Echo auf Razzia gegen Letzte Generation: „Wann kommt Razzia bei Lindner?“
Im Netz sind die Reaktionen auf die Durchsuchungen bei der Letzten Generationen geteilt. Viele solidarisieren sich mit der Gruppe, aber es gibt auch befürwortende Kommentare zu den Maßnahmen.
Empfohlener externer Inhalt
Im Auftrag des bayerischen Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft München wurden insgesamt 15 Objekte in sieben Bundesländern untersucht, bei der Hinweise auf und Beweise für Strafttaten durch die Letzte Generation gefunden werden sollten. Ermittelt wurde wegen des Verdachts einer kriminellen Vereinigung. Vier Durchsuchungen davon fanden in Berlin statt, jeweils drei in Bayern und in Hessen. Zudem wurden Konten beschlagnahmt und Vermögenswerte gesichert.
Begrüßt wurden die Durchsuchungen durch den umstrittenen und häufig mit populistischen Aussagen aufgefallenen Polizeigewerkschafter Rainer Wendt. In seiner Funktion als Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft sagte Wendt: „Die Justiz greift durch, das ist das richtige Signal eines wehrhaften Rechtsstaats“. Wendt sagte weiter: „Die Bevölkerung, die unter dem Straßenterror dieser selbsternannten Klimaretter täglich tausendfach leidet, wird endlich als das tatsächliche Opfer dieser Kriminellen wahrgenommen.“
Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) lässt derweil ebenfalls prüfen, ob die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung eingestuft werden kann. „Hier werden täglich andere Menschen mit Gewalt im juristischen Sinne genötigt“, sagte sie im Rundfunk Berlin-Brandenburg über die Blockaden.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) schrieb auf Twitter: „Klimaschutz ist ein richtiges und drängendes Anliegen. Klimaschutz gegen Rechtsstaat, Demokratie und die Bevölkerung dagegen nicht.“ Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Durchsuchungen gegen die Letzte Generation verteidigt. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Faeser: „Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln – so wie es ihre Pflicht ist“.
Diskussionen auf Twitter
Auch bei Twitter wird die Durchsuchung der Aktivist*innen intensiv diskutiert. „Man versucht echt alles Menschenmögliche zu tun, um eine friedliche Bewegung wie die letzte Generation als die größten Verbrecher des Landes darzustellen. Ist das alles so immens absurd“, kommentiert eine Person.
Empfohlener externer Inhalt
Andere User*innen bemängeln, dass gegen Rechtsextreme in Deutschland weniger hart durchgegriffen werde. So zieht ein User bei der Sperrung der Webseite der Letzten Generation, die im Zuge der Ermittlungen erfolgte, den Vergleich zur Webseite der rechtsextremen Kleinstpartei „III. Weg“, die abrufbar bleibt.
Der Klimaaktivist Tadzio Müller geht in einem Video-Statement auf die Beschlagnahmung der Konten der Letzten Generation ein. Diesen nennt er einen „ökonomistischen Angriff“ auf die Letzte Generation: „Deutschland weiß, dass es nicht okay ist, für unlautere Zwecke (z.B. RWEs Profite) Geld zu sammeln & das Gesetz zu brechen. Diese Schuld wird dann auf die Letzte Generation projiziert“, schreibt Müller. Die Letzte Generation schreibt auf Twitter: „Lobbystrukturen durchsuchen und fossile Gelder der Regierung beschlagnahmen – Wann?“
Bei einer Pressekonferenz am Mittwochmittag in der Reformationskirche in Berlin-Moabit sagten Sprecher*innen der Letzten Generation, dass die Durchsuchungen „alle Unterstützer*innen der Letzten Generation hart getroffen“ hätten. „Sie machen uns Angst. Aber wir dürfen nicht in dieser Angst verharren. Die Bundesregierung fährt uns gerade sehenden Augens in eine Klimahölle. Sie drückt sogar aufs Gaspedal“, so die Aktivistin Aimée van Baalen. Für diese und kommende Woche kündigte die Gruppe deshalb weitere Proteste an.
Die Aktivistin Carla Hinrichs greift in einem Statement der Letzten Generation auf, dass sich die Klimaaktivist*innen „nicht bereichern“ mit den Spenden an ihre Gruppe: „im Gegenteil, wir zahlen laufend Strafen für das, was wir tun“, so Hinrichs. Am Mittwochmorgen seien Beamt*innen in ihr Zimmer gestürmt, während sie noch im Bett gelegen habe. Das, obwohl die Aktivist*innen alle bekannt seien: „Alles, was wir tun, tun wir transparent. Wir stehen mit unseren Namen und Gesichtern für unseren Protest. Wir kündigen an, was wir vorhaben. Was ist daran kriminell?“, so Hinrichs weiter.
Auch befürwortende Kommentare
Neben Solidaritätsbekundungen und Empörung über die Durchsuchungen finden sich im Netz auch einige befürwortende Kommentare zu dem Vorgehen der Münchner Generalstaatsanwaltschaft. Die Klimaaktivist*innen der Letzten Generation erfahren bei ihren Straßenblockaden regelmäßig Anfeindungen und auch Gewalt. Die Wut über die gewählte Protestform spiegelt sich auch in den Kommentarspalten wider.
Zuvor hatte am Montag auch Bundeskanzler Olaf Scholz die Aktionen der Letzten Generation kritisiert. In einem Gespräch mit Schüler*innen in Brandenburg sagte er, er fände es „völlig bekloppt, sich irgendwie an ein Bild festzukleben oder auf der Straße“. Als Reaktion auf diese Aussage besprühten Aktivist*innen der Letzten Generation am Dienstag die Fassade des Willy-Brandt-Hauses in Berlin mit Farbe. (mit afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen