass es hier um die freie Entfaltung der Persönlichkeit, mithin um ein Grundrecht, geht und das ein Kopftuch innerhalb nicht-muslimischer Gesellschaft auch ein Bruch mit der hegemonialen Normativität sein kann – sind Ihnen sicher geläufig; ich will mich hier deshalb auf einen anderen Punkt konzentrieren, nämlich ob religiöse Kleidungs-, Ernährung- und Verhaltensvorschriften per se unterdrückerisch sind. Und genau hier scheinen Sie mir in den Zirkelschluss zu verfallen, an dem Religionskritik grundsätzlich zu leiden scheint: Sie setzen den atheistischen Standpunkt, von dem aus das alles Wahn und Unfreiheit ist. Der wäre aber zu beweisen; was, wenn die Frommen recht haben und das Kopftuch wirklich ein göttliches Gebot ist? Mir scheint, dass sich hier viele Linke wieder in die Idee vom objektiv richtigen Bewusstsein verstricken, das bei genauerer Betrachtung ja nur verobjektivierte Denkgewohnheit ist. Vor diesem Hintergrund wäre zwischen politischer Unterdrückung und selbstauferlegter Beschränkung zu unterscheiden; letztere ist und bleibt letztlich eine private Entscheidung.

      • @O.F.:

        Es gibt schätzungsweise 4.000 bis 10.000 Religionen, Kulte und Glaubensgemeinschaften auf der Welt, davon ca. 30 große Religionen und 5 Weltreligionen.

        Wenn wir einfach mal von den 30 Religionen ausgehen, dann ist der Unterschied zwischen mir und einer gläubigen Muslima nur der, das ich an 30 Religionen nicht glaube und sie an 29 Religion nicht glaubt. Sie ist also auch " gottlos" in den Augen der Anhängerschaft anderer Religionen. Dabei von linken Denkgewohnheiten zu sprechen, ist im Kontext der religiös nicht hinterfragten Denkgewohnheit schon ein bisschen seltsam.

        Über den Hinduismus und Elefantengötter wird ja auch gerne mal gelacht, weil dieser Glaube für uns so weit weg ist.



        Dabei handelt es sich um eine Weltreligion. Wer sagt denn, das der Elefantengott nicht real ist?

        Nur weil der Islam und das Christentum hier ihre Ausbreitung gefunden haben, diskutieren wir überhaupt über den Sinn und Unsinn von Kopftüchern.

    • @curiouscat:

      Wenn es um den Islam geht, vergessen die gebildetsten Feminist:innen das Wort „Internalisierung“.

      • @Eichhörnchen99:

        Da vergessen diese Art von Feminist:innen auch "Konditionierung", "Implementierung", "Introjizierung", "Verinnerlichung (von whatsoever)", "Reflexion" und "Schwarze Pädagogik".

        Wird Zeit, dass sich so manche Linke mal wieder mit den Arbeiten von hervorragenden Katharina Rutschky (früher an der FU Berlin SDS-Mitglied) und der begnadeten Alice Miller beschäftigen.

        Linke Basisarbeit. Ein absolutes Muss.

  • Absolut empfehlenswert. Das Buch habe ich mir als Geschenk zum Geburtstag gewünscht.

    Ehrlich, verständlich, bodenständig geradlinig und einwandfreie Expertise.

    Vielleicht zum Übel der Linken. Na und?

    Weiter so, Frau Balci

    • @skytalker07:

      Ich lese es gerade. Bin beim 1 Fünftel. Es ist bisher eine liebevolle Beschreibung des migrantischen Kiez ihrerKindheit und Jugend.

      "zum Übel der Linken" ist das mit Sicherheit nicht. Dafür ist die linke bewegung viel zu heterogen. Und jene die aus irgendwelchen kruden linkstheoretischen Gründen hinter Mullahs und Co stehen statt hinter unfreiwillig verschleierten Mädchen sind auch nur eine laute aber klein linke Minderheit.

      Rechte Narrative lassen sich aus dem Buch m.E. nicht ableiten. Rechtspopulisten werden es nicht lesen (wenn doch wird der sehr empatische Stil sie zum Positiven beeinflussen). Für solche Lesarten stehen eher die Stammtische, die sich ihre eigenen Welten zum Buch zusammenbauen um mal wieder ordentlich auf den Tisch zu hauen.

  • "Das Problem: Die Pauschalisierungen. Nicht jede arabische Familie ist patriarchal und nicht jede verschleierte muslimische Frau ist unterdrückt."

    -Rchtig. Wenn ich aber schreibe: Nicht jede Person in Russland steht hinter Putin und findet den Angriff auf die Ukraine als gerechtfertigt", dann ist das auch richtig, gibt aber keine Auskunft über Quantität und Qualität der Stimmungslage in der russischen Bevölkerung.

    Beobachtend feststellen lässt sich schon, das muslimische Frauen mit Kopftuch aus Neukölln nicht in Berliner Wohnprojekten, WG' s, nie im Nachtleben oder auf Dating-Apps, selten in gewissen Berufen und sehr selten in Sportvereinen anzutreffen sind-Nicht das dass zwingend etwas über den Status der Unterdrückung aussagt, denn auch hier können die Gründe mannigfaltig sein.

    Dennoch unterscheidet sich die Lebensrealität der muslimischen Frauen mit Kopftuch aus Neukölln ziemlich deutlich, von der Lebensrealität und dem Alltag linker Berliner Studentinnen.

    Es fällt auf, das hier oft mit zweierlei Maß gemessen wird: Der Tradwife-Trend wird scharf kritisiert und westliche konservative Frauen gelten als Komplizinnen des Patriarchats. Da gilt ein anderer Maßstab

  • Und noch was für alle, die einen klaren Blick auf unsere unschönen gesellschaftlichen Realitäten haben und genauso wenig Problemlösungskompetenz: wenn Meschen ihre Frau anzünden, dann wird, bei uns im Allgäu zumindest, die Polizei gerufen und gegebenenfalls das weitere juristische Prozedere in die Wege geleitet. Was denn sonst?

    Und noch noch was: bei all dem Mord und Totschlag, der seit Kain und Abel den Planeten heimsucht, sind wir irgendwann auf die grandiose Idee gekommen unsere Gesellschaften nach einer menschenrechtlichen Verfassung auszurichten, übrigens noch unter dem Eindruck eines von den Nazis verwüsteten Kontinents. Es hat sich gelohnt. Und das sollen wir jetzt aufgeben wegen eine paar Ehrenmorden? Wo die Meschenrechte doch genau deswegen ins Leben gerufen wurden, um Menschen vor willkürlichem Unrecht zu schützen?

    • @###:

      Was soll denn wegen "ein paar Ehrenmorden" aufgegeben werden?



      Und wenn Sie von "ein paar Ehrenmorden" sprechen, warum möchten Sie diese verharmlosen?

  • Es bleibt, trotz aller Aufregung hier im Forum, dabei: alle sozio-ökonomischen Faktoren berücksichtigend gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Studie um Studie belegen das immer wieder aufs Neue. Und abgesehen von einer vollständigen Abwesenheit einer akzeptablen und grundgesetzkonformen "Problem""lösung" ist es genau das, was Balci offenbar tut: die muslimische Gesellschaft als Problem unabhängig von wichtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren beschreiben.

    The trigger is not the target: mit anderen Worten: die Judenverfolgung unter den Nazis fand nicht statt, weil Juden ein Problem gewesen wären, sondern weil die Nazis dieses Thema instrumentalisierten, um an die Macht zu kommen. Und natürlich ist es in bezüglich der Zeit bis zur Machtergreifung 1933 nur leicht abgemilderter Form auch heute so mit der muslimischen Community der Fall. Aus solchen Sündenbockkonstellationen lässt sich viel politisches Kapital schlagen und manche schreiben ein Buch darüber und werden reich.

    • @###:

      Sie haben nicht den blassesten Schimmer von Judenverfolgung unter Nazis.

      Ihr Vergleich ist bizarr.

      Ist aber in gewissen Kreisen Usus um Muslime als arme Opfer darzustellen. Was sie nun wahrhaftig nicht sind.

    • @###:

      Balci beschreibt keineswegs "die" muslimische Gesellschaft als Problem, sondern bestimmte Erscheinungsformen, die vor allem mit Sozialisation, Tradition u. Herkunft zu tun haben, und die sich in allen muslimischen Ländern in unterschiedlichen Ausprägungen finden. Worauf im übrigen seit Jahren liberale Muslime wie Seyran Ates, Necla Kelek, Eren Güvercin, Murat Kayman oder Ahmed Mansour hinweisen (die Ihrer Lesart zufolge ja nur reich werden wollen). Oder sind die patriarchalisch-autoritären Strukturen, die Unterdrückung von Frauen, die Homophobie, der Antisemitismus, die Repressionen gegenüber jenen, die sich nicht an religiöse Vorschriften halten, in Afghanistan, Iran, Saudi-Arabien u. a. Ländern etwa auch allein sozioökonomisch bedingt?



      Noch ein Wort zu Ihrem völlig abwegigen historischen Vergleich. In Deutschland wird kein Muslim verfolgt, schon gar nicht der "Rasse" wegen, und die liberale Kritik am Islam richtet sich nicht gegen Menschen dieses Glaubens, sondern gegen die oben benannten religiösen oder als religiös bemäntelten Vorstellungen, die auch hier den Anspruch erheben, das gesellschaftlichen Zusammenleben zu bestimmen, aber schlicht nicht grundgesetzkompatibel sind.

      • @Schalamow:

        "Es passt nicht in die Story, dass die wirtschaftliche Lage dieser Eltern, und da sind sich Bildungsforscher einig, deutlich wichtiger ist als ein Migrationshintergrund, um Bildungserfolg zu analysieren. Die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, ist am niedrigsten bei einem Kind, dessen Eltern weniger als 2600 Euro netto im Monat verdienen, beide kein Abi­tur und keinen Migrationshintergrund haben. Am höchsten, wenn beide Eltern Abitur haben, mehr als 5500 Euro ver­dienen und einen Migrationshintergrund haben. Entscheidend ist nicht der Migra­tions­hintergrund, sondern das Geld."

        sz-magazin.sueddeu...gastarbeiter-95472

        Ist zwar nicht konkret auf die muslimische Community bezogen, aber dennoch repräsentativ. Weil das Thema immer gleich aufgezogen wird, die Gruppen sind austauschbar auf der ewigen, nervigen, eigentlich totgerittenen Suche nach dem Sündenbock.

      • @Schalamow:

        "und die liberale Kritik am Islam richtet sich nicht gegen Menschen dieses Glaubens, sondern gegen die oben benannten religiösen oder als religiös bemäntelten Vorstellungen"

        Und genau aus den von Ihnen genannten Gründen gibt es KEINE liberale Kritik am Islam an sich, sondern an eben den von Ihnen genannten Gruppen. An TEILEN der Muslime. Basierend auf Inhalten und nicht wegen der Religion an sich.

    • @###:

      Keine signifikanten Unterschiede? Die Juden hatten mit ca. 1% Bevölkerungsanteil ca. 1/3 aller Nobelpreise für Deutschland bis 1933 bekommen. Und bei der Ordensvergabe im ersten Weltkrieg waren sie auch deutlich überrepräsentiert.



      Natürlich gibt es durchaus auch signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, gute wie schlechte. Oder haben Sie noch nie von alten weißen Männern geredet?

    • @###:

      "alle sozio-ökonomischen Faktoren berücksichtigend gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen."

      Sie machen einen Fehler. Sie beziehen sich auf quantitative Faktoren. In dieser Sicht gibt es keine unterschiedlichen Gründe mehr für - bleiben wir mal beim Thema Morde u. co, - Tötungen. In Ihrer Sicht sind Tötungen im Alkoholrausch, rechtsextreme Morde, Eifersuchtsmorde, Ehrenmorde oder Femizide aus anderen Gründen nur noch ein quantitaver gleicher Brei. Kulturelle Faktoren werden sowohl bei Biodeutschen wie bei allen anderen Gruppen ausgeblendet.

      An ###: Da Sie das Thema Juden ansprechen. Die quantitative Betrachtung mit dem Ergebnis "alles gleich, wir können das weitere Denken abschalten" ist übrigens das gleiche Begründungsschema mit dem die Vergleicher des Holocausts mit dem Statlinismus vorgehen um die kulurellen Bedingungen, die zum Holocaust führten, auszuklammern.

      An die andren. Ich hallte die Judenvergleich hier für völlig deplatziert.

    • @###:

      Danke für die präzise Analyse … das Problem wurde erfasst, würde ich sagen.

    • @###:

      Dafür, dass sie "die muslimische Gesellschaft als Problem" beschreibt, hätte ich dann doch gern einen Nachweis. Es gibt Leserkommentare, die das Buch kennen - ich ich habe Interviews mit ihr gelesen. Sie hat nie "die Muslime" insgesamt als Problem dargestellt, sondern einen speziellen Teil, der sich der Integration bewusst verweigert. Seit Generationen übrigens, das Buch mit ähnlichem Befund von Frau Heisig ist über 20 Jahre alt.

    • @###:

      "keine signifikanten Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen"







      Wenn das wirklich so ist, wozu dann die ganze Aufregung um fremdenfeindliche Übergriffe aus der "weißen Mehrheitsgesellschaft"?

  • Während Linke darüber diskutieren, ob bestimmte Probleme angesprochen werden dürfen, wird die AfD immer größer - genau wegen diesen Problemen.

    • @Stechfliege:

      Sie bringen es prägnant auf den Punkt. Und mich ärgert diese linke Ignoranz so sehr, denn auch ich will um keine Preis unter einer AfD-Regierung leben.

  • Hm. Hab das Buch nicht gelesen und sicherlich entsprechen die zitierten Positionen nicht denen der modernen, postkolonialen Feminismus Bubble. Aber einer Frau, die in genau den kritisierten Strukturen aufgewachsen ist "Kulturkampf" vorzuwerfen und in eine Ecke mit Sarrazin zu stellen ist für mich genau das Gegenteil von einer differenzierten Auseinandersetzung, wie sie die Autorin hier einfordert.



    Die Stelle, an der Balci behauptet, dass "jede arabische Familie (...) patriarchal und (..) jede verschleierte muslimische Frau unterdückt ist", hätte ich dazu dann schon gern im Zitat.



    Was die Statistik zu Femiziden betrifft, kommt man natürlich zu dem Schluss, dass da keine kulturellen Hintergründe eine Rolle spielen, wenn man denn auch da nicht differenzieren will. Dass eine Familie den jüngsten Sohn dazu zwingt die fehlgeleitete Tochter aus Gründen der Familienehre umzubringen, kommt außerhalb der kritisierten Kreise sicher deutlich seltener vor.



    Und nochwas. Wenn jede streitbare Position, die der eigenen abweicht mit dem gerade tredigen Stempel "Kulturkampf" versehen wird, dann ist das eine billige Diskursverengung und kontakariert die Forderung nach weniger Pauschalität.

    • @Deep South:

      "der modernen, postkolonialen Feminismus Bubble"



      Welche Bubble ist gemeint?



      Doch nicht etwa diejenige, welche in Berlin "Queers4Palestine" schreit und sich dann wundert, dass erzkonservative gar keine Queers mögen? Oder wahlweise überall unterdrückte Frauen sieht, nur nicht wenn ihnen ein Imam das Kopftuch vorschreibt?



      queernations.de/ga...ueere-unerwunscht/

    • @Deep South:

      Ich lese das Buch gerade und es besteht überwiegend aus biografischen Schilderungen in proletarischen Verhältnissen. Es geht viel um Selbstbehauptung.



      Sodann schildert sie nach einer unbeschwerten Kindheit und Jugend - wie in einem Dorf - aktuelle Veränderungen im Stadtteil der letzten 10 Jahre (geboren 1975).



      Es geht ihr in erster Linie um ein gutes Zusammenleben und um das Teilen von Werten.



      Rigide Sitten und Schutzgelderpressung sind in Neukölln ein Thema und sie hat deshalb Rückhalt als Integrationsbeauftragte.



      Ja, der größte Teil der Grünenwähler wohnt nicht in diesen Stadtteilen.

    • @Deep South:

      P.S. Balci beschreibt auch mutige, selbstbewußte nicht unterdrückte verschleierte Frauen. Wogegen Sie sich in Punkto Verschleierung wendet ist das VerschleierungsGEBOT.



      Mir ist schleierhaft wie man darin, in der Pflicht für Frauen und Mädchen, etwas tragen zu MÜSSEN, keine Unterdrückung von Frauen sehen kann.



      Die meisten Leute reden nicht über das Buch. Haben es schlicht nicht gelesen.

    • @Deep South:

      "Die Stelle, an der Balci behauptet, dass "jede arabische Familie (...) patriarchal und (..) jede verschleierte muslimische Frau unterdückt ist", hätte ich dazu dann schon gern im Zitat"

      Zu der Aussage hatte ich gestern etwas mit Zitat gepostet. Sie stimmt nicht. Leider wurde der Kommentar noch nicht frei geschaltet.

    • @Deep South:

      Das Wort Kulturkampf ist nicht das Problem, sondern der diskursive Komplex, der sich dahinter verbirgt: die Aufkündigung bisheriger, meist unausgesprochener, Gepflogenheiten und Übereinkünfte, in Kombination mit rhetorischer Zuspitzung, die willkürliche Bevorzugung von Triggerthemen, die sich wahlkampftechnisch oder ökonomischgeschmeidig bespielen und ausschlachten lassen.

      • @###:

        Das kann man glaub ich noch viel einfacher runterbrechen: "Ich hab Recht und es gibt nichts zu diskutieren". Das Wort Kulturkampf ist aus meiner Sicht ähnlich wie die Begriffe alternativlos, Narrativ, etc. einfach nur ein mittlerweile beliebig wie notorisch eingestreutes Trendwort, das als Totschlagargument anderweitige Positionen abkanzeln soll. Ich kann mit dieser Art von "Debattenkultur" gar nichts anfangen.

  • Bevor ein solcher Artikel erscheint, würde ich mir wünschen, dass die taz sich einfach mal umfassend umhört unter Professionellen, diein diesem Bereich arbeiten (sprich an Orten in Berlin, wo der Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte hoch ist): SozialarbeiterInnen, LehrerInnen, FamilienhelferInnen etc.



    Dann entstünde vermutlich ein wesentlich differenzierteres Bild, als dieser Artikel entwirft.

    • @cazzimma:

      Es hätte schon gereicht, wenn eine Person die Aussagen im Buch mal gegengelesen hätte um dann festzustellen, dass da Inhalte hinein halluziniert wurden.

  • Was mir nicht in den Kopf will: Es stimmt ja, dass es unter Musliminnen nicht wenige emanzipierte Frauen gibt: das beste Beispiel ist Frau Balci selber. Aber anstatt sie zu feiern, weil sie genau das tut, was emanzipierte Frauen eben tun, nämlich patriarchale Strukturen in ihren Communities bekämpfen, macht man sie zu einer AfD-Handlangerin.

    Und da wird es widersprüchlich: Nehmen wir mal als Vergleich eine emanzipierte Frau aus irgendeinem strengkatholischen Kaff in Niederbayern, die sich gegen die Zwänge und Unterdrückungen durch traditionalistische Religionsausübung, evtl. sogar Missbrauch durch Pfarrer auflehnt. Würde sich da auch reflexartig eine Armada von Feministinnen zusammenfinden, die sagen würde, dass sie ja nur moderne und aufgeklärte Katholiken kennt? Auch Deborah Feldman hat keiner die Reproduktion antijüdischer Stereotypen vorgeworfen, als sie über das Leben im orthodoxen Judentum berichtet hat.

    Ich habe nie verstanden, warum ausgerechnet ein patriarchal geprägter, fundamentalistisch verstandener Islam es zum Hätschelkind des progressiven Feminismus geschafft hat.

    • @Meister Petz:

      Weil man sich bei der SPD eine neue Wählerschaft erhofft und bei den extremen Linken mit Israel einen gemeinsamen Gegner ausmacht. Oben drauf kommt ein auf die Fahnen geschriebener Antirassismus, der jede öffentliche Kritik an Migranten verunmöglicht.

      Dies gilt gerade für einen Bezirk wie Neukölln, der SPD-Grün geführt ist und wo die Linke stark im kommen ist. Bei seiner Gemengelage kann man sich mit den wohl gesonnen Communities nicht anlegen. Ähnlich ist die Situation ja auch im Bereich des Drogenmissbrauches, der in Neukölln neudeutsch Drogengebauch lautet. Da zeigt man sich dann halt schnell als "machtlos", wenn es um die Auswüchse geht.

    • @Meister Petz:

      Danke, ein sehr kluger Gedanke.

    • @Meister Petz:

      Weil man insgeheim davon ausgeht, dass bestimmte Gruppen unmündige Kinder sind, die von edlen deutschen Linken beschützt werden müssen und die für ihr Verhalten letztlich nicht verantwortlich sein können.

      Es ist eine paternalistische Haltung, die bestimmte Gruppen entmündigt. Ja, auch arabische Muslime können genuin arabisch-muslimische, objektiv problematische oder sogar objektiv schlechte Traditionen und Sitten haben. Das anzuerkennen, ist nicht per se rechts oder reaktionär, aber es bedeutet per se, diese Menschen ernstzunehmen.

    • @Meister Petz:

      Ich pflichte Ihnen bei. Besonders Ihrem letzten Satz.

  • "So plädiert sie etwa dafür, statt von „Femiziden“ von „Ehrenmorden“ zu sprechen, da die Täter angeblich überwiegend migrantisch seien und aus dem Motiv der „Familienehre“ handelten. Das entspricht nicht der Realität: Der Anteil der Täter mit Migrationshintergrund ist nicht höher als ihr Anteil in der Bevölkerung."

    Tut mir leid, das ist doch völlig falsch. Ja den Mord an (Ex)Partnerinnen - "Femizid" - gibt es überall. Aber dass eine Familie kollektiv (inkl. Frauen!) beschließt ein weibliches Familienmitglied ("eigen-Fleisch-und-Blut") zu ermorden, weil dieses sich nicht an die jeweiligen Moralvorstellungen hält, ist doch hier völlig unüblich.

    Ich kann mir kein deutsches Millieu vorstellen, in dem die (männlichen) Familienmitglieder annehmen können, ihren Status durch einen Mord an einer Verwandten aufbessern oder wiederherstellen können - ("Gut dass du deine Tochter hast ermorden lassen, jetzt kannst du dich auf unserem Skatabend wieder sehen lassen"!?!)

    Ich komme aus einer sehr nazibelasteten Gegend Ostdeutschlands. Ich habe noch nie von einem Fall gehört dass Nazis ihre eigene Schwester/Cousine ermorden haben, nur weil diese sich prostituiert hat.

    • @Chris McZott:

      Ehrenmorde sind ein kleiner Teil der Femizide, den man auch gern so benennen darf, aber das Kind dabei nicht mit dem Bade ausschütten sollte.

    • @Chris McZott:

      "So plädiert sie etwa dafür, statt von „Femiziden“ von „Ehrenmorden“ zu sprechen"

      Dafür plädiert sie nicht. Da wurde die Aussage verdreht. Sie plädiert dafür Ehrenmorde nicht mit dem Oberbegriff Femizid zu benennen, weil dadurch Kontexte und Hintergründe verschleiert werden. Das ist ein nachvollziehbares Argument.

    • @Chris McZott:

      Danke.

      Ich habe genau das hier schon öfter und seit geraumer Zeit geschrieben.

      Es wird von einigen partout nicht begriffen. Weil sie es einfach nicht begreifen WOLLEN.

      • @Suryo:

        Gab es so einen Fall nicht bei einer Jesidin, die wegen eines muslimischen Partners ermordet wurde? Und was wissen Sie von anderen Femiziden im Detail? Ist es nicht ein grundsätzlicheres Problem als dass man es pauschal über eine spezielle Religionsgemeinschaft projizieren sollte?

        • @sachmah:

          Macht doch gar keiner. Nirgendwo schreibt jemand Femizide pauschal "einer Religionsgemeinschaft" zu. Nur wird man die Strukturen, die zu diesen -als "Ehrenmord" bezeichneten- Taten führen, nicht auflösen können, wenn man sie in irgendeiner Pauschalstatistik abheftet. Warum kann Frau Balci -gerade als Integrationsbeauftragte- nicht speziell dieses Problem kritisieren ohne sich gleich über alle Femizide, mit ihren unterschiedlichsten Hintergründen zu äußern?

  • "So plädiert sie etwa dafür, statt von „Femiziden“ von „Ehrenmorden“ zu sprechen, da die Täter angeblich überwiegend migrantisch seien und aus dem Motiv der „Familienehre“ handelten"

    Ich finde den Eifer, mit dem in den letzten Jahren über Begriffe diskutiert wird, befremdlich und kontraproduktiv. Auch hier wieder. Es existiert ein Problem mit Ehrenmorden, und Femizide schließen sowohl Ehrenmorde als auch andere Motivationen, Frauen zu ermorden ein. Es handelt sich also NICHT um gleiche Definitionen. Und Frau Balcis Idee, es "Ehrenmord" zu nennen, wenn ein "Biodeutscher" seine Frau aus - sagen wir mal - Eifersucht ermordet, ist einfach Unfug. Andererseits ist es korrekt, einen Ehrenmord als solchen zu bezeichnen, wenn die Motivation dem Sachverhalt entspricht.

    • @Kaboom:

      Ich finde es ist nicht korrekt einen Mord der aus dem Motiv der "verletzten Ehre" begangen wurde als "Ehrenmord" bezeichnen. Schlicht und einfach weil "Ehre" positiv konnotiert ist, und der Begriff Ehrenmord den Mord (und damit den Täter) beschönigt. Hier sollte ein neuer Begriff eingeführt werden der den archaischen und verbrecherischen / eigennützigen Charakter der Tat widerspiegelt.

      • @Gerald Müller:

        Lust ist auch positiv konnotiert und dennoch ist es der Begriff „Lustmord“ nicht.

        Ich kenne niemanden, der das Wort Ehrenmord so versteht, als solle damit die Ehrbarkeit des Mordes betont werden. Es geht ganz einfach um die Motivation des Mörders.

    • @Kaboom:

      "Und Frau Balcis Idee, es "Ehrenmord" zu nennen, wenn ein "Biodeutscher" seine Frau aus - sagen wir mal - Eifersucht ermordet, ist einfach Unfug. "

      Unfug ist es, dass Sie behaupten, Frau Balcis hätte das behauptet. Und es ist eine Frechheit, sowas zu behaupten obwohl sie das Zitat dazu aus dem Buch kennen und bereits weiter unten darauf geantwortet haben.

  • Ja die migrationsfreundliche Linke ist leider auf dem rechten Auge blind, so bald die Rechten Migranten sind.

    Dabei ist es so einfach: wer ernsthaft Antirassist ist, glaubt nicht an "Rassemerkmale" - ergo: wenn man der Überzeugung ist, dass X% der Deutschen Nazis sind und die deutsche Gesellschaft von einem strukturellen Rassismus geprägt ist, der MUSS auch annehmen, dass X% eines JEDEN Volkes "Nazis" (also deren Äquivalente z.B. Islamisten) sind und JEDE Gesellschaft von strukturellen Rassismus geprägt ist.

    Daraus folgt dass wenn Migranten X% der dt. Gesellschaft stellen, auch zu erwarten ist, dass sie auch X% der Rechten stellen.

    Generalisierungen sind natürlich immer falsch und die Gefahr der Bedienung von rassistischen Stereotypen ist abstrakt auch immer gegeben, aber bei der Kritik am deutschen Rassismus ist mir noch nie aufgefallen, dass vor einer Stereotypisierung der Deutschen gewarnt wird. Insofern ist das weder hilfreich noch glaubwürdig.

    Dass die AfD davon profitieren kann ist natürlich blöd aber durch die völlig weltfremde (und implizit rassistische) Position dass Migranten keine "Nazis" seien können, hat man völlig unnötigerweise die Rechten gestärkt.

    • @Chris McZott:

      Nee, die meisten "migrationsfreundlichen" Linken differenzieren zwischen Muslimen und Islamisten. Sowenig alle Deutschen Nazis sind, sind alle Muslime religiöse Fanatiker. Das ist etwas was in der zunehmend polarisierenden Debatte abhanden kommt. Für mich als Linker bleiben Rechte Rechte egal welcher Nationalität oder Religionszugehörigkeit. Eine der größten rechtsextremen muslimischen Organisationen in Deutschland, sind die Grauen Wölfe, die seltsamerweise nicht verboten wird und das obwohl die CDU/CSU hier meist in der Regierung ist.

      • @Andreas J:

        Das Linke da differenzieren ist ja selbstverständlich.



        Die Frage ist ob Linke den Islamismus auch ansprechen oder schweigen, weil das Reden über Islamismus rechtspopulistische Narrative bedienen würde (das ist hier wohl der zentrale Vorwurf gg. Frau Balci). Die Frage ist dabei auch, ob Linke dadurch Frauen, Mädchen, Schwule, ... ihre Solidarität gg. Islamismus verweigern und darüber hinaus das Thema durch Schweigen auch noch den Rechtspopulisten überlassen.

      • @Andreas J:

        Bei den Grauen Wölfen sind wir uns im Forum durch die Bank alle schnell einig, was für ein faschistischer Sch…verein das doch ist, der verboten gehört. Wenn‘s dann gar noch „Islamo-Faschisten“ sind, hüpft das Herz bei einigen hier noch höher. Feindbild perfekt!



        Ob Frau Balci irgendwie politisch rechts zu verorten ist - wie das beispielsweise bei Akif Pirinci aufgrund seiner öffentlichen Positionierungen eindeutig der Fall ist - kann ich nicht beurteilen. Mit Schubladen wäre ich da sehr vorsichtig.



        Seltsamerweise kommt aber niemand auf den Gedanken, dass es innerhalb der deutschtürkischen Community an den extremen Rändern nicht nur Islamisten und Faschisten, sondern auch so etwas wie fanatische Säkularisten geben könnte - nicht auszuschließen, dass diese sich allzu gerne vor den Karren bio-deutscher islamophober Rechter UND Linker spannen lassen.



        Nur so als Gedankenanstoss, um mal die politische Arithmetik etwas durcheinander zu würfeln.

      • @Andreas J:

        Die Grauen Wölfe werden nicht "seltsamer Weise" nicht verboten, sondern weil es keine Rechtsgrundlage dafür gibt. Es gibt weder eine "Organisation" noch einen Verein der Grauen Wölfe.

        Sie sind offiziell nicht organisiert und finden sich lediglich auf lokaler Ebene im Umfeld von Kulturvereinen, Teestuben oder Sportschulen zusammen.

        Und derartige Zusammenkünfte, auch wenn sie politischer Natur sein sollten, sind vom Grundgesetz gedeckt.

        Da hat ausnahmsweise einmal weder die CDU noch die CSU Schuld daran.

        • @Sam Spade:

          Was wollen Sie damit über die Kritik an Fra Balci sagen? Dass man nichts gegen solche rechten Bewegungen unternehmen oder gar schreiben soll, weil das dann rechtspopulistische Narrative bedient? Und dass die Schuld in DE natürlich bei der CDU liegt und man als Linker auch noch fein raus ist.

          Between. Der Ansatz der CDU (wenn er überhaupt von der CDU ist, sicher stehen auch die anderen Parteien dahinter) ist ein rechtsstaatlicher mit dem solche nicht organisierten Bewegungen grundsätzlich erlaubt sind. Dies schließt auch alle anderen Bewegungen ein wie z.B. die Antifa. Auch dort können nicht beliebig verboten werden, nur weil ein paar Knalltüten militant agieren.

          Das man für solche unorganisierten Bewegungen an sich verbietbare Verfahren will würde ich eigentlich bei Trump und Co. erwarten.

      • @Andreas J:

        Dem kann ich mich vollunfänglich anschließen.

  • "Wer Thesen von Sarrazin zustimmt, muss damit rechnen, von den Rechten gefeiert zu werden."



    Und wer Thesen von vornherein kategorisch ablehnt, nur weil sie von bestimmten Personen stammen, hat Scheuklappen auf und handelt nicht sachlich, sondern ideologisch.



    Das Buch ist einmal mehr der Beweis, dass Probleme niemals eindimensional sind.



    Frau Balci, Thilo Sarrazin, Alice Schwarzer und selbst die AfD benennen real existierende Probleme.



    So wie das auch Antifas, Klimaaktivisten und 'woke' Linksaktivisten tun.



    Man muss nicht jede Meinung teilen und erst recht nicht alle Schlussfolgerungen, die einzelne Akteure aus ihren Thesen ziehen. Man sollte sich aber alle Meinungen vorurteilsfrei anhören.



    Der Kampf um die Meinungshoheit ist zum wichtigsten Gut verkommen. Es geht Rechten wie Linken nicht mehr primär darum, 'gute Politik' zu machen.



    Oberstes Ziel ist es die Deutungshoheit zu erringen. Hauptsache moralisch im Recht sein.



    Das lähmt Gesellschaft und Staat.



    Statt darüber zu streiten ob Balcis Thesen Sarrazins ähneln oder irgendwelche Narrative verstärken, sollte über die Thesen selbst gerungen werden.



    Was trifft zu, was weniger - und wie ist dem beizukommen.

    • @Saskia Brehn:

      Wir müssen ja nicht darüber streiten, ob die von Frau Balci geschilderten Probleme im Kontext von Migration und Islam existieren.



      Und möglicherweise ist es Stand heute auch wohlfeil, darüber zu diskutieren, ob die Probleme Ausfluss von Konfliktimport aus den islamischen Herkunftsgesellschaften der Zuwanderer oder auf die eklatanten Versäumnisse einer verfehlten Migrations-/Integrationspolitik in den zurückliegenden Jahrzehnten zurückzuführen sind - denn vermutlich trifft beides zu.



      Genau so richtig ist allerdings der Hinweis auf die politische Instrumentalisierung der Probleme durch die AfD, die Unionsparteien (leider) und eben Autoren wie Sarrazin, die islamophobe Einstellungen in weiten Teilen der Bevölkerung eher triggern als einen aufklärerischen Ansatz zu verfolgen.



      Was wir JETZT, angesichts der schwierigen Situation dringend benötigten, wäre ein nationaler Migrationspakt unter Einschluss aller relevanten gesellschaftlichen Gruppen - der müsste dann allerdings auch irgendwie die 5,6 Mio. in Deutschland lebenden Muslime (6,6% der Bevölkerung) einbeziehen, die unbestreitbar ein Teil dieser Gesellschaft sind.

    • @Saskia Brehn:

      Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied:

      Sarrazin hatte davon geschrieben, dass Muslime ganz prinzipiell weniger intelligent seien und Deutschland dadurch schaden. Das ist Rassismus pur.

      Richtig ist dagegen dass wir eine Negativselektion bei der Einwanderung haben und dadurch überproportional ungebildete und konservative/rechtsextreme Muslime nach Deutschland kommen.

      • @Chris McZott:

        "Richtig ist dagegen dass wir eine Negativselektion bei der Einwanderung haben und dadurch überproportional ungebildete und konservative/rechtsextreme Muslime nach Deutschland kommen."

        Das ist eine Situation, die vor allem durch die Aussetzung des Familiennachzugs forciert, wenn nicht gar herbeigeführt wird.

        • @###:

          Was hat der Nicht-Nachzug von "Tradwives" aus einem anderen Kulturkreis mit der Stärkung des konservativen Anteils in deren hiesiger Community zu tun?

  • "Balci verstärkt durch ihre Generalisierungen bestehende Stereotypen über Migrant*innen, den Islam und gewalttätige Ausländer"

    Frau Balcis Kritik gilt denjenigen konservativen muslimischen Kreisen, die ein reaktionäres Islamverständnis pflegen und in sozial schwächeren Vierteln deutscher Großstädte längst meinungsbildend geworden sind in der muslimischen Community.

    Den Fokus richtet sie dabei auf die streng religiösen arabischen Großfamilien die traditionell patriarchaisch strukturiert sind und ein eigenes Wertesystem vertreten.

    Den Wandel der damit in den entsprechenden Stadtvierteln einhergegangen ist hat sie in vielfältiger Art und Weise bereits mehrfach geschildert. Besonders unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit der Geschlechter.

    Wenn die Autorin jetzt bemängelt, dass Frau Balci ausschließlich aus kultur-religöser Sicht argumentiert und soziale Aspekte vernachlässigt, dann hat sie leider die Zielgruppe der Frau Balci "Fehlverhalten" vorwirft falsch definiert. Es geht bei dieser Gruppe nämlich ausschließlich um kultur-religöse Aspekte die wenig mit den sozialen Verhältnissen zu tun haben.

    Der Kommentar geht daher leider am eigentlichen Thema vorbei.

    • @Sam Spade:

      Richtig.

      Ich sage der Autorin des Artikels auf den Kopf zu, dass sie das alles intellektuell sehr wohl begreift, sie ist ja nicht dumm.

      Sie kann nur einfach nicht aus ihrer Haut. Die Abwehr gewisser Wahrheiten ist in gewissen Bubbles so ein mächtiger Reflex, dass er nicht unterdrückt werden kann.

      • @Suryo:

        Wenn wir von diesen muslimisch geprägten Milieus reden, dann reden wir ja immer von Berlin und nie von München, korrekt? Nicht wissend, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Muc signifikant höher als in Berlin ist. Die unterschiedlichen Realitäten sind auf unterschiedliche Politiken zurückzuführen. In München die SPD unter Hans-Jochen Vogel, der die Neubürger möglichst gleichmäßig über den Stadtraum verteilt versuchte Wohnraum zukommen zu lassen mit Integrationsangeboten. Und in Berlin die CDU, die die "Gastarbeiter" als vorübergehende Erscheinung betrachtete und falls diesbezüglich Zweifel vorhanden gewesen wären wurden die vorübergehenden Gäste in Häuser, die zum Abbruch freigegeben waren, zu überteuerten Mieten gesteckt.



        Trotz allem bin ich lieber in Berlin, auch in Neukölln und Co.

  • "So plädiert sie etwa dafür, statt von „Femiziden“ von „Ehrenmorden“ zu sprechen, da die Täter angeblich überwiegend migrantisch seien und aus dem Motiv der „Familienehre“ handelten. Das entspricht nicht der Realität: Der Anteil der Täter mit Migrationshintergrund ist nicht höher als ihr Anteil in der Bevölkerung."

    "Femizid" ist der Oberbegriff für eine Vielzahl untergeordneter Motive beim Mord an Frauen.

    Der Ehrenmord ist eines dieser Motive und er kommt nahezu ausschließlich in gestimmten migrantischen Communitys vor.

    Wenn deutsche Kartoffeln Frauen umbringen, dann nicht aufgrund des Konzepts irgendeiner Familienehre, sondern allermeistens aus Eifersucht, weswegen das in der Kriminalistik auch Eifersuchtsmord genannt wird.

    Also ja: Der Femizid als ganzes mag in allen Bevölkerungsgruppen gleich oft vorkommen. Der spezielle Ehrenmord tut das nicht.

    • @Morrad Mo:

      Wenn eine "deutsche Kartoffel" eine Frau umbringt, ist es fast immer seine Expartnerin. Ihre Bezeichnung solcher Mordmotive als "Eifersucht" empfinde ich als eine Bagatellisierung dessen, was dort geschieht. Der Mord geschieht doch meistens, weil sich der Täter in seiner "Ehre" als Mann gekränkt fühlt. Nach dem Motto: Wenn ich sie nicht haben kann, dann darf sie auch niemand Anderes haben. Den Motivations-Unterschied zu den sogenannten "Ehrenmorden" finde nicht so groß. Es ist doch bezeichnend, daß so lange Zeit Morde von deutschen Männern als "Familiendrama" abgetan wurden. Ich bin froh, daß sich der Begriff "Femizid" für Morde an Frauen langsam endlich durchsetzt.

      • @Irm mit Schirm. 100% Antifa:

        "empfinde ich als eine Bagatellisierung"

        Na super Sie empfinden es als eine Bagatellisierung wenn bei Morden ein Kontextbegriff hinzugefügt wird. Und andere Frauen empfinden es als eine Bagatellisierung wenn der Kontext nicht benannt wird und stattdessen ein eher wissenschaftlicher fachbegriff verwendet wird. Und schlimmer noch, Sie unterstellen Betroffenen auch noch ein mieses Motiv

        Mir ist das zuviel "ich" und zu wenig Verständnis für die Befindlichkeiten anderer Menschen.

        Und nebenbei. Der Oberbegriff Femizid hat sich längst durchgesetzt. Was Sie wollen ist eine sofortige Ausradierung aller anderen Begiffe, selbst dann wenn sie einen differnzierten Blick auf Femizide ermöglichen.

        • @Rudolf Fissner:

          Sie können oder wollen scheinbar nicht verstehen, daß solche Begriffe wie "Eifersuchtsdrama" oder auch "Familiendrama" jahrzehntelang dazu benutzt wurden, um Morde von Männern an Frauen zu bagatellisieren. So lange wurde von uns Frauen auch dafür gekämpft, daß diese Morde auch als das benannt werden, was sie sind, nämlich Morde an Frauen (= Femizide). Haben Sie diesbezüglich eigentlich einmal ensthaft die Diskussionen der vergangenen Jahre verfolgt? Wie mal wieder auch in diesem Forum erkennbar, wird gerade von Männern besonders gerne wieder auf obige Begriffe zurückgegriffen. Bei der Diskussion hier sogar noch mit dem Versuch einen sogenannten "Ehrenmord" als viel schlimmer darzustellen als einen Mord von einem deutschen Mann an einer Frau. Das ist absolut perfide!

      • @Irm mit Schirm. 100% Antifa:

        Ein Ehrenmord ist etwas anderes, das wurde hier jetzt vielfach erklärt. Es geht um die - aberwitzige - Idee, mit einem Mord an einem "sündigen" Familienmitglied könnte man die Familienehrer wiederherstellen.

        • @Dr. McSchreck:

          Und der biodeutsche Mörder hat die aberwitzige Idee, daß er mit dem Mord damit seine "Ehre" wiederherstellen kann, weil die Frau es ja gewagt hat, die "Totsünde" zu begehen, sich von ihm zu trennen...

          • @Irm mit Schirm. 100% Antifa:

            Ja auch Biodeutsche können Femizide begehen, die Ehrenmorde darstellen.

  • Wie sehr das Buch von Frau Balci generalisiert, kann ich nicht beurteilen.



    Allerdings arbeite ich an einer Sekundarschule in Neukölln und habe an einer Brennpunktschule im Wedding gearbeitet. Deshalb muss ich leider aus eigener Erfahrung sagen, dass tendenziell sehr wohl etwas dran ist an den Problemen, die Balci benennt.



    Es gibt, gerade in bildungsfernen Familien, stark patriarchal geprägte Strukturen. Hier herrschen archaische Vorstelllungen, wie dass die Mädchen für die Ehre der Familie zuständig sind, vor.



    Weibliche Lehrkräfte werden von einigen Jungen aus arabischstämmigen Familien nur bedingt als Autoritäten akzeptiert; Konflikte, die daraus resultieren, entstehen leider immer wieder.



    Statt immer wieder zu beschwichtigen und so zu tun, als gäbe es keine kulturellen Prägungen, sollten die Probleme auf den Tisch und angegangen werden.



    Den jungen Männern hilft es nicht weiter, in einer schizophrenen Sitution zu leben (zuhause König, in der Schule gelten die Regeln für alle, und "er" wird nicht abgefeiert dafür, dass er ein männliches Wesen ist).



    Mädchen aus solchen Familien nehmen sich machmal sehr zurück. Frau Balcis Erfahrungen sollte man nicht einfach so abbügeln.

    • @cazzimma:

      Ihre Argumente erscheinen schlüssig, aber es kann eben nicht sein, was nicht sein darf. Das zeigt sich hier eben einmal wieder.



      Viele Menschen die sich dem linken, urbanen und zudem akademischen Spektrum zurechnen vertreiben mit der Leugnung solcher Thematiken zunehmend die Leute. Meiner subjektiven Wahrnehmung nach zumindest und in meinem Umfeld.



      Man/Frau muss zumindest über deine sprechen können, sonst tun es irgendwann solche Typen mit Dackelkrawatten

  • Bis vor 23 Jahren hätte ich vermutlich ähnlich argumentiert wie Frau Schröder. Dann hat ein glückliches Schicksal mich mit meiner Frau zusammen gebracht, die einer türkischen Familie entstammt und deren Perspektive exakt der von Güner Balci entspricht. Von daher vertraue ich mittlerweile sehr viel mehr osmanischen Frauen bei der Bewertung von Islam und Patriarchat als westlichen Linken. Letztere machen es leider derzeit den Rechten wirklich sehr leicht, indem offensichtliche Missstände in islamischen Gruppen ignoriert werden.

    • @Egil:

      Ich bin ganz bei Ihnen.



      Danke für diese Zusammenfassung

  • Ich glaube kaum, dass Frau Balci behauptet, alle Frauen mit Kopftuch seinen unterdrückt oder es gäbe keine integrationswilligen Muslime, Araber, Türken. Interessanterweise sieht sie sich aber gut 20 Jahre später den gleichen Vorwürfen ausgesetzt wie Frau Heisig - und wenig hat sich geändert. Dabei war es auch bei letzterer nicht das Ziel, gegen Migranten zu hetzen, sondern vielmehr deren junge Generation zu ermöglichen, hier wirklich anzukommen, wozu beispielsweise Schulleistungen gehören. Wozu hilfreich ist, wenn man bei der Einschulung die Sprache des Landes spricht, in dem man schon 6 Jahre lebt.

    Man soll das Thema nicht totschweigen, schreibt die Autorin, aber wenn man es benennt, ist es auch wieder falsch?

  • Balci schreibt nicht das Femizide nun Ehrenmorde heißen sollen. Sie kritisiert, dass der allgemeinere Begriff Femizid mehr unter den Teppich kehrt als spezifische Gewalt gegen Frauen aufdeckt.

    Balci schreibt „Von einem »Ehrenmord«ist nicht mehr die Rede, der neue Terminus heißt »Femizid«, der für meine Freundin Asmaa aus Syrien wie eine Pilzerkrankung klingt. »Femizid« verallgemeinert: Männe töten halt Frauen, das kommt doch in den besten Familien vor, selbst bei biodeutschen Ärzte-Ehepaaren. “

    • @Rudolf Fissner:

      Ich bin als Frau echt entsetzt, daß Frau Balci den Begriff Femizid auf eine solche Weise, wie Sie es aus ihrem Buch zitieren, verunglimpft. Damit hat sich die Dame in meinen Augen vollständig selbst diskreditiert. Es ist doch so, daß das Motiv für Femizide meistens aus verletzter Ehre des oder der Mörder heraus geschehen. Und es hat viel zu lange gedauert, daß Morde von biodeutschen Männern an ihren Ex-Partnerinnen als genauso schlimm angesehen werden, wie die sogenannten "Ehrenmorde". Deswegen ist der Begriff "Femizid" genau richtig!

      • @Irm mit Schirm. 100% Antifa:

        Was ist mit dem Mord an einem schwulen Sohn?

        In welcher biodeutschen Community gibt es das Konzept einer Familienehre, die zB auch Brüder ihre Schwester ermorden lässt? Welcher Biodeutsche tötet seine Frau, weil er glaubt, dass seine Community das von ihm erwartet?

        Familienehre bzw. Ehre ist in bestimmten Kulturen ein ziemlich klares Konzept mit eigenen Regeln und Definitionen. Sie besteht im arabischer Raum eben nicht nur aus den wirren Empfindungen eines Individuums, sondern ist quasi kodifiziert.

        Wie kann man den Unterschied nicht erkennen?

        • @Suryo:

          Vielen Dank, daß Sie mir als dummer, biodeutscher Frau erklären, daß die "Ehrenmorde" viel schlimmer sind als die Morde von "wirren" deutschen männlichen Individuen. Ironie off. Wenn ich mir gerade auch in diesem Forum ansehe, mit welchen Beschreibungen die Morde von deutschen Männern an Frauen beschrieben werden - "Eifersuchtsdrama", "Familiendrama", "wirre deutsche Individuen"- dann muß ich leider feststellen, daß hierbei eine völlig falsche, die Opfer verhöhnende Bagatellisierung stattfindet. Vielleicht können wir uns ja wenigstens darauf einigen, daß Mord Mord ist und immer gleich schlimm, egal welche Motivation dahinter steht.

          • @Irm mit Schirm. 100% Antifa:

            100% d'accord, gilt auch für ihren anderen Kommentar zum Thema Femizid.

            Wie sie eventuell selbst bemerkt haben, ist die Intention welche sich oftmals hinter den Taten verbirgt in Deutschland besonders unter Männer anscheinend noch nicht allzu geläufig.

    • @Rudolf Fissner:

      " Männe töten halt Frauen, das kommt doch in den besten Familien vor, selbst bei biodeutschen Ärzte-Ehepaaren. “

      Öhm ... und was genau ist daran nicht korrekt?

      • @Kaboom:

        Kein Biodeutscher tötet seine Frau, weil er glaubt, dass seine biodeutsche Community das von ihm erwartet und ihn ansonsten als ehrlos betrachtet.

    • @Rudolf Fissner:

      Richtig.

      Überdies sind Frauen keineswegs die einzigen Opfer von Ehrenmorden. Wenn ein schwuler oder trans Sohn oder Bruder ermordet wird, um die Ehre der Familie zu wahren, dann ist das eben kein Femizid.

    • @Rudolf Fissner:

      Danke für die Hintergrund-Info.

    • @Rudolf Fissner:

      Die Begriffe sind ja eigentlich nicht deckungsgleich. Ein "Ehrenmord" ist selten auch ein Mord an einem jungen Mann (weil er zum Beispiel offen schwul ist), er ist aber vor allem ein Mord aus dem Antrieb, man könnte damit die Familienehre wiederherstellen.

      Femizide haben eine völlig andere Ursache, vielleicht sind die meisten Ehrenmorde auch Femizide, aber bei weitem nicht jeder Femizid ist ein Ehrenmord.

      • @Dr. McSchreck:

        Richtig.

        Es ist vollkommen absurd, zu behaupten, dass Morde aus Gründen der Ehre bei Biodeutschen, Biofranzosen, Bioschweden oder Bioukrainern vorkommen. Das tun sie einfach nicht, weil es das Konzept einer zur Not auch mit tödlicher Gewalt zu verteidigenden Familienehre in den entsprechenden Kulturen schlicht und einfach nicht gibt.

        Übrigens sind Ehrenmorde im muslimischen Indonesien unbekannt, unter Jesiden und arabischen Christen aber nicht. Das Phänomen ist vollkommen unzweifelhaft kulturell und nicht religiös.

  • "... beißt Balci sich fest an den „Moralaposteln einer postmigrantischen Generation von woken Identitätspolitikern“, die jeden, der Probleme in der Einwanderer-Community anspricht, sofort als „Rassisten“ brandmarken. "

    Da erzählt Balci nich von jeden und sofort, sondern konkret von Cem Özdemir, der "sich öffentlich darüber empörte, dass es vor allem muslimische Männer und Jugendliche seien, die seiner Tochter auf üble Weise nachstellten" und sich in Folge weißen nichtmigrantischen Rassimusvorwürfen ausgesetzt sah.

    • @Rudolf Fissner:

      Danke für die Klarstellung, da sollte ein Artikel schon genaue sein.

  • Die taz kommt auch vor im Buch. Unehrenhaft.

    Vier Jugendliche hatten sich ablichten lassen für ein Foto. Zwei Jungs zwei Mädchen. Mit einem Plakat n der Hand auf der der Schriftzug stand: »Ehre ist, für die Freiheit meiner Schwester zu kämpfen!“



    Das Foto machte medial die Runde und auch die taz wurde darauf aufmerksam . Die zwei Jungs auf dem Bild erhielten den taz Panther Preis 2025. Die beiden Mädchen /Freundinnen Zeynep und Özden auf dem Foto gingen leer aus.

    Balci schreibt dazu: "„Wir verstanden das nicht und glaubten, es müsse sich um ein Missverständnis handeln. Doch die taz-Jury war sich einig: Der Einsatz der Mädchen war für sie nichts Besonderes. Sie hatten nichts kapiert. Mädchen, die sich offen zu einem »freien« Leben bekennen, haben es mindestens so schwer wie Jungen, wenn sie in einem Milieu leben, in dem die Ehre der Familien sich vor allem über die Keuschheit ihrer weiblichen Mitglieder definiert.“

    • @Rudolf Fissner:

      Spannende Anekdote.

    • @Rudolf Fissner:

      Mit Ihren Infos verstehe ich einiges deutlicher. Nochmals danke.

  • Im Grunde ist das ganze Thema abgeschmackt: dass einige Autoren mit MiHiGru ein Geschäftsmodell daraus entwickelt haben, eine verunsicherte Mehrheitsgesellschaft in ihren Vorurteilen zu bestätigen, ist ja nicht neu. Und auch die Frage, warum hiesige Xenophobe sich gerne hinter Kronzeugen mit islamischen Hintergrund verstecken, wurde hinreichend erörtert. Erstaunlich ist eigentlich nur, dass das inzwischen auch in linksliberalen Milieus angekommen ist - aber wen wundert solche Verrohung zwischen Zeitenwende und Staatsräson noch? Man will eigentlich nicht mehr diskutieren, sondern sich nur noch die Nase zuhalten...

    • @O.F.:

      Entschuldigung, aber gerade diese Sichtweise ist wirklich übel. Als wären Menschen mit Migrationshintergrund auf die reaktionärsten Einstellungen festgelegt und könnten nicht eine Befreiung von unsinnigen bspw sexistischen Traditionen gerade in "ihren" Herkunftscommunities fordern. Als wären sie nun mal aufgrund ihrer Herkunft nicht dazu in der Lage. Dabei müssten gerade diese von der achso aufgeklärten Linken unterstützt werden. Aber ich sehe schon, Kulturrelativismus und Rassistische Romantisierung haben mal wieder Konjunktur

      • @Axotono:

        Vielleicht lesen Sie noch einmal, was ich geschrieben habe: Ich habe nirgendwo behauptet, dass Menschen mit MiHiGru nicht das Recht bzw. die Fähigkeit haben, Kritik an ihrer eigenen (?) Community zu üben, sondern lediglich, dass einige darunter den hiesigen xenophoben Meinungsmarkt bedienen. Oder einfacher formuliert: rechtspopulistische Angstphantasien wetden nicht besser, wenn die Autorin Balci heißt und nicht Sarazin. Um Kulturrelativismus ging es hier also gar nicht (der übrigens eine schwer zu widerlegende Position ist).

        • @O.F.:

          Was hat das Buch mit Sarrazin zu tun? Nur weil islamistische Gruppen n Neuköln zur Sprache kommen und beschrieben wird, dass Mädchen dort nicht mehr zwanglos ohne Schleie oder überhaupt auf die Straßen dürfen ist ein Buch rechtspopulistisch? Das sind doch keine Ängste sondern Tatsachen.

    • @O.F.:

      Vielleicht besser den Mund?

    • @O.F.:

      Wer sind Sie, dass Sie einer Frau mit türkischem Migrationshintergrund absprechen, sich über unter anderem ihre eigene Community äußern zu können? Wie kommen Sie dazu, ihr zu unterstellen, aus Profitgier die Unwahrheit zu schreiben?

    • @O.F.:

      Klar, Menschen mit Migrationsgeschichte, die sich kritisch über Entwicklungen in den eigenen Communities äußern, können natürlich nur dubiose Geschäftsinteressen im Sinn haben. Dafür neben sie auch gerne in Kauf, nur noch unter Polizeischutz leben zu können, und sich von identitätspolitischen Aktivisten als "Haustürken" schmähen zu lassen, weil sie nicht einfach in den Opferchor einstimmen möchten. Und da darf dann natürlich auch die islamogauchistische Linke nicht fehlen, regelmäßig Seit' an Seit' mit den reaktionärsten Vertretern des Islam und immer bereit, wenn es gegen jene geht, die für die Demokratie und die Werte der Aufklärung stehen.

      • @Schalamow:

        Immerhin, Sie bringen ein wenig Heiterkeit in eine ermüdende Debatte, indem Sie genau den Reflex illustrieren, den ich beschrieben habe: das Bespielen xenophober Ressentiments, die sogar bei der AfD für Jubel sorgen, wird zur Kritik an der eigenen Community oder gar zur Verteidigung von Demokratie und Aufklärung (was immer das auch sein mag), sobald die Autorin einen türkischen Namen hat. Dass eigentlich Sie hier identitätspolitisch argumentieren, fällt Ihnen auf? Und was die neurechte Modevokabel "islamogauchistisch" angeht, würde ich nahelegen, über das historische Vorbild nachzudenken (so viel zum Schulterschluss mit der Reaktion)...

        • @O.F.:

          Nun ja, Er hat ja recht. Es ist völlig verquerr das Linke die Bennennung von zutiefst patriachalen und gewalttätigen Zuständen als rechtspopulistisch beschreiben.

          Und ich vermute auch, dass Sie das Buch nicht gelesen haben und die Vorwürfe selber auch überprüft haben. Ich habe mir gestern Abend diese Mühe gemacht. Und da wurde m.E. heftig oberflächlich gearbeitet und sogar Inhalte falsch wiedergegeben.

          Vieles hier ist daher nur Nachplappern von selbst nicht mal im Ansatz gelesenen und sich Triggern lassen von Buzzwörtern. Das ist kein Schulterschluss, dass ist Stammtisch

  • "... und die sozialen Realitäten der Betroffenen kaum berücksichtigt werden."

    Welche sozialen Realitäten sollen das sein, die im Deutschland des Jahres 2025 die Grundlage dafür sind, dass Mädchen zu Hause eingesperrt und zwangsverheiratet (demzufolge in der Ehe vergewaltigt) werden? Das klingt für mich so, als sollten diese "sozialen Realitäten" die (ich nenne sie) Täter der Verantwortung für ihr Handeln entheben.

  • Ob denn die Applaudierer von der AgD auch bereit wären, Bildungsprojekte für MigrantInnen zu fördern? Darin wird sich Balci von denen wohl unterscheiden.

    • @aujau:

      Bildungsprojekte braucht es nicht speziell für Migranten. Bildungsprojekte braucht es für alle Kinder, die im Elternhaus zu wenig Kompetenzen erlangen, um mit einigermaßen gleich guten Chancen an der Schule zu starten (Wortschatz, Stift halten, Konzentrationsfähigkeit).

      • @Dr. McSchreck:

        Das ist wohl wahr. Allerdings gibt es in Neukölln einen Gesprächskreis für Väter aus Migrantenfamilien, das hat in meinen Augen auch eine Komponente mit Zugang zu weiteren Themen und Informationen. Schon Herr Sarrazin hat solche Projekte wohl nicht so gefördert und die AgD wird das auch nicht tun.

  • "Das Problem: Die Pauschalisierungen." - Das ist natürlich korrekt. Pauschalisieren ist oft unfair und genauso oft falsch. Das Gegenargument "Nicht jede arabische Familie ist patriarchal" ist aber genauso problematisch, denn für jede Regel wird man ein paar Ausnahmen finden. Wenn die Regel trotzdem mehrheitlich die Regel ist, dann ist das Ganze trotzdem massiv gesamtgesellschaftlich relevant. Bei patriarchal regierten arabischen Familien würde ich sagen: Ja, die sind in Deutschland leider eher die Regel als die Ausnahme.

  • „ So wie Balcis Warnungen vor der „Islamisierungswelle“, bei der Fehlverhalten fast ausschließlich kulturell-religiös erklärt wird und die sozialen Realitäten der Betroffenen kaum berücksichtigt werden.“

    In diesen sozialen Realitäten leben aber auch andere Migrantengruppen, oder?

    • @Suryo:

      Ich habe meiner Frau und meiner chinesischen Schwägerin mitgegeben alle Migrationsdebatten in Deutschland einfach zu ignorieren. Da geht es im Prinzip immer nur um Muslime und Afrikaner und deren ganz spezifischen Probleme. Die Deutschen dürfen das nur nicht offen sagen weswegen die Probleme auch nie gelöst werden werden.

      • @Šarru-kīnu:

        "Die Deutschen dürfen das nur nicht offen sagen"

        Wiederholen Sie bitte nicht wieder und wieder rechte Erzählungen von der ach so eingeschränkten Meinungsfreiheit im Land.



        Noch einmal: Sie können alles sagen, müssen aber mit Widerspruch rechnen. Genau wie Frau Balci.

        • @Klabauta:

          Ich bin kein Deutscher. Wirklich jede Nichtkartoffel weiß um die vielen Tabus in den hiesigen Debatten. Leider könnten viele der Migrationsprobleme nur ohne die Schere im eigenen Kopf gelöst werden.

          • @Šarru-kīnu:

            Als Kartoffel sage ich Ihnen: Es ist mir vollkommen gleichgültig, ob Sie Deutscher sind oder nicht. Wenn Sie rechte Narrative bedienen, bekommen Sie Widerspruch von mir.



            Ich kann Ihrer Frau nur gratulieren, wenn sie noch nicht rassistisch benachteiligt oder beleidigt wurde. Ihr Rat, alle Migrationsdebatten zu ignorieren - weil: sie sei ja nicht gemeint - könnte sich allerdings rächen. In Echtzeit können wir das gerade in Trump-USA verfolgen. Sicher kennen Sie auch das Niemöller-Zitat.



            Das möchte ich weder Ihnen noch Ihrer Frau noch Ihrer Schwägerin wünschen.

      • @Šarru-kīnu:

        Wieso Afrikaner? Ich habe viel mit Afrikanern zu tun - ich erlebe dort ein immenses Bewusstsein dafür, wie wichtig Bildung für die Kinder ist und sie sind dabei eher überstreng als lasch. Also genau das Gegenteil von dem, was anscheinend für andere Communities gilt, die angeblich nie etwas dafür können (sondern an den "sozialen Realitäten" scheitern)

        • @Dr. McSchreck:

          Statistik. Ganz davon abgesehen kommen die zahlenmäßig größten afrikanischen Communities eben aus Marokko, Ägypten und anderen nordafrikanischen Ländern. Die gehören eigentlich ebenfalls zur erstgenannten Problemgruppe.



          Muslimischen Eltern wäre mit der klaren Message, dass die Art und Weise ihrer Erziehung besonders bei Jungen diese regelmäßig im deutschen weiblich dominierten Bildungssystem scheitern lassen wird, wesentlich mehr geholfen, als mit der aktuellen rhetorischen Akrobatik offensichtlichste Probleme wegzudefinieren.

        • @Dr. McSchreck:

          Exakt das ist auch mein Eindruck. Die Kinder afrikanischer Migranten, die ich kenne, sprechen ausnahmslos alle korrektes und akzentfreies Deutsch und sind recht gut in der Schule.

  • Offensichtlich habe ich es nur mit Migranten zu tun, die in einer "Blase von aufgeklärten Muslimen" leben. Ich traf und treffe ständig auf Kollegen, männliche und weibliche, die gute Schulabschlüsse vorweisen, qualifizierten Tätigkeiten nachgehen und die Moschee genauso oft besuchen, wie ich selbst, nämlich nur zu irgendwelchen besonderen Anlässen. Und ich treffe auf marokkanische Kolleginnen, die mir nicht nur die Hand zur Begrüßung geben, sondern mir ihre Wange zum Kuss hinhalten.



    Die von Frau Balci beschriebenen Personen gibt es sicher auch - aber leider fehlen die Zahlen, um mir ein Bild über diesen Teil der Gesellschaft zu machen.

    • @Il_Leopardo:

      Genau diese Freunde und Kollegen brauchen solche Texte und Aufmerksamkeit. Sie werden in ihren Familien und Gemeinden geschnitten und ständig bedrängt. Der soziale Druck kann hier unerträglich werden.

      • @Dromedar:In:

        Nein, das brauchen sie nicht. Was sie brauchen ist eine Öffentlichkeit für ihre Erzählungen über ihre Erfahrungen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft und ihrer Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Kultur. Erzählungen die verdeutlichen das die Mehrheit der Muslime keine Probleme verursacht und ihren Beitrag zur Gesellschaft leistet. Es wird nur negatives verbreitet. Wollen sie im Ausland oder von Migranten als Rassist und Nazi beschimpft werden nur weil einige die AfD wählen? Da würden sie auch auf ein differenziertes Bild bestehen. Das alle liberale Muslime von ihren Familien und Gemeinden geschnitten werden, ist eine haltlose Behauptung und Resultat einseitiger Erzählungen. Sicherlich wird auch das vorkommen. Wie bei allen Menschen gibt es auch unter Muslimen solche und solche. Es gibt genügend postmigrantische Literatur die einem einen Einblick verschaffen oder lernen sie die Menschen kennen und unterhalten sie sich mit ihnen darüber.

        • @Andreas J:

          Sie sprechen mir aus der Seele. Das mit "der Blase" hatte ich ironisch gemeint. Natürlich lebt die Mehrheit der Muslime hier ein ganz normales Leben - genau wie die Mehrheit der Deutschen. Und wenn hier halt beispielsweise "auffällige" Männer aus Afghanistan leben, einem Land, in dem die Menschen durch jahrzehntelange Kriege psychisch und sozial angeschlagen sind, dann muss man sich ihrer halt annehmen und kümmern. Verurteilen und abschieben bedeutet, es sich sehr einfach machen.

    • @Il_Leopardo:

      Das ist sehr schön und freut mich für Sie und ihr Umfeld. Aber ja, Sie leben in einer Blase.

    • @Il_Leopardo:

      Je nachdem wo Sie leben, können Sie die leicht antreffen. Nach den Silvesterkrawllen 2023 auf 24 in Berlin (kurz nach dem 7. Oktober) gab es eine sehr lange Geschichte im Spiegel über ein Viertel in Neukölln - das Tätigkeitsgebiet von Frau Balci - wo exakt das beschrieben wurde, wie Sie nicht kennen. Leute, die sich in einer Parallelgesellschaft eingerichtet haben, Kriminalität normal finden, Ausreden suchen (wenn ich reich geboren wäre, wäre ich nicht so) und keinen Plan haben, wie sie ihr Leben auf die Reihe bekommen sollen, sondern nur herumlungern und dann natürlich Unsinn machen, zumal man damit auch kein Geld verdient (jedenfalls nicht legal).

      Eine Integrationsbeauftragte kann dazu beitragen, dass diese Probleme gesehen werden, dass man solchen Jugendlichen Angebote macht - sie kann aber nicht dafür sorgen, dass sie diese annehmen. Wenn andere den Jugendlichen etwas anderes anbieten, das die Integration eher hindert, dann ist es Aufgabe einer Integrationsbeauftragten, dies zu benennen, damit dieses Problem gelöst wird.

  • Güner Balci hat nicht genügend differenziert, lautet Ihr Vorwurf zusammengefasst, Frau Schröder.



    Gibt es zu ihrem Buch und seinem Inhalt sonst nichts zu sagen? Existieren die Probleme und Risiken von denen sie spricht also gar nicht?

