Kritik an „Blackfacing“: Eure Traditionen sind Abfall

Rassistische Karnevalskostüme sind zur Belustigung weißer Menschen da. Das muss endlich aufhören.

Menschen haben sich für einen Karnevalsumzug als Clowns verkleidet.

Man kann sich auch einfach als Clown verkleiden, oder? Foto: Marcel Kusch/dpa

Zuverlässig kehren sie jedes Jahr zurück: rassistische Stereotype, die im Namen der Tradition weiße Menschen belustigen sollen. In Deutschland geschieht dies vor allem in der Karnevalszeit, in der Leute sich ihre „Indianer“- und „Chinesen“-Kostüme nicht nehmen lassen wollen, wenn sie sich besoffen in die Kölner Innenstadt erbrechen. In den Niederlanden ist es die Weihnachtszeit, wenn Sankt Nikolaus’ Diener, der „Zwarte Piet“, eine lokale Version von Knecht Ruprecht, in Blackface kleine Kinder zum Lachen bringen und ihnen Angst einjagen soll.

Seit Jahren schon wird die Kritik an der Blackfacing-Praxis von Aktivist_innen sehr deutlich in die Öffentlichkeit getragen. 2014 stand sogar ein Verbot bei niederländischen Paraden im Raum, wurde jedoch vom obersten Verwaltungsgericht gestoppt. Vereinzelt wird die Rassismuskritik zwar ernst genommen, bei manchen Paraden trägt der Zwarte Piet kein Blackface mehr.

Der Mehrheit aber ist die Kritik egal – und das lässt sich sowohl für die Niederlande sagen als auch für Deutschland, wo Blackfacing immer noch zur hässlichen Realität auf Theaterbühnen gehört. Argumente für die rassistische Praxis klingen in ihrer differenziertesten Version meist so: „Ist doch nur ein harmloses Kostüm / eine Tradition / ein bisschen Make-up, stellt euch nicht so an.“

Dass die Verteidigung von rassistischen Traditionen aber eben alles andere als harmlos ist, zeigte sich in tragischer Weise am Freitagabend in Den Haag. Dort haben Dutzende Extremisten versucht, ein ehemaliges Schulgebäude zu stürmen, wo sich antirassistische Aktivist_innen versammelt hatten, um ihre Strategien gegen die Zwarte-Piet-Darstellungen zu besprechen. Die Angreifer schlugen Autoscheiben ein und versuchten, das Gebäude in Brand zu stecken. Fünf Personen wurden festgenommen, die älteste unter ihnen 37, die jüngste erst 13 Jahre alt.

Stellt euch nicht so an

„Das Nachahmen von BIPoC ist ein großer Bestandteil weißer Kultur“, schreibt Alice Hasters in ihrem gerade erschienenen Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ – für das die Autorin selbst schlimmen Anfeindungen im Netz ausgeliefert ist. Hasters zeichnet nicht nur rassistische Kostüme als Folgen kolonialer Strukturen nach, sondern führt uns vor Augen, dass Weiße, selbst wenn sie „gute Absichten“ haben, Rassismen in sich tragen und dies selten anerkennen wollen.

Die Ignoranz von Kostümfetischisten ist das eine. Aber wie fragil kann eine Kultur sein, wenn in ihrem Namen versucht wird, Menschen in Brand zu stecken? Den Haag zeigt, dass nicht nur die jahrhundertealte Geschichte, auf die diese Rituale zurückgehen, gewaltsam ist, sondern auch deren Normalisierung in der Gegenwart. Der Angriff könnte ein guter Anlass sein, diese Tradition endgültig zu Abfall zu erklären.

Alles andere käme einer Solidarisierung mit den Tätern gleich. Wer das nicht will, schminkt sich ab. Schließlich geht es hier um Menschenleben, also stellt euch nicht so an.

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ehem. Redakteurin im Ressort taz2/Medien. Autorin der Romane "Ellbogen" (Hanser, 2017) und "Dschinns" (Hanser, 2022). Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift "Delfi" und des Essaybands "Eure Heimat ist unser Albtraum" (Ullstein, 2019).

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