Vermögenssteuer als Wahlkampfthema: Meint die SPD es ernst?

Der Fraktionschef will die Vermögenssteuer zum Thema im Wahlkampf machen. Um sie tatsächlich einzuführen, muss die Partei einen Schritt weiter gehen.

Rolf Mützenich steht vor einem Mikrofon

Der Hoffnungsträger für das S in SPD? Rolf Mützenich fordert die Vermögenssteuer für mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Debatte ums Bürgergeld hat die SPD verloren, und zwar nicht mit Anstand. Sie hat sich kampflos einer Stimmung ergeben, die jene, die wenig verdienen, gegen die, die nichts verdienen, ausspielt. Mit so­zial­demokratischer Billigung soll der Haushalt auch auf Kosten der Ärmsten ausgeglichen werden – mehr Druck, mehr Sanktionen.

Dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nun erklärt, die Vermögensteuer zum Wahlkampfthema zu machen, ist ein erfreulicher Schwenk des Scheinwerferlichts auf die, die sehr viel besitzen. Aber nimmt man ihn der SPD wirklich ab?

Nötig wäre eine Vermögensteuer. Die Vermögensverteilung ist in Deutschland „überdurchschnittlich ungleich“, Tendenz steigend, stellte im Juli die Boston Consulting Group in ihrem „Global Wealth Report“ fest – eine Unternehmensberatung also und kein linker Thinktank. Solche, etwa das Netzwerk Steuergerechtigkeit, thematisieren die riesige materielle Ungleichheit hierzulande aber ebenfalls seit Jahren und rechnen vor, welche Milliardenbeträge sich der Staat mit dem Verzicht auf Reichensteuern entgehen lässt. Trotz all dem hat die SPD mit Grünen und FDP einen Koalitionsvertrag ausgehandelt, der Steuererhöhungen ausschließt.

Mit dem Verweis, „derzeit gibt es für eine gerechte Besteuerung keine ausreichende parlamentarische Mehrheit“, spielt Mützenich das Thema auch jetzt schon wieder herunter. Tja, uns sind die Hände gebunden.

Doch für die Rente nach 45 Beitragsjahren gibt es eigentlich auch keine „parlamentarische Mehrheit“, die FDP würde sie am liebsten wieder abschaffen, genau wie die CDU. Aber der SPD ist sie eben so wichtig, dass daran bei den Haushaltsberatungen nicht gerüttelt wird.

Wenn es den Sozialdemokraten also ernst ist mit der Vermögensteuer, dann macht sie das im Wahlkampf nicht nur zum Thema, sondern zur Bedingung. Aber im Zweifel haben sich die Sozis dann doch immer dem deutschen Geist gebeugt: Nach oben buckeln, nach unten treten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.

Ihren Kommentar hier eingeben