Sex mit Folgen: Heterosex ist nicht natürlich
Unsere Autorin hat nur ab und an Sex mit Cis-Männern, aber auch die biologischen Fakten geben ihr Recht: Heterosex bringt Tücken mit sich.
I ch habe nichts gegen Heteros. Ich habe heterosexuelle Freunde. Manchmal schlafe ich sogar selbst mit Cis-Männern. Alle sollen von mir aus Sex haben, wie und mit wem sie wollen. Aber ich muss jetzt trotzdem mal was sagen: Heterosex ist einfach nicht natürlich. Ich denke mir das ja nicht aus, das sind die biologischen Fakten. Sperma und Scheidenflora haben völlig unterschiedliche PH-Werte. Die Vagina hat ein saures Milieu, um Krankheitserreger abzuwehren. Durch das basische Sperma steigt der PH-Wert zumindest kurzzeitig an – die Scheidenflora wird also weniger sauer – und Krankheitserreger können sich leichter ausbreiten. Viele Menschen mit Vagina bekommen deshalb von ungeschützem Geschlechtsverkehr mit Penissen eine Pilzinfektion.
Noch ein Klassiker: Blasenentzündung. Bei Menschen ohne Penis ist der Weg zwischen Blase und Harnausgang nicht weit. Und auch Anus, Vagina und Harnausgang liegen unpraktisch nah bei einander. Durch die mechanische Rein-raus-Bewegung, die für die meisten Heteros zum Sex dazugehört, werden Darmbakterien in die Harnröhre transportiert. Viele meiner Heterofreundinnen bekommen ständig nach Penetrationssex eine Blasenentzündung.
Ich bin davon lange verschont geblieben, erst als ich mit einem Cis-Mann zusammen kam, habe ich verstanden, was sie meinten: Du musst ständig auf Klo, pinkeln brennt, Unterleibskrämpfe, die mich schon Nächte hindurch wach gehalten haben. Fiese Sache. Wenn es schlecht läuft, hilft nur ein Antibiotikum. Das ist verschreibungspflichtig. Das bedeutet, mit besagten Symptomen regelmäßig Stunden in einem überfüllten Gynäkolog*innen-Wartezimmer zu sitzen. Heterofrauen müssen sich quasi entscheiden, ob sie Sex oder ein Leben haben wollen. Antibiotika wiederum töten die guten Milchsäurebakterien in der Scheidenflora. Also kommt als Nächstes wieder eine Pilzinfektion.
Geschlechtskrankheiten wie Chlamydien oder Gonorrhoe können zwar durch alle möglichen Sex-Praktiken übertragen werden, aber Penis-Vagina-Penetration bringt ein höheres Risiko mit sich als beispielsweise Lecken oder Fingern. Wo es an medizinischer Versorgung mangelt, ist eines der größten Risiken von Heterosex immer noch: schwanger werden. 295.000 Frauen starben im Jahr 2017 weltweit im Zuge von Schwangerschaft oder Geburt.
Ich frage mich oft, was sich die Natur dabei gedacht hat. Weil ich aber, wie gesagt, dafür bin, dass alle Sex haben können, wie sie möchten, sollten wir als Gesellschaft zumindest zwei Dinge tun: die medizinischen Kosten umverteilen, die insbesondere Frauen durch Heterosex entstehen. Zum Beispiel durch eine Sex-Abgabe für Heteromänner. Außerdem müssen wir das Risiko für alle Beteiligten verringern. Dafür brauchen wir mehr Forschung zu Krankheiten, die weibliche Körper betreffen. Und vor allem: Die Früchte dieser Forschung müssen weltweit gerecht verteilt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen