Debatte um das 9-Euro-Ticket: Bloß nicht verlängern

Das 9-Euro-Ticket ist reine Geldverschwendung. Niemand steigt auf die Bahn um, die Schnäppchenjäger reisen einfach nur mehr.

Gedränge auf einem Bahnsteig

Volle Bahnsteige in München: Angebote erzeugen Verkehr Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

Bloß nicht! Es wäre eine ganz schlechte Idee, das 9-Euro-Ticket zu verlängern. Es ist schon schlimm genug, dass dieses Experiment drei Monate laufen soll. Die Züge sind zwar überfüllt, aber diese Fahrgastmassen brausen nicht gen Klimaschutz. Stattdessen unternehmen viele Menschen jetzt Reisen, die sie sonst unterlassen hätten – weil es gerade so schön billig ist. Die Schnäppchenjäger haben die Bahn entdeckt.

Dank Handyortung lässt sich ganz genau ermitteln, wie viele Menschen mit der Bahn oder dem Auto unterwegs sind, und die neuesten Statistiken ernüchtern: Der Bahnverkehr hat im Juni zwar um 42 Prozent zugelegt – aber der Straßenverkehr nur geringfügig abgenommen. Die Züge haben das Auto nicht verdrängt, sondern wurden zusätzlich genutzt.

Wieder einmal zeigt sich, dass „Angebote“ den Klimaschutz nicht voranbringen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass der öffentliche Nahverkehr nur attraktiv genug sein muss, damit die Autofahrer ihre Kutschen freiwillig in der Garage stehen lassen. Stattdessen erzeugen „Angebote“ vor allem neuen Verkehr.

Klimaschutz funktioniert nur umgekehrt: Autofahren darf keinen Spaß machen. So ist es sehr wirksam, die Parkplätze zu verknappen. Wenn das Auto nirgends abgestellt werden kann, fährt es meistens gar nicht erst los. Eine Maut in den Innenstädten reduziert den Straßenverkehr ebenfalls, wie London oder Stockholm bezeugen können. Außerdem sollte man darauf verzichten, Autobahnen oder Landstraßen auszubauen. Es geht also um Verzicht, nicht um „Angebote“.

9-Euro-Ticket ist nur sinnlos teuer

Zugegeben: Für Parteien ist es schwierig, ihren Wählern zu erklären, dass sich die Mobilität verringern muss, wenn Deutschland Klimaschutz betreiben will. Verzicht kommt nicht gut an. Aber das 9-Euro-Ticket ist kein Ausweg, sondern nur sinnlos teuer. Der Dreimonatsrabatt wird den Staat 2,5 Milliarden Euro kosten.

Das einzig Gute daran: Diese Geldverschwendung kann sich die Regierung auf Dauer nicht leisten, sodass das 9-Euro-Ticket keine Zukunft hat. Zum Glück.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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