Ergebnis der Sachsen- und Thüringen-Wahl: Letzte Ausfahrt: CDU

Die CDU verbleibt als einzige größere demokratische Partei in Sachsen und Thüringen. Sie muss jetzt ihrer Verantwortung für alle An­ti­fa­schis­t*in­nen nachkommen.

Der Mann der CDU in Thüringen gegen Höcke: Mario Voigt Foto: imago

Dieser Wahlkampf in Sachsen und Thüringen war eine Farce. Erstens wurde die Zivilgesellschaft mit ihren Themen nicht ernst genommen. Egal wie präsent diese auf der Straße war – die Anliegen der vielen De­mo­kra­t*in­nen mussten hinter den Forderungen der Rechten anstehen und einer Anti-Ampel-Rhetorik weichen. Noch dazu ging es immer wieder um weit entfernte Bundesthemen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht trat auf die Bildfläche, um ausschließlich mit Frieden zu punkten, der gar nicht in den Bundesländern verhandelt wird. Und auch die CDU fokussierte sich auf ein gesamtdeutsches Thema: Migration. Nur um dann zu betonen, dass die Ampel – also die Bundesebene – diese nicht ausreichend hart begrenze. Schon weit vor den Wahlen hatte sich Michael Kretschmer vorsorglich von der Verantwortung für das Wahlergebnis verabschiedet. Es würde ausschließlich über Bundesthemen abgestimmt, so der sächsische Ministerpräsident.

Wie glaubwürdig ist es, wenn eine Landesregierung behauptet, sie könne nichts tun?

Wie glaubwürdig ist es, wenn eine Landesregierung behauptet, sie könne nichts tun? Wie sollen sich die Bür­ge­r*in­nen als wirksamer Teil dieser Demokratie fühlen, wenn selbst ihre Po­li­ti­ke­r*in­nen so tun, als hätten sie nichts zu sagen?

CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt forderte nach dem Attentat in Solingen, die Ampel müsse zurücktreten. Hatte die CDU das nach dem Attentat von Hanau auch in Erwägung gezogen, als sie im Bund regierte und ein Rassist neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss? Wieso lässt sich die CDU immer wieder von Rechtsextremen treiben und gibt ihnen so immer mehr Macht?

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Die AfD hat nun abermals Stimmen hinzugewonnen, wenn auch diesmal der Sprung nicht so groß ist wie bei den letzten Landtagswahlen. In Thüringen reichte es dennoch, um eindeutig stärkste Kraft zu werden.

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Die CDU muss die Zivilgesellschaft für sich entdecken

Letztlich: Egal wie hoch der Frust gegenüber der CDU ist – sie hat wohl noch Gestaltungsmacht in Sachsen und Thüringen, vielleicht zum letzten Mal.

Wenn die Partei möchte, dass 2029 noch etwas vom guten Zusammenleben in diesen Bundesländern übrig ist, dann sollte sie sich den Menschen zuwenden, die die Zivilgesellschaft vor Ort ausmachen. Sie sollte diejenigen stärken, die auf vielfältigste Weise für die Demokratie eintreten und Anfeindungen in Kauf nehmen, wenn sie gegen rechts auf die Straße gehen.

Die CDU muss die Zivilgesellschaft fördern und damit nicht nur Ehrenamt meinen. Zivilgesellschaft umfasst längst nicht mehr nur linke Aktivist*innen, sondern auch konservative Omas, die eher unfreiwillig plötzlich neben der Antifa stehen. Oder Unternehmen, die sich für ein weltoffenes Sachsen einsetzen, das schon längst abhängig von Migration ist. Wenn die CDU nicht endlich einen eigenen positiven Begriff von Zivilgesellschaft entwickelt, wird sie in fünf Jahren gar keine Regierung mehr bilden können.

Dazu gehört auch, Migration positiv aufzuladen und nicht in gut und schlecht aufzuteilen. Denn sonst verlassen nicht nur die angeblichen Ausländer Sachsen und Thüringen, sondern auch die Frauen und die jungen Menschen. Erste Anzeichen dafür sah das Leibniz-Institut für Länderkunde 2023. Erstmals zogen seit 2017 wieder mehr Menschen aus Ostdeutschland weg, als hinzu. Noch ist dies nur eine Tendenz, kein Trend. Die CDU hat es politisch in der Hand, sie zu stoppen.

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Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.

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