Antrag auf Gleichbehandlung in Bädern: Oben ohne für alle
Die SPD Hamburg hat einen Antrag gestellt, Frauen und Nicht-Binäre sollen ohne Oberbekleidung ins Schwimmbad dürfen. In Göttingen geht das – teilweise.
„Für viele Menschen auch in Eimsbüttel ist das schlicht und einfach eine Frage der Gleichberechtigung“, sagt Paulina Reineke-Rügge, die für die SPD in der Bezirksversammlung sitzt. Sollte der Antrag durchkommen, dürfte bald in den städtischen Schwimmbädern in Hamburg das Schwimmen mit blanker Brust allen erlaubt sein.
Bislang ist das nicht der Fall. Wer vom Personal als Frau identifiziert wird, muss beim Verzichten auf Oberbekleidung mit einem Rauswurf aus dem Schwimmbad rechnen. So geschah es im vergangenen Jahr in Göttingen: Mina Berger (Name von der Redaktion geändert) hatte beim Schwimmen im Badeparadies Eiswiese ihr Oberteil ausgezogen – und wurde von Bademeistern deshalb rausgeworfen.
Berger möchte sich keinem Geschlecht zuordnen und beschwerte sich anschließend beim Geschäftsführer der städtischen Betreibergesellschaft. Der verteidigte zunächst die Entscheidung der Bademeister. Doch da war schon in Göttingen, aber auch bundesweit eine Debatte über die bisherige Praxis entstanden. Das Bündnis „Gleiche Brust für alle“ hatte in mehreren Städten zu Protesten aufgerufen.
Badeordnung ändern
Die Eimsbütteler Bezirksabgeordnete Reineke-Rügge bezieht sich in ihrem Antrag explizit auf diesen Vorfall. „Dass im Jahr 2022 solche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht werden, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt sie. Mit dem Antrag soll „zum Zweck der Gleichstellung von Frauen sowie nichtbinären Menschen in den Hamburger bzw. Eimsbütteler Schwimmbädern allen Besucherinnen und Besuchern der Aufenthalt im Schwimmbereich mit freiem Oberkörper“ ermöglicht werden.
Klar ist, dass dafür die Haus- und Badeordnungen in Hamburgs Schwimmbädern geändert werden müssen. Beim städtischen Schwimmbadbetreiber Bäderland Hamburg, der 27 Hallen- und Freibäder unterhält, heißt es bislang: „Die Nutzer haben alles zu unterlassen, was den guten Sitten sowie dem Aufrechterhalten der Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuwiderläuft.“
Paulina Reineke-Rügge, SPD-Abgeordnete in der Bezirksversammlung Hamburg-Eimsbüttel
In vielen anderen Schwimmbädern ist angeordnet, dass „angemessene Kleidung“ beim Schwimmen zu tragen sei. Diese schwammigen Formulierungen sollen nach dem Willen Reineke-Rügges in Hamburg dann der Vergangenheit angehören: „Wir wollen mit unserem Antrag deshalb Klarheit schaffen, damit Besucher:innen und Bäder sich künftig an eindeutigen und vor allem zeitgemäßen Regeln orientieren können“, sagt Reineke-Rügge.
Sollte es soweit kommen, würde die Regelung in Hamburg sogar weiter gehen als in Göttingen: Nach dem geschilderten Vorfall entschied der Stadtrat, dass alle Geschlechter seit dem 1. Mai dieses Jahres auf Oberkörperbekleidung verzichten können – allerdings nur an den Wochenenden.
Auch Hannover will Regeln ändern
Das wiederum geht schon deutlich weiter als im Rest der Republik. In Berlin, Düsseldorf und München etwa ist es zwar teilweise möglich, mit freiem Oberkörper herumzulaufen oder in der Sonne zu liegen – für Schwimmbäder gibt es allerdings noch keine derartige Entscheidung. Ausnahmen sind einzelne, privat betriebene Freibäder, wie etwa das Strandbad Jungfernheide in Berlin.
In Hannover deutet sich seit wenigen Tagen an, dass eine ähnliche Regelung wie in Göttingen und für Hamburg anvisiert wird: Zumindest haben die Ratsfraktionen von SPD, Grünen und auch CDU klargestellt, dass sie sich hinter einen Antrag der gemeinsamen Fraktion von Volt und Die Partei stellen werden. Auch sie wollen die städtische Badeordnung dahingehend ändern, dass der Aufenthalt im Nassbereich nicht mehr nur „in der üblichen Badebekleidung (Badeanzug, Badehose, Badeshorts, Bikini, Burkini und Tankini)“ erlaubt ist.
Sollte sich für den Eimsbütteler Antrag eine Mehrheit in der Bezirksversammlung finden – was als wahrscheinlich gilt –, könnte es aber noch dauern, ehe die Schwimmbadbetreiber tatsächlich die Gleichbehandlung vollziehen. Bindend wäre der SPD-Antrag für sie nicht.
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