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Ampel zieht Wahlrechtsreform durchMachtpolitische Selbstherrlichkeit

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Gegen den Widerstand der demokratischen Opposition haben SPD, Grüne und FDP das Wahlrecht geändert. So schaden sie der Demokratie.

Der Deutsche Bundestag. Die Ampel verabschiedet die Reform zur Verkleinerung des Parlaments Foto: Michael Kappeler/dpa

E s klingt wie aus einem Werbekatalog: Einfach, fair, gerecht und nachvollziehbar soll es sein, das neue Wahlrecht. Das behaupten SPD, Grüne und FDP. Es ist jedoch schlicht falsch, um nicht zu sagen: eine Lüge. Was die Ampelkoalition in einem wenig schmeichelhaften Akt machtpolitischer Selbstherrlichkeit an diesem Freitag durch den Bundestag gepeitscht hat, ist weder einfach noch fair. Gerecht und nachvollziehbar ist es ebenso wenig.

Schon die Motivation für die Reform geht an dem eigentlichen Problem vorbei. Denn das Hauptproblem des Bundestags ist nicht seine Größe. Mit 630 Abgeordneten ist er nicht mehr oder weniger arbeitsfähig als mit 736. Die Frage ist vielmehr, wen diese Abgeordneten repräsentieren. Schon dass inzwischen rund ein Viertel der Wahlberechtigten nicht mehr zur Wahl geht, ist höchst bedenklich.

Wenn dann aber auch noch etliche Millionen Stimmen zusätzlich „verloren“ gehen, weil sie sich aufgrund der hohen deutschen Sperrklausel nicht im Parlament widerspiegeln, untergräbt das die Demokratie. Die Ampelparteien hätten sich also besser Gedanken darüber machen sollen, wie die Anzahl der um ihre Relevanz beraubten Stimmen reduziert werden kann.

Mit ihrem jetzt gegen den Widerstand der demokratischen Opposition im Bundestag durchgesetzten Wahlrecht sorgen SPD, Grünen und FDP jedoch für genau das Gegenteil. Durch ihre Entwertung der Erststimme bei Beibehaltung einer bundesweiten Fünfprozenthürde erhöhen sie sogar noch den Anteil der verlorenen Stimmen. Denn es wird künftig ein Zweiklassensystem geben: In einem Teil der Wahlkreise wird es egal sein, ob jemand seine Erststimme in die Urne oder den Mülleimer wirft.

Schon der Ursprungsentwurf hatte den Makel, nicht mehr sicherzustellen, dass ein:e Wahl­kreis­sie­ge­r:in auch in den Bundestag einzieht. Mit ihrer erst in dieser Woche eingefügten Streichung der Grundmandatsklausel und der ausschließlichen Koppelung des Wahlkreismandats an das Zweitstimmenergebnis einer Partei hat die Ampelkoalition handstreichartig die Erststimme zusätzlich entwertet.

Bitter für die Kleinen

Nun kann es sogar passieren, dass aus einem ganzen Bundesland kei­n:e ein­zi­ge:r Wahl­kreis­ver­tre­te­r:in im Bundestag mehr vertreten ist. Mit der jetzt beschlossenen Regelung wäre 2021 nicht nur die Linkspartei aus dem Bundestag geflogen, es säßen zudem auch ihre drei direkt gewählten Abgeordneten nicht mehr im Parlament. Und hätte die CSU nicht 5,2 Prozent, sondern nur 4,9 Prozent an Zweitstimmen erhalten, wären 45 der 46 direkt gewählten bayrischen Abgeordneten ohne Mandat geblieben.

Wer die Linkspartei oder die CSU nicht mag, den hätte das vielleicht gefreut. Aber einer lebendigen Demokratie tut es nicht gut, wenn Millionen von Wäh­le­r:in­nen­stim­men unberücksichtigt bleiben. Es würde den Ampelparteien allzu große Naivität unterstellen, nicht davon auszugehen, dass sie die Verschärfung ihrer Wahlrechtsreform mit Blick auf die politische Konkurrenz, konkret die CSU und die Linkspartei, in das Gesetz eingeschleust haben.

Die Behauptung, die Änderungen kurz vor Toresschluss seien eine Konsequenz aus der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss, ist jedenfalls abenteuerlich. Denn eine klare Mehrheit der Sachverständigen hat sich gegen die ersatzlose Streichung der Grundmandatsklausel ausgesprochen. Aus gutem Grund gibt es in anderen Ländern, beispielsweise in Griechenland, die Regel, dass eine Wahlrechtsreform erst für die übernächste Wahl gilt.

So müssen sich SPD, Grüne und FDP den Vorwurf gefallen lassen, dass es ihnen nicht nur um die Verkleinerung des Bundestags, sondern auch der Opposition geht. Das ist nicht der behauptete „große Wurf“, sondern ein Verstoß gegen die Spielregeln der Demokratie. Wenn es ihnen nur um eine Reduzierung der Abgeordnetenzahl gegangen wäre, hätten sie auch einen anderen Weg gehen können, der tatsächlich einfach, fair, gerecht und nachvollziehbar gewesen wäre: die Einführung eines reinen Verhältniswahlrechts, verbunden mit der Absenkung der Sperrklausel.

Um regionalen Eigenheiten Rechnung zu tragen, wäre es auch möglich gewesen, die Sperrklausel nicht mehr bundes-, sondern wieder länderweit anzuwenden – so wie bei der ersten Bundestagswahl 1949. Doch zu einer Wahlrechtsreform, die die Demokratie in Deutschland stärkt, waren SPD, Grüne und FDP nicht bereit. Ihr Interesse war leider ein anderes. Jetzt bleibt nur noch, auf die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen in Karlsruhe zu hoffen.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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81 Kommentare

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  • Einfach falsch!

    Tatsache ist doch dass die CDU und die CSU seit Jahren jede Reform des Wahlrechts blockieren - bzw. immer wieder Vorschläge machen die glasklar verfassungswidrig sind.

    Da ist es einfach eine Frechheit jetzt zu schreiben dass diese Union effektiv ein Veto haben soll. Die Union hat die Notwendigkeit einer Wahlrechtsreform nie ernst genommen, soll sich also nicht wunder wenn die Ampel jetzt sie bei diesem Thema nicht ernst nimmt. Die Union bekommt nur was sie selbst gesät hat.

  • Ich fasse die Kommentare mal so zusammen: Können wir nicht eine Wahlrechtsreform machen, die nur der CSU schadet, aber nicht den Linken?

    Sehr demokratisch.

    • @Meister Petz:

      ...was ist denn überhaupt mit der CSU - habe ich in Norddeutschland noch nie auf'm Wahlzettel gehabt...

  • ...wieder wird bei dem neuem Wahlrecht der Aspekt - der Wahlbefähigung der Wähler - ausser acht gelassen.



    Soll wirklich weiterhin nur allein die Volljährigkeit der Wähler hier Ausschlaggebend sein ?



    Braucht es für die Teilnahme der Abgabe der Stimme, nicht auch ein Mindesmass an politischer Bildung ?



    Teilnahme mit dem Kfz im Strassenverkehr wird auch nicht ohne Führerschein gestattet...

  • Tja, wer schreibt, der bleibt, ich erinnere nur an den geänderten Wahlkreiszuschnitt in Berlin vor ca 20 Jahren. Immerhin steht nun das seit jeher fragwürdige Konstrukt CDU/CSU auf der Abschussliste. Die einen treten nur in einem Bundesland an, die anderen dort nicht, aber trotzdem schmeißt man nachher zusammen und es ergeben sich magischerweise Bundesministerposten für den kleineren Verein, mit Gestalten, die im Bund niemals durchgegangen wären.

    Es spielt auch keine Rolle, ob jemand lokal ein super standing hat. Ströbele bspw wäre gar nicht aufgerufen gewesen bei den Grünen, das wäre zwar nicht wünschenswert gewesen, aber ehrlicher und hätte die Realität besser abgebildet, da die Entscheider:innen des zugehörigen Gesamtvereins die Marschroute festlegen und nicht einzelne Wohlfühl- und Alibihanseln. Das musste auch Hofreiter einsehen, der jetzt von der Seitenline assistieren darf.

    Konsequent wäre im Gegenteil gewesen, die Zweitstimme zu kippen und nur noch Direktmandate zu zählen. Aber das wäre von den Parteien wirklich zu viel verlangt an demokratischem Impuls. Die ganze mühsame Arbeit, Seilschaften zu organisieren, ständig Loyalität zu demonstrieren und zu prüfen, um in den erlauchten Kreis zu kommen, alles für die Tonne. Das wäre das Ende der Parteiendemokratie, und die schaffen sich natürlich nicht selber ab. Schade eigentlich.

    Ich hoffe, die Gerichte lassen sich durch das Gejaule nicht beeindrucken.

  • Zustimmung,

    diese Wahlrchtsänderung schadet der Demokratie. Denn CSU und Linskpartei sind nun mal Regialnalparteien. Sie mit der 5 % Klausel aus dem Bundestag zu werfen ist durchsichtige Machtpolitik und antiföderal.

    Die einzige Möglickeit bei Beibehaltung der geltenden Regeln den Bundestag zu verkleinern wäre, die Landkarte völlig neu zu zeichen und die Bundesrepublik in weniger Wahlkreise einzuteilen. Ein Unterfangen, dessen Gelingen unvorstellbar ist.

    Also bliebe nur die Abschaffung von Erst- und Zweitstimme: mit nur noch der Erststimme bestimmt der/die WählerIn nur noch die Positionierung des gewünschten Kandidaten auf der Landesliste der Partei, der Bundestag wir dann von den Landeslisten nach den Erststimmen besetzt.

    So einfach könnte das sein. Aber dazu müssten die Partien die Verfügungsgewalt über die Landeslisten an die Wählerinnen und Wähler übergeben, das ist den Parteine dann doch zu viel Macht beim "Volk"...

    • @Newjoerg:

      Die Wahlkreise sind sowieso schon zu groß für regionale Repräsentation. Ich persönlich arbeite nicht in meinem Wahlkreis und habe Freunde, Kollegen und Bekannte, die ich mindestens wöchentlich sehe, in fünf Wahlkreisen. Der Direktangeordnete aus meinem Wahlkreis kommt hingegen aus einem Ort, der nicht nur keinerlei Bezug zu meinem Alltag hat, sondern in dem ich in meinem Leben noch niemals war. Bei noch weniger und noch größeren Wahlkreisen würde das ja noch schlimmer: Nein, danke!

      Und die Listenplätze haben ohnehin keine andere Bedeutung als dass wichtige Personen oben auf der Liste und in vermeintlich sicheren Wahlkreisen antreten, damit sie möglichst sicher in den Bundestag gewählt werden, während unliebsame Kandidat:innen möglichst weit hinten platziert werden. Bisher konnten sie damit vielleicht noch durch ein Wahlkreismandat als Hinterbänkler:innen gewählt werden, aber die Möglichkeit bleibt ja!

      Was die CSU angeht: Sollen die sich doch entscheiden, bundesweit anzutreten oder im Bund konsequent als bayerischer Landesverband der Union aufzutreten: Bitte, Problem gelöst! Die Linke kann bessere Politik machen, so dass sie die 5% knacken. Noch ein Problem gelöst!

      Die Reform ist gut und demokratisch: Wir hätten ein Verhältniswahlrecht mit Zugangshürde und der Möglichkeit, die Zusammensetzung der Fraktionen zu modifizieren. Ich sehe kein Problem mit der Verfassung oder der Demokratie und verstehe die Aufregung nicht ansatzweise. Mehrheitswahl ist sch... (siehe USA und UK!)

  • Wär emein Laptop faltbar hätte ich ihn nach dem Lesen dieses Beitrages zerknüllt und weggeworfen. So eine platte Polemik, bäh



    Fängt schon an mit "demokratischen Opposition". Als wäre die Regierung nicht demokratisch.



    Aber seis drum. Die Bundesrichter mahnen seit jahrzehnten an das die Regelung der Direktmandate nicht rechtens sei. Die Ampel ist die erste Regierung die Deutschland jeh hatte die dieses heiße Eisen, dass in der Bonner Republik geschmiedet wurde, anfaßt und eine gewisse Form der Wahlgerechtigkeit in den Bundestag bringt. Die CSU mit ihrer Schwesterpartei CDU profitieren von den Direktmandaten. Auch ist Bayern über die Maßen im Bundestag vertreten. Dafür gibt es den Bundesrat.



    Ob man einer Partei 3 Sitze einfach hinzu stellen sollte, ohne Überhangmandate, wenn sie mindestens 3 Direktmandate haben aber keine 5% wäre vielleicht ne Option um kleine regionale Parteien nicht durch das Demokratienetz fallen zu lassen. Aber wenn in der Bundestagswahl das Wahlvolk entscheidet nur 1 CSU Vertreter in Berlin haben zu wollen und die schicken gegen das Votum des Volkes 46, dann ist das alles andere als Demokratie. Das ist genau dieses Parteiengewurschtel das dieser Schreiberling hier der Ampel vorzuwerfen versucht.



    Abgesehen davon das diese Diät des Bundestages mal richtig Geld sparen wird. Nicht nur die Sitze, auch Büros mit Belegschaft und Fahrer und und und. Zusätzlich der Pensionen nach kurzer Zeit im Bundestag.

    • @Ramaz:

      Sie haben es ganz grundsätzlich nicht verstanden: die Neuregelung hat den Effekt, daß die exakt gleiche "Entscheidung des Wahlvolks", um in Ihrer Diktion zu bleiben, ein dramatisch anderes Ergebnis hat - weil mit einer knappen Regierungsmehrheit eine brutale Maßnahme durchgeprügelt wurde.

  • Es bleibt die Hoffnung auf's BVG. Ich drücke CSU/Linke für diese Klage ausnahmsweise mal die Daumen :-).

  • Durchgezogen ist es nur wenn es auch vor dem Bundesverfassungsgericht durchkommt. Wenn nicht, dann wurde die Reform vor die Wand gefahren.

    Und da nicht alle Ergebnisse der Direktwahlen nicht mehr gleich behandelt werden, wird es m.E. keine gleichen Wahlen mehr geben.

  • Nachtrag: 1. Die CSU kann mit der CDU fusionieren, dann kommt sie niemals unter 5%. Eine Landespartei, die für den Bund antritt, braucht keine Sonderkonditionen. 2. Was fast vollständig vergessen wird, hier bei der bescheidenen Argumentation sowieso: Bei sechs oder mehr Parteien kann ein Dirketmandat nach jetziger Regelung mit 12%, also weniger als einem Achtel aller Bürger:innen eines Wahlkreises errungen werden. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun.

  • Argumente umgedreht:



    70,8% bis 82,2% Wahlbeteiligung seit der Wende ist doch gar nicht so schlecht. 630 Abgeordneten kosten weniger als 736 und sind genauso arbeitsfähig. Wer sich mit seinen Ideen einbringen will geht in eine Partei und überzeugt seine Mitstreiter. Das ist Demokratie!

  • Selten so einseitige Berichterstattung gelesen. Wesentliches fehlt, leider heutzutage normal. Keinerlei Hinweis, dass die Union über Jahre blockiert hat. Keinerlei Hinweis, dass das BVerfG eine Verkleinerung gefordert hat, usw., usf..Hätte ich so nachlässig gearbeitet, wie hier argumentiert wird, ich wäre 46 Tage weit gekommen, nicht 46 Jahre.

  • Die Größe der Parlaments könnte man schon ganz gut in den Griff bekommen, wenn die auf die Nichtwähler entfallenden Sitze leer blieben und grundsätzlich als Enthaltung gezählt würden.

    • @Bolzkopf:

      Das finde ich eine sehr interessante Idee.

      Ein Bekannter hatte noch den Vorschlag unterbreitet, die Sitze der Nichtwähler auszulosen. Finde ich an sich noch charmanter, allerdings kriegt man damit natürlich das Problem der Übergröße des Bundestages nicht in den Griff.

  • Wahlrecht, zumal in Deutschland, ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Ein Aspekt sticht aber doch hervor: Das neue Wahlrecht stärkt überproportional die Macht der Parteien! Wählerinitiativen vor Ort z.B. dürften nullkommanull Chancen auf irgendeine parlamentarische Beteiligung haben. Politische Großparteien sind meiner Beobachtung nach Schwerpunkte wirtschaftsnaher Lobbyarbeit und die hat auch gestaltenden Einfluss auf die Erstellung von Landeslisten der Parteien. Heißt: Dieses Wahlrecht entfernt Politiker/Politikerinnen noch mehr von der zu vertretenden Bevölkerung - die noch mehr das Gefühl entwickeln wird, getreten zu werden... Ein wichtiger Aspekt immerhin!

    • @Munio Eunano:

      Wählerinitiativen vor Ort haben ihre Bestimmung vor Ort. Was soll eine Initiative, die sich um eine Lurchart wegen einer bestimmten Baumaßnahme in ihrem Dorf sorgt, in Berlin?



      Das hatten wir in der Weimarer Republik. Wir wissen wohin das führte wenn jeder Taubenzüchterverein am großen Tisch sitzt.



      Das die Linke gerade Schwierigkeiten hätte in den Bundestag zu kommen liegt nicht an dem vorgelegten Wahlverfahren, sondern an ihrer Politik mit der sie ihre eigenen Wähler verjagen. Der Bundestag wird von ganz Deutschland gewählt, mit einer 5% Hürde. Das Wahlergebnis dieser Verhältniswahl muss sich in der Sitzverteilung im Bundestag widerspiegeln. Nicht lokale Initiativen mit einer guten PR-Abteilung.

    • @Munio Eunano:

      Der Aspekt ist entscheidend: Kaum hat das Wahlrecht die Listen gestärkt, kommt Frau Bas mit der Paritätsverpflichtung. Dabei ist diese verfassungswidrig, wie drei Gerichte bestätigt haben, darunter das BVerfG.

      Die Wahlrechtsreform dient dazu, den Einfluss des Wählers zu schwächen und den der Parteien zu stärken.

      • @Gorres:

        Zudem will sie die Wahlperiode auf 5 Jahre erhöhen, so dass wir noch weniger Einfluß-/Reaktionsmöglichkeiten aufs Regieren haben. Ich bin gerade ziemlich wütend, wie man so antidemokratisch regieren kann - und nichts passiert.

  • Jahrelang hat eine Regionalpartei überproportional von dem geltenden Wahlrecht profitiert. Durch eine zwar legale, aber doch etwas seltsame Vereinbarung wurde das möglich. So konnte es passieren, dass gewisse Minister ihre Wahlkreise -und nur die- im Auge hatten, anstatt das Gesamtwohl der Republik. An dieser Tatsache kann man nicht mit geschlossenen Augen vorbeigehen. Und falls die Grundmandatsklausel nun auch im Bund wegfällt - in Bayern gibt es sie auch nicht. So what? Und warum haben sich die Unionsparteien zehn Jahre lang mit Händen und Füßen gegen eine Reform gewehrt? Ganz sicher nicht weil sie das Gemeinwohl im Auge hatten, sondern weil sie einen wirklich chancengleichen Wettbewerb fürchten

    • @Perkele:

      Informieren Sie sich dich bitte. Die CSU und die Linkspartei haben genau den Anteil an Abgeordneten bekommen, der ihnen nach dem Anteil der Stimmen zustand. Nicht mehr nicht weniger.

    • @Perkele:

      Naja, wenn man sich Bayern anguckt und den Rest der Republik, sollten andere Regionen vielleicht auch Regionalparteien bilden.

  • Neuerdings ist ja immer und überall die Demokratie in Gefahr. Niemand wird mehr gehört, keine Stimme zählt mehr. So auch hier. Ich finde das ziemlich langweilig und auch schrecklich falsch. Was ist denn "mehr Demokratie"? Für jede Meinung eine Partei? Damit sich jeder repräsentiert fühlt? Nein, das "sich fühlen" ist schlichtweg nicht das Ziel. Und eine Begrenzung des Bundestags ist sinnvoll, die 5%- Klausel sowieso und der Vorrang des Verhältniswahlrechts auch. Weder ist eine Zersplitterung des Parlaments wünschenswert, noch eine Schwächung der Parteien zugunsten von Direktkandidaten. Man muss im Bundestag ja am Ende Mehrheiten generieren können. Oder ist selbst das heutzutage schon "undemokratisch"?

    • @Benedikt Bräutigam:

      Nun ja, wenn man beschlossen hat, dass der Wähler auch durch direkt gewählte Wahlkreiskandidaten repräsentiert sein soll, dann ist doch wohl augenscheinlich der Wurm drin, wenn unter bestimmten Umständen nahezu alle Direktkandidaten eines ganzen Bundeslandes nicht in den Bundestag einziehen könnten

    • @Benedikt Bräutigam:

      Das Generieren von Mehrheiten sollte aber nicht dadurch passieren, dass man den Kreis derer, die an den Entscheidungen beteiligt sind, qua Wahlrecht möglichst auf die sogenannten Volksparteien begrenzt und "kleine" Parteien ausschließt. Das ist schon undemokratisch, und dem hat ja die Grundmandatsklausel entgegengewirkt. Andererseits gehört dazu auch, (parteilose) Direktkandidaten nicht auszuschließen. Wie das bei einer reinen Verhältniswahl gehen soll, habe ich noch nicht verstanden.

      Grundsätzlich finde ich schon, dass bei einer Ausdifferenzierung der Parteienlandschaft die Mehrheitsverhältnisse auch im Parlament abgebildet werden müssen. Dann muss man überzeugen und politisch arbeiten, um im Bundestag Mehrheiten zu generieren. Ansonsten müssten es die großen Parteien eben hinbekommen, mehr Wählerstimmen zu generieren. Sie können aber nicht den Wähler:innen sagen, ihr wählt falsch, also seid ihr nicht repräsentiert.

    • 6G
      652797 (Profil gelöscht)
      @Benedikt Bräutigam:

      Ich verstehe im Fall der CSU die bedenken. Hier geht es um mehrere Millionen Menschen die plötzlich keine Vertretung mehr im Bund haben könnten, nur weil es eine regionale Partei ist. Dann können wir auch den schottischen oder katalanischen weg nehmen und über Abspaltung reden.

      • @652797 (Profil gelöscht):

        Darauf warte ich schon länger. Größter Nettozahler im Finanzausgleich, keine Repräsentation mehr in der Regierung, und jetzt auch noch durch das neue Wahlrecht ausgebootet - man könnte sich bald unter dem Bildnis König Ludwigs nach den Zeiten vor 1871 sehnen.

      • @652797 (Profil gelöscht):

        Für die Vertretung Bayerns gibt es den Bundesrat. Letztendlich profitiert die CDU gegenüber der CSU.

        • @Ward Ed:

          Es geht nicht um den Bundesrat. Es geht um die Gleichbehandlung von Wählern. Es darf nicht sein, dass der eine Wahlkreis eine direkte Vertretung im Bundestag hat und der andere Wahlkreis oder gar gleich ein ganzes Bundesland nicht.

        • 6G
          652797 (Profil gelöscht)
          @Ward Ed:

          Der Bundestag ist das einzig politische Organ das vom Bürger direkt gewählt wird, gewählte Vertreter nicht zuzulassen ist schlichtweg antidemokratisch. Sollte das Verfassungsgericht gelten lassen prophezeie ich jetzt schon an starken Rechtsschwung der Union und noch tiefere Gräben in der Bevölkerung.

        • @Ward Ed:

          Also Millionen Menschen ignorieren? Was für eine Demokratie soll das dann sein? Oder schaffen wir die Bundestagswahlen doch ganz ab, da wir ja den Bundesrat haben. Dann wäre es wenigstens für alle Länder gleich schlecht.

  • Ich habe nun ein halbes Jahrhundet mit diesem komplizierten Wahlrecht gelebt und fand die vielen Sonderrregeln auch immer irgendwie sympatisch.

    Aber enthält das Festhalten an der Erststimme nicht womöglich auch einen großen Anteil unbegründeter Nostalgie?

    Ich kann nicht erkennen, dass in meinem Wahlkreis (ulm) die Erststimmen sich wesentlich von den Zweitstimmern unterschieden haben, noch dass dadurch irgendwelche supertollen Ausnahmekandidaten in den Bundestag gewählt wurden. Die Erststimmen sind für die politische Landschaft im Grunde völlig egal, auch weil im Bundestag die reale Macht von wenigen Fraktionsfunktionären ausgeübt wird. Ich halte die Bedeutung der Erststimme vielfach für Opium fürs Volk.

    Wenn ich einen Schritt zurücktrete, werde ich die Erststimme zwar vermissen, aber auf die Politik wird das wohl wenig Einfluss haben.

    Andererseits finde ich es sehr beunruhigend, wenn ein relevanter Anteil der Wähler das komplizierte Wahlsystem offenbar nicht versteht und die eher zweitrangige "Erststimme" für besonders wichtig halten. Ein Wahlrecht, das nicht alle Bürger verstehen ist ein schlechtes Wahlrecht.

    Von daher mag der Gesetzentwurf unschön aussehen, aber der erste Schritt zu einem reinen Verhältniswahlrecht ist vielleicht auch ein guter Schritt. Etwas noch Radikaleres wäre wohl kaum durchzusetzen gewesen.

    • @Sonntagssegler:

      schreibt mir aus meiner alten Seele :)

      in Bayern hatte die Erst- und Zweitstimme sehrwohl eine Bedeutung. Alles wählt einmal CSU und dann CDU. Dank deren Zusammenschluss zu Schwesternparteien zählten diese Stimmen Jahrzehnte mehrfach. Erst das Direktmandat für die CSU, dann das Mandat über das Verhältniswahlrecht für die CDU und dann nochmal die Überhangmandate für die CDU weil ja ihre Schwester diese Direktmandate hat ohne die notwendige Zustimmung aus dem Wahlvolk Deutschland.

    • 1G
      14231 (Profil gelöscht)
      @Sonntagssegler:

      Aber Siehst können derzeit nicht nur sicher sein, dass ihr Wahlkreis mit mindestens einem Parlamentarier aus ihrer Region vertreten ist, sie können diesen sogar mitbestimmen. Künftig bestimmen Parteigremien darüber, wer die Möglichkeit hat, in den Bundestag einzuziehen. In den USA haben Wähler immerhin die Möglichkeit, Einfluss auf Parteikandidaturen zu nehmen. Nichtparteimitglieder sind in Deutschland künftig Bürger zweiter Klasse.

      Es hat nichts mit Nostalgie zu tun, wenn man an historisch gewachsenen Dingen festhält, die ihren Zweck erfüllen. Es ist abzusehen, dass viele Wahlkreise mit dem neuen Wahlrecht nicht mehr im Bundestag vertreten sein werden, was dessen Akzeptanz in der Bevölkerung schwächen dürfte.

    • @Sonntagssegler:

      Die Sache mit der Erststimme ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aus den von Ihnen genannten Gründen.



      Andererseits ist der GRÜNE Hans-Christian Ströbele über lange Jahre aufgrund der Erststimme immer wieder in den Bundestag gekommen. Ein bisschen funktioniert sie also doch so wie sie soll.

    • @Sonntagssegler:

      Also, das Ergebnis ist folgendes, ich brauche meine Erststimme nur an eine Partei geben, von der ich annehme, dass sie die 5% Hürde auch schafft. Sonst habe ich umsonst gewählt, meine Stimme wird nicht repräsentiert.



      Auch sollte ich nun meine Erst- und Zweitstimme der gleichen Partei geben.

      Zum einen sehe ich nicht ganz, wieso die FDP glaubt dann sicher im nächsten Bundestag zu sitzen. Genauso wie CSU und Linke.



      Wählervereinigungen und freie Kandidaten können auch abtreten. Neue Partein brauchen es gar nicht erst versuchen.

      Wir werden sehen, wie Politiker die Seiten wechseln. Wie sie alles tun, um an die Macht zu kommen.

      Wissen sie wohin das führt? Über ein drei Parteinsystem hin zu einem zwei Parteinsystem. Die USA lässt grüßen. Und dass führt zu einer Spaltung der Nation. Siehe USA und Brexit. Egal was rauskommt, fast die halbe Bevölkerung ist dagegen.



      So sieht Kompromisse finden nicht aus. So sehen demokratische Lösungen nicht aus.



      Wissen sie was so aussieht? Machterhalt und Klüngelwirtschaft.

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Diana Klingelstein:

        Glauben Sie, dass B90/Die Grünen aus dem Bundestag verschwinden werden? Wie sind die eigentlich da rein gekommen? Klingelwirtschaft?

        • 6G
          652797 (Profil gelöscht)
          @95820 (Profil gelöscht):

          wohl über Direktmandate zuerst, gibts ja dann nicht mehr für kleine Parteien.

        • @95820 (Profil gelöscht):

          wenn ich tippen müsste, würde ich auf die SPD wetten. Die schaffen es in die dreier Konstellation, aber danach schaffen sie sich ab. Es fehlt ein eigenenes Profil. Abgrenzung und andere Schlecht machen, reicht irgendwann nicht mehr aus.

          Bei der CDU gilt das eigentlich auch. Aber die wissen, dass der konservative Wähler keine Veränderungen will. Und diesen Wähler gibt es immer und er wird am Ende bei der CDU landen, da die CDU immer nur sagt, alles soll so bleiben wie es ist, Veränderung ist schlecht.



          Das die CDU jede Veränderung mitmacht - nur halt sehr langsam - wird gerne übersehen. Und das reicht als "Profil".

  • Ich stimme dem Kommentator in weiten Teilen zu. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass gerade die Unionsparteien sich über viele Jahre jeder Reform verweigert haben, obwohl die jetzigen Regierungsparteien zu ernsthaftem Dialog und Zusammenarbeit bereit waren. Irgendwann wirds dann halt ohne sie gemacht...

    • @~Toni~:

      Ich finde es merkwürdig, das ein so einschneidendes Gesetz mit Regierungsmehrheit durchgesetzt werden kann. Ich finde, dazu müsste es mindestens eine 2/3 Mehrheit geben.

      Und was die Parlamentsgröße betrifft, zahle ich lieber ein paar mehr Abgeordnete als dass ganze Landstriche und Ideen aus dem Parlament verschwinden.

      Vielleicht kann man die 5%-Hürde ja auf das Antrittsgebiet einer Partei beziehen.

  • Endlich mal ein Grund zu Jammern!



    Wo ist eigentlich das Problem?



    Hatte die Linke ernsthaft vor, sich auf diesen tönernen Füßen auszuruhen?



    Wenn die Partei endlich mal grundsätzliche Entscheidungen träfe, würde sie auch wieder wählbar. Nur wenn in zwei unterschiedliche Richtungen gezogen wird, erkennt selbst der Wohlmeinenste kein Konzept mehr .



    Es ist gut, dass die Wahlrechtsreform endlich angegangen wird. Wenn die Gerichte korrigierend eingreifen, macht doch jedes Verfassungsorgan, was es soll. Wer hier behauptet, das Gesetz sei gegen die Demokratie, verkennt einfach, das wir eine unabhängige Justiz haben. Wenn das nicht mehr gewährleistet ist, wie in einigen unserer Nachbarländern, erst dann müssen wir uns Sorgen machen.



    Es ist jedenfalls wenig sinnvoll, Millionen zum Fenster raus zu werfen und den Bundestag ständig zu vergrößern.



    Deutlich wird: die Bremser sitzen bei den " C Parteien", also alles wie gehabt.

  • Wenn diese Wahlrechtsreform durch das Bundesverfassungsgericht (BVG) durchgewunken wird, wird das erste Bundesland Bayern sein, weitere werden folgen, das beim BVG auf Gleichstellung mit Status südschleswigischen Wählerverbandes klagt, gemäß Gleichbehandlungsgrundsatz Artikel 3 GG.



    Was treibt Ampelkoalition um, dass sie diese Wahlrechtsreform Provokation Burleske inszeniert? Steckt da anderer Plan hinter, die deutsche Landschaft wahlrechtlich so zu formieren, dass dadurch Wahl zum Europaparlament 2024 anderen Drive und Schub erlangt? EU auf Wahlrechtstrukturreform einzustimmen, die von länderübergreifend 50 Regionen in EU ausgeht mit etwa jeweils 30-50 Millionen Wahlberechtigten. Das entspräche Konzept in Ulrike Guèrots Buch "Warum Europa eine Republik werden muss" 2016 auf dem Weg zu einem demokratisch verfassten Europaparlament der Regionen mit Initiativrecht, Gesetzesentwürfe zur Abstimmung vorzulegen? Wenn nicht das, geht es darum, ein Mehrheitswahlrecht wie in USA einzuführen, gleichzeitig wie bei christlichen Kirchen staatliche Zuschüsse/anno für Parteien durch einmaligen Beitrag abzulösen, unterfinanziert auf Niveau von Wahlkampfkampagnen NGOs zu senken, Bundes-, Landtagswahlen in Deutschland wie in USA seit 2010 von privaten Geldgebern in unbegrenzter Höhe abhängig zu machen, einzelne Kandidaten, ganz nach FDP Christian Lindners Gusto, legal durch "Front Organization", Tarnorganisationen, organisiert von Millionären, Milliardären, wie Gebrüder Koch, Peter Thiel, Elon Musk wie in USA finanziert zu pushen? (Quelle Bernie Sanders Buch "Unsere Revolution 2016, S. 95).



    Andererseits ist unklar, wo landen Freie Wählervereinigungen, Wahlinitiativen gemeinsamer Wahllisten nach heutigem Bundestagsbeschluss dieser Wahlrechtsreform?



    Können in Wahlkreisen überhaupt noch parteiunabhängige Einzelpersonen erfolgreich kandidieren?

    www.spiegel.de/pol...-8b5e-1d5bb65f977f

  • Es hätte viele Möglichkeiten gegeben. Abschmelzen der Wahlkreise um 50-100 Stück.



    Oder man hätte die Listen abschaffen können. Mit einer Stimme Kandidat und Partei wählen.



    Mandatsverteilung zwischen den Parteien nach Stimmanteil deutschlandweit, aber innerhalb der Partei kriegen die einen Sitz, die relativ am Besten abgeschnitten haben in ihrem Wahlkreis.



    Dann gäbe es keine Listenabgeordneten mehr. Nur noch lokal aufgestellte und dort verankerte.

    • @Kartöfellchen:

      Das hat was! Wie sich die ganzen Provinzonkel und Tanten dann zusammensetzen und Mehrheiten und Kompromisse für das Ganze finden müssen, wäre sicher spannend. Aber das kommt nie

    • @Kartöfellchen:

      So* war das in BaWü. Bis jetzt. Hamse grad abgeschafft. Ratenwirmal, wer ... (oder googeln mal schnell, wer dort regiert).



      Allerdings kam, über die jeweils garantiert drinnene Wahlkreigewinnerin hinaus, nicht zusätzlich rein, wer in seinem Wahlkreis die nächst-meisten Prozente hatte, sondern innerhalb seiner Partei die absolut meisten Wählerstimmen - was Kandidaten etwas kleinerer Wahlkreise beim 'Auffüllen' der Fraktionen systematisch benachteiligte.

    • @Kartöfellchen:

      … und weniger Leute, die überregionale Themen angehen.

  • Wenn man das Parlament verkleinern will, wieso durch teilweise Abschaffung von Grundprinzipien des direkten Mandats? Was spricht dagegen einfach die Wahlkreise zu vergroessern? Das aktuelle Vorhaben sieht in der Tat nach einem politisierten Wahlrecht aus, nicht gerade ein Zeugnis von Demokratieverständnis der Ampel.

    • @Tim Broich:

      Das sehe ich genauso.

  • "ob jemand seine Erststimme in die Urne oder den Mülleimer wirft." In Holland tun sie das schon !!!! taz.de/picture/615...24/32408369-1.jpeg

  • Das es wenig hilfreich ist, wenn Hans und Franz im Parlament sitzen, weil sie 0.9% der Stimmen bekamen, hat in der Weimarer Zeit das Parlament völlig handlungsunfähig gemacht. Ebenso wie eine zu geringe, ist auch eine zu hohe Zahl an Parteien lähmend für die Demokratie. Wer die 5% nicht wuppt, der ist eben raus. Das hat uns die letzten Jahrzehnte die Nazis und die Esoteriker aus dem Bundestag gehalten. Die Lokalpartei CSU schafft den Einzug nur, weil sie mit der CDU mauschelt. Da die Linke ohnehin eher borniert-gutbürgerlich und wenig sozial ist, weine ich der auch keine Träne nach. Die geringe Wahlbeteiligung hat nichts damit zu tun, dass weniger Abgeordnete im Bundestag sitzen, sondern dass kaum eine Partei in der Lage ist, ihre Wahlversprechen zu halten oder durchzusetzen. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und niemand geht mehr sinnvolle Kompromisse ein. Warum SPD, Grüne und Linke nicht in eine Richtung am Strang ziehen, um die Rechten zu entmachten, weiß kein Mensch. Man streitet sich lieber um Kleinigkeiten. Das ändert sich auch nicht mit 1290 Abgeordneten und 39 Parteien. Es darf jeder wählen, aber nicht jeder kann gewinnen. Politik ist eben kein Ponyhof, wo jeder eine Mitmachmedallie bekommt. Wer nicht genug Stimmen schafft, der ist raus. DAS ist Demokratie. Wenn alle durcheinander schreien dürfen, werden keine Entscheidungen getroffen.

    • @Hefra1957:

      Mit ihrer Argumentation könnte man auch einfach der Partei mit den meisten Stimmen alle Stitze geben. Dann regiert es sich auch viel einfacher.



      Wer nicht genug Stimmen schafft, der ist raus. DAS ist Demokratie?

    • @Hefra1957:

      Dass die Weimarer Republik an den vielen Kleinparteien im Parlament gescheitert sei, hab ich zwar auch in der Schule gelernt, ich habe aber mittlerweile große Zweifel an dieser Erzählung. Wahrscheinlicher ist doch, dass es die anti-demokratische Gesinnung großer Teile der Eliten war, der Wirtschaftsführer, der Beamten, der Akademiker, der Reichswehr. Die 5%-Hürde hätte die NSDAP genauso wenig verhindert, wie sie die AfD verhindert hat. Die kleinen Parteien waren in Weimar und sind heute überwiegend pro-demokratisch, die Verfassungsfeinde und Extremisten sind nur eine Minderheit.



      Dafür gehen Ideen und Repräsentativität verloren.

      Es kommt eben nicht in erster Linie darauf an, dass IRGENDWELCHE Entscheidungen getroffen werden, es müssen auch GUTE und von der Bevölkerung mitgetragene Entscheidungen sein. Dazu braucht es natürlich auch die Direkte Demokratie und ein Bedingungsloses Grundeinkommen ("Diäten für alle"), damit die Leute Muße haben, um sich zu informieren und einzumischen.

      Auch angesichts der Ökologischen Katastrophe sollten wir doch langsam dahin kommen zu bemerken, dass "Hauptsache wir werden irgendwie regiert" keine sinnvolle politische Philosophie mehr sein kann.

      • @Eric Manneschmidt:

        Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Wolkenkuckucksheim, weil es nicht finanzierbar ist. Fragen Sie mal Ulrike Herrmann, die kann Ihnen das exakt vorrechnen!

      • @Eric Manneschmidt:

        So sehe ich das auch. Deutschland muss dringend mehr Demokratie wagen. Aber mit dieser Reform wird das nichts. Ich wundere mich, wie klein die Ansprüche der Wählenden - eigentlich der Souverän - mittlerweile sind.

  • Das Grundproblem ist doch, dass viele glauben die aktuelle Erststimme sei die „wichtigere“ und nun denken, es fällt was weg. Praktisch gesehen wird das Verhängniswahlrecht gestärkt und wer keine 5% hat, ist halt draußen als Partei.



    Und wegen den Direktmandaten: Es fliegen die raus, die es einfach nicht schaffen eine signifikante Mehrheit auf sich zu vereinen. Ggf. können ja Kandidaten als Parteilose antreten, wären aber nicht über die Liste abgesichert - was halt auch mutig wäre…

    • @Andi S:

      Nein, Parteilose könnten nicht mehr antreten, wessen Partei die 5% Hürde nicht schafft dessen Direktwahl wird auch nicht berücksichtigt.

  • 5% Hürde ist 5%Hürde. Was hindert die CSU daran, in der ganzen BRD und die CDU in Bayern anzutreten? Jahrzehntelang hat die CSU quergeschossen, jetzt hat sich endlich mal eine Koalition getraut, das Wahlrecht zu ändern und da ist das Jammern Grog, peinlicherweise auch in der TAZ. Es ist höchste Zeit, dass Schluss ist mit den dauernden bayrischen Extrawürsten.

    • @Ore:

      Wenn ich mir Bayern so angucke und mit dem Rest der Republik vergleiche, dann denke ich, dass die bayrischen Besonderheiten eher Vorbild sind als abzuschaffen.

  • Alle die glauben, dass die CSU baden geht und unter die Fünfprozenthürde fällt irren. Bei der letzten Wahl hatte sie 5,2%. Das ist wenig und mehr dem damaligen Unionskandidaten Laschet geschuldet. Ich tippe auf 45% in Bayern was ungefähr 6% bundesweit bedeutet.

  • Egal: Hauptsache der Bundestag wird nicht demnächst größer als der chinesische Volkskongress...

    • @Eva Kern:

      Warum nicht mehr Demokratie wagen?

  • Ja, manches ist einfach schlecht.



    Doch war auf der alten Basis auch kein vernünftiger Kompromiss mit der Union zu erzielen, weil die CSU jedes Risiko für ihre Direktmandate rigoros abgelehnt hat.



    Das Verfassungsgericht kann das Problem nicht lösen. Wie denn?



    Das Wahlrecht muss politisch gestaltet werden, aber trotzdem vernünftig. Das scheint ein Widerspruch in sich zu sein...

  • Ich gehe davon aus, dass den Zuständigen in der Ampelkoalition die Problematik hinsichtlich der Grundmandatsklausel bewusst ist und dass sie mit dieser Form der Wahlrechtsänderung bewusst All In gegangen sind.

    Das BVerfG wird eine Prüfung und Korrektur vornehmen, die die Ampel kurzfristig mit ihren außergerichtlichen Gutachtern nicht ausreichend sicher hat vorwegnehmen konnte.

    Also, und um Zeit zu sparen, kam es darauf an, erstmal das Gesetz zu verabschieden.

    Die CXU hat einen Knochen zum Geifern und zum Knabbern und die Ampel kann gegenüber der Öffentlichkeit sagen, sie hat es jedenfalls versucht.

    Karlsruhe wird mal wieder zum Gutachter.



    Immerhin ist die Sache jetzt auf dem Gleis und es ist so besser, als hätte sich die Ampel mit der CXU auf irgendeinen faulen Kompromiss verständigt.



    Ein Kompromiss mit der CSU hätte (außer für die CDU) beim Rest der (vernünftigen) Welt nur Empörung und den Verdacht des Einknickens auslösen können.

    Dazu kommt: Die CSU ist einfach ein Gräuel für die deutsche politische Kultur. Und je mehr das thematisiert wird, umso besser.



    Die Linke hingegen ist eh im präfinalen Modus, was nicht schade ist, denn es fehlt eine wirklich gute linke und moderne Kraft in D, was diese Partei eben nicht ist.



    Es kann nicht sein, dass die Welt und die politischen Ideen sich ändern, so dass alle Parteien sich neu erfinden müssen und nur Linke sich noch ideologisch in der Vergangenheit einbetoniert halten.

    Zudem ist ihre Position zu Russland aus meiner Sicht genau so suspekt wie das Verhältnis der CSU beispielsweise zur Automobilindustrie und zu anderen Lobbyisten.

  • "Zum Schluss: Ist die Reform nicht gerade ein reines Verhältniswahlrecht — nur halt ohne Absenkung der Sperrklausel?

    "Wenn es ihnen nur um eine Reduzierung der Abgeordnetenzahl gegangen wäre, hätten sie auch einen anderen Weg gehen können, der tatsächlich einfach, fair, gerecht und nachvollziehbar gewesen wäre: die Einführung eines reinen Verhältniswahlrechts, verbunden mit der Absenkung der Sperrklausel."

    Wenn das hier stimmt, dann ist die ganze Prämisse des Artikels kaputt, weil der Artikel dann nur besagt: 5% als Sperrklausel ist zu hoch.

    Alles andere wird im vorletzten Absatz komplett zerlegt.

  • "Gegen den Widerstand der demokratischen Opposition .."



    "In einer demokratisch legitimierten Wahl...." könnte man auch schreiben.



    Die CSU hat halt das Problem, dass sie nur in Bayern antritt. Bei der Linke ist die Linke selbst das Problem, sie fliegen eh bei der nächsten Wahl raus.

    Glücklich bin ich trotzdem nicht, denn das Wahlrecht sollte nur mit 2/3 Mehrheit geändert werden können, da es wirklich alle betrifft. Nur stellt ich die Frage, ob es sich dann je ändern würde?

  • Der Autor hat es auf den Punkt gebracht.



    Und ich glaube und hoffe auch, dass Karlsruhe das Gesetz kassiert.

  • Aus meiner Sicht sollte man zukünftig das Wahlrecht ins Grundgesetz schreiben. So ist man gezwungen, Änderungen auf Basis einer breiteren Mehrheit durchzusetzen als der jeweiligen Regierungsmehrheit.



    Herr Beucker hat völlig Recht, diese Art der Wahlrechtsänderung ist unanständig und zeugt von dem gleichen Demokratieverständnis, das amerikanische Parteien an den Tag legen, wenn sie ihre Wahlbezirke so zuschneiden, dass für sie selbst das Maximum rauskommt. Bodenlos.

  • Plötzlich hat die Ampel kein Problem, zusammen mit der AfD abzustimmen. Der Inhalt der "Reform" führt einen vor Auge, was das Parlament von den Interessen der Wähler:innen halten - gar nichts. "Volksnah", wie es früher einmal gewollt war, ist schon gar nicht mehr In. Nun heißt es wohl: Alle Macht dem Parteiklüngel! Unangepasste sind chancenlos. Ehrlich gesagt, bin ich nun doch schockiert, obwohl ich wenig Positives erwartet hatte.

    • @resto:

      Volksnah war noch nie gewollt, allerdings sah es mit der viel genannten Demokratie schon mal ein wenig besser aus.



      Hier mal eine schöne Bestandsaufnahme:



      youtu.be/DlhtPPAhIv0

    • @resto:

      Deshalb wären Volksabstimmungen auf Bundesebene nach Schweizer Vorbild für die Demokratie in diesem Land so wichtig.

      • @Horst Flugfeld:

        👍

  • Ich stimme dem Autor zu. Es ist nichts hinzuzufügen.

  • Die Union hatte in der Regierung 16 Jahe Zeit eine Reform anzustoßen und hat in der Opposition nur Vorschläge gemacht, die ihr Vorteile gebracht haben. Jetzt gibt es eine Reform und die Union heult. Dann lasst die CSU bundesweit antreten. Damm gibts auch keinen Vorwurf mehr bayrische Partikularinteressen zu bevorzugen.

  • Die Union hatte in der Groko genug Gestaltungsmöglichkeiten, wollte aber nicht.



    Pech gehabt.



    Ich hätte es zwar besser gefunden, wenn für Direktmandatierte die 5 Prozenthürde nicht gälte und wenn die anderen zu Nichtwählern und unter 5-Prozent gebliebenen Parteien gehörenden Mandate unbesetzt blieben, aber ungerecht ist die neue Regelung nicht, denn die Verhältniswahl bleibt ja erhalten und weshalb sollte auf REGIONALparteien in BUNDESTAGSwahlen Rücksicht genommen werden, die über den Sonderstatus für Minderheitenparteien (z.B. SSW für Dänen) hinausgeht?



    Obwohl - das wäre ja eine Lösung für die CSU und LINKE, deren Hardcoremitglieder ja eh kein Teil der Durchschnittsdeutschen sein wollen und deren Realintegration weniger weit ist, als unserer Dänischen Mitbürger:)

  • nur die AFD dürfte durchz die Reform keine Probleme bekommen. Sonst hätten die nicht dafür gestimmt.

    • @nutzer:

      eine künftig kleinere Unionsfraktion, bei gleichgroßer AFD, na wenn das man nicht die Versuchung der Union erhöht doch noch meit denen zusammen zu stimmen.



      Die Machtoptionen für die Union scheinen mit der Reform ja zu schwinden. 45 CSUler weniger, das hat sich gewaschen...

      • @nutzer:

        Der Abgeordnetenanteil der Union entspricht aktuell und nach der neuen Regelung exakt dem Zweitstimmenanteil.

        Die akuelle Regelung verschafft der CSU allerdings eine Übermacht innerhalb der Union, weil sie in Bayern fast alle Wahlkreise gewinnt.

        Damit ändern sich die Machtoptionen der gesamten Union durch die Wahlrechtsreform nicht.

        Anders sieht es für die Linke aus.