    Frau Balci spricht immerhin aus unmittelbarer persönlicher und professioneller Erfahrung. (Kind von Migranten, aufgewachsen im Rollbergkiez/Neukölln, Sozialarbeiterin, Migrationsbeauftragte). Damit muss nicht automatisch alles stimmen, was sie sagt, aber zumindest kriegt sie einen gehörigen Vorschuss an Glaubwürdigkeit.

    Sie wissen es offensichtlich besser als Frau Balci. Woher kommt Ihre Expertise? Auch aus dem Alltag in Neukölln oder unserer linken Bubble und Seminaren an der Uni?

    Ich hätte es gut gefunden, Sie hätten sich auch inhaltlich mit dem Buch und den beschriebenen Problemen beschäftigt und hätten weniger reflexhaft reagiert.

    • @C. Avestruz:

      Vielleicht ist ein sehr gut passender Artikel über den betreffenden Kiez aus dem Spiegel - wo viele der Jugendlichen selbst zu Wort kamen - frei online verfügbar. Er wurde nach den Silvesterkrawallen 2023 geschrieben.

  • "Wer Thesen von Sarrazin zustimmt, muss damit rechnen, von den Rechten gefeiert zu werden." Und dann verweigern wir jedes Gespräch über die damit verbundenen Themen? Dann ignorieren wir jedes mögliche Problem und relativieren es als "zu oberflächlich" und "nicht faktenbasiert"? Ich bin nicht blind wenn ich in Berlin unterwegs bin. Sand in den Kopf stecken unterbindet den Zulauf zur AFD sicher nicht.

  • Es ist immer schwierig, wenn Weiße meinen, sie wüssten besser als Persons of Colour, wie es in deren Community zugeht.

    • @rero:

      Sie unterscheiden die Meinung von Personen nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Das istnicht akzeptabel. Wenn PoC eine andere Meinung haben sollten, dürfen sie diese andere Meinung gerne ebenfalls in einem Buch veröffentlichen. So wird ein Diskurs daraus.

    • @rero:

      Genauso schwierig ist es zu beurteilen, wie ausgewogen sie sich über ihre Community in einer weißen, zur Zeit rassistisch aufgeladenen Mehrheitsgesellschaft, der sie ihr Buch verkaufen will, äußert. Wenn die AfD applaudiert wird es wohl kaum ausgewogen sein. Natürlich gibt es negative Seiten, aber ich kenne sehr viele Muslime die diesem Bild nicht entsprechen. Der Begriffe Islamisierungswelle und Heimatland sollen wohl eher die Auflage nach oben treiben. "Deutschland schafft sich ab" ist mit antiislamischen Inhalten Beststeller geworden. Differenzierung und Ausgewogenheit ist in der aufgeladenen, rassistischen Stimmung im Land mehr als nötig

      • @Andreas J:

        Sie wollen die AfD als Maßstab nehmen, um zu beurteilen, ob eine Person of Colour ihre Community richtig beurteilt?

        Und weil Sie so viele andere Muslime kennen, muss Frau Balci falsch liegen?

        Nicht Ihr Ernst, oder?

        Herzlich Willkommen im White Savourism.

        • @rero:

          Ich sage nicht das sie falsch liegt. Lesen sie meine Antwort an Dr. McSchreck, weiter unten.

      • @Andreas J:

        „Differenzierung und Ausgewogenheit“ - ja, sehr gerne, aber bitte dann in beide Richtungen.



        Wenn man nichts mehr sagt, weil die AfD gfs. zustimmen könnte, macht man so gar nichts besser.



        Und ihr mehr oder weniger zu unterstellen, dass sie nur ihr Buch verkaufen will, und sich deswegen weniger ausgewogen äußert, finde ich einfach nur grenzwertig.

        • @kiwitt:

          Und ich finde es grenzwertig eine unvollständige Erzählung in diesem rassistischen und antimuslimischen Klima in die Welt zu setzen.

      • @Andreas J:

        Das Buch ist doch nur ein Nebenbereich - hauptsächlich ist sie Integrationsbeauftragte. Diese Position würde sie gefährden, wenn es ihr nur um Auflage ginge. Wieso muss man immer das Schlimmste unterstellen.

        Frau Heisig hat als Richterin auch gut verdient, ein Buch brauchte sie nicht - und 20 Jahre später scheint sich manches nicht geändert zu haben. Wobei in Frau Heisigs Buch genau die gleichen Widerstände der gleiche Leute geschildert werden, die auch heute wieder die Überbringerin der schlechten Nachrichten angreifen.

        • @Dr. McSchreck:

          Zur Ausgewogenheit gehören auch positive Erzählungen. Die fehlen in diesem Land komplett. Die meisten Muslime die hier leben, leisten wie alle anderen ihren Beitrag zur Gesellschaft . Schon eine Bemerkung wie "der Islam gehört zu Deutschland" löst laute Empörung aus. Bei Übergriffen auf sie, werden rassistische Motive oft ausgeschlossen. Im Fall des NSU wurde sogar dafür das Narrativ krimineller Clans aktiviert die sich gegenseitig umbringen um ein rassistisches Motiv auszuschließen. Mit dem Begriff Dönermorde wurden die Opfer verhöhnt. Man hört nicht positives über Muslime in diesem Land. Das stärkt nur die Rechte und die Islamisten. Liberale Muslime die die Mehrheit bilden, werden so geschwächt. Ihre Geschichten fehlen, sie werden ignoriert. Ohne Wertschätzung funktioniert kein gleichberechtigtes Zusammenleben. Kritik braucht einen konkreten Adressaten und keine Verallgemeinerungen. Ich unterstelle Frau Heisig nicht, dass sie die Unwahrheit schreibt. Ich habe das Buch nicht gelesen. Aber wenn Konservative und Rechte voll des Lobes sind, wird ihre Erzählung mit Sicherheit unvollständig sein.

          • @Andreas J:

            Auch interessant… Wer ist denn für sie Muslim? Lesen Sie alle arabisch/ türkisch aussehenden Menschen als Muslime, wenn sie sich mehr positive Erzählungen über Muslime Wünschen oder meinen Sie wirklich gläubige Muslime? Ich persönlich würde ja anders Worden und mehr positive Erzählungen von und über BI-POC sehen wollen, weil das auch Jesiden, arabische Christen, Ex-Muslime und Konvertiten, Atheisten etc. einschließt und ich ehrlich gesagt keine positive Bewerbung von einer spezifischen Religion für sinnvoll halte. Auch deutsche Konversionsstorys würden ja sonst unter ihre „positive Erzählungen über Muslime“-Kategorie fallen und irgendwie erscheint mir das als wenig am eigentlichen Thema. Aber gut, nur meine Meinung.

          • @Andreas J:

            Es stimmt doch einfach nicht, dass sie positiven Beispiele nicht erwähnt werden. Es gibt inzwischen mehr Top-Abiturienten, Top-Wissenschaftler und schon lange sehr viele Top-Sportler, die Ausländer sind oder jedenfalls ihre Eltern waren es. Niemand bestreitet ernsthaft, dass die Mehrheit der Migranten eine Bereichung für dieses Land ist.

            Trotzdem wird immer wieder so getan, als wäre das Nennen der Probleme gegen Migration insgesamt gerichtet.

            • @Dr. McSchreck:

              Das Thema war der Islam. Sie weichen aus in dem sie auf einmal allgemein über Migranten schreiben. Viele Muslime sind mittlerweile auch hier geboren und keine Migranten, sondern Deutsche. Das ganze ist schon komplexer.

              • @Andreas J:

                Die Chefs von Biontec sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Muslime, Frau Balci ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Muslimin - oder wird für eine solche gehalten, in NRW ist eine Spitzenpolitikerin namens Serap Güler erfolgreiche CDU-Politikerin, viele Sportler sind Muslime - ohne dass es überhaupt Thema wäre.

                Es geht nicht um Ausländer, nicht um Nachkommen von Ausländern, nicht generell um Muslime - sondern um einen kleinen Teil der Muslime, der sich klar abschottet und immer wieder negativ auffällt. Diesen beschreibt Frau Balci - und nach weiter oben zu lesenden Kommentaren ganz klar mit Betonung auf "ein Teil" - was ihr jetzt verdreht wird, als würde sie pauschalisieren.

          • @Andreas J:

            Danke!

  • Nein Frau Schröder, es sind die andauernden Relativierungen wie Ihre, die es der Rechten leicht machen. Es ist der Unwille sich mit bestehenden Problemen zu beschäftigen und jede Kritik an Verhältnissen migrantischer Gruppen mit dem Totschlagargument abzuwehren man bediene damit rechte Narrative. Hätte man die Probleme früher angesprochen und aktiv gegengesteuert, dann hätten die Populisten gar nicht erst sich zu den erschreckenden Höhen aufschwingen können die wir heute sehen. Wenn man seine Standpunkte nur danach ausrichtet, wer was sagt statt an Inhalten, so wie Sie es tun, wenn Sie als Argument gegen Frau Balci heranziehen, dass die AfD ihr gratuliert hat zur Wahl aber Grüne und Linke nicht, dann wird man die Probleme nicht lösen können. Und das wir Probleme mit einem zunehmenden Islamismus haben, hat sich spätestens seit dem 7. Oktober für jeden sichtbar auf unseren Straßen manifestiert. Aber auf diesem Auge ist die Linke traditionell blind. Ich bedaure das sehr, denn es ist ein weiterer Baustein, der es den rechten Populisten der AfD sehr einfach macht.

    • @Fran Zose:

      Ich schließe mich Ihrer Antwort an.

      Die "Ja, Aber"-Argumentation der Autorin ist schlichtweg schwierig. Probleme sollen also benannt werden (was man in der Vergangenheit ja tunlichst vermieden hat), nur dann müssen diese so stark relativiert werden, dass es auf keinem Fall ins falsche Weltbild passt.

      Im Zweifel lieber keine Fakten erheben oder benennen, damit diese auf keinen Fall "falsch" genutzt werden könnten.