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Friedensforscherin über den Ukrainekrieg„Ziviler Widerstand ist effektiver“

Mit gut organisiertem sozialen Protest könnte die Ukraine Russland stoppen, sagt Konfliktexpertin Dudouet. Deutschland solle solche Methoden fördern.

Ukrainer demonstrieren vor russischen Militärfahrzeugen am 20. März in Cherson gegen die Invasion Foto: handout/reuters
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Frau Dudouet, im Kiewer Vorort Butscha und anderswo haben russische Soldaten Zivilisten massakriert. Sie sagen, ziviler Widerstand ist effektiver als militärischer. Ist das nicht naiv?

Véronique Dudouet: Ich kann gut nachvollziehen, warum das naiv erscheint. Unsere Forschung zeigt aber eindeutig, dass friedlicher Widerstand selbst gegen die skrupellosesten und repressivsten Regime erfolgreich sein kann. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass eine nachhaltige Lösung von Konflikten niemals militärisch sein kann – darum braucht es zivile Alternativen.

Mit welchen friedlichen Mitteln könnte sich die Ukraine denn Ihrer Meinung nach wehren?

Das können zum Beispiel Massendemonstrationen sein, wie wir sie schon in einigen von den Russen eingenommenen Städten gesehen haben. Dort haben die Menschen gezeigt, dass die Invasoren nicht willkommen sind. Diese Methoden haben wahrscheinlich die Moral der russischen Soldaten gesenkt. Es gab auch einige eher symbolische, aber sehr wirkungsvolle Formen des Widerstands wie das Austauschen von Straßenschildern und die Verwendung von Verkehrsschildern, um die einmarschierende Armee zu beleidigen oder abzulenken. Eine weitere effiziente Taktik war mehrmals, dass ukrainische Zivilisten mit Menschenketten russische Panzer stoppten. Das stärkt auch die Entschlossenheit des ukrainischen Volks. Der Boykott russischer Waren ist ebenfalls ein Beispiel dafür. So wird die Besatzung auch viel teurer.

Es ist schwer vorstellbar, dass das die russische Armee aufhalten würde.

Ich glaube nicht, dass der zivile Widerstand, wie er jetzt organisiert ist, allein den Krieg oder die Besatzung beenden wird, aber er kann das Regime des Besatzers dazu bringen, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen und einen Kompromiss zu finden. Dafür müsste die Regierung leistungsfähige Systeme der friedlichen Verteidigung entwickeln. In den baltischen Staaten etwa gibt es offizielle Doktrinen zur gewaltlosen Verteidigung. Diese Methoden erfordern eine Menge Vorbereitung und Schulung der Bevölkerung, damit sie die Prinzipien versteht, die dahinter stehen: beispielsweise, dass das Töten feindlicher Soldaten den Krieg nicht beendet, sondern ihre Kameraden vom Desertieren abhalten kann.

Im Interview: Véronique Dudouet

Die 44-Jährige ist Konfliktforscherin bei der Berliner Berghof Foundation, die sich für Frieden einsetzt. Die Politikwissenschaftlerin hat sich auch als Aktivistin an Anti-Kriegs- und Anti-Gewalt-Kampagnen beteiligt, zum Beispiel in den palästinensischen Gebieten.

Gibt es Belege dafür, dass so ein ziviler Widerstand eine militärische Invasion wirklich aufhalten kann?

Die Friedensforscherinnen Erica Chenoweth und Maria Stephan haben alle gewaltfreien Bewegungen für Demokratie, Selbstbestimmung und gegen Besatzung seit 1900 untersucht. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Erfolgschancen bei gewaltfreiem Widerstand 50 Prozent höher waren als bei bewaffnetem. Die Wissenschaftlerinnen erklären das damit, dass gewaltfreie Verteidigung viel mehr Menschen mobilisieren kann und wirkungsvollen Dissens innerhalb der gegnerischen Sicherheitskräfte verursachen kann. In Palästina zum Beispiel hat die erste Intifada in den späten Achtzigerjahren zum Osloer Friedensprozess ab 1993 geführt – aufgrund der gewaltfreien Mittel, die Palästinenser gegen die israelische Besatzung einsetzten.

Manche Nahostexperten sagen, dass eher die zunehmenden Angriffe von Palästinensern in Israel die israelische Regierung zu den Verhandlungen bewegten. Dass viele Palästinenser ihre Stromrechnung nicht bezahlten, habe dazu kaum beigetragen.

Zu Beginn war die Intifada völlig unbewaffnet, mit klaren Anweisungen der politischen Führung, friedlichen Widerstand zu leisten. Die Palästinenser boykottierten zum Beispiel israelische Produkte. Einige weigerten sich, ihre Steuern an die israelischen Behörden zu zahlen. All dies war wichtig, um zu zeigen, dass man nicht mit der herrschenden Macht zusammenarbeitet.

Viele Israelis wurden verletzt, von Israel ernannte Bürgermeister oder Polizisten wurden von anderen Palästinensern ermordet. War die erste Intifada wirklich friedlich?

Es gab einige gewalttätige Proteste wie das Werfen von Steinen durch frustrierte Jugendliche, aber das war nicht Teil einer gezielten Strategie. Bewaffnete Gruppen wie die Hamas wurden während der Intifada gegründet, spielten aber keine große Rolle bei dem Aufstand.

Aber war die Intifada tatsächlich erfolgreich? Der Gazastreifen und das West­jordanland sind bis heute besetzt.

Das stimmt. Aber ohne die Intifada hätte es den Friedensprozess in Oslo und die Einrichtung der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht gegeben. Dem palästinensischen Volk ist es durch die Intifada gelungen, von Israel als Verhandlungspartner anerkannt zu werden. So etwas wird auch die Ukraine brauchen.

Als Mitte März drei osteuropäische Regierungschefs mit der Bahn Kiew besuchten, soll die Stadt nicht so intensiv beschossen worden sein.

Das ist ein wirklich gutes Beispiel. In vielen Bürgerkriegen etwa begleiteten internationale Teams gewaltfreie Demonstranten. Das bietet eine gewisse Form des Schutzes, denn niemand würde diese wichtigen internationalen Vertreter töten. Ihre Präsenz könnte auch Zufluchtsorte von Ukrainern schützen.

Wie stehen Sie zu den Waffenlieferungen westlicher Länder an die Ukraine?

Ich bin der Meinung, dass wir die weitere Militarisierung des Konflikts nicht verstärken sollten. Wenn wir Waffen schicken, ist das die Botschaft, die wir aussenden.

Aber was ist die Alternative?

Wir brauchen mehr solche Aktionen wie den Besuch der drei osteuropäischen Regierungschefs in Kiew. Wir könnten Menschen entsenden, die Zeugen der Verbrechen werden können, die von Russland begangen werden. Wir können Finanzmittel, Schulungen und andere Ressourcen bereitstellen, um den Ukrainern zu helfen, ihre Fähigkeiten zu massenhaftem zivilem Ungehorsam und gewaltfreiem Widerstand auszubauen.

Was halten Sie davon, in Reaktion auf den Ukrainekrieg für 100 Milliarden Euro die Bundeswehr aufzurüsten?

Selbst wenn nur 1 Prozent dieser Milliarden für Bemühungen zur Unterstützung des friedlichen Widerstands und diplomatischer Lösungen eingesetzt würde, wäre das effektiver. Ich glaube nicht, dass es klug ist, massiv in militärische Mittel zu investieren.

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119 Kommentare

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  • Der gute Wille und der Wunsch der Verfasserin sind sehr zu respektieren.



    Mich hat während der Lektüre nur eine Frage immer drängender beschlichen: Die meisten Besucher des schrecklichen Verbrechens des russischen Militärs in der Ukraine waren vor ihrem Besuch eher Verfechter der pazifistischen Gedanken dieses Artikels. Seit ihrer Rückkehr haben sich diese Thesen in Luft aufgelöst. Sämtliche ehemals glühenden Verteidiger dieser Theorien fordern nun händeringend eine Möglichkeit für die Ukraine, sich mittels westlicher Hilfe wirksam selbst verteidigen zu können.

    Könnte es sein, dass die Dame nur eifrig eigene Thesen verteidigt? Sollte sie nicht vielleicht einen persönlichen Friedensbesuch in der Ukraine ins Auge fassen? Wenn nicht, warum?

  • Natürlich ist es richtig, das eine gewaltlose Strategie, die von dem Gros der Bevölkerung getragen wird langfristig immer erfolgreich ist. Nur ist die Frage von welchen Zeiträumen wir reden. Hier ist nun das Kind in den Brunnen gefallen und muss wieder rausgeholt werden. Aber das langfristige Denken was man Pazifismus nennt und sich um Entspannung und Frieden bemüht zu diskreditieren wie das Herr Wolf - Lobo gemacht hat indem er es "LumpenPazifismus" nennt ist nicht nur unfair sondern latent faschistisch.

  • Olle Sascha Lobo zerlegt unter anderem den Quatsch, der in diesem Interview verzapft wird:

    www.spiegel.de/net...-838f-591843da8356

    "Dann bezeichnet sie es als wichtiges Instrument, im Fall einer Besatzung die Stromrechnung nicht zu bezahlen. Wer sich die Bilder der zerbombten Städte und zivilen Einrichtungen, der Leichen in den Straßen und die Berichte von Massenvergewaltigungen angesehen hat, muss den Ansatz, mit vertauschten Straßenschildern Soldaten zu verwirren, nicht einmal mehr argumentativ widerlegen."

    • @Jim Hawkins:

      Wissen Sie warum es schwere Waffen heißt?

      Weil es Deutschland unglaublich schwer fällt sie an die Ukraine zu liefern.

    • @Jim Hawkins:

      Sorry, Sascha Lobo? Echt? Der gibt noch nicht einmal korrekt wieder, was wie gesagt wurde.



      Gerade das Zitat mit der Stromrechnung ist doch schon falsch. Der Interviewer redet von der unbezahlten Stromrechnung von Palästinensern. Nicht die Interviewte.



      Sascha Lobo macht das wofür er bezahlt wird. Polemik.

      • @Nansen:

        Ist das ihr einziges Argument?

        • @Jim Hawkins:

          Welches?



          Dass Lobo falsch wiedergibt oder dass er nur Polemik betreibt?

          Im Ernst:



          Er hat das Interview nicht gelesen oder er will nur seine aktuelle Sicht auf Ostermärsche, Pazifisten und wer weiß noch was und wen möglichst reichweitenwirksam unterbringen. Dabei ist ihm dieses taz-Interview willkommen und Gandhi kann er auch noch verwursten. (Nebenbei: Er weiß nicht einmal, dass Gandhi den Juden geraten hat kollektiven Selbstmord zu begehen, sonst wäre er damit auch noch gekommen und hatte einen Ukrainebezug hergestellt.)



          Das Interview ist aber gerade deshalb interessant, weil die Möglichkeit unbewaffneten Widerstandes zur Diskussion gestellt wird. Ich gehe auch nicht in allen Punkten mit. So fällt auch mir es schwer zu glauben, dass sich diese Kriegsverbrechen damit vermeiden ließen.



          Aber immer nur Aufrüstung als einziger Ausweg auch in der Zukunft?



          Ich habe Frau Merkel schon nicht das Märchen von der Alternativlosigkeit abgenommen.

          • @Nansen:

            Du liebe Zeit. Das ist ein bisschen Erbsen zählen.

            Unbewaffneter Widerstand wird zur Diskussion gestellt. Aha.

            Den größten Raum nimmt die erste Intifada ein, das größte Friedensfest im Nahen Osten.

            Lobo zitiert den obersten Friedensaugust der Protestanten:

            "Manchmal können wir alle nur hilflose Zuschauer sein. Und das ist vielleicht gut so."

            Tut mir leid, wem es da nicht schlecht wird, der hat einen Magen aus Stahl. Vielleicht sogar aus Kruppstahl.

            Diese Leute machen aus Zögern, Zaudern, Raushalten, Äquidistanz eine Religion.

            Man kann nur immer wieder in die Geschichte schauen. Mit dieser Haltung hätte es keine republikanischen Kämpfer in Spanien, keine Résistance in Frankreich, keine Partisanen in Italien und Polen gegeben.

            Nur Leichenberge und Sesselfurzer.

            Das ist kein Pazifismus, das ist ein Offenbarungseid.

            • @Jim Hawkins:

              Sorry dass ich Lobo nicht nochmal lesen will um herauszufinden, wer der protestantische Friedensaugust ist.



              Und Intifadaspezi bin ich nicht. Ist mir zu unübersichtlich.

              Aber wenn man in die Geschichte schaut, findet man auch 1920 - Generalstreik gegen den Kapp-Putsch.

              • @Nansen:

                Mein Punkt ist eigentlich der:

                Auch wenn man sich das nur schwer vorstellen kann, vielleicht gibt es Situationen oder Konstellationen, in denen man bereit sein muss zu kämpfen für das, woran man glaubt, wovon man überzeugt ist.

                Und vielleicht auch bereit sein muss in diesem Kampf womöglich sein Leben zu riskieren und vielleicht auch zu verlieren.

                Dies für alle Zeiten auszuschließen bedeutet sich präventiv unter alles zu unterwerfen, was jemals als Bedrohung auftauchen könnte.

                Was mich auch sehr befremdet ist dieses große Verständnis für einen faschistischen Aggressor.

                Für die Kriege des kapitalistischen, aber eben auch demokratischen Westens gab es aus dieser Ecke nicht einen Funken von vergleichbarem Verständnis.

                Man lebt zufrieden im System und blendet alles Hässliche daran aus.

                • @Jim Hawkins:

                  Da sind wir eigentlich einer Meinung.



                  Nur das mit dem Verständnis für einen faschistischen Aggressor halte ich für daneben. Das mag für die AFD und Co gelten. Oder für Ewiggestrige. Oder für die, denen unsere wirtschaftlichen Interessen wichtiger als Menschenleben sind. Da wird es sich im allgemeinen gerade schön einfach gemacht, indem man pauschal auf Pazifisten eindrischt.

                  Was für mich aus dem Interview bleibt: Im Falle einer Besatzung auch anders Widerstand zu leisten, als mit Waffen (die man/frau wahrscheinlich dann nicht hat), macht die Unterdrückung schwieriger und teuerer. Ein Volk oder eine Gruppe, das beherrscht, ist ein schwereres Ziel. Und dies beziehe ich gerade ausdrücklich nicht auf die Ukraine.



                  Oder ein wildes Beispiel ohne Besatzungsbezug : Die Mehrheit der Deutschen ist für ein Tempolimit. Was wäre, wenn diese Mehrheit sagt: Hey, wir zahlen solange keine Kfz-Steuer, bis es eins gibt. (Jaja diese Mehrheit hat nicht unbedingt ein Auto) Lindner wäre blass.🙂

  • ich denke es braucht eine kluge Kombination.



    nur war bisher nichts klug und nichts erfolgreich kombiniert.



    Also laßt es uns erneut anpacken

  • „Erfolgschancen bei gewaltfreiem Widerstand 50 Prozent höher als bei bewaffnetem“.

    - einfach mal drüber nachdenken.

    • @Phineas:

      Jupp. Und dann einfach in die Geschichte schauen, wie die Russen mit dem letzten zivilen Widerstand in der Ukraine umgesprungen sind (de.wikipedia.org/wiki/Holodomor#): "Im Sinne einer Russifizierung sollte die ukrainische Kultur ausgemerzt werden, so dass nur noch eine sowjetische Kultur übrig bliebe."

      Und jetzt setzen wir diese Aussage mal in einen modernen Kontext: "Die Entnazifizierung wird zwangsläufig auch eine De-Ukrainisierung sein – eine Zurückweisung der von den sowjetischen Behörden begonnenen groß angelegten künstlichen Inflation der ethnischen Komponente der Selbstidentifikation der Bevölkerung der Gebiete des historischen Kleinrusslands und Neurusslands." (ria.ru/20220403/uk...a-1781469605.html)

      Der von den sowjetischen Behörden begonnene Prozess (wir erinnern uns: Genozid Holodomor) soll beendet werden. Das dürfte wohl ein Aufruf zum Völkermord in einer staatlichen Nachrichtenagentur sein.

      Aber klar, denken wir nochmal ne Runde drüber nach, holen uns Popcorn und schauen von unserer Seite des Nato-Drahts entspannt dem Schlachten zu.

  • Also wer ja ganz leicht und ohne wirkliches Risiko zivilen Widerstand leisten könnte, das sind wir. Zu Anfang mal mit einer Kleinigkeit, einem Tempolimit auf Autobahnen. Nein, bitte nicht freiwillig, die politische Kraft müssen wir schon aufbringen, dass wir diesen Schritt uns allen verordnen. Würden wir das hinkriegen, dann können wir vielleicht auch Ratschläge erteilen.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Und wo genau läge darin das Widerständige?

      1. Verordneter "Widerstand" ist gerade KEIN Ausdruck einer entsprechenden Mentalität sondern Unterwerfung unter staatlichen Zwang. "Wir" würden da gar keinen politischen Willen aufbringen, sondern allenfalls die Politiker, die dafür in drei Jahren die Quittung kassieren müssten (und es deshalb im Zweifel schln bleiben lassen werden).

      2. Würde ein Putin die - wirklich winzige - prozentuale Abnahme in der Ölnachfrage, die so ein Tempolimit bewirken könnte, überhaupt merken?

      3. Warum kommen Sie nicht gleich mit dem Verkehrstoten-Argument? Das hat in etwa dieselbe Relevanz zu diesem Thema wie Ihre sonstige Argumentation...

      Rego: KÖNNTE es sein, dass Sie hier den Aufhänger nutzen wollen, um eine altbekannte "ceterum censeo..."-Sau durchs Dorf zu treiben? Ist die Frage, wie man das Töten und Sterben in der Ukraine beenden könnte, dafür nicht vielleicht ein wenig zu ernst?

      • @Normalo:

        Das nennt sich Demokratie und nicht Zwang. Wenn wir uns selber Regeln geben, dann ist das selbst- und nicht fremdverordnet. Das Tempolimit war hier als Beispiel gedacht, das gut umzusetzen und sichtbar wäre, es ist aber austauschbar. Die eigentliche Frage ist, ob wir als Gesellschaft bereit sind zu verzichten und Konflikte auszufechten, ein Zeichen zu setzen. Ob Putin das merkt ist eher nachrangig, wir würden es jedenfalls merken.

  • Naivität und Zynismus, wie in bisherigen Kommentaren geschildert sehe ich in dem Ansatz nicht.

    Es ist zu überlegen, worum es letztlich geht, Verteidigung von Land durch und mit Menschenleben oder dem Erhalt von Menschenleben.

    Auf militärischer Ebene sterben aktuell sehr viele Menschen im Kampf oder durch Hinrichtung und Städte werden mittels Bombardierung scharenweise dem Erdboden gleich gemacht. Die russische Armee scheint zwar nicht besonders effizient zu agieren. Dafür ist aber nicht davon auszugehen, das sie den Angriff stoppen werden, bevor nicht ein gewisses geografisches Ziel erreicht wurde.

    Daneben wurden umfangreiche Sanktionen gestartet, die mittlerweile ihre Wirkung zu entfalten scheinen. Russische Familien können mit ihren Kindern z.B. nun nicht mehr ans Mittelmeer in den Urlaub fahren. Die Sanktionen würden weitreichendere, schnellere und tieferegehende Wirkung zeigen, würden nicht Konzerne diese Unterlaufen, in dem sie weiter den Grundbedarf der russischen Bevölkerung mit ihren Produkten beliefern. (Ref.:www.tagesschau.de/...-pranger-101.html) Die russische Armee richtet in der Ukraine Zivilisten auf offener Strasse hin und Nestlé, Unilever, P&G und andere machen sich Gedanken um die Grundversorgung in Russland. Bitte? Da ginge doch mehr. Mehr ginge auch bei SAP, dem deutschen IT Aushängeschild. Dazu der sukzessive Rückbau des Kaufs fossiler Grundstoffe wie Öl und Gas.

    Die Propagandabarriere beginnt also ganz ohne Waffen zu bröckeln. Die Oligarchen erheben mehr und mehr ihre Stimme. (Ref.: taz.de/Russlands-G...5838960&s=Tinkow/) Herr Tinkow mag wohl mit seinem Instagram Post in russischer Manier sein Leben verwirkt zu haben.

    Es kann also nicht die Rede davon sein, das friedliche Mittel naiv oder zynisch seien. Im Gegenteil, sie wirken, konsequent angewandt, weitreichender, langfristiger und tiefgreifender als die militärischen Mittel.

    • @Gorch:

      1. Es ist billig, den Widerstand gegen den russischen Feldzug als sinnlos zu bezeichnen, wenn man dessen erfolgreiches Ende als gegeben voraussetzt. Zumal: Diese Voraussetzung ist bereits durch den Abzug der Russen aus der Region Kiew widerlegt. Kiew wäre längst besetzt, hätte es nicht den bewaffneten ukrainischen Widerstand gegeben.

      2. Es ist sicher NICHT naiv, zivile Methoden des Widerstands für grundsätzlich effektiv zu halten. In der Mittel-Zweck-Relation sind sie sicher auch effizienter. ABER sie bringen allein kein Ende eines heißen Eroberungsfeldzuges, sondern sind - wenn überhaupt - geeignet, um bereits etablierten Bersatzungsmächten das Festhalten am Besatzungsstatus madig zu machen.

      Und ja, wer seine These der überlegenen Effektivität auf ersteres Szenario anwenden will, sie aber nur auf Erfolge in letzteren Szenarien stützen kann, und/oder dem palästeninensischen Widerstand gegen die israelische Besatzung einen zu irgeneinem Zeitpunkt wesentlich gewaltfreien Charakter andichtet, ergeht sich in der Realität entflohener Wunschdenke, vulgo "Naivität". Das ist leider so.

  • Die Vorstellungen von Frau Dudouet halte ich für naiv. Selbst der Widerstand angeführt durch die Ikone der Gewaltlosigkeit Mahatma Gandhi, war nicht alleine für die Unabhängigkeit Indiens verantwortlich, auch die militanten Unabhängigkeitskämpfer hatten ihren Anteil am Erfolg.



    Gegen einen wirklich entschlossenen Aggressor der keine Rücksicht nimmt und Skrupel kennt bzw. diese gut unterdrückt,ist ziviler Widerstand ineffektiv.



    Deswegen bin ich trotzdem gegen eine auch nur indirekte Beteiligung am Krieg,wie z.B. durch Waffenlieferungen. Mir persönlich ist die Ukraine so egal wie der Jemen,Mali und zig anderer Länder in denen "militärische Konflikte" stattfinden ,ohne das dieses hierzulande besonderes Interesse erregt.Zumindest solange nicht der heimische Wohlstand dadurch negativ beeinflusst wird.

    • @Mustardmaster:

      Ihr Desinteresse an der Ukraine ist egal, nicht egal ist, dass Sie so tun als wären wir nicht längst betroffen. Das ist entweder dumm oder es ist eine Illusion, die zum Nichtstun verführen soll.

  • Es wurde ja schon angedeutet im Interview: hoch- und höchstrangige politische Vertreter jener Staaten die Lippenbekenntnisse zur Ukraine leisten in die bedrohtesten Städte, sofort und so viele wie möglich.



    Insbesondere unser Kanzler Scholz der jede ernsthafte Unterstützung ablehnt und entsprechende Maßnahmen nach Möglichkeit sabotiert könnte so mal ein Zeichen setzen, aber man hatte ja noch nicht einmal den Anstand wenigstens einen hochrangigen Vertreter für einen symbolischen Besuch nach Kiew zu schicken als der ukrainische Präsident dort buchstäblich um sein Volk und sein eigenes Leben kämpfte.

    • @Shy Killer:

      "...man hatte ja noch nicht einmal den Anstand wenigstens einen hochrangigen Vertreter für einen symbolischen Besuch nach Kiew zu schicken..."



      Jemanden wie den Bundespräsidenten beispielsweise? Tja, schade. Wo der doch so willkommen gewesen wäre.

  • In Belarus und noch viel stärker in Tschetschenien wird sichtbar, wie viel gewaltfreier Widerstand gegen die von Putin perfektionierten Methoden hilft: www.youtube.com/watch?v=xXGvi2Js7M4

  • Da die Lösungen, die ansonsten auf dem Tisch liegen, allesamt sehr bescheiden sind, klar: wir sollten NATÜRLICH überlegen, ob es nicht schlauere Strategien gibt, als zurückzuschießen.

    Auch sollte das Nachdenken über nicht-militärische Mittel vielleicht nicht in den Kategorien der militärischen Auseinandersetzung stattfinden. Kann es wirklich darum gehen, Panzer gewaltfrei aufzuhalten? Marschflugkörper?

    Ich fänd's ja viel charmanter, wenn ein scheinbar erfolgreicher Angriff am Ende effektlos verpufft.

    Hätte man nur schon viel früher überlegen und einüben müssen. In diesem Sinne halte ich die vorgeschlagene Finanzierung von 1 Mrd. für die Entwicklung gewaltfreier Methoden für den ersten guten Vorschlag in dieser Situation.

  • Ich halte es für paternalistisch und zynisch zu behaupten, dass die Bewohner von Butcha mit "Massendemonstrationen" ihre Ermordung hätten verhindern können.

  • Ich habe selten so einen derben Unsinn gelesen. Nach dieser Logik sollen also Menschenketten, verdrehte Verkehrsschilder, steinewerfende Jugendliche und der Boykott von Papyrossi eine Armee von Kriegsverbrechern mit Panzern und schwerer Artillerie stoppen. Das ist, was S. Lobo im Spiegel „Lumpen-Pazifismus“ nennt, nur in besonders zynischer Form.

  • Ohne die Bilder, die Augenzeugenberichte, die Erfahrungen aus Grozny oder Aleppo und die Verhöhnung der Opfer durch Putins Leute würd ich das hier tatsächlich naiv nennen.

    Aber mit all diesen schrecklichen Fakten und Erkenntnissen nenn ich sowas zynisch.

  • Ich sage es mal mit meinen eigenen schlichten Worten, Die ukrainische Bevölkerung kann sich auf den Straßen festkleben und Panzer aufhalten.

    Und zum Schutz gegen Raketenangriffe auf Wohnhäuser können sie weiße Bettlaken aus den Fenstern hängen.

    Und damit keine Zivikisten auf Straßen ernirdet werden könnte man 500 Sozialarbeiter aus Deutschlad eingeflogen werden. Mit 5000 Stühlen..Die können dann Stuhlkreise mit russischen Soldaten bidden. "Igor erzähl und jetzt mal wieso so böse bist und ukrainische Zviisten ermordest".

  • Ohje

  • Ich bin dafür, dass Frau Dudouet mal eine Fortbildungsreise in Israel unternimmt.

    So wie sie dachte früher mal die israelische Linke auch einige Zeit. Davon ist sie inzwischen seit langem abgekommen. Es ist eben ein Unterschied, ob jemand einem auf der Pelle hockt, der einen mit allen Mitteln vernichten will oder eben nicht.

  • Es wird vom Kampf gegen ein autoritäres Regime gesprochen. Das trifft doch im Falle Ukraine nicht zu. Das ist ein heißer rücksichtslose Angriffskrieg.



    Sollte die Ukraine vollständig besetzt sein und ein autoritären Regime, inkl. Verwaltung eingesetzt sein, dann kann das ja alles richtig sein gemäß Interview.



    Bis dahin für mich vollständig am Thema vorbei, gefährlich gar für die Zukunft aller Nationen die eine Bedrohungslage vergegenwärtigen.

  • "aufgrund der gewaltfreien Mittel, die Palästinenser gegen die israelische Besatzung einsetzten"

    Humor hat sie, das muss man ihr lassen.

    • Annette Hauschild , Autor*in ,
      @Frank Naumann:

      na ja, wenn man sieht, wie Israel mit Raketen von Hubschraubern gleich ganze Häuser in Schutt und Asche legt, waren Steine in der ersten Intifada wie David gegen Goliath

      • @Annette Hauschild:

        Aber, wenn die Erinnerung nicht täuscht, hat auch David den Goliath nicht gerade "in die Flucht geredet", oder? Diese ungleiche Konfrontation endete mindestens genauso tödlich für eine Seite, wie wenn Goliath sich durchgesetzt hätte.

        David hat also effektiv nur demonstriert, dass mit Beweglichkeit und der richtigen Projektilwaffe ein im in der nominellen Kampfkraft überlegener Gegner verlustfrei vernichtbar ist. Ein entsprechendes Beispiel im Ukrainekonflikt wäre das - im Zweifel leichte, ungepanzerte - Trägerfahrzeug, von dem aus der Raketenkreuzer Moskwa in Brand geschossen und effekitv versenkt wurde. Wenn DAS ein Beispiel für gewaltlosen Widerstand sein soll, dann wird auch Volodimir Selensky sicher gerne seinen Segen geben (und dafür weiter möglichst modernes Kriegsgerät erbitten)...

        Bezogen auf andere Konflikte: Der "David" zu sein, heiligt AUCH nicht die Mittel. Entweder man steht dazu, Gewalt anzuwenden (und eben Steine zu werfen, wenn man gerade keine Kalaschnikow oder RPG zur Hand hat), oder man LÄSST die Gewaltanwendung. Aber mit der vermeintlichen Überlegenheit des Gegners die Gewaltanwendung zu verniedlichen, ist unehrlich.

  • Auf einer Skala von 1 bis 10 für Naivität und Weltfremdheit, wobei 10 die größtmögliche Naivität und Weltfremdheit beschreibt, befinden sich diese Friedensforscherin? Die 10 ist doch aus dem Stand erreicht, oder?

  • Die zugrundeliegende Statistik ist sicher korrekt.

    Nur die Schlussfolgerung, dass sich der Ukrainekonflikt prinzipiell auf der Mehrheitsseite befinden muss, ist methodisch ziemlich peinlich.

    Die Argumentation von Frau Duduet ist ein gutes Beispiel dafür, dass man Geisteswissenschaftler nicht mit Statistiken hantieren lassen sollte, wenn diese keine Ahnung davon haben.

  • Das funktioniert doch alles nur dann, wenn auf der Seite des Aggressors noch ein Funken von Gewissen oder Anstand vorhanden ist. Kriegspropaganda versucht aber, genau das zu vernichten. Putins Medienpropagandisten entmenschlichen die Ukrainer*innen gnadenlos, selbst die furchtbarsten Gräueltaten erscheinen dann den Tätern noch als Heldentaten. Für so eine Situation hat Frau Dudouet keine Antwort.

  • Ich halte das alles nicht nur für fürchterlich naiv, sondern auch für gefährlich, weil es die Skrupellosigkeit mancher Autokraten gröblichst verkennt.

    Beim deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion haben Wehrmacht, SS und Einsatzgruppen Millionen Zivilisten ermordet. Dem NS-Regime war die Meinung der Weltöffentlichkeit weitgehend egal und es hatte genug willige Handlanger, um seine Mordbefehle umzusetzen. Bestenfalls eine Handvoll Soldaten hatte diese Befehle verweigert.

    Seit Butcha wissen wir, dass in der Ukraine exakt dieselben Voraussetzungen bestehen. Die Empfehlung an die ukrainische Bevölkerung, man möge doch bitte mal ausprobieren, wie weit Putin tatsächlich gehen würde, ist nicht nur zynisch, sondern schlicht verantwortungslos.

    • @Schalamow:

      "...Seit Butcha wissen wir, dass in der Ukraine exakt dieselben Voraussetzungen bestehen."

      Exakt dieselben also. Ich finde diese Vergleiche interessant. Da mühen sich die konservativen Eliten sei 45 jahrzehntelang ab, den deutschen Landser rein zu halten und durch die putinsche Hintertür wird aus Opa ein massenmordender der Russensöldner.

      • @Nansen:

        "Da mühen sich die konservativen Eliten sei 45 jahrzehntelang ab, den deutschen Landser rein zu halten ..."

        Die "Legende von der sauberen Wehrmacht" wird allerdings schon seit Jahren (Jahrzehnten) nur noch von Außenseitern vertreten (fachlich sowieso nicht). Falls Sie sich als Einstieg den epischen Artikel auf Wikipedia mal reinziehen möchten: de.wikipedia.org/w...chen_der_Wehrmacht

        Es waren davor im übrigen nicht nur die Eliten; es gab einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dass die Wehrmacht mit den Massenmorden nichts zu tun gehabt hätte.

        Christopher Browning hat schon 1993 in seinem Klassiker "Ordinary Man" gezeigt, wie schnell Befehl von oben, Gruppendruck und Opportunismus zum Mitmorden führte. Ein besonderer Sadismus ist dazu gar nicht nötig.

        • @Schalamow:

          Kollege, der Punkt ist: Bis vor ein paar Wochen konnte man sich hier noch auf den Konsens verständigen, dass Nazivergleiche sich von selbst verbieten.

          Über diesen Punkt sind wir seit wann hinaus?

          • @Nansen:

            Vergleichen heißt nicht gleichsetzen!

            Ich habe auf strukturelle Voraussetzungen hingewiesen, die in beiden Fällen sehr ähnlich sind. Noch ist das russische Vorgehen in seinen Dimensionen selbstverständlich nicht mit dem systematischen Vernichtungskrieg der Wehrmacht gleichzusetzen.

            Der unlängst in der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Novosti veröffentlichte Beitrag zeigt jedoch, dass man auf russischer Seite teilweise in ähnlicher Richtung denkt. taz.de/Kriegsverbr...-Ukraine/!5848278/

            Timothy Snyder ("Bloodlands"), der davon mehr versteht als ich, spricht in diesem Zusammenhang von "Russia’s Genocide Handbook" www.stopfake.org/e...genocide-handbook/ bzw. von einem "kolonialen Vernichtungskrieg" plus.tagesspiegel....source-452430.html

          • @Nansen:

            "Über diesen Punkt sind wir seit wann hinaus?"

            Seit Butcha (wenn sich die kolportieten Verbrechen als real nachweisen lassen, versteht sich).

            Was da dem Vernehmen nach passiert ist, KANN mit den Untaten der Wehrmacht verglichen werden. Die kommt in besagtem Vergleich zwar nochmal ein ganzes Stück schlechter weg, aber das liegt eher an quantitativen als an qualitativen Unterschieden. Massaker dieser Art werden nicht weniger bestialisch dadurch, dass mal Jemand MEHR davon veranstaltet hat.

            • @Normalo:

              Wow



              Damit wäre die Relativierung der Nazi-Verbrechen perfekt.



              Ich gratuliere.

              • @Nansen:

                Die Ungeheuerlichkeit und Einzigartigkeit der Verbrechen der Nazis und ihrer Schergen sollte nicht jede differenzierte Betrachtung verhindern: Der Holocaust ist nicht - oder nur teilweise - identisch mit den nachgewiesenen Kriegsverbrechen der Wehrmacht. Letztere hat sich zwar auch an den Hassverbrechen beteiligt, die den Holocaust ausmachen, aber zu sehr erheblichen Teilen hat die Wehrmacht vor allem genau jene, auf ihre ganz eigene Art menschenverachtende, Terror-"Technik" zur Einschüchterung von Bevölkerung in eroberten Gebieten angewandt, die sich in Ereignissen wie Butcha ausdrückt: "Zeige ihnen, dass Du ALLES mit ihnen machen kannst, wozu Du Lust hast, und dass Du das auch ohne Zögern tust, wenn man Dir nur den geringsten Anlass gibt - oder auch einfach so."

                Im Übrigen sollten Sie vorsichtig sein, wonach Sie mit Steinen schmeißen. Das zähe Herumhacken auf rhetorischen Feinheiten in der Vergleichsführung kann man sehr gut AUCH als Relativierungsversuch begreifen...

                • @Normalo:

                  ... oder man kann diese dämlichen Nazivergleiche einfach bleiben lassen.

                  Es ist auch so schrecklich genug.

                  • @Nansen:

                    Da haben Sie natürlich Recht: KANN man - und täte im Zweifel auch gut daran.

                    Aber "man" muss auch nicht auf jeden solchen Vergleich sofort angepiekst draufspringen (zumal wenn er inhaltlich mal nicht GANZ so unpassend ist...), oder?

                    • @Normalo:

                      Was soll ich dazu sagen? Ich finde diese Nazivergleiche nunmal absolut unpassend.

  • Die Gedankengänge von Frau Dudouet führen schon von Anfang an in die Irre, zumindest soweit sie sich auf die genannte Studien von Chenoweth/Stephan bezieht. Bei ihren Beispielen erfolgreichen zivilen Widerstands handelt es sich hauptsächlich um Auseinandersetzungen im Zuge der de-Kolonialisierung. Es steht weitgehend außer Frage, dass eine Kolonie sehr viel leichter Unabhängigkeit durch zivile Widerstandsaktionen erreichen konnte, als durch Krieg. Die Bevölkerung war (z.B. in Indien) dem Kolonialsystem rund 100 zu 1 personell überlegen. Sie verfügten jedoch über keine eigene Armee, keine schweren Waffen, keine ausgebildeten Offiziere. Jeder Aufstand konnte so von den Briten im Keim erstickt werden, zur Not mit Hilfe zusätzlicher Truppen aus dem "Mutterland". Gegen zivilen Ungehorsam, der einer Sabotage der Wirtschaft gleich kommt, konnte sich das Kolonialreich viel schlechter wehren. Da wurde das Festhalten an der Kolonie irgendwann schlicht zu aufwendig und teuer.

    Ich habe das Buch von Chenoweth/Stephan nicht komplett gelesen, aber meine mich zu erinnern, dass bei den Beispielen erfolgreichen zivilen Widerstands gerade kein einziger "heißer" Krieg zu finden war. Um erfolgreich zu werden, braucht es nämlich gerade ein Besatzungsregime, da nur dieses und keine Armee auf zivile Weise destabilisiert werden kann. Und ein solches Besatzungsregime versucht die Ukraine ja gerade zu verhindern und ich denke, als erfolglos kann man diese Versuche derzeit nicht bezeichnen. Die Erfolge der Verteidiger scheinen im Gegenteil Frau Dudouets Thesen zu widerlegen.

    Daher erscheint mir der Artikel fragwürdig, von falschen Annahmen geleitet und direkt auf den Krieg in der Ukraine (und nur dort!) bezogen als weitgehend überflüssig.

    • @Cerberus:

      Danke.



      Zustimmung.



      Entspricht meinen Gedanken.

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Friedlicher Widerstand gegen ein Autokratisches System kann nur unter einer Bedingung Erfolg haben.

    Die Soldaten (!) müssen Hemmungen haben, die unbewaffneten Zivilisten zu töten.

    Dafür kann es viele Gründe geben, aber einer der Wichtigsten ist in meinen Augen die Nähe zwischen Soldaten und Demonstranten.

    Wird die andere Seite "entmenschlicht" (z.B. durch Propaganda, Rassenlehre, verschiedene Kulturen/Nationalitäten/Geschlechtsidentifikation usw.), geht der Finger schneller zum Abzug, als wenn man Gefahr läuft seinen Nachbarn zu töten. Je Fremder der Andere, desto leichter fällt der Einsatz von Gewalt.

    Historisch gibt es da einige Beispiele.



    - Die Polizei/NVA der DDR konnte nur wenige Leute aufbringen, um auf die eigenen Bürger zu schießen. Genauso mussten meistens die Nachbarstaaten eingreifen, wann immer es zu einem Volksaufstand bei einem Mitglied des Warschauer Paktes kam ('53, '56, '68), da die heimischen Kräfte das nicht gekonnt hätten.

    - Die Briten hatten in Indien überwiegend einheimisches Militär rekrutiert, dessen Loyalität nicht sicher war, wenn es auf Gandhi hätte schießen müssen. Anders beim Blutsonntag (Britischen Soldaten auf Katholische Iren)

    - Weniger mit Totschlag, aber funktioniert nach dem gleichen Prinzip: Bereitschafts-Polizisten die außerhalb ihres eigenen Bundeslandes eingesetzt werden, agieren häufig härter als die heimischen.

    Von dieser These ausgehend, kann der gewaltfreie Widerstand der Ukrainischen Zivilisten gegen die Russische Besatzung NICHT funktionieren, da dank Russischer Propaganda und Soldatischen Drill die Zivilisten zu sehr entmenschlicht wurden. Und daher auch die Verbrechen in Butscha, aber auch Kherson. Eine Umleitung fahren zu müssen, hält den Krieg nicht auf.

    Der gewaltfreie Widerstand muss aus Russland heraus kommen. In Deutschland auf die Straße gehen bringt nichts.

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Ganz genau: es kommt darauf an! Da kann man nicht sagen "wir haben 100 Konflikte angeschaut und in 70 % war es so", weil jeder Konflikt anders ist.

      Es gibt aber bestimmt viele russische Soldaten, die die Ukrainer als Brüder betrachten (einige haben verwandtschaftliche Beziehungen).

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @Markus B.:

        Und wie auch früher bei der Wehrmacht, werden Soldaten mit unklarer Bereitschaft an solchen Taten mitzuwirken, in Einheiten gebündelt, die anders eingesetzt werden.

        Denn für die Gräueltaten hat das Regime ja seine Spezialeinheiten wie die "Bluthunde" aus Tschetschenien.

  • Wenn die Ukrainer sich für den gewaltlosen Widerstand entschieden hätten, hätte das konkret bedeutet:



    - Kapitulation der Regierung Selensky mit Flucht ins Ausland,



    - Mögliche physische Eliminierung der ukrainischen Intelligenz, wie von Putin angedroht und nun mit Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung dokumentiert,



    -Gleichschaltung und Vasallenstatus der Ukraine mit Niederschlagung jeglicher Opposition, wie Putins totalitäres Regime in Russland beweist, wo der Staat gleichgeschaltet und die Opposition in Arbeitslagern ist.



    - Massenflucht der Bevölkerung ins Ausland, wie derzeit auch die russische Intelligenz ins Ausland geht.



    - Ermutigung Putins zu erneutem imperialistischen Zuschlagen in Moldawien und evtl. im Baltikum.

    Wenn die Ukrainer sich nun entschieden haben, bewaffneten Widerstand zu leisten, brauchen sie dazu Waffen. Ihnen diese vorzuenthalten mit dem Argument, es wäre so besser für sie selbst, respektiert nicht ihren Willen gegen ein totalitäres System kämpfen zu wollen. Ihnen dieses Recht vom sichern deutschen Sofa aus abzusprechen ist entweder naiv oder egozentrisch, unrealistisch und zynisch.

  • Sehr sonderbar. Wieviele Beispiele gibt es, in denen ein Staat die aggressive Eroberung eines anderen betreibt, und der angegriffene Staat durch friedliche Aktionen seine Identität und Souveränität erfolgreich verteidigen konnte?



    Ich kenne leider nur die anderen Beispiele…

    • @alterego:

      Israel hat damals zumindest zu schweren Waffen gegriffen, um nicht ausgelöscht zu werden. Erfolgreich und zu Recht.

  • Es klingt erst mal vernünftig, doch was die Ausgangssituation betrifft ist es zu verallgemeinernd. Die Ukrainer kennen Russland besser und sind aus der Geschichte heraus dahingehend geläutert. Noch ein Blick nach Tschetschenien und die russ. Besatzung würde unter Putins Regime keine moderate sein. Fragen wir doch die Ukrainer welche Strategie sie bevorzugen. Sie wollen kämpfen. Dazu kommt noch, dass der Aggressor alle Befürchtungen schon in den ersten Kriegstagen bestätigte, wie er mit ukrainischen Zivilisten verfährt und weiter verfahren wird.



    Nach allem was passiert ist, wird von Russland nichts mehr von dem zu erwarten sein, was sich Fr. Dudouet aus ihrem Ansatz erhofft. Putins Verhalten und das seiner Kombattanten ist unkalkulierbar geworden.



    Warum also der Versuch den militärischen Verteidigungswillen der Ukrainer zu zerstreuen oder zu widerlegen?

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Es gibt ja auch noch andere Beispiele für gelungenen zivilen Widerstand und einer gewaltfreien Transformation; zB das Handeln von Nelson Mandela und dem (damaligen) ANC.



    Beim Prager Frühling hat es hingegen nicht funktioniert.



    In Irland ging es erst, nachdem alle endlich ihre Waffen abgegeben haben.



    Für das Scheitern militärischer "Lösungen" gibt es gerade in jüngster Zeit sehr viele Beispiele, besonders aufschlußreich ist hier das völlige Scheitern aller Militärs in Afghanistan.

    Mein Fazit: Ohne Waffen klappt es nicht immer, aber dafür öfter und nachhaltiger.



    Wäre als Alternative zu einem großen atomaren Krieg in Europa ohnehin die bessere Wahl.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Bei aller Hochachtung vor Mandela, der ANC ist keine gewaltfreie Organisation. Natürlich hat der ANC viele gewaltlose Formen des Wiederstandes organisiert, aber er hat auch einen militärischen Arm, den "uMkhonto we Sizwe," den Speer der Nation, der Jahrzehnte gegen Truppen und Polizei des Apartheidsregime in Pretoria kämpft. Übrigens auch im Ausland, etwa in Angola oder Simbabwe.

      Es ist eine Mischung, mit klarer Fokus auf den zivilen Widerstand, der den ANC zum Sieg führt.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Es ist kontextabhängig bzw. Gegenerabhängig.



      Putin ist kaum ein Gegener, der sich durch zivilen Widerstand beeindrucken ließe, der nicht heißt Sofortiger Stopp der Gasleiferungen = massiver Ausfall von zurückströmendem Geld.



      Ein Gegener, der auf Vernichtung aus ist, zieht seine Sache durch solange er dazu in der Lage ist. Jemand wie P. kennt nur Gegnmacht.



      Auch im kleineren gilt: Mediationen funktionieren nur bei mittleren Konfliktstufe.



      Hocheskalierte Kondlikte sind nicht mehr mediierbar.

  • Es gibt noch einen weitaus effizienteren Weg, Kriege langfrisitig zu beenden. Immanuel Kant hat das bereits erkannt, noch bevor überhaupt die ersten Panzer gerollt sind und es noch über 100 Jahre dauerte, bis der 1. Weltkrieg ausbrach:

    "Der Philosoph Immanuel Kant legte dar, dass soziale Missstände abzuschaffen seien und alle Staaten der Welt ein Bündnis von Republiken bilden müssten, damit dauerhafter Friede herrschen kann. Für Kant folgte dies aus dem Begriff des Menschen als Vernunftwesen."

    Zitat aus: www.nd-aktuell.de/...t-aufruestung.html

    Und ausgeführter:



    www.berndoei.de/im...-der-ukraine-krieg

    • @Troll Eulenspiegel:

      Tja... da fragt man sich, ob Putin Kant gelesen hat...

      Ganz zu schweigen davon, dass der Wunsch nach dauerhaftem Frieden leider nicht jedem naheliegt. Ist doch Krieg ein probates Mittel, um von eigenen Mißständen abzulenken.

      • @Encantado:

        Putin hat noch nicht einmal Marx gelesen oder Lenin verstanden, sonst würde er keinen Krieg anfangen wollen, sondern Beziehungen intensivieren, Demokratie stärken und Nationalismen abschaffen.

        Nichtsdestotrotz bleibt die Option bestehen und bei Durchführung des dauerhaften Friedens werden alle Menschen profitieren.

        • @Troll Eulenspiegel:

          "Nichtsdestotrotz bleibt die Option bestehen..."



          Ernsthaft?

          "...bei Durchführung des dauerhaften Friedens werden alle Menschen profitieren."



          Eine schöne Utopie, ja. Nur eben weit weg von der Realität.

          • @Encantado:

            Das Totschlagargument "Realität" ist genau das, warum viele Projekte für den Erhalt unseres Lebens mangels Motivation versagt haben oder versagen werden: Verkehrswende/Klimawandel, Abschaffung von autoritären Regimen, Wohnungsnot, Rassismus und weitere.

  • Ich glaube, dass der Erfolg von gewaltlosem Protest eine essentielle Voraussetzung hat. Und das ist Transparenz. Bedeutet hier: Die Bürger Russlands müssen davon erfahren, was in der Ukraine passiert. Nur so kann IMHO eine Situation entstehen, in der sich Putin "genötigt" fühlt, zu verhandeln. Des weiteren ist die Möglichkeit des Machtverlustes ein wichtiger Faktor. Und diese Möglichkeit existiert eben nur in einer Demokratie.



    Guckt man sich beispielsweise die Erfolgsgeschichte von Gandhi in Indien an, spielten beide Faktoren die entscheidende Rolle.



    Und in Russland ist leider beides nicht gegeben.

    • @Kaboom:

      Vor allem sollte man nicht unerwähnt lassen, dass es Ghandi nicht mit einem durchgeknallten Völkermörder zu tun hatte sondern mit relativ vernunftbegabten Briten...

      • @Puck:

        vernunftbegabt oder verstandesbegabt?

      • @Puck:

        Dann lesen sie sich mal in die Hungersnot in Indien/Bengalen von 1943 und dem verhalten der britischen Machthaber ein...

        • @echobravo:

          Indien hatte auch etwas Glück. Die Briten waren damals unter einer Laborregierung. Die Tories - erst Recht unter Führung Churchills - hätten Indien gewaltfrei sicherlich nicht in die Unabhängigkeit entlassen. Das hat George Orwell jedenfalls so eingeschätzt.

        • @echobravo:

          Niemand, mit IQ über Zimmertemperatur würde behaupten, dass gewaltloser Widerstand keine Opfer fordert.



          Was aber die von Ihnen genannte Hungersnot angeht, wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig, nicht über 70 Jahre nach "Produktion" NS-Propaganda auf den Leim zu gehen.

      • @Puck:

        Denen Ende des 19. Jahrhunderts schon mal Millionen Hungertode in Indien ziemlich egal waren und zur Not Zivilisten bei Aufständen massakrierten.



        Natürlich aus Vernunftgründen, da man ja nur wenige Briten vor Ort hatte.



        Kolonialismus pur, schon vor den Hereros in Deutsch- Südwest.

  • Deutschland hat über Jahrhunderte auch humanitäre Kernkompetenzen entwickelt, die sich in Kriegsgebieten sinnvollerweise einsetzen lassen, eben nicht zum Töten, sondern zur Rettung von Menschenleben. 1100 ÄrztInnen sind aktuell bereit, in der Ukraine oder den Nachbarstaaten zu helfen, mit einem entsprechenden persönlichen Risiko. Dass diese Freiwilligen dann zivile und militärische Opfer in einem Krieg behandeln, den wir auf russischer Seite weiter durch Energiegeschäfte mitfinanzieren und auf ukrainischer Seite durch Waffenlieferungen mitbefeuern, erscheint paradox. Das Spannungsfeld von politischen Begründungen und Entscheidungen ist multilateral und komplex, einfacher ist es vielleicht, selbst komplizierte Verletzungen oder sehr ernsthafte Erkrankungen durch medizinische Einsätze aussichtsreich anzugehen. Von Mensch zu Mensch, das wäre auch eine Hoffnung für die Diplomatie, deren Opfer 'Wahrheit' im Krieg wahrscheinlich noch nicht letal getroffen wurde.



    //



    www.dw.com/de/deut...kraine/a-60521916/



    //



    www.aerzteblatt.de...erungsportal-frei/



    //



    www.aerzte-ohne-gr...tzlaender/ukraine/



    //



    www.aerzteblatt.de...-Kriegsverletzten/



    //

  • Naive Frage, aber warum kann man nicht mit Hackerangriffen die Flugzeuge/Raketensysteme/Panzer lahmlegen oder ist das alles analoges Material?



    Cyber-Pazifismus sozusagen.

    • @Katrina:

      Erstens, weil die meisten digital vernetzten, militärischen Systeme über ein analoges Backup verfügen, und zweitens, weil massive Cyber-Angriffe mittlerweile durchaus eine Rechtfertigung für einen sehr analogen Gegenschlag liefern können.

    • @Katrina:

      Weil die Systeme analog sind, die Kommunikation der Russen wird gehackt massiv, deswegen sterben auch soviele Offiziere die müssen teilweise mit Handys kommunzieren werden dann von westl. Geheimdiensten geortet und von den Ukrainern angegriffen. Aber in einem T-72 steckt nichts drin was sie hacken können, so blöd ist keine Armee.

    • @Katrina:

      Wenn schon die Nahrungsvorräte der Soldaten 1995 abgelaufen sind, rechne ich mir für Hightech-Angriffe auf teilweise Sowjet-Material nicht sehr hohe Chancen aus...

    • @Katrina:

      Weil diese Systeme geschützt sind und man diesen Schutz durchdringen muss.



      Selbst für die Angriffe auf die Smartphones der katalanischen Abgeordneten war es notwendig, dass man die Angegriffenen dazu bringt, die Angriffssoftware zu installieren. An einen Panzer kann man aber keine SMS mit einem Download-Link schicken.

    • @Katrina:

      Hmm.... wäre ein Job für den CCC!



      Aber nicht, dass der versehentlich eine bereitgestellte Rakete mit Nuklearsprengkopf aktiviert. Das russische System müsste schwach genug sein.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Die Hacken die Kommunikation der Russen, hacken Websiten. Ukrainischer Geheimdienst veröffentlich die Namen, Adressen von FSB und Verteidigungsministeriums Mitarbeitern etc.

    • @Katrina:

      Weil sie zwar digital aber nicht ans Internet angeschlossen sind. Sonst könnten sie ja gehackt werden.

    • @Katrina:

      Da sind bestimmt auch schon etliche digitale Schaltkreise in modernen Waffen, aber eben ohne Internetverbindung…folglich kann da auch nichts gehackt werden.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    "...aber er kann das Regime des Besatzers dazu bringen, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen..."

    Oder er kann dazu führen das sie mit gefesselten Händen und einer Kugel im Kopf im Hinterhof enden.

  • Der Tenor der Kommentare auf dieses Interview ist Ablehnung.



    Ich verstehe, dass die meisten keinen anderen Weg als Aufrüstung sehen, aber die völlige Ablehnung von Alternativen halte ich für ziemlich beschränkt.

    "Selbst wenn nur 1 Prozent dieser (100) Milliarden für Bemühungen zur Unterstützung des friedlichen Widerstands und diplomatischer Lösungen eingesetzt würde, wäre das effektiver. "

    Die Frau schlägt vor, nur 1(!) Hundertstel an Ressourcen in andere Ideen zu investieren.

    • @Nansen:

      Eine Milliarde für Frieden fände ich gut. Am Besten jedes Jahr. In Russland.

    • @Nansen:

      Ich würde das begrüßen. Schaden kann das nämlich nichts, solange man die militärische Verteidigung nicht vernachlässigt.



      Ich halte es aber nicht für sinnvoll, die 100 Milliarden für das Militär durch 1 Milliarde für diese Idee zu ersetzen.

      • @PPaul:

        Sie meinte ja auch 1% von 100 Milliarden. Nicht 100%😏

    • @Nansen:

      Treffen sich zwei russische Panzergeneräle auf einen Tee im besetzten Kiew. Fragt der eine: "Sag mal, wer hat eigentlich nochmal den PR-Krieg gewonnen?"

      Will sagen: Ziviler Widerstand ist eine möglicherweise entscheidende Komponente, um militärische Aggressoren so zu schwächen, dass sie schlagbar werden. Aber DANN muss man sie immer noch besiegen. Sonst bleiben sie einfach mit ihren Soldaten, wo sie sind. Das Beispiel Westjordanland zeigt es recht gut: Bewaffneter Widerstand ist selten eine Lösung, friedlicher allein aber eben AUCH nicht, wenn die Besatzungsmacht partout nicht abrücken will.

      Insofern hat Frau Dudouet vielleicht nicht Unrecht, dass (z. B.) 1 Milliarde Euro, in friedliche Bemühungen investiert, weiter bringt als dieselbe Milliarde in Waffen - zumindest wenn die Bomben schon fliegen. Nur wird diese Milliarde nicht den Sieg bringen sondern ihn nur fördern. Am Ende braucht man dann doch den vergleichsweise viel teureren Mitteleinsatz, um den Sack auch militärisch zumachen zu können.

      Davon abgesehen sollen die 100 Milliarden ja nicht dazu dienen, einen Krieg zu führen, sondern die Bundeswehr so schlagkräftig zu machen, dass sie ihren Teil tun kann, um Angriffe von vornherein zu verhindern. ein Hauptgrund, warum Putin den Einmarsch in der Ukraine überhaupt versucht hat, dürfte sein, dass das urainische Militär im Vergleich zum russischen schwächer erschien, als es sich herausgestellt hat. diesen unselige Anschein zu vermeiden, geht nur, wenn man VOR Ausbrusch der Feindseligkeiten sichtbar gut gerüstet ist.

    • @Nansen:

      Sie haben ja recht … nur sehe ich, dass die Gewaltspirale in diesem Konflikt nicht mehr gestoppt und umgedreht werden kann. Der Krieg hat sich verselbstständigt … eine Verhandlungslösung erscheint mir nur noch als Folge der totalen Erschöpfung beider oder einer der Kriegsparteien möglich.



      Für die gesamte gesamte Welt, insbesondere für den globalen Süden, sind das schreckliche Aussichten. Wir hier im reichen Norden/Westen kommen noch glimpflich davon … na ja, relativ, denn der ukrainische Krieg und seine Folgen verschärfen auch bei uns die sozialen Gegensätze. Gift für demokratische Gesellschaften … wenn es ganz schlimm kommt, werden wir das demnächst in Frankreich beobachten können.

      • @Abdurchdiemitte:

        Verstehe ich ja alles. Aber es muss doch mehr als einen (den militärischen) Denkansatz geben. Und nicht alles auf dieser Welt dreht sich heute nur um uns und die Ukraine.



        Deshalb ist es wichtig, dass es solche Leute mit anderen Ideen gibt.



        Sonst können wir uns wirklich bald fragen:



        Klimakatastrophe? Atomkrieg? Ach ich nehme das, was schneller geht.

    • @Nansen:

      "Die Frau schlägt vor, nur 1(!) Hundertstel an Ressourcen in andere Ideen zu investieren."

      Aber sie möchte sie im falschen Land investieren. Wenn man den russischen Angriffs- und Vernichtungskrieg auf die Ukraine mit anderen als militärischen Mitteln beenden möchte, muss man nicht den ukrainischen Bürgern etwas beibringen, sondern den russischen. D.h. das Monopol der russischen Staatspropaganda brechen. Das 80% der Russen angeblich für den Krieg sind und somit die Russen ein unbelehrbares "Tätervolk", ist eine Autosuggestion der putinistischen Propaganda, der leider auch westliche Medien kritiklos übernehmen. Alexej Nawalny vor einigen Tagen in einer Botschaft aus dem Gefängnis vorgeschlagen, russische Oppositionsmedien mit Etats auszustatten, und vor allem die im Zuge der Sanktionen für Russen abgeschalteten Werbemöglichkeiten in Instagramm, Youtube etc. selektiv für alle, die gegen den Krieg kämpfen, wieder freizuschalten, um eine Antikriegskampagne in sozialen Netzwerken durchzuführen:



      "Truth and free information hit Putin's insane regime just as hard as Javelins"

      twitter.com/navaln...514589869204508675

      • @Barbara Falk:

        "Aber sie möchte sie im falschen Land investieren."



        In welchem Land hat sie nicht gesagt. Eine Milliarde reicht sicherlich für mehrere Länder.



        Außerdem, denke ich, gibt es für eine Konfliktforscherin noch mehr auf dieser Welt als der Welt als die Ukraine.

  • Ich habe Zeit meines Lebens die Macht von nicht-bewaffnetem Widerstand als einen der wichtigsten Fortschritts-Treiber der Geschichte gesehen. Nicht-bewaffnet im militärischen Sinn, nicht völlig gewaltfrei, so schön diese Idee ist, denn eine erfolgreiche soziale Bewegung, die gänzlich ohne jede Gewaltausübung ausgekommen ist, soll mir erst mal jemand zeigen.

    Aber ja, Gewalt kann eine Bewegung auch zerstören. Ein Beispiel: Die frühen Autonomen in Italien waren schon weit gekommen, bis aus ihren Reihen die ersten Polizisten erschossen wurden, und die Bewegung zerfiel.

    Aber was ist der Unterschied zur Ukraine heute? Es spielte damals, wie bei vielen sozialen Bewegungen, eine gewisse Rolle, inwieweit der Aggressor (in dem Fall der italienische Staat) noch Rückhalt in der Bevölkerung hat, und ob die Bevölkerung die (Re-)Aktionen der Bewegung für angemessen hält.

    Die Ausgangssituation ist eine ganz andere, wenn der Angreifer mit Panzern, Artillerie und Fliegerbomben daher kommt, und ihm noch dazu die Frage von Akzeptanz in der Bevölkerung irrelevant (geworden) ist.

    Würde irgendjemand der heutigen "Pazifisten" ernsthaft in eine Zeitmaschine steigen, um den Republikaner'innen und Anarchist'innen in Barcelona im Jahr 1936 zu erklären, sie sollten sich doch auf zivilen, unbewaffneten Widerstand verlassen?

    Krieg ist schrecklich, Waffen sind schrecklich, und ich gehöre auch zu den Menschen, die sich eine Welt ohne Krieg und Waffen wünschen.

    Aber wenn der Angreifer, wenn die (Besatzungs-)macht keine Skrupel kennt, dann sind leider Panzerabwehrraketen und auch Panzer manchmal einer Sitzblockade vorzuziehen.

    Sollte Russland wirklich so weit kommen, in Teilen der Ukraine zu versuchen, eine dauerhafte Besatzung zu etablieren, werden zwangsläufig die zivilen Widerstandstaktiken wieder relevanter, weil nichts anderes mehr bleibt.

    Aber momentan gilt es, den Faschisten im Kreml zu stoppen, so bald, wie möglich. Das wird mit rein zivilen, gewaltfreien Mitteln nicht gehen.

    Leider.

    • @kritikderkritikderkritik:

      Das heißt nicht, dass ich nicht den tiefsten Respekt habe vor den Menschen, die jetzt, in der Vergangenheit und in der Zukunft in der Ukraine zivilen Widerstand leisten. Das findet zweifelsohne in- und außerhalb der besetzen Gebiete permanent statt, und hat sicher keine geringere Relevanz als der bewaffnete Widerstand gegen die Angreifer.

  • Ich würde mich nicht mit meinem zivilen Widerstand direkt in ein Kriegsgebiet wagen. Die gebotenen Ideen sind bemerkenswert, weil sie mobilisieren können. Hilfreich wären konsequente Verhandlungen, da glänzen Auslassungen. So hypen wir die jeweiligen Interessenlagen zurecht, während alle hilflos zuschauen. Der Krieg wächst.

  • "Die Friedensforscherinnen Erica Chenoweth und Maria Stephan haben alle gewaltfreien Bewegungen für Demokratie, Selbstbestimmung und gegen Besatzung seit 1900 untersucht. "



    Alle Bewegungen? Das erscheint mir übertrieben. Laut Inhaltsverzeichnis behandelt das verlinkte Buch genau drei "Erfolgsgeschichten": Die iranische Revolution 1977-79, die Intifada 1987-92, und den Sturz des philippinischen Marcos-Regimes 1986. Der Analogieschluss, Putins mit dezidiertem Vernichtungswillen und extrem gewalttätig und zerstörerisch geführter Angriffskrieg (zudem der Krieg einer Diktatur gegen eine Demokratie) sei durch zivilen Widerstand aufzuhalten, ist völlig abwegig. Ich behaupte mal, es lässt sich kein historisches Beispiel finden, dass ziviler Widerstand so einen Krieg beendet hätte. Außerdem geht es, bis auf die Intifada, um Binnenkonflikte in Diktaturen.



    Dass demokratische Bewegungen INNERHALB von Diktaturen erfolgreicher sind, wenn sie gewaltfrei sind, ist mit Sicherheit richtig, das liegt daran, dass die Menschen in solchen Systemen keine Gewaltmittel haben, während der autoritäre Staat die seinen exzessiv einsetzt, und dass die nötige kritische Masse an aktiven Systemgegnern nur durch gewaltfreien Aktionen mobilisiert werden kann. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele, die besser geeignet sind als die von den Autoren untersuchten, etwa Südafrika, Portugal, Spanien, Polen, CSSR, DDR u.a.m.. Diese Bewegungen (insbesondere die Solidarnosc) sind aktuell Vorbild für die belarusische und die russische Opposition, den Ukrainern helfen sie nicht.



    "...damit sie die Prinzipien versteht, die dahinter stehen: beispielsweise, dass das Töten feindlicher Soldaten den Krieg nicht beendet, sondern ihre Kameraden vom Desertieren abhalten kann."



    Auch das ein unzulässiger Analogieschluss: Sehr viele russische Soldaten quittieren zur Zeit den Dienst, und der Hauptgrund dafür sind die extrem hohen Verluste. "Weitermachen, weil so viele gestorben sind", fordern nur die russischen Sofa-Patrioten.

    • @Barbara Falk:

      Wenn die "Intifada" als friedlich dargestellt wird, weiß man schon, aus welcher heftig müffelnden Ecke das kommt. Dass die dann noch nichtmal sonderlich erfolgreich war, rundet das Bild ab.

  • Wenn man schon auf Israel bezug nehmen will, dann vielleicht Iran - Israel. Genauso wie der Iran Israel die Daseinsberechtigung aberkennt, tut das auch Putin mit der Ukraine.



    Israel und die Ukraine können nur aus einer Position der Stärke Waffenruhe erzielen.

  • Véronique Dudouet stellt hier ein Konzept vor, über das man diskutieren kann. Entscheiden müssen dann aber die Betroffenen, in diesem Fall die Ukraine.

    Die demokratisch gewählte ukrainische Regierung bittet um Waffen und nicht um TrainerInnen für den zivilen Widerstand. Diese Entscheidung sollte wir einfach respektieren.

    Selenskyj hatte übrigen im Osten des Landes die höchsten Wahlergebnisse.

  • Die als Referenzen herangezogenen Vergleiche sind hanebüchener Unsinn.

    Die Situation in der Ukraine ist eher mit dem Weg in den 2. Weltkrieges vergleichbar.

  • Hätten sich die Ukrainer nicht von Tag 1 militärisch verteidigt, hätten wir heute in Kiew eine russische Marionettenregierung mit einem Janukowytsch oder irgendeinem anderen Quisling an der Spitze. Der hätte sich dann direkt beim Kollegen Lukaschenka nebenan erkundigen können, wie man denn so mit einer zivilen Opposition am besten umspringt. Auch Baschar al-Assad könnte da sicherlich noch einige wertvolle Tips geben.

  • "Das können zum Beispiel Massendemonstrationen sein"



    Die haben ja zB auch in Syrien schon so gut funktioniert, zumindest bis Assad sie zusammenschießen lies.



    "mit Menschenketten russische Panzer stoppten"



    Im besseren Fall fährt der Panzer dann drum herum, im schlechteren mitten durch, aber in keinem Fall deswegen zurück nach Russland.



    www.n-tv.de/mediat...ticle23156303.html



    "aber er kann das Regime des Besatzers dazu bringen, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen und einen Kompromiss zu finden"



    Hinsetzen und Kompromisse finden funktioniert ja auch innerhalb Russlands bestens im Sinne des Regimes. Man setzt sich in einem Gerichtssaal zusammen und einigt sich als Kompromiss auf einige Dekaden Lagerhaft in Sibirien, gegenüber einer Einladung zum Tee vom FSB eine klare Win-Win-Situation.



    "dass gewaltfreie Verteidigung [...] wirkungsvollen Dissens innerhalb der gegnerischen Sicherheitskräfte verursachen kann"



    Die Voraussetzung dafür dürfte aber sein, dass es auf deren Seite aber zumindest grundsätzliche Vorbehalte gegen Gewaltanwendung gibt. Bei einer völlig verrohten Truppe die keinerlei Hemmungen hat die Zivilbevölkerung inclusive kleinen Kindern und Greis*innen abzuschlachten dürfte es ein sehr blutiger Fehler sein sich auf deren Hemmschwellen zu verlassen. Und wie würde es wohl heute in Gaza aussehen wenn jemand wie Putin in der Knesset regieren würde?

    • @Ingo Bernable:

      +1!

    • @Ingo Bernable:

      Ergänzend dazu, die russische Exilzeitung Meduza hat einen sehr detaillierten und ausführlichen Bericht über die russische Besatzung in Bogdanivka, eine Siedlung im Oblast Kyiv, veröffentlicht. Da wird ziemlich genau erklärt, wie durch Mord, Vergewaltigung, Gewalt und Demütigung versucht wird, den Widerstand der Ukranier zu brechen.

      meduza.io/en/featu...ever-i-want-to-you

  • Ich empfehle Fr. Doudet dringend sich etwas eingehender mit dem russischen Machtapparat und insbesondere mit der Rolle der russischen Geheimdienste zu beschäftigen.

    (Z.b. in der DOKU: ZDF-History - die geheime Macht Moskaus).

    Denn ich fürchte ohne deren spezifische Analyse führen solch allgemeine (globale) Betrachtungen, wie hier dargestellt in diesem Fall zu völlig falschen Ergebnissen.

  • „Der Gazastreifen und das West­jordanland sind bis heute besetzt“

    Der Gazastreifen? Tatsächlich? Von der Hamas vielleicht.

    • @Matthias:

      Na ja, so genau muss man das ja nicht nehmen, wenns mal wieder ums Große und Ganze geht. Auch dass mit diesem Beispiel die Israelische Regierung mit dem Völkermörder Putin verglichen wird, Schwamm drüber!



      Immerhin ist ja bei der Intifada die Autononmiebehörde rausgekommen. Und die funktioniert ja bekanntermaßen einwandfrei, immerhin den Vorturnern geht es durch gezielte Korruption und Bereicherung schon viel besser.

      Ok. Ironie aus.



      Das ganze Interview ist schief gewickelt von Anfang an, indem Frau Dudouet beharrlich von einem "Konflikt" in der Ukraine spricht. Konflikt? Seitdem Putin die Schlächter von Butscha auch noch mit Orden behängt hat und damit freundlich als Vorbild für andere empfiehlt dürfte klar sein, dass es sich hier um Völkermord handelt.



      Und Problemlösung fängt ja wohl mit der Definition des Problems an...

      • @Puck:

        "Seitdem Putin die Schlächter von Butscha auch noch mit Orden behängt hat und damit freundlich als Vorbild für andere empfiehlt dürfte klar sein, dass es sich hier um Völkermord handelt".

        Nein, es ist "nur" der Beweis, dass es sich um brutale und rücksichtslose Kriegsführung handelt. Für Völkermord braucht es immer noch ein ethnisches bzw. religiöses Motiv. Sonst wären wie von Völkermorden umzingelt. Mord bleibt Mord. Aber bei der menschlichen Fähigkeit sich an alles zu gewöhnen, benötigen wir klare Begriffe!

  • "Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass eine nachhaltige Lösung von Konflikten niemals militärisch sein kann – darum braucht es zivile Alternativen."

    Nach der ersten Antwort hab ich aufgehört zu lesen, fällt mir sofort ein Gegenbeispiel ein. Sonderbundskrieg in der Schweiz 1847, die konservativen Kantone der Innerschweiz wollen keinen Bundesstaat, Religion nicht vom Staat trennen und noch einiges andere. Die liberalen Kantone mobilisieren daraufhin ihre Truppen um den Sonderbund aufzulösen.

    Der Oberbefehlshaber der Liberalen, Guillaume Henri Dufour, nach ihm wurde der höchste Berg der Schweiz benannt, die Dufourspitze, versucht blutige Kämpfe zu vermeiden und pocht streng auf die Einhaltung humanitärer Grundsätze. "Wir müssen aus diesem Kampf nicht nur siegreich, sondern auch ohne Vorwurf hervorgehen."

    Obwohl beide Seiten fast 180.000 Soldaten aufbieten, führt Dufours Strategie zu weniger als 200 Toten insgesamt, der Krieg ist nach 1 Monat vorbei, später werden alle Kantone gleichberechtigte Mitglieder der Schweiz und es herrscht seit 180 Jahren Frieden in der Schweiz.

    Natürlich löst militärische Gewalt nicht alle Probleme, das behauptet aber auch niemand. Es ist auch immer die Frage, was will der Angreifer.

    Wenn während des Georgisch-Abchasischer Krieg 1993, Abchasen, Russen und Tschetschenen in der damaligen Hauptstadt Sochumi einmarschieren, ist das Ziel ethnische Säuberung.

    "Die Separatistenmilizen begingen umfängliche Gräueltaten an der georgischen Zivilbevölkerung, töteten viele Frauen, Kinder und ältere Leute, nahmen einige als Geisel und folterten andere … Sie töteten eine Vielzahl georgischer Zivilisten, die in dem von Abchasien eingenommenen Gebiet zurückblieben."

    de.m.wikipedia.org...r_von_Sochumi_1993

    Wenn man jetzt den Ukrainern in Mariupol sagt, ergebt euch, verurteilt man sie wahrscheinlich zum Tode. Oder will einer mal austesten, was einem passiert, wenn man in die Hände von Kadyrovski fällt?

  • Diese Ideen sind mindestens faszinierend und bedenkenswert. Es klingt so einfach: einfach die Spielregeln der Besatzer ignorieren. Aber ist es so einfach? Ob es sich in einem Land der Größe und Komplexität der Ukraine organisieren ließe, ist schwer zu sagen. Die Bevölkerung müsste zu 100% entschlossen zusammenhalten. Doch Russen hätten in wenigen Tagen die Regierung Selensky abgesetzt und durch eigene Marionetten ersetzt - und dann? Genügend skrupellose Kollaborateure, die sich bereichern wollen, finden sich leider immer. Genau daran würde die Idee wohl scheitern. Alle Anführer eines zivilen Widerstands wären ganz schnell inhaftiert und nach Russland in Lager verschleppt worden. Welche Zivilgesellschaft hält so etwas lange aus und durch?

  • "Eine weitere effiziente Taktik war mehrmals, dass ukrainische Zivilisten mit Menschenketten russische Panzer stoppten." - Die Taktik hatte auf dem Tiananmen-Platz in Peking dann doch leider versagt. Es kommt wohl immer drauf an, wie sehr die Panzerfahrer selbst unter Druck gesetzt wurden....

    • @Martin L.:

      Gutes Argument. AFAIK wurden die chinesischen Truppen auf dem Tian-an-men allerdings nicht unter Druck gesetzt, sondern mit Lügen über die Demonstranten zugschüttet. Ähnlich wie die russischen Truppen in der Ukraine heute.

    • @Martin L.:

      Natürlich.

      Und die Bilder, wie unbewaffnete ukrainische Zivilisten tatsächlich in der Lage waren, russische Militärfahrzeuge zumindest auszubremsen, haben wohl die meisten von uns gesehen.

      Und solche Bilder geben Hoffnung. Sie sind beeindruckend und rühren zu Tränen.

      Leider lernt die russische (Militär-)Führung auch aus solchen Situationen.

      Irgendwelche jungen Wehrdienstleistenden mit Skrupeln setzt man halt besser nicht an's Steuer in der ersten Reihe, wenn man ein ganzes, selbstbewusstes Land unterwerfen will.

      Momentan, so hart wie es für pazifistisch eingestellte Linke auch sein mag, sind schwere Waffen für die Ukraine das, was es braucht, um diesen Wahnsinn zu beenden.

      Wenn Putin oder seine Gleichgesinnten in Budapest und Warschau stehen, oder zumindest an der Grenze Polen und Ungarn, werden sich viele halb panisch, halb erstaunt, noch umschauen.

      Und lasst euch gesagt sein, wenn es soweit kommt, Orban übergibt sofort die Schlüssel gegen eine Datscha am Stadtrand von Moskau.

  • "Ich glaube nicht, dass der zivile Widerstand, wie er jetzt organisiert ist, allein den Krieg oder die Besatzung beenden wird, aber er kann das Regime des Besatzers dazu bringen, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen und einen Kompromiss zu finden. Dafür müsste die Regierung leistungsfähige Systeme der friedlichen Verteidigung entwickeln."

    Anhand dieser Aussage erkennt man das Problem moderner Pazifisten. Sie denken, Krieg sei stets von rationalen Motiven geleitet und beide Seiten hätten ein Interesse an Frieden. Zu sehr hängen sie an Clausewitz veralteter Doktrin, Krieg sei nur die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

    Dass der Kriegstreiber diesen Krieg nicht aus strategischen, sondern aus egomanen Gründen führt und auch kein Problem damit hätte, Panzer über Menschenketten fahren zu lassen, wird geflissentlich ignoriert. Wer ernsthaft glaubt, Putin hätte ein stärkeres Interesse an einem Frieden denn an den Lorbeeren eines Sieges um jeden Preis, wird eines morgens aufwachen und seinen pazifistischen zivilen Ungehorsam ausprobieren dürfen.

    • @John Farson:

      Exakt.

      Man stelle Überlebende von Bucha vor die Wahl: Panzer und Flugzeuge für die Ukraine, oder Sitzblockade auf der Hauptstraße?

      Schon klar, allein die Vorstellung ist eine Herausforderung, aber: das ist die Realität.

      Leider.

  • Sorry, aber ich kann Véronique Dudouets Argumentation gerade nur Allgemeinplätzehaftes abgewinnen.



    Wenn sie daran glaubt, was sie behauptet, so hält sie gerade niemand davon ab, in die Ukraine zu reisen und dort einmal in die Praxis zu übersetzen, was sie hier theoretisch beschreibt.



    Leider scheint mir diese Denkweise auf der gleichen Ebene stattzufinden wie Homöopathie oder andere metaphysische Hilfsmittel: Sobald es aktut wird, sind sie lebensbedrohlich und ihre Propagandist*innen im Zweifelsfall verschwunden oder nicht verantwortlich.

  • "In Palästina zum Beispiel hat die erste Intifada in den späten Achtzigerjahren zum Osloer Friedensprozess ab 1993 geführt – aufgrund der gewaltfreien Mittel, die Palästinenser gegen die israelische Besatzung einsetzten."

    Guter Witz. Die erste Intifada wurde auch "Krieg der Steine" genannt. Molotowcocktails waren auch im Spiel. Kollaborateure oder wen man dafür hielt, wurden gefoltert und ermordet.

    "So forderte die interne Gewalt während der Intifada insgesamt ähnlich viele Todesopfer wie die Angriffe auf israelische Soldaten."

    de.wikipedia.org/w...nensische_Aktionen

    Alles in allem ein Superbeispiel für gewaltfreien Widerstand.

  • Finde das ein sehr interessantes Thema.



    Es wäre wichtig das zu vertiefen und der



    Allgemeinheit bereit zu legen.



    Also dran bleiben bitte.