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Lawrow in BrasilienMoralisch-politischer Bankrott

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Anbiedernd und kritiklos empfängt Brasiliens Präsident Lula da Silva den russischen Außenminister. Damit schlägt er sich auf die Seite des Aggressors.

Sergei Lawrow während einer Pressekonferenz mit dem brasilianischen Amtskollegen Vieiera am Montag Foto: Myke Sena/dpa

E rst war er in Brasilien, jetzt reist Russlands Außenminister Sergei Lawrow weiter nach Venezuela, Kuba und Nicaragua. Damit stellt Lawrow Brasiliens Präsidenten Lula da Silva genau da hin, wo ihn seine rechten innenpolitischen Geg­ne­r*in­nen im Wahlkampf immer stellen wollten: in eine Reihe mit lateinamerikanischen Diktatoren.

Und Lula, von den vier der einzige demokratisch gewählte Regierungschef und zudem Präsident des größten und wirtschaftlich stärksten Landes, lässt das willig mit sich machen. Kein Wort kam von Lula, seinen russischen Gast dazu aufzufordern, seine Truppen sofort aus der Ukraine zurückzuziehen – stattdessen kritisiert der 77-Jährige die USA und Europa, sie würden durch Waffenlieferungen an die ukrainischen Verteidiger den Krieg befeuern.

Mit der lange beschworenen „Äquidistanz“ Brasiliens zwischen dem US-geführten Westen einerseits und China/Russland andererseits hat das kaum noch etwas zu tun. Kein Wunder, dass sich Lawrow nach den Gesprächen hocherfreut für das brasilianische Verständnis bedankt.

China und Russland haben ein großes Interesse daran, die doch eher lose Wirtschaftsallianz der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) zu einem politischen Bündnis zu formen – solide antiwestlich, mit dem nur knapp nicht ausgesprochenen Anspruch auf Führerschaft des Globalen Südens.

Keine Solidarität mit der Ukraine

Aus rein nationalen Interessen ist nachvollziehbar, dass Lula dem nicht widersprechen möchte: China ist stärkster Handelspartner des Landes; die in den vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen mit EU und USA geben kaum Anlass, das ändern zu wollen, und Brasiliens Rolle in diesem Bündnis ist größer und wichtiger, als sie in einer westlichen Allianz je sein könnte.

Moralisch und politisch allerdings ist Lulas Positionierung für einen Linken eine Bankrotterklärung. Antiimperialistische Solidarität mit einem überfallenen Land? Pustekuchen. Lula behauptet, er wolle unter keinen Umständen Teil eines neuen Kalten Krieges werden. Aber seine anbiedernde Kritiklosigkeit gegenüber seinem russischen Gast macht ihn genau dazu. Lulas Gerede vom „Friedensclub“ für die Ukraine, den er gründen wolle, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich de facto auf die Seite des Aggressors geschlagen hat. Putin wird es freuen.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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93 Kommentare

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  • Die Ukraine und der dort stattfindende Krieg ist aus brasilianischer Sicht weit, weit weg. Er betrifft Brasilien nicht wirklich, und man wird in Brasilien diesen Konflikt längst nicht als so wichtig empfinden wie das bei uns passiert. Auch wird man sich dort eine eigene Meinung zu der Vorgeschichte leisten, und wie es dazu kommen konnte.

    Auch weiß man dort nur zu gut, wie es ist, wenn der Westen, also USA, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischt, siehe Chile.

    Von daher braucht man schon sehr gute Argumente, wenn man Lula zu irgendetwas bewegen will. Und da Lula vor allem eines im Vordergrund hat, nämlich brasilianische Interessen, muss man ihn mit handfesten Vorteilen ködern. Anders geht das Spiel nicht.

    Aber offensichtlich sind die Aussichten auf wirtschaftlichen Gewinn mit China und Russland eben größer als z.B. mit dem Freihandel zwischen Mercosur und der EU nun.

    Kurz und gut: es war absehbar, dass Lula sich nicht einfach mal so für ein paar Almosen beeinflussen lässt, und seine Position radikal ändert.

  • Der Artikel ist Populismus pur!



    Nach dem Motto des Artikelschreibers: Willst du nicht unser Partner sein, schlage ich dir (in diesem Fall etwas überspitzt) den Schädel ein.



    Bitte etwas differenzierter Pikert!

  • "Als der russische Präsident Wladimir Putin im vergangenen Jahr seine Truppen in die Ukraine schickte, verurteilte Europa zu Recht die russische Aggression gegenüber einem anderen souveränen Staat, stellte diese aber in grenzenlosem Eurozentrismus als einzigartig dar. So war es kein Wunder, dass die arabische Welt mit dem Finger schnippte, um daran zu erinnern, dass die USA mit Unterstützung ihrer „Koalition der Willigen“ bereits zwei Jahrzehnte zuvor in einen anderen souveränen Staat einmarschiert waren."



    taz.de/US-Invasion...0560&s=Irak+krieg/

    Das ist der moralische Hintergrund, vor dem Lula und ein großer Teil Welt seine Entscheidungen treffen.



    Es ist die Moral des "Regime Change" und der gezielten Tötungen, die immer gut und gerechtfertigt sind, wenn sie aus dem Westen kommen. Es ist die Politik der Monroe Doktrin für die Americas und der gerechtfertigten Intervention - immer im Name von Freiheit und Demokratie - die von Lula abgelehnt wird.

    Lula und andere betreiben Politik, die den Interessen ihrer Länder, ihrer Einwohner, dienen soll, ob sie gut ist, ist eine andere Sache.

    • @Octarine:

      Welches Interesse besteht denn daran, besser mit dem abgewrackten Russland auszukommen als mit dem "Westen"?

      Das einzige, was daran attraktiv ist: man wird nicht kritisiert, wenn man Menschenrechte verletzt oder sich schamlos bereichert. Da sind Russland und China nämlich ganz ehrlich und ohne jede Doppelmoral und Heuchelei auf der Seite der Herrscher des Südens. Die sich garantiert nicht besser verhielten, wenn der Westen nicht mehr "heuchelte".

      Übrigens: die islamische Welt ist immer gerne mit dem Heucheleivorwurf zur Stelle. Bislang hat aber kein einziges islamisches Land z.B. China wegen dessen Genozid an den Uighuren boykottiert. Nicht einmal die Taliban tun das, ganz im Gegenteil.

      Aber das ist sicherlich nur deswegen so, weil der Westen "heuchelt" - wäre es nicht so, verhielten sich sicher auch alle anderen plötzlich total korrekt.

      Der Vorwurf der Heuchelei dient vielen nur als sehr bequeme Ausrede und Ablenkung vom eigenen Fehlverhalten.

      Mal davon abgesehen, dass es so etwas wie Selbstkritik oder gar -bezichtigung in Staaten wie China und Russland nicht gibt. Dort gibt es keine prominenten "Westenversteher" analog zu denjenigen, die hierzulande seit Jahren Putin alles nachsehen und sich selbst geißeln. Niemand in Russland fragt z.B., ob das Land sich seine Feinde nicht vielleicht doch selbst geschaffen und an seiner Situation selbst schuld sei. Selbstkritik wird als typisch westliche, auszunutzende Schwäche betrachtet, mehr nicht,

  • "Moralisch und politisch allerdings ist Lulas Positionierung für einen Linken eine Bankrotterklärung. Antiimperialistische Solidarität mit einem überfallenen Land?"



    Obwohl diesem Kommentar insgesamt zuzustimmen ist, ist die oben zitierte Aussage nicht nachvollziehbar. Waren es nicht immer in vorderster Linie Linke, die sämtliche verbrecherische Regime, sofern sie denn sozialistische/kommunistische Ideen vertraten, ggü. den kapitalistischen Westmächten in Schutz nahmen und z.T. bis heute in Schutz nehmen? Hier mangelt es offenkundig völlig an linker Selbstreflexion

  • In der Wirtschaft gibt es keine Freundschaft, nur intressen Gemeinschaften.

    Siehe Deutschland und Katar ,bestes Beispiel für doppel Moral.

    • @ulf hansen:

      Sie meinen die Linke hat kein Interesse an der Unterstützung der Ukraine?

  • "Unser" Lula, auf den wir so gehofft haben, macht einfach nicht was wir wollen. Aber dafür ist er ja auch nicht da. Und wenn Europa zusammen mit den USA die Sache nicht in den Griff bekommt, was soll da die "Solidarität" Brasiliens bewirken? Und welches Recht darauf wollen wir wie begründen? Und was wollen wir bieten? Unsere Solidarität? Auf die verlässt man sich besser nicht.

  • Das "Wir", das unsere Interessen oder die Europas vertreten könnte existiert lieder nicht mehr, es wurde dem sog. "freien Markt" geopfert. Unsere berechtigten politischen Interessen gegenüber anderen Staaten könnten wir viel glaubhafter vertreten, wenn nicht die liebe Wirtschaft hintenrum allles wieder konterkarieren würde. Im Bezug auf den Angriffskrieg verhängte Sanktionen, geren, aber nur so viel wie es dem Lobbyverbänden passt. Verhandlungsmasse gegenüber Ländern wie Brasilien und China, keine, da können unsere Politiker erzählen und kritisieren, was sie wollen, wenn zeitgleich von der Wirtschaft dem entgegenlaufende Geschäfte zum Wohl der Anteilseigner eingefädelt werden.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Der Artikel hat ja recht damit, dass Lula enttäuschend handelt. Allerdings ist Habecks Verneigung vor dem Emir von Katar so lange noch nicht her, als dass sich derartige Steine nicht auch im eigenen Glashaus werfen ließen.



    Zur Erinnerung: Katar führt mit zusammen mit den Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien seit 2015 Krieg im Jemen, aufgerüstet und unterstützt von den USA, finanziert vom westlichen Hunger nach Öl.



    In ihrem instrumentellen Verhältnis zu Diktatoren und Kriegsverbrechern ähneln sich linksliberaler Pragmatismus und demokratische sozialistische Realpolitik mehr, als es das Feuilleton zuzugeben bereit ist. Darüber kann auch eine "feministische Außenpolitik" nur hinwegtäuschen.



    Etwas irritierend fällt dementsprechend Pickerts Fazit aus:



    "Moralisch und politisch allerdings ist Lulas Positionierung für einen Linken eine Bankrotterklärung. Antiimperialistische Solidarität mit einem überfallenen Land? Pustekuchen."



    ...für einen Linken?



    Wenn es eine politische Moral für Linke gibt und eine andere für Liberale, dann führt dies jede Moral ad absurdum. Wenn es eine politische Moral gibt, dann muss sie für alle, die sich darauf berufen, gleich sein.



    Wenn zudem antiimperialistische Solidarität zu dieser Moral (oder Ethik) gehört, dann ist es notwendig, zu wissen, was einen Imperialismus ausmacht. Nur dann lässt sich überhaupt entscheiden, ob z.B. Waffenlieferungen an die Ukraine aus antimperialistischen oder vielmehr imperialistischen Motiven heraus geschehen.



    Imperialistisch werden kapitalistische Staaten, wenn im Inland die soziale und technologische Grenze der Verwertung von Arbeit erreicht ist. Wachstum und Krise machen strukturell die Verwertung noch nicht marktförmig verwerteter Arbeit notwendig, die nur im Ausland noch möglich ist. Inklusive Grenzregime, Mangelexport ("Fachkräftemangel"), Privatisierung von sozialer Sicherung und Staatseigentum, Naturzerstöung etc.



    An diesem blinden Fleck liberaler Ideologieproduktion muss sich Kritik zu schaffen machen.

  • - Massenmord an Zivilisten



    - Systematische Folter und Vergewaltigung



    - Kindesentführungen

    Genau diese Dinge geschahen auch in den Cono Sur Diktaturen der 70er.

    Schon erschreckend wie wenig viele (nicht alle) Lateinamerikaner aus ihrer Geschichte gelernt haben.

  • Gibt das nicht auch uns zu denken? Wer vertritt die universellen Werte? Welche sind das? Warum sind soviele Länder kritisch gegenüber dem Westen eingestellt - und offensichtlich nicht nur gegenüber Trump&Co - viele sind generell kritisch gegenüber dem Westen, manche gerade gegen Obama&Co.

    Woher kommt das? Wer kann mit welchem Recht sagen, er spreche für "die Menschen" oder den Globalen Süden?

    Es scheint mehr Gegensätze zu geben als AFD und Kapitalismus gegen Meschlichkeit!?

  • „Moralisch und politisch allerdings ist Lulas Positionierung für einen Linken eine Bankrotterklärung.”



    Aber wenn wir mantraartig quer durch die Jahrzehnte darauf hinweisen, dass Lula nichts mit „links“ (dem, was politisch gebildete Europäer darunter verstehn) zu tun hat, werden wir (von neunmalklugen Europäern kopfbeschüttelt) links liegen gelassen...



    Und schon mal beim Thema Lula, nackerter Kaiser, nun bereits wieder 108 Tage an der Macht:



    Es wird munter weiter so viel Wald vernichtet, als wäre Bolsonazi nie abgewählt worden. Denn auch das eint sie (nicht nur die Anhimmlerung Putins): Agrobusiness über alles (und sch.... auf die Wälder und deren BewohnerInnen).



    PS: Ich bin seit über fünf Wochen auf Feldarbeit in diversen Indigenen Territorien. Bis dato hat sich dort noch niemand der neuen Regierung blicken lassen. Von vor Ort spürbaren Initiativen ganz zu schweigen. In Ministerien sitzt es sich halt allemal gemütlicher.

    • @Ardaga:

      Meines Wissens hat Lula die Abholzung des Regenwaldes sogar beschleunigt und Bolsonaro weit überholt.



      Das stört die woke Linke aber genauso wenig wie etwa, dass die Demokraten unter Biden in den USA eine Asylrechtsverschärfung planen, bei der selbst Trump wie ein laues Lüftchen daherkommt. Die Kids sitzen übrigens noch immer in den Cages, nur juckt's links keinen mehr.....

      Ob Lula so un-links ist, sei übrigens Mal dahin gestellt. Die klassische ur-linke, wie man sie in Ostblock-Diktaturen kannte, hatte mit Umweltschutz schließlich mal so gar nix am Hut.

      • @Helena Peter:

        "Meines Wissens hat Lula die Abholzung des Regenwaldes sogar beschleunigt und Bolsonaro weit überholt. "

        Das stimmt so nicht. Als Lula 2003 an die Macht kam, war die Abholzung auf einem Höchststand, als er 2011 die Macht wieder abgab, war sie auf einem Tiefststand. Danach stieg die Abholzung wieder an. de.statista.com/st...genwald-brasilien/

  • Wer regt sich denn auf?

    Lula ist auch ohne das, was Sie "Moral-Westliches-Feuerwerk" nennen, als antiimperialistischer Linker schlicht nicht mehr ernstzunehmen.

    Wenn ein gewählter Präsident seine Bruderschaft mit lauter Diktatoren herausstellt, würde es mir auch als Brasilianer Angst machen.

    Vielleicht richtet er ja bald auch in Brasilien eine lupenreine Ortega-"Demokratie" ein.

    • @rero:

      Ging @Lekrikerikrit

  • es mutet etwas merkwürdig an, dass in diversen Kommentaren Demut des Westens gefordert wird und eigentlich den Autor gemeint ist.



    Nur frage ich mich, darf es im Westen, wo wir leben nur eine Meinung, die Regierungsmeinung geben? Sind wir, die sich als links verstehen, genauso mitschuldig an z.B. den diversen Militärputschen, die die USA in Lateinamerika angezettelt haben, nur weil wir auch im Westen leben und dürfen wir deshalb keine Meinung gegenüber der Politik anderer Staaten haben? Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass keiner der Diskutanten und niemand in der Taz je einen Putsch in Lateinamerika gegrüßt hat.



    Es mutet seltsam an, dass ein Taz kommentar kritisiert wird, mit der Begründung der Westen habe Dreck am Stecken und die Taz gleich mit in die Verantwortung genommen wird für die westliche Politik der letzten Dekaden. Man kann ja anderer Meinung sein als die im Artikel, aber Artikel zu kritisieren weil sie nicht aus Mea Culpa bestehen, für westl. Politik, die durch die selben Journalistenkreise schon seit langem kritisiert wurde ist sehr befremdlich.



    Diese Art von Gruppenhaftung ist das Totschlagargument schlechthin.

    • @nutzer:

      Richtig. Zumal es ja auch wieder westliche Hybris ist, anzunehmen, der Rest der Welt würde nur darauf warten, dass „der“ Westen das „Heucheln“ einstellt, um dann selbst moralisch einwandfrei zu handeln und das vorher einfach nicht selbst tun könnte.

  • Dass viele sogenannte Linke keinen Bezug zu Menschenrechten haben und Aggressoren und Diktaturen nach dem Mund reden, wundert mich nach den Erfahrungen des 20. Jahrhundert nicht mehr. Egal ob in Südamerika, in Europa oder auch in den Kommentarspalten der taz.

  • Und natürlich: alle alten Bekannten, die sich unter den ganzen Meldungen zu russischen Verbrechen in den letzten Tagen nicht gemeldet haben, kommentieren jetzt hier und verteidigen Lulas Ignoranz des russischen Faschismus. Kommentiert wird immer nur dann, wenn man Russlands Schuld relativieren oder wie hier auf vermeintlich „vernünftigere“ Positionen (die immer, immer nur Russland nützen) verweisen kann.

  • Deutschland ist mit den USS das Zentrum der Doppelmoral. Im globalen Süden löst das nur noch Ekel aus.

    • @Rolf B.:

      Deutschland war in den letzten Jahrzehnten immer sehr beliebt in der außereuropäischen Welt, und ich bezweifle, dass sich das geändert hat. Frankreich bspw. ist in seinen früheren Kolonien regelrecht verhasst.



      Der Ukrainekrieg interessiert den Globalen Süden dagegen nicht sonderlich. So wie die Kriege dort Europäer und Amis wenig gekümmert haben, solange es ökonomisch und/oder machtstrategisch nichts zu gewinnen oder zu verlieren gab.

    • @Rolf B.:

      Der globale Süden ist ein Märchen, Südafrika kuschelt mit Russland und verkauft dem Westen Waffen die der an die Ukraine weiterreicht. Pakistan liefert dann gleich direkt Waffen an die Ukraine.

    • @Rolf B.:

      Och, sie sehen ja, dass Lula da mithalten kann.

      Von Ortega brauchen wir gar nicht reden.

    • @Rolf B.:

      Während der globale Süden ja die Moral gepachtet hat und nur aus Ekel nicht moralisch handelt. Wenn der Norden nur moralisch stringent handelte, würden das alle anderen natürlich auch tun

      Wissen Sie, was typisch westlich ist? Die Bereitschaft zur Selbstkritik. In Russland oder China ist das völlig unbekannt, da lacht man über Kommentare wie ihren und sieht sie als typisch westliche Schwäche.

    • @Rolf B.:

      Starke Worte. Gibt's dafür auch irgendwelche handfesten Belege? Insbesondere die Paarung USA/Deutschland als "das Zentrum" der Doppelmoral halte ich für eine reine Mischung aus Ami- und Selbsthass.

  • Ich finde diesen Kommentar wenig, hm, ehrlich, weil er moralische Ansprüche an Brasilien anlegt, an denen er Deutschland nie messen würde; der indische Außenminister hat neulich treffen bemerkt, dass westliche Staaten Interessen haben, aber von anderen Prinzipien verlangen. Brasilien - das lange genug unter westlicher Hegemonie gelitten hat - sucht einen neuen Platz und neue Partner in einer sich rasch verändernden Welt. Es wäre klüger, wenn man sich in deutschen Reaktionen fragen würde, warum sich ein beträchtlicher Teil des globalen Südens von uns abwendet, statt weiterhin moralischer Zuchtmeister zu spielen. Letzteres ist ohnehin kaum glaubwürdig.

    • @O.F.:

      "Es wäre klüger, wenn man sich in deutschen Reaktionen fragen würde, warum sich ein beträchtlicher Teil des globalen Südens von uns abwendet"

      Komisch, exakt dieselbe Frage könnte sich Russland auch in Hinblick auf seine ganzen ehemaligen Vasallenstaaten stellen. Tut es aber definitiv nicht. Und Sie fordern das auch nie, OF.

      Wer heuchelt hier eigentlich mehr?

    • @O.F.:

      Ich fürchte, da haben Sie Herrn Pickert missverstanden.

      Er macht Brasilien keinen Vorwurf:

      "Aus rein nationalen Interessen ist nachvollziehbar, dass Lula dem nicht widersprechen möchte: China ist stärkster Handelspartner des Landes; die in den vergangenen Jahren gemachten Erfahrungen mit EU und USA geben kaum Anlass, das ändern zu wollen, und Brasiliens Rolle in diesem Bündnis ist größer und wichtiger, als sie in einer westlichen Allianz je sein könnte."

      Herr Pickert findet es nur wenig links, wenn ein angeblich linker und antiimperialistischer Präsident mit einem Außenminister kungelt, der gerade einen imperialistischen Krieg führt.

      Wie soll man da Lula als Linken noch ernstnehmen?

      • @rero:

        "Wie soll man da Lula als Linken noch ernstnehmen?"



        Wann ist ein Linker ein Linker?



        Darüber was "links" ist und was nicht, gibt es innerhalb der Linken keinen allgemeingültigen Konsens. Überspitzt gesagt : Man erkennt "wahre Linke" daran ,das sie anderen Linken das Linkssein absprechen! ;-)

    • @O.F.:

      Warum wendet sich denn ein beträchtlicher Teil des globalen Südens von uns ab?

  • Ich finde die Kritik an Lula etwas unpassend. Natürlich ist es nicht in Ordnung den rusisschen Angriffskrieg zu unterstützen, aber macht er ja auch gar nicht, sondern Brasiliens Haltung ist neutral. Lula hat sich schon länger zur bestehenden Weltordnung und der westlichen Doppelmoral kritisch geäußert und vielleicht sollten wir da auch einfach Mal die Motive hinterfragen. Lula ist nun wirklich kein Einzelfall. Es geht mir auch gar nicht darum den russischen Angriffskrieg zu verteidigen, den ich übrigens auf schärfste verurteile, aber ich kann trotzdem nachvollziehen, dass viele Menschen mit der jetzigen Weltordnung nicht zufrieden sind. In Lateinamerika nehmen es zb immer noch viele Menschen dem Westen übel, dass er in den 70er Jahren half die ganzen demokratischen Regierungen wegzuputschen. Das mag aus unserer Sicht sinnvoll gewesen sein, aber viele Menschen vor Ort fanden das schlimm. Vielleicht sollten wir uns mehr Mühe geben auch andere Position als die unsrigen zu verstehen.

    • @Alexander Schulz:

      Ihr Satz: "dem Westen übel, dass er in den 70er Jahren half die ganzen demokratischen Regierungen wegzuputschen. Das mag aus unserer Sicht sinnvoll gewesen sein,"



      Das mag aus unserer Sicht sinnvoll gewesen sein. .... ?



      Wen meinen Sie mit uns?

    • @Alexander Schulz:

      "In Lateinamerika nehmen es zb immer noch viele Menschen dem Westen übel, dass er in den 70er Jahren half die ganzen demokratischen Regierungen wegzuputschen."

      Und deshalb möchte Lateinamerika jetzt mit antidemokratischen Ländern wie China, Russland und Iran, welche ihrerseits linke Diktatoren unterstützten, befreundet sein? Lateinamerikanische Doppelmoral?

    • @Alexander Schulz:

      Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen bedeutet es Russland auszuliefern. Also nichts mit Neutralität.

      • @Klempner Karl:

        Da machen Sie es sich ein wenig zu einfach! Brasilien hat keinerlei Verbindungen oder Verantwortung bzgl Ukraine. Sie würden bei anderen Konflikten/Kriegen auch nicht behaupten, dass ein Land das keine Waffen in ein Kriegsgebiet liefert Partei ergreift.



        Waffen liefern ausserdem schon viele westliche Länder. Da es aber nicht möglich sein wird für die Ukraine den Krieg militärisch zu gewinnen bedarf es durchaus auch Länder, die versuchen andere Schwerpunkte zu setzen. Stellen Sie sich Mal vor alle Länder würden nur auf eine militärische Komponente setzten! Letztendlich muss Russland, aber auch der Westen und die Ukraine so unter Druck geraten, dass alle Seiten nur in einer Verhandlung eine Lösung sehen. Auch wenn meine Sympathien natürlich nicht bei Russland liegen ist an diese von Lula durchaus viel dran!

        • @Alexander Schulz:

          Lula belässt es nicht bei "keinen Waffenlieferungen", er fordert ein Ende der westl. Waffenlieferungen.



          Zu glauben das sei unparteiisch, ist sehr blauäugig, hängt die Ukraine doch vollständig davon ab. Es ist ja auch nicht so, dass die Ukraine vom Westen auf Russland losgelassen wurde, grundlos aufgerüstet und jetzt Russland terrorisiert, das ist schon andersrum. Eine Forderung nach einem Lieferstopp bedeutet schon die Ukraine solle aufgeben. Das ist nicht unparteiisch.



          Und natürlich hat Lula das recht sich da seinen Vorteil draus zu ziehen, schließlich ist die Ukraine weit weg und geht Brasilien nichts an. Das machen wir genauso, bei Konflikten auf der anderen Erdhälfte. Gutfinden muß man deshalb Lulas Haltung aber dennoch nicht. das darf man ruhig kritisieren.

      • @Klempner Karl:

        Und Waffen zu liefern wäre dann neutral?

  • 6G
    669197 (Profil gelöscht)

    Die Mehrheit der Weltbevölkerung teilt nicht die Haltung des Westens zum Ukrainekonflikt.

    • @669197 (Profil gelöscht):

      Die Mehrheit der Russen auch nicht.

      Sie liegen dennoch schlicht und einfach falsch.

    • @669197 (Profil gelöscht):

      99,999 % der Weltbevölkerung hat nichts zu sagen da es nur einzelne Regierungen und Personen sind die Entscheiden und das nicht immer im Interesse dieser.

    • @669197 (Profil gelöscht):

      Die Mehrheit der Weltbevölkerung dürfte auch antisemitisch oder homophob sein. Vllt. nicht das beste Kriterium für die Richtigkeit einer Position.

    • @669197 (Profil gelöscht):

      Die Mehrheit der Weltbevölkerung lebt auch nicht in demokratischen Ländern. Von 194 UN Mitgliedern sind 2 Drittel Diktaturen, Militäregime oder failled States

      • @Klempner Karl:

        Warum fördern dann die Demokratien des Westens so viele Diktaturen? Als wenn Demokratien in der Außenpolitik nicht vom Eigeninteresse getrieben wären, so wie alle anderen Länder auch.

      • @Klempner Karl:

        Das ist aber eine sehr arrogante westliche Sichtweise. Es gibt mehr Menschen in nichtwestlichen Demokratien als in westlichen Demokratien. Kann es nicht sein, dass die Menschen in Indien, Südafrika, Brasilien, Argentinien, Chile usw. Gründe haben warum sie nicht einseitig Partei beziehen wollen oder sogar eine andere Meinung als die Menschen in westlichen Ländern vertreten?



        Vermutlich wird unser Verhalten in diesem Krieg das Bild des Westens in der Welt nachhaltiger Schaden als es der Irakkrieg getan hat! Aber bloß nicht über den Tellerrand schauen, sondern lieber den sofamoralisten und Sofakrieger spielen...



        Ich verurteile den rusisschen Angriffskrieg zwar auf schärfste, aber trotzdem vertrete ich die unpopuläre These, dass wir im Westen etwas mehr Selbstkritik üben sollten!

  • Regt Euch doch nicht so künstlich auf. In Südamerika brauchst du Freunde - wenn man jenseits des US-Amerikanischen-Ereignishorizonts Politik machen möchte.



    Das Moral-Westliche-Feuerwerk kann und wird nicht zünden. Weil auf allen Ebenen in letzter Konsequenz unglaubwürdig.

  • Es mag in eurozentristischen linksliberalen Kreisen eine Überraschung sein. Aber Brasilien zieht tatsächlich Interessen der (Gesinnungs-)ethik vor. Ob die Ukraine die Krim zurückholt oder nicht hat nichts mit Brasilien zu tun.



    Ein Waffenstillstand indessen wäre das humanste, was passieren kann.

    Einfach an Putin zu apellieren "Ziehe doch Deine Truppen zurück" hat schlicht keine Chance auf Umsetzung, ist also den Versuch nicht wert. Ein Waffenstillstand könnte Erfolg haben.

    • @Kartöfellchen:

      Ich stimme Ihnen vollkommen zu.

    • @Kartöfellchen:

      Möchte Putin denn einen Waffenstillstand?

    • @Kartöfellchen:

      Sie haben wirklich absolut nichts verstanden, obwohl man es ihnen wieder und wieder erklärt hat. Ihre moralische Kälte ist das eine. Ihre willentliche Ignoranz das andere.

    • @Kartöfellchen:

      "Einfach an Putin zu apellieren ..."



      Brasilien hat sich in der letzten Abstimmung der UN-Vollversammlung in dieser Frage bereits positioniert und gegen Russland gestimmt (also an Putin appelliert und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine gefordert). Dass Brasilien sich nicht etwa enthalten hat, sondern die Resolution annahm, war damals ein schöner Erfolg der westlichen Diplomatie und noch am Vortag so nicht erwartet worden. Das darf man bitte nicht vergessen. Brasilien mit China in einen Topf zu werfen, ist Quatsch.

    • @Kartöfellchen:

      Einfach an Putin zu apellieren "Bitte jetzt Waffenstillstand!" hat schlicht keine Chance auf Umsetzung, ist also den Versuch nicht wert. Eine entschlossene Solidarisierung mit der angegriffenen und von Zerstörung durch Russland bedrohten Seite könnte Erfolg haben. Sie würde Putin Ablehnung und Isolierung signalisieren.

      • @dites-mois:

        Aber viele Menschen in dieser Welt wollen doch gar nicht mehr die jetzige Weltordnung! Warum soll Brasilien gegen seine Interessen verstoßen nur um dem Westen einen Gefallen zu tun? Die hohen moralischen Standarts des Westen die bei der Ukraine angelegt werden spielen ja in vielen anderen kriegen und Konflikten keine Rolle. Versuchen Sie sich doch Mal in ein Land wie Brasilien zu versetzen und die westliche Brille abzusetzen.

        • @Alexander Schulz:

          Welches Brasilien? Das von Bolsonaro war auch Brasilien.

          Welches objektive Interesse hat ein Demokrat daran, einen Faschisten wie Putin zu stützen?

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    - Wie wäre es einfach mal damit zu akzeptieren, das nicht notwendigerweise alle Länder dieser Erde die Sichtweise von Fr Baerbock oder der TAZ Redaktion haben?



    - Das es NICHT Deutschland's vorderdringlichste Aufgabe ist, ALLE Abweichler dieser Welt in pro oder contra einzuordnen und ggfls auf Linie zu bringen



    - Zu schauen, ob das eine oder andere Land evtl bessere Ideen hat oder diplomatischer, als man/frau selbst.

    Am deutschen Wesen ist die Welt schon zweimal fast zugrunde gegangen.



    Wir sollten da ruhig etwas demütiger sein.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Dann sollten diese Länder begreifen, dass es nicht die vordringlichste Aufgabe des Westens ist, ihnen weiterhin Milliarden an Entwicklungshilfen zu zahlen.

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Sie haben aber schon gelesen, dass über dem Artikel "Kommentar" drüber steht?

      Natürlich ist dann die Meinung von Herrn Pickert drin und nicht die Sichtweise von Lula.

      Herr Pickert hat doch geschaut, ob Lula bessere Ideen hat.



      Offensichtlich ist dem nicht so.

      Wir sehen gerade, dass am brasilianschen Wesen die Welt nun auch nicht genesen wird.

      Nur darauf hat Herr Pickert in seinem Kommentar hingewiesen.

      Weshalb sollte Herr Pickert da demütig sein und übersehen, dass da ein linker Präsident mit Faschisten und Imperialisten kungelt?

    • @48798 (Profil gelöscht):

      Ob Bernd Pickert wohl in der Lage ist, Brasilien "auf Linie zu bringen"? Ich bin froh, dass er in der Lage ist, plausible und evidenzbasierte Gedankengänge zu formulieren und das nicht aus Demut wem oder was oder welchen Glaubensbekenntnissen auch immer gegenüber unterlässt.

  • Wie dämlich muss man eigentlich sein, um ernsthaft daran zu glauben, Russland sei so etwas wie eine antikoloniale Macht, während es gerade dabei ist, einen Kolonialkrieg zwecks Einverleibung eines anderen Landes zu führen? Wie antiwestlich, wie antiamerikanisch?

    • @Suryo:

      Die meisten Europäer sind über Lateinamerika nicht gut informiert und umgekehrt auch nicht.

    • @Suryo:

      Das dürfte zwei wesentliche Wurzeln haben:



      1. Russland ist weit weit weg. Ein Kolonialkrieg mit Brasilien deshalb nicht mal unwahrscheinlich.



      2. Die Wahl zwischen Russland, USA und China...



      a) China ist schlicht eine unbekannte Größe



      b) die USA haben sich in ihrem südamerikanischen Hinterhof nicht grad mit Ruhm bekleckert. Da besteht durchaus ein Wunsch nach Abgrenzung und Emanzipation.



      c) Russland war Schutzherr in Kuba. Da ist der Lebensstandard und die Lebenserwartung im Vergleich immer noch ziemlich gut.



      Wenn man sich also für eine Großmacht entscheiden muss - welche darf's denn sein?

    • @Suryo:

      Die Frage ist unpassend gestellt. Warum sollte man in Brasilien so etwas glauben? Brasilien hat in der Vollversammlung wie gesagt (entgegen den Erwartungen im Vorfeld) *gegen* Russland gestimmt, das war ein wichtiges Zeichen.



      Und der Brasilianer könnte Sie umgekehrt fragen: "Wie dämlich muss man eigentlich sein, um ernsthaft daran zu glauben, die USA seien so etwas wie eine antikoloniale Macht, wo doch ein Drittel der ukrainischen Schwarzerde-Getreidefelder US-amerikanischen Investoren gehören?"



      Zizek schrieb schon: "Die grausame Ironie besteht darin, dass Russland zwar die Ukraine mit brutaler Waffengewalt kolonisiert, dass aber die Behauptung Russlands, die Ukraine sei nach 1990 eine westliche Wirtschaftskolonie gewesen, einen Moment der Wahrheit enthält." www.berliner-zeitu...em-gange-li.260107



      Dass Lateinamerikaner (wie ich) grundsätzlich skeptischer gegenüber den USA sind als Deutsche, ist ja wohl nachvollziehbar. Das können Sie nicht als "Antiamerikanismus" bezeichnen. Die Polen sind ja aus ganz ähnlichen Gründen skeptischer gegenüber Russland als Deutsche, dafür haben Sie ja auch Verständnis.

      • @Günter Picart:

        Hat Brasilien denn bedingungslos zugestimmt? Oder ist der Text der Resulution nicht etwa dem Wünschen von Brasilien & Co. stark entgegengekommen? Es ist ja auch was von Verdoppelung der Bemühungen einer Verhandlungslösung zu lesen. Und das käme dann der Linie von Brasilien aber schon sehr, sehr nahe. Und ist auch zu begrüßen.

  • Dank für diese klaren Worte an Herrn Pickert. Vor nem halben Jahr schrieb ich an dieser Stelle noch von der Hoffnung, die die Wahl Lulas hervorrief. Schwer getäuscht, shame on me and Lula

  • Brasilien folgt nicht den USA. Und auch nicht Scholz. Brasilien betreibt eine eigene Politik und hat eine eigene Meinung. Was soll daran schlimm sein?

    • @uffbasse:

      Die Meinung ist halt falsch. Und dementsprechend auch die Politik.

    • @uffbasse:

      Nicht, dass Lula eine Meinung hat, ist schlimm, sondern seine Meinung ist schlimm. Ist jedenfalls auch meine Meinung.

      • @dites-mois:

        Das mag so sein, interessiert aber Brasilien nicht und Lula erst recht nicht. Brasilien wird mit Sicherheit sich dreimal überlegen den USA zu folgen, zumindest werden sie nicht blind folgen. Aber genau das will die USA und leider auch Scholz, Baerbock & Co. Es ist ja nicht nur Brasilien die so denken, der gesamte Süden, Afrika, ja eigentlich die Mehrheit hat hier eine andere Meinung. Die muss uns nicht gefallen, aber nachdenken, warum das so ist, sollten wir schon.

  • Moral ist, wenn man moralisch ist. Es ist ein gutes Wort -- das wusste schon Georg Büchner, und der ist nun schon eine Weile tot. D.h.: Werteallianzen und all das sind im Zweifelsfall Gedöhns. Wir unterstützen auch Arschlöcher, sofern es eben unsere Arschlöcher sind. Das wusste übrigens Donald Rumpsfeld schon (lebt der noch?). Siehe Waffenlieferungen an Saudi-Arabien.

    So entsteht eben im Rest der Welt der Eindruck, dass die zitierten Werte immer nur uns nutzen. Das ist dann das Ergebnis dieser Doppelmoral: dass sich die Länder des globalen Südens China und Russland anschließen, weil diese angeblich eine Dekolonialisierung vorantreiben. Man hätte sich nur die Abstimmungsergebnisse in der UN-Vollversammlung anschauen müssen.

    Das Ganze sagt also genauso viel über uns wie über Lula. Empörung ist da m.E. doch eher wohlfeil -- ein Blick in den Spiegel angebrachter.

  • Das eindimensionale Denkschema, das in dem Artikel und in den Kommentaren zum Ausdruck kommt wird uns gegen den Drecksack Putin nicht voran bringen. Lange Jahre haben "wir" den globalen Süden nicht wahrgenommen und uns aus Wirtschaftlichen Interessen an China, Russland und Saudis gehalten. Jetzt wundern wir uns also wenn Entwicklungsländer ihre eigenen Interessen wahrnehmen? Warum ist der großen Mehrheit der Menschen die Ukraine völlig egal? Nun, die haben genug eigene Probleme und nehmen was sie bekommen z.B. billiges Öl. Wir haben uns ehrlicherweise jahrzehntelang auch nicht um entfernte Konflikte gesichert. Welche Coronaimpfstoffe haben wir in der Corona Pandemie nach Afrika geliefert? Bitte also auch mal die alternativen Fakten beachten.

  • Ich kann mich noch gut erinnern, dass in der TAZ Artikel geschrieben wurde, dass man weniger auf die Person achten soll, dafür mehr auf das Parteiprogram (oder so ähnlich). Genau mit dieser Argumentation wurden dann Politiker wie Lula und auch Hugo Chavez unterstützt.

  • Diese Einschätzung ist viel zu einseitig und klingt fast schon irgendwie beleidigt. Immerhin hat Brasilien bei der letzten UN-Vollversammlung gegen Russland gestimmt, das war ein wichtiger diplomatischer Erfolg (nicht zuletzt Bärbocks). Danach hat sich Brasilien anders als China tatsächlich um Dialog mit der Ukraine bemüht und eine Delegation hingeschickt, um die Friedensbereitschaft auszuloten, mit dem Ergebnis, dass man noch abwarten muss und die Kriegsparteien noch nicht soweit sind einzusehen, dass sie mit Gewalt mehr verlieren als gewinnen. Diese Einschätzung ist erstmal völlig richtig und eben nicht so blankoscheckmäßig pro-ukrainisch, wie man es hier in Europa kennt.



    Die Abhängigkeit von China ist sicher ein kritischer Punkt in der bras. Positionierung, aber grundsätzlich waren die unmittelbaren Aussagen der neuen bras. Regierung zu den Ukrainefragen durchaus vernünftig und sind in keiner Weise mit den falschzüngigen chinesischen Vorstößen zu vergleichen. Und Brasilien wegen des Lawrow-Besuchs "auf die Seite des Aggressors" zu schieben, wie der Kommentator das tut, ist völlig abwegig, ein irrationaler Abwehrreflex, der einfach nur die platten Diskussionsmuster in den europäischen Debatten imitiert (wer zum Frieden mahnt, ist für Russland usw.).



    Der Papst und Lula sehen die Lage eben unvoreingenommener als die Ukrainefreunde. Darüber soll man nicht schimpfen, sondern besser versuchen, die eigene Haltung zu überdenken und sich zu fragen, ob man nicht selbst viel zu unkritisch von der ukr. Sichtweise anstecken lässt.

    • @Günter Picart:

      Was verleitet Sie zu der Vermutung, der Papst und Lula würden die Lage unvoreingenommener sehen?

    • @Günter Picart:

      "Der Papst und Lula sehen die Lage eben unvoreingenommener als die Ukrainefreunde."



      Nur mit größerer Distanz. Das ist nicht dasselbe.

  • Lula könnte "unserer" Auffasung nach nur dann als neutral bezeichnet werden, wenn er sich auf eine Seite stellt. Auf die richtige natürlich.

    • @sollndas:

      Kann denn Ihrer Meinung nach ein Linker in einem imperialistischen Angriffskrieg eine neutrale Position beziehen?

    • @sollndas:

      Polemik, die an der Wahrheit vorbeigeht. Es gibt schlicht keine neutrale Haltung zu Folter und Mord.

  • Das ist wirklich nicht überraschend. Auch über Lulas Affinität zum Iran wurde im Zuge der nachvollziehbaren Erleichterung darüber, dass er den Faschisten Bolsonaro aus dem Amt verdrängt hat, allzu gnädig hinweggesehen.



    Imperialistisch ist in der Vorstellung dieser Linken immer nur der Westen. Bei Autokraten wie Putin werden beide Augen zugedrückt.

  • vielleicht kann mir mal einer erklaeren, woher das kommt, dass alte weisse ´linke´ maenner, die irgendwie dem sozialismus als ideologie, und damit dann auch einer alten sowietunion verbunden sind, die es so nicht mehr gibt, dafuer dann aber als alternative das faschistoide russland akzeptieren? dieses phaenomen gibt es ja nicht nur in suedamerika, ich denke da gleich mal an vertreter unserer spd, ebenso ist ein grosser teil der italienischen PD derart russalndfreundlich, dass sie waffenlieferungen ablehnen. was ist da los?

    • @the real günni:

      "...dass alte weisse ´linke´ maenner..."



      Hier ein Geschlechts- oder Altersproblem zu behaupten spricht nicht unbedingt für eine agendafreie Argumentation, in die ich deshalb auch nicht tiefer eintauchen möchte.



      Ich verabschiede mich mit dem Hinweis auf Sarah Wagenknecht.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @the real günni:

      Linkspopulisten sind Linkspopulisten bleiben Linkspopulisten. Anbiedern an Querdenker, Impfkritiker, Russlandversteher, BDS, gern auch mal das Unwort "Gendergaga" übernehmen. Hauptsache, es schafft Öffentlichkeit und grenzt sich gegen den altgedienten Klassenfeind USA ab.

      Nur bei ihrer Diagnose "Mann" kann ich nicht folgen, Wagenknecht, Dagdelen, Schwarzer, ...

    • @the real günni:

      Genau dasselbe frage ich mich auch ständig..

    • @the real günni:

      Reaktionäres Denken, manche Menschen kommen im Alter nicht mehr aus dem Denken in alten Mustern heraus. Dazu bei vielen der Wunsch auf eine zweite Runde Kalter Krieg in der Hoffnung das diesmal die "richtige" Seite gewinnt.

    • @the real günni:

      Antiamerikanismus.

      Welches im Grunde eigentlich nicht schlecht ist, möchte man sich dem kapitalistischen Dreck von Visa, Mastercard, McDonalds oder Burger King widersetzen. Wenn dieser es aber nicht schafft, sich klar gegen antidemokratische Werte zu distanzieren, und das ist der Imperialismus aus Russland nunmal, der wird Blut an den Händen tragen.

  • Danke für diese klaren Worte. Es ist eine Tragödie, das die sog. " Linke" Lateinamerikas zum Steigbügelhalter von Dikratoren und rotlaklierten Faschisten geworden ist.

  • Lula ist eben nicht der großartige Anti-Bolsonaro, zu dem man ihn im Wahlkampf hochstilisiert hat. Schlechter kann er gewiss nicht sein. Aber die Anbiederung an Russland zeigt auch, dass anders als sein Vorgänger, aber eben auch mit Vorsicht zu genießen ist.



    Er möchte gern westliche Gelder für seinen Amazonien-Fond und läßt gleichzeitig einen mit Asbest und Quecksilber verseuchten Flugzeuträger im Meer versenken. Er redet von Frieden und Menschenrechten, umschmeichelt aber gleichzeitig das iranische Regime, während das brutal gegen Proteste vorgeht. Er will sich vorgeblich für Frieden einsetzen, aber alles was ihm konkret einfällt, ist ein Ende der Unterstützung der Ukraine zu fordern. Sein 12 Punkte Plan wird sowohl von Rußland als auch von der Ukarine abgelehnt. Er spricht von Block-Unabhängigkeit, stellt sich aber aktuell an die Seite Chinas und Russlands.

    Momentan kuschelt er überall dort, wo er opportunistisch für sich Vorteile erhofft. Auf Dauer wird das nicht aufgehen.

    • @Deep South:

      +++Nichts hinzuzufügen.+++

  • Ja gibt's das denn? Werde ich tatsächlich genötigt dazu, Bolsonaro wieder haben zu wollen?

  • Man sollte meinen, Lula hat sich eine Bolsonaro-Maske aufgesetzt, (um dessen Wähler zu bedienen?).



    Würg...🤮

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Er war nie anders. Die Lobgesänge auf diesen Populisten sind auch in der Taz verstummt.

      • @Klempner Karl:

        Lula war einfach nur das kleinere Übel im Vergleich zu Bolsonaro. Genauso wie Scholz in den Augen vieler Deutscher das kleinere Übel zu Laschet und Baerbock war. Wohin das geführt hat, sehen wir ja jetzt.

        Übrigens, für die Brasilianer ist der Ukraine-Krieg ungefähr genauso interessant wie der Jemen-Krieg für uns Deutsche.

        Da große Unterstützung für die Positionen des Westens zu verlangen macht nur bedingt Sinn.