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"...nur wenn die Politik das wirklich akzeptiert, kann sie erfolgreiche Strategien für den Umgang mit den Klimaprotesten entwickeln."
Der Politik geht es um erfolgreiche Strategien im Umgang mit Protesten? Die Proteste sind das Problem? Ernsthaft?
Laut Grundgesetz Art. 20a geht es in der Politik um den Schutz unser aller Lebensgrundlagen - das ist die zentrale Botschaft der "Letzten Generation". Sollte die Politik diesen Schutz endlich ernsthaft angehen, werden die Proteste sofort aufhören.
Keep it simple, stupid.
@14397 (Profil gelöscht) Volle Zustimmung außer bei "stupid".
Ich denke irgendwie, dass wir nicht stupide sind und schon gemeinsam einlenken werden, wenn wir es tatsächlich einfach halten - es geht um "den Schutz unser aller Lebensgrundlagen".
Flughäfen sind eine große Quelle für CO2-Ausstoß und daher ist eine kurzzeitige Blockade ein wichtiger Fingerzeig. Gilt auch für vierspurige Straßen, fossile Kraftwerke und Kohlezüge. Der Vandalismus in Museen löst bei mir dagegen Kopfschütteln aus.
Die Aktionen sollten so zielgerichtet sein wie jene der Anti-AKW-Bewegung. Die Massendemos in Wackersdorf und gegen Castortransporte brachten den Meinungswechsel hin zum Atomausstieg.
Allerdings sind nach einer Umfrage die Wählerinnen und Wähler der FDP und der Grünen die eifrigsten Flugzeugnutzer. Bio einkaufen und das Kind zum Englisch lernen nach Australien schicken sind da kein Widerspruch.
Der Verzicht auf etwas Wohlstand wird schwer. Und braucht Zeit, die wir nicht mehr haben.
Ich finde ja Nancy Faser meistens sehr gut.
Ihre Sorge „wichtige gesellschaftliche Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel“ könnte durch diese Art des Protestes zestört werden teile ich nicht.
Klar, ich wäre immer dafür, dass wir uns im Dialog ganz schnell auf wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe einigen und umsetzen.
Da die bisherigen politischen und privaten Maßnahmen den globalen Ausstoß von Treibhausgase nicht senken konnten, kann ich gut nachvollziehen, dass die Aktivist:innen neue Wege suchen um die politische schon versprochene Transformation ernsthaft auch in gang zu setzen.
Ich denke die Aufmeksamkeit die die Aktivist:innen bei der Letzten Generation mit der Aktion am BER für das Thema Klimakatastrophe erzeugt haben, zeigt schon, dass Nancy Faser sich keine allzu große Sorgen um die Kraft und die entgegengebrachte Akzeptanz hinter der Klimabewegung machen muss.
Ist auch gut so.
„ Flugreisen hingegen mit ihrem großen CO2-Ausstoß sind einer der wesentlichen und gleichzeitig verzichtbaren Treiber der Erderwärmung, “
Ja und nein.
Offensichtlich finden viele Leute das nicht verzichtbar. Und das besondere ist, das selbst länder, die vom steigenden Meeresspiegel bedroht sind, darauf setzen. Die Malediven setzen auf high end Tourismus, genauso wie auch Kiribati etc. Alles mit Flügen. Die möchten nicht mehr nur vom Fischfang überleben. Das heißt, selbst unter Berücksichtigung der Belange des globalen Südens, läuft es auf eine soziale Frage hinaus. Flugreisen nur noch für die Upper class (und Journalisten, die davon berichten)?
@fly Flugreisen sind jetzt schon nur für den globalen "upper class" - also für die globale Elite die die Klimakatastrophe im Wesentlichen verursacht.
@Nilsson Samuelsson Ich hatte erst vor wenigen Tagen die Zahl recherchiert. Pro Jahr gibt es von deutschen Flughäfen nach Mallorca circa 5 Millionen Flugreisende. Von Upper Class kann da weit und breit nicht die Rede sein.
@Mopsfidel Nilsson Samuelsson schrieb - völlig zurecht - von der "globalen upper class". Es geht hier um ein globals Problem, entsprechend macht es auch Sinn die Verhältnisse an einem globalen Maßstab zu messen. Also, ja, auch die jährlich 5 Mio. deutschen Malle-Flieger sind, global betrachtet, upper class.
@Ingo Bernable Vielen Dank!!!
In diesem Text wird die eine Partei gegen die andere Partei ausgespielt. Der Bürger, also der Konsument und Verbraucher, kommt dabei "zum Glück" gar nicht vor. Dies ist jedoch fatal. Denn es ist unser Verhalten, welches zum Klimawandel führt. Die Politik setzt nur Voraussetzungen und Grenzen.
Wieso kommt eigentlich nicht öfters in die Berichterstattung, dass der allergrößte Teil der Bevölkerung komplett gegen die Aktivitäten der Letzten Generation sind?
Und der LG müsste dringend mal jemand erklären, wie man erfolgreich für(!) ein Anliegen kämpft und nicht wie bisher die Diskussionen in die falsche Richtung lenkt, weil die Aktionen keine andere Reaktion zulassen.
@Mopsfidel Und wie bitte kämpft man erfolgreich für mehr Klimaschutz? Welcher Ansatz, welches Konzept, welche Kampagne hat in den letzten 30 Jahren dazu geführt, dass Klimaschutz wenigestens in dem Rahmen betrieben wird der die absolut kritische Marke von 2° auch nur in greifbare Nähe rücken würde?
Die Bundeswaldinventur zeigt: Der Wald verändert sich rasant, vor allem die Fichte verschwindet. Ein positiver Effekt ist die Zunahme von Totholz.
Klimaproteste am Flughafen BER: Duell der Sprachlosen
Aktivist*innen legen den BER zwei Stunden lang lahm. Sie seien zu weit gegangen, sagt die Politik, kaschiert damit aber nur ihre Hilfslosigkeit.
Auftakt zur BER-Blockade: Ein Aktivist zerschneidet den Flughafenzaun Foto: Letzte Generation/rtr
Die Grenzen, die bei den Klimaprotesten der „Letzten Generation“ überschritten werden, sind sehr fein, und jede und jeder zieht sie anders. Dass irgendjemand seine Grenze als überschritten ansieht, ist Teil der Taktik und schlicht notwendig aufgrund der ungeschriebenen Gesetze der Medien: Ohne Empörung über diese Akte des zivilen Ungehorsams erhalten sie nur wenig oder keine Aufmerksamkeit. Doch die braucht es, schließlich soll auf eine nach Einschätzung der Aktivist*innen dramatische Lage mit dramatischen Mitteln hingewiesen werden.
Bleibt die Frage: Wann ist wirklich die Grenze überschritten? Bei Blockaden von Autobahnen? Bei Attacken auf wertvolle Gemälde? Bei der Besetzung der Startbahn eines Flughafens, wie am Donnerstag am BER?
Die Reaktionen der Politik auf die Aktion am Berliner Flughafen fielen erwartungsgemäß harsch aus, schließlich zerschnitten die Beteiligten einen Zaun, um auf das Gelände zu kommen; der BER musste den Betrieb zwei Stunden lang einstellen, Flugzeuge waren verspätet oder mussten umgeleitet werden.
Aus der konservativen Ecke kamen die üblichen „Sperrt sie sofort weg“-Rufe. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach davon, dass die Aktionen „wichtige gesellschaftliche Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel“ zerstören würden; Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bezeichnete die Aktionen als „immer skrupelloser“. Und selbst Grünen-Chef Omid Nouripour äußerte scharfe Kritik: Wenn Leben gefährdet würden und Menschen nicht in den Urlaub könnten, sei das nicht akzeptabel.
Damit die Proteste enden, muss die Justiz wohl alle Aktivist*innen einsperren – ein politischer Offenbarungseid in einer Demokratie
Wobei Nouripours Gleichsetzung der Gefährdung von Menschen mit dem Recht auf Urlaub schon interessant ist. Dass keine Menschen bei den Protesten zu Schaden kommen, erst recht keine Unbeteiligten, ist der Konsens, auf den sich wohl alle Aktivist*innen der „letzten Generation“ einigen können. Flugreisen hingegen mit ihrem großen CO2-Ausstoß sind einer der wesentlichen und gleichzeitig verzichtbaren Treiber der Erderwärmung, das ist den Grünen auch bewusst.
Was ist das Ziel, was die Forderung?
Die Aktionen etwa gegen Kunstwerke wurden immer wieder kritisiert, weil sie sich gegen etwas richteten, das nichts mit dem Anliegen der Aktivist*innen zu tun habe, nämlich mehr Klimaschutz. Die Blockade eines Flughafens wäre aus dieser Sicht die Fortsetzung der Autobahnblockaden, allerdings mit deutlich größerem finanziellen Schaden. Auch daher ist die Frage nach der jetzt aber definitiv überschrittenen Grenze gerechtfertigt.
Sicher war der global koordinierte Protest von Scientist Rebellion ebenfalls am BER gegen die Privatfliegerei vor zwei Wochen eine Aktion mit mehr politischer Finesse: Wahrscheinlich lehnen vor allem noch CDU-Bundesvorsitzende diese Forderung ab, alle anderen können sich darauf einigen. Doch daraus rührt dann wieder das Problem: Zu viel Konsens bringt zu wenig Nachrichten.
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Die gleiche Entwicklung gibt es bei den in Berlin immer noch fast täglich stattfindenden Straßenblockaden, bei denen sich zumindest einige der Aktivist*innen auf den Asphalt kleben. Die anfängliche Empörungswelle in den Medien ist abgeebbt, die Proteste machen kaum mehr Schlagzeilen. Und wer die Berliner*innen kennt, die schon das jahrelange S-Bahn-Chaos und so manchen Streik der BVG stoisch ertragen haben, weiß: Wahrscheinlich werden sie sich auch mit den Blockaden arrangieren. Bekanntlich läuft in Berlin ja selbst so manche Wahl nicht glatt ab.
Abgedroschene Phrasen
Ähnlich routiniert klingt inzwischen die Kritik an den Aktionen von immer den selben Politiker*innen von CSU bis Grünen. Die Proteste und die Reaktionen sind gefangen in einer Spirale, ein Ausweg ist nicht in Sicht. Die Politik will nicht nachgeben und sich auf Gespräche einlassen – wahrscheinlich kann sie es auch nicht. Die Aktivist*innen wollen nicht aufgeben – wahrscheinlich können sie es auch nicht, weil sie emotional dem Anliegen zu stark verbunden sind.
Damit die Proteste zu Ende gehen, muss die Justiz wohl alle Aktivist*innen einsperren. Das wäre – sofern überhaupt umsetzbar – ein politischer Offenbarungseid angesichts der (bisherigen) Form der Proteste, die eine derart drastische Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft nicht akzeptabel erscheinen lässt. Oder die Aktivist*innen finden neue Protestformen, weniger isoliert, gemeinsam mit anderen Gruppen.
Doch darauf haben schon Gruppen wie Fridays for Future gehofft – und sind von der Politik immer wieder bitter enttäuscht worden. Aber offenbar gibt die „Letzte Generation“ der Regierung noch eine Chance: Am Freitagabend verkündeten sie, die Proteste vorerst aussetzen zu wollen.
Die Parteien und die Bundesregierung müssen derweil endlich anerkennen, dass ihre Ignoranz gegenüber der Klimakrise in den vergangenen Jahrzehnten eine neue Generation des Protests hervorgebracht hat. Vor allem junge Menschen, die am meisten von den Folgen der absehbaren Klimakatastrophe betroffen sein werden, sind nicht mehr gewillt, die fortdauernden politischen Misserfolge beim Kampf gegen diese Krise wie zuletzt bei der COP 27 in Ägypten nur schulterzuckend hinzunehmen. Sie sind sauer, sie sind wütend. Und nur wenn die Politik das wirklich akzeptiert, kann sie erfolgreiche Strategien für den Umgang mit den Klimaprotesten entwickeln.
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Kommentar von
Bert Schulz
Ex-Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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