Umstrittene Wahlrechtsreform: Karlsruhe, bitte korrigieren!

Der eilig geänderte neue Wahlrecht der Ampelkoalition soll offenbar der Opposition schaden. Das Bundesverfassungsgericht sollte es deshalb korrigieren.

Abgeordnete der Partei Die Linke sitzen im Bundestag und klatschen

Mitglieder der Linken im Bundestag – geht die Wahlrechtreform durch, würde das für Die Linke bedrohlich Foto: Frederic Kern/imago

Es ist gut, dass die CSU am Wochenende beschlossen hat, gegen die Wahlrechtsreform vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Zwar hat die Partei jahrelang aus Eigennutz jede sinnvolle Reform verhindert und keinen einzigen vernünftigen Vorschlag vorgelegt, so dass man reflexhaft denken könnte: Geschieht ihnen doch recht! Zumal der Sonderstatus der CSU immer wieder ein Ärgernis ist. Doch dass das Gesetz nun in Karlsruhe überprüft werden wird, könnte nicht nur der CSU nutzen. Es ist gut für die Demokratie. Noch besser wäre es, wenn die Ampel es nachbessern müsste.

Ursprünglich hatten SPD, Grüne und FDP – nach langen Jahren erfolgloser Diskussion – einen vernünftigen Entwurf vorgelegt. Er hätte das Verhältniswahlrecht gestärkt, die Wahlkreise beibehalten und den Bundestag verkleinert. Und er war für alle im Bundestag vertretenen Parteien verhältnismäßig fair. Das ist angesichts des komplexen Problems eine ganze Menge. Dass dafür der Sieg in einem Wahlkreis nicht mehr zwingend zu einem Bundestagsmandat führt, sondern nach der neuen Logik nur die Chancen dafür erhöht, hätte man hinnehmen können. Einen Parameter muss man ändern, soll das Wachstum des Bundestags wirklich begrenzt werden, was richtig ist.

Am Ende aber ist die Ampel falsch abgebogen. Mit der plötzlichen Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel bei Beibehaltung der Fünfprozentregel wendet sich das neue Wahlrecht gegen Teile der Opposition. Die Linke wäre nach diesen Regeln schon 2021 gar nicht mehr in den Bundestag eingezogen; auch für die CSU könnte es künftig eng werden. Zwar ist bislang nicht bekannt, warum die Ampel wirklich zu dieser Verschärfung gegriffen hat – von der sie noch Wochen zuvor nichts wissen wollte. Klar aber ist: Sie setzt sich damit dem Vorwurf aus, der Opposition schaden und die eigene Machtstellung erhalten zu wollen.

Das Wahlrecht allein mit der Regierungsmehrheit zu ändern, ist nicht gut. Es so zu machen, ist höchst problematisch. Wenn die Ampel selbst nicht merkt, dass hier Nachbesserungen nötig sind, kann man nur auf das Verfassungsgericht hoffen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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