Dating für Fortgeschritte: Henry hat's raus
Flirten ist schwierig. Aber es gibt eine Sache, die immer gut ankommt. Sie werden nie glauben, was unsere Kolumnistin herausgefunden hat.
S o kompliziert flirten manchmal erscheinen mag, es gibt dabei mindestens eine simple Sache, die den meisten Menschen gefällt: wenn das Gegenüber sich für einen interessiert. Für die Ansichten, den Alltag, die Leidenschaften, für die ganze Person.
Und es gibt eine ebenfalls sehr simple Technik, dieses Interesse zum Ausdruck zu bringen: Fragen stellen und zuhören. Wer jetzt denkt: „Hä, so geht halt jede normale Unterhaltung, warum muss man darüber eine Kolumne schreiben, ist doch klar, dass ich mich für die Person interessiere, sonst würde ich nicht flirten“ – kann hier aufhören zu lesen. Ich allerdings bin genügend cis Männern begegnet, die diese Basics nicht beherrschten.
So zum Beispiel Karl*. Ich hatte ihm auf einer Gartenparty einen Blick über das Lagerfeuer zugeworfen und saß eine Woche später mit ihm in einer Bar bei einem Date. Ich stellte ihm Fragen zu seinem Alltag, seinem Gemütszustand, seiner Familie, seiner Lebensgeschichte, seiner Arbeit, seinen Träumen, und er erzählte. Als ich irgendwann müde wurde und gehen wollte, stellte er fest: „Jetzt hast du ja noch gar nichts von dir erzählt!“
„Dann frag mich doch was“, sagte ich. Er dachte nach. Ich wartete. Die Übung konnte nicht so schwer sein, schließlich hatte ich ihm den ganzen Abend über Beispiele geliefert. Er hätte sie einfach kopieren können. Ihm fiel keine Frage ein.
Noch schlimmer war es mit Daniel*. Er war fünf Jahre jünger als ich und ging im Gegensatz zu mir noch zur Uni. Unser ganzes erstes Date über erzählte er mir von seinem Projekt und wie er daraus ein Start-up gründen und sehr erfolgreich sein würde, ja, es eigentlich schon war. Ich hörte zu und stellte interessierte Nachfragen, es war sogar wirklich ganz interessant, das Projekt. Dann brachte er mir noch ein paar Skatetricks bei. Am Ende wusste ich eine Menge über seine Fähigkeiten, Zukunftspläne und Leidenschaften. Nur nicht, wie er vorhatte, mich kennenzulernen.
Männer, die sich in flirty Gesprächen keine einzige Frage zu meiner Person abringen können, sind mir nicht nur politisch suspekt. Es ist auch ein Turn-off. Denkt mal drüber nach: Vielleicht wollen eure Dates einfach nur ähnliche Dinge wie ihr auch. Ein bisschen Aufmerksamkeit, vielleicht ein bisschen Bewunderung, auf jeden Fall ehrliches Interesse.
Nehmt euch ein Beispiel an Henry*. Ich hatte ihn und seine sonnenverbrannten britischen Kumpels auf einer Reise kennengelernt und dachte aus Spaß, ich mach mal einen auf cis Mann. Ich begann, aus meinem Lieblingsbuch von Silvia Federici zum Thema Kapitalismus und Hexenverfolgung zu rezitieren. Henry hörte interessiert zu, stellte Nachfragen und sagte schließlich: „You know so much.“ Mein mäßiges sexuelles Interesse an ihm stieg sofort leicht an, später knutschten wir auf der Tanzfläche und der Abend ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Try it.
* Namen geändert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett