Waffenlieferungen an die Ukraine: Frieden schaffen mit mehr Waffen
Im Osten der Ukraine macht sich die russische Materialüberlegenheit langsam bemerkbar. Soll die Ukraine sich behaupten, braucht sie jetzt mehr Waffen.
J eden Tag toben neue schwere Kämpfe in der Ukraine mit horrenden Verlusten. Die Kriegsfronten bewegen sich kaum. Da verwundert es nicht, wenn manche sagen: Hört auf, den Krieg mit immer neuen Waffenlieferungen zu befeuern, das bringt nur Tod und Verderben. Wie kurz doch das Gedächtnis ist! Als der Krieg begann, rechneten alle mit dem schnellen russischen Sieg. Die Moskauer Jubelpropaganda und die westlichen Ukraine-Nachrufe waren schon geschrieben. Aber 108 Tage später ist aus der Ansage „Kiew fällt innerhalb von 72 Stunden“ ein klägliches „Häuserkämpfe in Sjewjerodonezk dauern an“ geworden.
Nicht nur fiel Kiew nicht, die russische Offensive im gesamten Norden der Ukraine brach zusammen. Dann die auf Charkiw. Und seit etwa einer Woche bröckeln die russischen Fronten sogar im Süden, im Gebiet Cherson nördlich der Krim.
Die Kehrseite ist eine sichtbare russische Übermacht im Donbass. Mariupol wurde mitsamt Zehntausenden Einwohnern dem Erdboden gleichgemacht. An den Fronten von Donezk und Luhansk führen Russland und die Ukraine einen blutigen Stellungskrieg mit sehr hohen Verlusten auf beiden Seiten. Die Seite, bei der als Erster niemand mehr übrig ist, wird verlieren. Russland setzt auf schiere, dumpfe Quantität.
Was manche im Westen als Grundlage für einen Waffenstillstand betrachten würden, wäre für Moskau nur eine Verschnaufpause. Das russische Ziel, die Ukraine als solche zu zerstören, bleibt intakt. Erst in den letzten Tagen wurde in Moskau sogar gefordert, die Anerkennung der Unabhängigkeit Litauens zu widerrufen. Der Moskauer Größenwahn kennt nur die Grenzen, die man ihm setzt. Frieden gibt es erst, wenn Russland militärisch besiegt ist.
Die Ukraine muss jetzt mehr denn je in die Lage versetzt werden, sich auch über einen längeren Zeitraum hinweg zu behaupten, mit Artillerie, Abwehrsystemen und Munition in einer vielfachen Menge der aktuellen Lieferungen. Wann, wenn nicht jetzt?
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung