piwik no script img

Nach Razzia bei Letzter GenerationUno lobt Klimaprotestler

Ein Sprecher von Uno-Chef António Guterres betont die Bedeutung von Klimaaktivismus – und fordert den Schutz der Aktivist:innen ein.

Klimaaktivismus als „moralische Stimme junger Menschen“ Foto: Lisa Leutner/reuters

Berlin taz | Nach der umstrittenen Razzia bei Mitgliedern der Klimagruppe Letzte Generation melden sich die Vereinten Nationen zu Wort. Uno-Chef António Guterres äußerte sich zwar nicht ausdrücklich zum Vorgehen der deutschen Behörden, betonte aber die Bedeutung des Klimaprotests.

„Klimaaktivisten – angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen – haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiter verfolgt. Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je“, ließ Guterres über seinen Sprecher Stéphane Dujarric ausrichten. Natürlich habe der Staat auch die Verantwortung, Gesetze durchzusetzen und die Sicherheit zu gewährleisten, räumte dieser ein.

Ohne die Klimabewegung wären die weltweiten Klimaziele allerdings bereits außer Reichweite, so der Uno-Sprecher. Protestierende hätten in „entscheidenden Momenten maßgeblich dazu beigetragen, Regierungen und Wirtschaftsführer dazu zu bewegen, viel mehr zu tun.“

Die immer noch anwachsenden CO2-Emissionen der Menschheit drohen, die Erde praktisch zu einem anderen Planeten zu machen. Aktuell laufen wir auf etwa 2,7 Grad Erderhitzung zu. Das ist allerdings ein Durchschnittswert, der durch die geringere Temperatur über Ozeanen gedrückt wird. Die Landmasse heizt sich noch deutlich stärker auf.

Außerhalb der menschlichen Klimanische

Wis­sen­schaft­le­r:in­nen kamen in der vergangenen Woche in einer Studie zu dem Schluss, dass im Jahr 2100 rund ein Drittel der Weltbevölkerung außerhalb der menschlichen Klimanische leben könnte. Das heißt: an Orten, an denen eigentlich kein für Menschen geeignetes Klima mehr herrscht.

Die Emissionen führen fast überall auf der Welt zu häufigeren und intensiveren Hitzewellen. Auch andere Extremwetterereignisse wie Dürren, Starkregen oder Stürme nehmen vielerorts zu oder werden stärker. Zudem steigt der Meeresspiegel an und könnte langfristig Landstriche oder ganze Inseln verschlucken. Diese Folgen der Klimakrise können Menschen unmittelbar gefährden oder töten, wirken sich aber auch indirekt aus, etwa durch wegbrechende Ernten und zunehmende Konflikte um Lebensgrundlagen.

Um das zu verhindern, haben alle Staaten der Welt im Pariser Weltklimaabkommen versprochen, die Erderhitzung bei 2 Grad und möglichst sogar bei 1,5 Grad zu begrenzen. Für letzteres müssten sich die globalen CO2-Emissionen aber bis 2030 so gut wie halbieren und bis 2050 auf null sinken. Entgegen der internationalen Rechtslage zeichnet sich dieser Trend bislang aber nicht ab.

Rund 170 Po­li­zis­t:in­nen hatten am Mittwoch 15 Wohnungen und Geschäftsräume von Mitgliedern der Letzten Generation in sieben Bundesländern durchsucht. Die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt begründeten die Razzia mit dem Tatvorwurf der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.

Die Letzte Generation protestiert vor allem durch Straßenblockaden gegen den mangelnden Klimaschutz, die ihr juristisch in der Regel als Nötigung der betroffenen Au­to­fah­re­r:in­nen ausgelegt werden – also als illegal gelten.

Die Razzia war schon die zweite dieser Art bei der Gruppe. Im Dezember hatte die Staatsanwaltschaft Neuruppin eine ähnliche Untersuchung veranlasst. Dass die Letzte Generation eine kriminelle Vereinigung sein soll, ist juristisch allerdings stark umstritten. Die Berliner Staatsanwaltschaft etwa hat den Vorwurf geprüft und wegen mangelnder Erheblichkeit der Straftaten abgewiesen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Den Einwurf von Herrn Guterres fand ich prima, so quasi von übergeordneter Stelle, die das große Ganze im Auge hat.

    Es wird einigen reaktionär handelnden Personen und Parteien hoffentlich demnächst auf die Füße fallen, wenn sie hier auf "Volkes Stimme" hören, die vorher von BLÖD geschult wurde. Da braucht es auch keine Innenministerinnen der SPD, wenn sie rechte CDU-Politik machen. Ob in Berlin oder im Bund.

  • Für Herrn Guterres kümmert sich ja auch der Chauffeur um den Transport. Und wenn's nicht geht, kommt der Helikopter ...

    • @Achim Dräger:

      Dümmer geht nimmer..

    • @Achim Dräger:

      Sein privates Treibhausgasbudget gleicht der aber durch seine politische Arbeit mehr als nur aus. Der handelsübliche deutsche Malle-Billigflugreisende, DomRep-Cruiser oder Rentnerpanzerfahrer kann hingegen gar nicht so viele Bäume pflanzen, wie er müsste, um sein eigenes auch nur auf plusminus Null zu bringen.

      Da ist der springende Punkt: für die Physik zählt nur die Gesamtbilanz. Wir haben eine GLOBALE Erwärmung, und nicht eine Erwärmung des UN-Hauptquartiers, oder wo auch immer Guterres sein Privatleben verbringt.

      • @Ajuga:

        "Da ist der springende Punkt: für die Physik zählt nur die Gesamtbilanz."



        Leider hast du völlig recht. Und weil einige sehr große Länder das nicht interessiert, bleibt die Erreichung der Klimaziele ein Wunschdenken.



        Deshalb sollte man mindestens parallel noch darüber nachdenken: "Was müssen wir tun um die Schäden durch eine Erwärmung so klein wie möglich zu halten".



        Denn ich fürchte den Wandel werden wir nicht mehr stoppen können.

    • 6G
      678409 (Profil gelöscht)
      @Achim Dräger:

      Haben Sie kein Hubschrauber?



      Komisch, ich stehe auch ohne Klimaaktivisten ständig im Stau. Geschwindigkeitsüberschreiter und Möchtgernformeleinsfahrer (Ringerlauto RS ein Sofa müsste mindestens in den Kofferraum passen) und Doofgaffer nötigen mich ständig im Stau zu stehen, obwohl es keinen Grund gibt. Anzeige ist gemacht. Warte auf die bayerischen Sondereinsatzkommandos in Lederhose und die Terroreinstufung für Stauverursacher. Das bayerische Landeskriminalamt und die bayerische Staatsanwaltschaft sind informiert und angewiesen hart durchzugreifen.

      Euer Kini

      • @678409 (Profil gelöscht):

        "Komisch, ich stehe auch ohne Klimaaktivisten ständig im Stau."

        Ich radle einfach am Stau vorbei.

        • 6G
          678409 (Profil gelöscht)
          @Brombeertee:

          Auf der Autobahn ist Radfahren leider nicht erlaubt. Aber die königliche Elektrokutsche muss ab und leider auf die Autobahn. Auch ein König muss arbeiten.

          In der Stadt bringt mich der königliche Drahtesel auch schneller ans Ziel. Oder es werden Bus, Tram oder Ubahn genutzt.