Aktion der „Letzten Generation“: Scharfe Kritik an BER-Blockade

Die „Letzte Generation“ stört den BER-Flugbetrieb. Es werden drastische Strafen gefordert. Die Behörden in Brandenburg übernehmen die Ermittlungen.

Aktivistin schneidet Zaun am Flughafen BER durch

Klimaaktivistin am BER: Zaun einfach durchgeschnitten Foto: reuters

BERLIN taz/dpa/epd | Die Aktion war spektakulär: Am Donnerstag gelang es Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen der „Letzten Generation“, auf das Rollfeld des Hauptstadtflughafens BER zu gelangen. Rund zwei Stunden lang war der Flugbetrieb blockiert. Nach Angaben der Bundespolizei hatten sich einige Menschen am Boden festgeklebt. Die Aktion wurde live auf Twitter gestreamt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich unmittelbar zur Aktion. „Den Flughafen zu blockieren, ist eine erneute Eskalation und absolut inakzeptabel“, twitterte Faeser. „Diese Aktionen zerstören wichtige gesellschaftliche Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel.“ Die SPD-Politikerin bedankte sich zudem bei der Bundespolizei für ihr schnelles Einschreiten gegen diese Straftäter.

In einem Interview mit dem Focus verurteilte auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Blockade-Aktionen der Klimaaktivist:innen. „Ich will klar sagen, dass ich diese Aktionen für verfehlt halte“, sagte Scholz. Auf die Frage, ob er sich selbst als junger Mensch an solchen Aktionen beteiligt hätte, entgegnete der Kanzler, dass er diese Frage als 60-Jähriger nicht beantworten könne – „weil es unangemessen ist, aus meinem Blickwinkel über die Perspektive eines 17-Jährigen zu urteilen“.

Tatsächlich wirft die Aktion insbesondere Fragen dazu auf, wie die Ak­ti­vis­t:in­nen in den Sicherheitsbereich des Flughafengeländes eindringen konnten. Flughäfen zählen zur sogenannten kritischen Infrastruktur, die besonders geschützt werden soll und muss. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag mitteilte, ist die Bundespolizei zuständig für die Sicherheit an den Flughäfen. Die Ermittlungen lägen bei den Behörden in Brandenburg.

Wenig Verständnis für die Aktion

Von der Staatsanwaltschaft Cottbus und dem Polizeipräsidium Brandenburg hieß es am Freitag, dass sich sechs Personen am Donnerstag gegen 16.20 Uhr „unerlaubt Zutritt zum Sicherheitsbereich des Flughafens BER“ verschafft hätten. Vier Personen klebten sich im Bereich der Start- und Landebahnen an. Fünf Männer und eine Frau im Alter zwischen 20 und 32 Jahren wurden in Polizeigewahrsam genommen. Fünf von ihnen wurden dann wieder enttlassen und erhielten einen Platzverweis. Eine Person befindet sich nach richterlicher Anordnung weiterhin im Gewahrsam.

Konstantin von Notz, Innenpolitiker der Grünen, bezeichnete die Aktionsform der „Letzten Generation“ als „kontraproduktiv, anmaßend und potenziell gefährlich“. Dem Klimaschutz dienten solche Eingriffe in den Betriebsablauf eines Flughafens nicht, twitterte der Grünen-Politiker. Er wies in diesem Zusammenhang auf empfindliche Strafen hin. Aber: Es gelte genau zu prüfen, wie es den Aktivistinnen und Aktivisten so einfach gelingen konnte, in den relevanten Sicherheitsbereich des Flughafens, nämlich auf das Rollfeld des BER, zu gelangen, so von Notz.

Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisierte das Vorgehen der Ak­ti­vis­t:in­nen scharf. Das Demonstrationsrecht sei zwar ein Grundrecht, doch die Aktionen der Gruppe würden „immer skrupelloser“, erklärte der FDP-Politiker. „Die Gesellschaft kann ein solches Verhalten nicht hinnehmen.“ Der Rechtsstaat müsse dagegen „entschieden vorgehen“. Linken-Chef Martin Schirdewan verteidigte dagegen die „Letzte Generation“, deren Protest lege „den Finger in die Wunde der politischen Untätigkeit angesichts der Klimakatastrophe“.

„Klimaprotest darf keine negativen Folgen für andere haben“

Die deutsche Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, Jennifer Morgan, mahnte die Verhältnismäßigkeit der Proteste an. „Wir brauchen das Engagement der jungen Menschen und der Zivilgesellschaft. Aber jeder Einsatz für den Klimaschutz muss im Rahmen der Gesetze unserer Demokratie bleiben“, sagte die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Klimaprotest darf keine negativen Folgen für andere Menschen haben.“

Morgan zeigte aber grundsätzliches Verständnis für die Proteste: „Ich kann verstehen, wie frustriert junge Menschen über die Klimapolitik sind.“ Man sehe, was die Wissenschaft sage: „Und zugleich sehen wir, wie weit wir von unseren Zielen etwa bei der Begrenzung der Erderwärmung entfernt sind. Das ist für die jungen Menschen und ihre Zukunft eine Krisensituation.“

Die Aktion wird vermutlich gravierende Folgen haben. Laut Polizei wurden mehrere Menschen in Gewahrsam genommen. Es wurde Anzeige erstattet wegen gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung, teilte das Polizeipräsidium Brandenburg am Abend mit.

Ak­ti­vis­t:in­nen der „Letzten Generation“ hatten in den vergangenen Wochen immer wieder den Straßenverkehr blockiert, sich an Gemälden in Museen festgeklebt und sie mit Flüssigkeiten beworfen. In dieser Woche klebten sie sich in der Hamburger Elbphilharmonie an einem Dirigentenpult fest. Sie wollen mit ihren Aktionen Aufmerksamkeit auf die Klimakrise und deren Folgen lenken. Und dadurch die Politik zum Handeln bringen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.