Lukas Wallraff über das Videoproblem der Verteidigungsministerin
: Bilder, die hängen bleiben

Seit ihrem bizarren Silvestergruß vor Böllerkulisse wird so viel auf der Verteidigungsministerin herumgehackt, dass man Christine Lambrecht am liebsten in Schutz nehmen würde. Denn natürlich gibt es auch in diesem Shitstorm nicht nur berechtigte Kritik, sondern auch parteipolitische Interessen und die übliche Lust an Häme im Netz.

Man könnte also beschwichtigend erklären, es werde übertrieben. Lambrecht hat weder goldene Löffel geklaut noch bei einer Doktorarbeit geschummelt. Es war nur ein Video, ein offenbar unkontrolliert rausgehauener Instagram-Post, der Millionen anderen auch passieren könnte, die sich in den sozialen Medien zu spontanem Quatsch hinreißen lassen. Und, ja: Unter normalen Umständen wäre das verzeihlich.

Aber die Umstände sind nicht normal. „Mitten in Europa tobt ein Krieg“, wie Lambrecht im Video richtig feststellte – und dazu muss der zuständigen Ministerin bei einem öffentlichen Statement dann einfach mehr einfallen als „ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte – viele, viele Begegnungen mit interessanten und tollen Menschen“. Lapidarer, egozentrischer geht es kaum.

Lambrecht ist eben nicht irgendeine von Millionen Privatpersonen. Zu ihrem Job gehört es, zu bedenken, dass ihre Auftritte überall gesehen werden können. Auch in der Ukrai­ne. Angesichts der realen russischen Luftangriffe dort wirkt ihr fröhliches Geplapper, untermalt von Silvesterkrachern, in jeder Hinsicht deplatziert. Es scheint alle Vorurteile über die teilnahmslosen Deutschen zu bestätigen.

Das nicht gespürt zu haben, zeugt von mangelndem Urteilsvermögen – fatal für die Chefin des Militärs. Diesen Eindruck wird Lambrecht kaum noch korrigieren können. So hart es ist, manche Bilder bleiben hängen. Wie das von Armin Laschets Lachanfall bei den Flut­opfern. Anders als Laschet wurde Lambrecht nicht ertappt. Sie hat das Eigentor selbst geschossen. Olaf Scholz wird sie nicht mehr lange halten können.

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