Stichwahl im thüringischen Sonneberg: AfD gewinnt erstmals Landratswahl
Ernüchterung in Sonneberg: Trotz einer breiten demokratischen Koalition gegen die AfD gewinnt deren Kandidat Sesselmann die Landratswahl.
Die Wahlbeteiligung lag mit 59,6 Prozent deutlich höher als beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen. Da hatten nur 49,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Allerdings profitierte auch der AfD-Kandidat von der Mobilisierung. In der ersten Runde hatten absolut 10.941 Sonneberger:innen für ihn votiert. Diesmal kam er auf 14.992 Stimmen – also gut 4.000 mehr.
Der CDU-Kandidat konnte sein Ergebnis um rund 5.000 auf 13.419 Stimmen verbessern. Für die angestrebte Aufholjagd reichte das aber bei weitem nicht. Denn die gestiegene Wahlbeteiligung hat sich offensichtlich einigermaßen gleich auf beide verteilt. Am Ende lag Köpper immer noch gut 1.500 Stimmen hinter Sesselmann.
Beim ersten Wahlgang am 11. Juni hatte Sesselmann mit 46,7 Prozent die erforderliche Mehrheit knapp verfehlt. Köpper war auf 35,7 Prozent gekommen. Die Kandidat:innen von SPD und Linkspartei waren mit 13,3 bzw. 4,4 Prozent abgeschlagen. Beide hatten anschließend zur Wahl von Köpper aufgerufen.
Insgesamt waren rund 48.300 Wahlberechtigte in 69 Stimmbezirken zur Wahl aufgerufen. Bislang hatte die AfD trotz mehrmaliger Anläufe noch kein kommunales Spitzenamt wie einen Landrat oder einen Oberbürgermeister gestellt. Zuletzt unterlag ein AfD-Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl in Schwerin.
Ramelow will die Ostdeutschen mitnehmen
Der unterlegene CDU-Kandidat Köpper hat den Wahlausgang als „enttäuschend“ bezeichnet und sprach von einem schlechten Tag für den Landkreis Sonneberg und Thüringen. „Trotz einer höchst engagierten Arbeit von unzähligen Wahlhelfern haben die Sonneberger heute anders entschieden“, sagte er laut einer Mitteilung vom Sonntagabend. Am Ende sei auch der Wahlkampf durch die schlechte Politik der Bundesregierung überlagert worden.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht den AfD-Wahlerfolg im Landkreis Sonneberg als Signal der Unzufriedenheit. „Ich glaube, wir müssen den Geist der deutschen Einheit neu definieren, dass wir die Ostdeutschen mitnehmen und nicht das Gefühl auslösen, dass über sie gelacht wird oder über sie nur geredet wird“, sagte der Linken-Politiker am Sonntagabend im ZDF.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene