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Experte zum Gazakrieg„Sieg über die Hamas ist unmöglich“

Eine Zerstörung der Terrorgruppe hält Abdalhadi Alijla für unrealistisch. Er fordert, die sozialen Gründe für deren Rückhalt in den Blick zu nehmen.

„Die Hamas spricht ihre Trauer an“: trauernde Palästinenser in Rafah (Gaza) Foto: reuters
Julia Neumann
Interview von Julia Neumann

taz: Sie beobachten die Hamas bereits seit 2007, also seit die Terrororganisation den Gazastreifen unter israelischer Blockade regiert. Israels aktuelles Kriegskabinett hat das Ziel, die Hamas zu „zerstören“. Kann das gelingen?

Abdalhadi Alijla: Das ist unrealistisch, fanatisch und unmöglich. Die israelische Rechte, die als faschistische Regierung bezeichnet wird, ist sich der Realitäten vor Ort nicht bewusst. Israel ist nicht in der Lage, den militärischen Flügel der Hamas zu besiegen, weil es ein Guerillakrieg, ein Straßenkrieg ist. Und die Hamas gehört zu einem regionalen Netzwerk von Milizen, die vom Iran finanziert werden. Iran wird nicht zulassen, dass die Hamas besiegt wird. Es gibt noch viele andere Gründe dafür, dass ein militärischer Sieg über die Hamas nicht möglich ist.

Zum Beispiel?

Beispielsweise die Mischung aus nationalistischer und religiöser Motivation der Hamas-Kämpfer, ihre Taktik und Tunnel und der Druck auf die Wirtschaft in Israel durch einen langen Krieg.

Was versteht der Westen falsch an der Hamas?

Ich lache über die israelischen und westlichen Politiker, weil sie offenbar nichts aus der Geschichte im Irak oder in Afghanistan gelernt haben. Sie wissen nichts über die lokale Politik in diesen Gesellschaften. George W. Bush stand in Kabul und sagte: „Wir haben die Taliban besiegt.“ 20 Jahre später sind die Taliban wieder da, obwohl die USA über das modernste Militär der Welt verfügen. Es gibt nur sehr wenige Forscher, die die Hamas als soziale Bewegung und als Netzwerk untersucht haben, was meiner Meinung nach aber am besten ist, um die Bewegung zu verstehen.

Im Interview: Abdalhadi Alijla

ist ein palästinensischer Sozial- und Politikwissenschaftler, unter anderem an der Universität Göteborg.

Wie ist die soziopolitische Struktur der Hamas im Gazastreifen?

Die Hamas wurde als NGO gegründet. Die soziale Bewegung in den frühen 1980er Jahren war eine Reaktion auf das Scheitern der säkularen und nationalistischen Bewegung. Als glaubensbasierte Organisation bot sie Dienstleistungen, Bildung und Gesundheitsversorgung an. Das ist die Keimzelle der Hamas: Eine starke Basisorganisation, die mit den Menschen in Kontakt tritt und qualitativ hochwertige Grunddienste anbietet. Sie haben Zugang zu verschiedenen Schichten der Gesellschaft. Das Netzwerk ist sehr gut ausgebaut: Viele Hamas-Mitglieder stammen aus sehr bekannten Großfamilien, die andere mobilisieren. Das Stammesnetzwerk, das mit der Politik verwoben ist, macht es sehr schwierig, die Hamas aus dem sozialen Gefüge der palästinensischen Gesellschaft herauszulösen oder zu trennen.

Was heißt das in der aktuellen Kriegssituation?

Fast jeder im Gazastreifen hat in diesem Krieg jemanden verloren. Die Hamas spricht ihre Trauer an – weshalb eine Mehrheit der Palästinenser in Gaza den bewaffneten Widerstand unterstützt. Das heißt nicht, dass sie der Hamas angehören oder Hamas-Sympathisanten sind.

Es gibt andere politische Akteure, die Fatah oder die Linken. Warum wendet sich die Mehrheit nicht ihnen zu?

Es gibt einige Linke wie die Front für die Befreiung Palästinas. Sie sind aktiv, aber ihnen fehlen die finanziellen und sozialen Mittel. Vielleicht 3 Prozent unterstützen sie.

Und die Fatah?

Sie ist wie die Hamas eine korrupte politische Partei. Die Fatah ist seit 1994 an der Macht und hat im Westjordanland eine Sicherheitskooperation mit Israel. Diese Zusammenarbeit ist ein großes Problem für die Palästinenser. Die Fatah hat – wie die Hamas – einige autoritäre Praktiken in ihrer Regierung. Etwa 25 Prozent der Palästinenser bezeichnen sich laut Arabischem Barometer und jüngsten Umfragen des Palästinensischen Zentrums für Umfragen und Forschung als Sympathisanten oder Mitglieder der Fatah. Die Fatah hat auch einen militärischen Flügel. Ich rechne mit einem baldigen militärischen Widerstand der Fatah im Westjordan­land, wenn es so weitergeht.

Warum?

Die Hoffnung zu verlieren, ist gefährlich. 2007, als die Hamas den Gazastreifen übernommen und der Fatah verboten hat, zu operieren, wechselten viele aus dem militärischen Flügel der Fatah zum Islamischen Dschihad. Es besteht die Möglichkeit, dass der Islamische Dschihad, der dem Iran näher steht als die Hamas, in Zukunft stärker wird. Wenn die Hamas beseitigt wird, sollte man etwas Radikaleres als die Hamas erwarten.

In Interviews des Arabischen Barometers mit 399 Befragten im Gazastreifen kurz vor dem 7. Oktober gaben 44 Prozent an, dass sie überhaupt kein Vertrauen in die Hamas haben; 23 Prozent hatten kein Vertrauen in irgendeine Art von Regime. Was bedeutet das Misstrauen für einen Friedensprozess?

In den letzten zehn Jahren hat es öfter Proteste gegen die Hamas-Regierung im Gazastreifen gegeben. Die Mehrheit der Bevölkerung ist mit den Regierungsmechanismen der Hamas nicht zufrieden. Sie warten auf eine neue Agenda, eine neue politische Kraft, die den Status quo ändert. Politische Parteien, Eliten und zivilgesellschaftliche Organisationen haben es versäumt, die Bedürfnisse der Palästinenser zu erfüllen. Vertrauen ist die Essenz des sozialen Kapitals. Israel belagert den Gazastreifen seit 1991. Jede politische Alternative muss den Palästinensern Hoffnung geben. Solange die Besatzung besteht, hält das Trauma an. Solange es die Besatzung gibt, wird es militärischen Widerstand geben. Die Hamas wird in Zeiten des Friedens schwächer.

Haben Sie eine Vision für dauerhaften Frieden?

Nein. Ich war einer der optimistischsten Befürworter der Einstaatenlösung. Also einen binationalen Staat, in dem Juden und Palästinenser, Muslime und Christen gleichberechtigt nebeneinander leben und die gleichen bürgerlichen, liberalen und politischen Rechte haben. Was in Gaza geschieht, ist ein Völkermord. Es ist unmöglich, sich jetzt etwas vorzustellen. Zuerst muss der Genozid aufhören, dann können wir an die Zukunft denken.

Warum bezeichnen Sie die Massentötungen als Genozid?

Nun, nicht ich definiere es als Genozid; wenn 30.000 Zivilisten getötet werden, 13.000 von ihnen unter zehn Jahren, ist das ein Völkermord. Wenn Schulen, Krankenhäuser und Häuser bombardiert werden, dann ist es ein Völkermord. Die offiziellen israelischen Erklärungen zur ethnischen Säuberung wie die Rede von der Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen sind ebenfalls ein Völkermord. Dies ist die Meinung der UN-Expertengruppe und anderer internationaler Akteure.

Sie sagen, die Besatzung des Westjordanlands und die Blockade von Gaza muss enden. Was würde das bedeuten? Die Mauern niederreißen, Siedler zurückholen, palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen befreien …?

Sie sprechen von einigen Details. Im Kern geht es um den Rückzug auf die Grenzen vor 1967 [vor der israelischen Besetzung der palästinensischen Gebiete; Anm. d. R.]. Das Recht auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge. Ost-Jerusalem gehört den Palästinensern. Die Ressourcen des Westjordanlands und des Gazastreifens gehören den Palästinensern.

Aber Israel befürchtet einen weiteren Angriff der Hamas.

Dann bleibt uns nur noch eine Option: die Fortsetzung dieser Situation. Der Ball liegt im Feld von Israel und natürlich der westlichen Welt.

Die Frage bleibt: Wer kann und will regieren?

Zuerst muss die Besatzung beendet werden. Dann können die Palästinenser frei entscheiden, wer regiert und was sie mit ihrem Staat machen. Das ist das Konzept der Selbstbestimmung.

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58 Kommentare

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  • Ich würde über israelische Politiker nicht lachen und noch weniger über das israelische Militär.



    Die müssen natürlich sagen, dass man kämpfe bis die Hamas militärisch besiegt sei. Das ist die Rechtfertigung für diesen Krieg. Ob sie das glauben, meinen, denken, ist eine andere Geschichte.



    Mitte Dezember haben amerikanische Geheimdienste gemeldet, dass etwa die Hälfte der 29'000 Bomben, die damals schon in Gaza eingesetzt worden waren, "dumb bombs" waren. Das sind Freifallbomben. Sie sind nicht präzise verwendbar. Das ist auch nicht notwendig. Ihr Zweck ist es, grossflächige Zerstörungen anzurichten. Die Zivilbevölkerung stirbt bei solchen Bombardements zu tausenden.



    Da muss man sich doch fragen, welches Ziel Armee und Politiker prioritär verfolgen. Die Zerstörung des Gaza-Streifens mit zehntausenden von Toten? Militärischer Sieg über die Hamas?

  • "Die Frage bleibt: Wer kann und will regieren?"

    In der ZEIT wurde unlängst eine Umfrage nur für den Gazastreifen von vor dem Überfall vorgestellt: "Eine Mehrheit der Befragten befürwortete bis zum 6. Oktober immer noch die lange totge- sagte Zweistaatenlösung – und erkannte, anders als die Hamas, das Existenzrecht des Staates Israel an. 73 Prozent sprachen sich für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts aus. Eine Minderheit von 20 Prozent plädierte für bewaffneten Widerstand." ( www.zeit.de/2023/4...mas-israel-meinung ). Im Westjordanland sollte rs noch wesentlich besser ausgesehen haben.

    Rs gibt also bei weitem genügend demokratische und friedliche Kräfte, die regieren können und Mehrheiten bilden können.

    Was es braucht ist eine Unterstützung aus dem Ausland, der UN z.B., die ene demokratische Entwicklung absichert und unterstützt.

    Israel sollte auf keinen Fall dabei mitentscheidend involviert sein. Dafür hat Israel zu sehr Annexionen zum Ziel gehabt und mit der illegalen Besiedlung auch umgesetzt.

  • "Dann bleibt uns nur noch eine Option: die Fortsetzung dieser Situation."

    Angesichts der sehr eindeutigen Zielsetzung der Hamas ist Israel offenbar zu dem gleichen Schluss gekommen.

    "Der Ball liegt im Feld von Israel und natürlich der westlichen Welt."

    Die Perspektive dass sich für eine Lösung alle anderen bewegen müssen, nur man selbst nicht macht den Nahostkonflikt so einzigartig. Hust.

  • "weshalb eine Mehrheit der Palästinenser in Gaza den bewaffneten Widerstand unterstützt. Das heißt nicht, dass sie der Hamas angehören oder Hamas-Sympathisanten sind"

    Doch, genau das heißt es...

  • Artikelzitat: "Die Hamas wurde als NGO gegründet. Die soziale Bewegung in den frühen 1980er Jahren war eine Reaktion auf das Scheitern der säkularen und nationalistischen Bewegung. Als glaubensbasierte Organisation bot sie Dienstleistungen, Bildung und Gesundheitsversorgung an. Das ist die Keimzelle der Hamas: Eine starke Basisorganisation, die mit den Menschen in Kontakt tritt und qualitativ hochwertige Grunddienste anbietet".

    Die Hamas als Sozialarbeiter und Do-Gooders.

    Also keine Dschihadisten mit der Originalausgabe der "Protokolle der Weisen von Zion" in der Hand?

    Eine recht gute und realistische Beschreibung der Hamas findet sich bei Wiki:

    de.wikipedia.org/wiki/Hamas

    Lesenswert auch die Charta der Hamas. Das weiß man was die wollen.

    Und was der Iran will.

    de.wikipedia.org/wiki/Hamas-Charta

    Nicht nur für Juden, sondern auch für Frauen entsetzlich.

    Global.

  • Wer ist Abdalhadi Alijla? Warum wird sein Hintergrund nicht beleuchtet? Seine Aussagen zeugen nicht von irgendeiner Expertise. Er stellt lediglich Behauptungen auf, ohne diese völkerrechtlich, historisch oder politisch zu begründen. Wie erklärt er zB die Behauptung die Hamas zu zerstören sei "fanatisch"? Man kann durchaus meinen, dass dieses berechtigte Ziel Israels unrealistisch sei. Die Zerstörung von Fanatikern schlicht als fanatisch zu bezeichnen ist aber nicht plausibel. Wenn er einen Rückzug in die Grenzen von 1967 fordert, gehört es dazu die Gründe für die veränderte Lage seit 1967 zu kennen. Hier scheint der Interviewte die geschichtlichen Fakten nicht zu kennen oder nicht in der Lage zu sein, diese in ihrem Kontext zu betrachten. Das Interview ist insofern ein weiteres Element israelfeindlicher Propaganda oder im besten Fall ein weiterer Beleg für die inzwischen verbreitete faktenfreie propalästinensische Agitation, die hierzulande leider breiten Einzug hält.

    • @Klaus Kuckuck:

      Stimme Ihnen voll zu. Ich stieß auch über "fanatisch", "Völkermord" und "faschistisch". Warum will man dem kleinen jüdischen Staat partout seine jüdische Identität nehmen? Im Übrigen leben in Israel Juden, Christen und Araber in friedlicher Koexistenz. Es bedarf keiner Ein-Staaten-Lösung

  • "Wenn 30.000 Zivilisten getötet werden, 13.000 von ihnen unter zehn Jahren, ist das ein Völkermord. Wenn Schulen, Krankenhäuser und Häuser bombardiert werden, dann ist es ein Völkermord" - verstehe ich Herrn Alijla hier richtig, dass für ihn dann auch der zweite Weltkrieg einen Völkermord an den Deutschen darstellt?

  • Wir sollten nicht vergessen, dass erst der Angriff der HAMAS auf Israel - der an Barbarei und Menschenverachtung mit den Verbrechen des IS auf einer Stufe steht - die aktuelle Situation verursacht hat.

    ICh kenne keine Lösung dieses Dilemmas, und natürlich gibt es unschuldige Opfer auch auf Seiten der Palästinenser. Diese brauchen dringend alle mögliche Hilfe.

    Aber dieses Relativieren der Gräuel der Hamas, das kann ich nicht verstehen als fühlender und denkender MEnsch.

  • Vor dem Krieg und der Besatzung konnten die Palästinenser auch nicht frei entscheiden. Und nach dem Krieg auch nicht, egal wer regiert. Frieden und Wohlstand durften die Palästinenser noch nie wählen. Dass die Hamas nicht nur Diktatur sondern auch Netzwerk und soziale Bewegung ist, ändert nichts. Nimmt man Afghanistan und den Irak als Referenzgeschehen, dann ist es nicht die Frage ob der Westen etwas gelernt hat, sondern was er hatte lernen können. Was könnte man in Gaza besser machen? Wie will man dort zum Beispiel investieren ohne die Hamas zu füttern? Und gibt es wirklich irgendein Indiz dafür, dass Israel durch den Rückzug auf die Grenzen vor 1967 Sicherheit und Anerkennung gewinnen kann? Das ist nicht der Fall. Mit der Hamas und mit dem Iran kann es keinen Frieden geben.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Mir der Hamas und mit dem Iran kann es keinen Frieden geben.”



      Und dann auch nicht mit der Hezbollah und ergo nicht mit dem Libanon, auch nicht mit Syrien. Wenn Sie derart ins Kategorische gehen, werden Sie überhaupt keinen Frieden in Nahost erreichen.



      Die israelische Strategie, mit islamisch-fundamentalistischen Schurkenstaaten wie Saudi-Arabien (mit - diplomatisch formuliert - fragwürdiger Menschenrechtspraxis) zu bilateralen Vereinbarungen zu kommen, würden Sie doch auch nicht prinzipiell kritisieren, oder?



      Gerade erleben wir, wie der IS in der Region wieder sein Haupt erhebt. Der blutige Terroranschlag in Kirman ließ keinen Zweifel daran, wen außer dem Westen die Dschihadisten vom IS noch als ihren Hauptgegner betrachten. Vielleicht braucht der Westen dann noch den Iran und dessen Verbündete in den arabischen Ländern, um diese Bedrohung wieder einzudämmen. Oder erscheinen Ihnen die Gotteskrieger des IS als das “kleinere Übel” im Vergleich zu den Mullahs in Teheran.

      • @Abdurchdiemitte:

        Na ja, in Bezug auf den aktuellen Krieg in Gaza ist der IS gerade das kleinere Übel.

        Für Israel ist der IS im Augenblick nicht herausragend bedrohlich.

        Außerdem bedingt das eine das andere.

        Die bilateralen Abkommen - das mit Saudi-Arabien war in der Pipeline - gibt es, weil der Iran seinen Nationalismus expansiv ausleben will.

        Die arabischen Staaten des Abraham-Abkommens haben begriffen, dass ihnen aus Israel keine Gefahr droht.

        Der Iran dagegen ist der gemeinsame Feind.

        Man könnte deshalb sagen, gerade weil ein Frieden mit dem Iran nicht möglich ist, gibt es einen Frieden mit den Golfstaaten, Marokko, etc.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Wenn man den Palästinensern ein glaubwürdiges Angebot für einen eigenen Staat machen würde, dann würden sie auch Parteien wählen, die diesen unterstützen. Wie die angesprochen Umfragen in dem Interview zeigen, hat die Hamas keine mehrheitliche Unterstützung vor dem Konflikt gehabt. Eine Nachkriegsordnung, ohne Hamas, wird nur funktionieren wenn es darauf hinausläuft. Sonst stehen wir ein paar Jahren wieder vor der gleichen Situation.

      • @EinHistoriker:

        Wie kommen Sie denn auf so etwas? Seit dem ersten Angebot der UN 1937 hat es zig glaubwürdige Angebote gegeben und die Palästinenser haben sie allesamt brüsk abgeschmettert. Trotzdem hält sich der Mythos, dass es den Palästinensern nur um einen eigenen Staat geht. Gegenwärtig befürworten laut Arab World for Research and Development 17% der Palästinenser die Zweistaatenlösung, 74% wollen einen palästinensischen Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer. Ginge es den Palästinensern nur um einen eigenen Staat, dann hätten sie ihn schon lange.



        Zudem zeigen die Umfragen recht deutlich, dass die Hamas vor dem 7. Oktober vor allem aufgrund von Machtmissbrauch und Korruption an Rückhalt eingebüßt hatte. Dass auch die Methoden der Hamas abgelehnt werden, lässt sich der Demoskopie gegenwärtig leider nicht entnehmen. Das wird aber immer wieder implizit behauptet, wenn auf den geringen Rückhalt der Hamas verwiesen wird.

        • @Taugenichts:

          Glaubwürdige Angebote?



          #



          Zitat @Taugenichts: „Seit dem ersten Angebot der UN 1937 hat es zig glaubwürdige Angebote gegeben und die Palästinenser haben sie allesamt brüsk abgeschmettert.“

          Es gab 1937 kein „erstes Angebot der UN“ mangels Existenz dieser erst 1944 gegründeten Weltorganisation.

          Gemeint ist hier offensichtlich die von der britischen Mandatsmacht eingesetzten Peel-Kommission, die 1937 erstmals einen Teilungsplan vorlegte, in dem erstmalig von einem „Jüdischen Staat“ mit eigener Souveränität die Rede war. Er stieß auf beiden Seiten auf ein widersprüchliches Echo.

          Die Reaktion der arabischen Seite war weniger von grundsätzlicher Ablehnung eines jüdischen Staatswesens bestimmt als von Uneinigkeit über der Führerschaft in dem den Arabern zugedachten Teil Palästinas, vulgo einem Machtkampf zwischen den konkurrierenden Herrscher-Clans. Während die arabische pro-transjordanische Nationaler Verteidigungsparteiden Plan begeistert begrüßte, wurde er vom islamischen Arabischen Hohen Komitee unter dem von London inthronisierten Mufti von Jerusalem und Nazi-Fan Amin al-Husseini ebenso abgelehnt wie von den christlichen Arabern.

          Die jüdischer Seite nahm den Plan mit „frappierendem Desinteresse“ auf (D. Trom), d. h. eher kühl und zögerlich. Er wurde v. a. vom rechten Flügel der Revisionistischen Zionisten unter W. Jabotinsky strikt abgelehnt, für die nur ein jüdischer Staat in den alttestamentarischen Dimensionen Eretz Israelsin Frage kam. Der Plan wurde schließlich auf dem Zionistenkongreß in Zürich 1937 nur halbherzig angenommen und 1939 von London ad acta gelegt.

          Die Frontverläufe in der Teilungsfrage waren also damals keineswegs scharfkantig „Araber vrs. Juden“ konturiert, sondern komplexer.

          Spätere „Angebote“ an die Araber bis zum UNO-Plan 1947 sind übrigens nirgends überliefert. (vgl. N. Weinstock, Terre promise, trop promise, – Genèse du conflit israélo-palestinien, Paris 2011; D. Trom, L’État de l’exil – Israël, les juifs, l’Europe, Paris 2023)

          • @Reinhardt Gutsche:

            Gemeint war natürlich der Plan der Peel-Kommission. Asche über mein Haupt.



            Von „späteren „Angeboten“ an die Araber bis zum UNO-Plan 1947“ war nicht die Rede.

        • @Taugenichts:

          Es gab 1937 noch keine UN.

      • @EinHistoriker:

        Aber im Gazastreifen hatten die Palästinenser doch das Sagen, ohne wenn und aber, fast 20 Jahre lang. Das Ergebnis war das Pogrom am 07.10.2023.

        Ich stelle mir immer vor, das würde Deutschland passieren. Es kommen ein paar Luxemburger über die Grenze, massakrieren über 1000 Menschen auf schrecklichste Weise, entführen über 200 Menschen. Was würden wir tun?

        Dann fängt Dänemark an, Deutschland mit Raketen zu beschießen und Frankreich liefert fleißig Waffen an Dänemark und Luxemburg. Was würden wir tun?

        Wir würden uns wehren mit allen Mitteln die wir haben.

      • @EinHistoriker:

        "Wenn man den Palästinensern ein glaubwürdiges Angebot für einen eigenen Staat machen würde..."



        Woran genau machen Sie die Glaubwürdigkeit derartiger Angebote fest?



        Angebote als solche hat's ja nun wirklich einige gegeben. Wenn die alle unglaubwürdig waren... woran lag das Ihrer Ansicht nach?

  • "Die Hamas wurde als NGO gegründet. "

    Das ist gelogen. Die Hamas entstand um den Jahreswechsel 1987/88 als kämpferischer Ableger der (damals gewaltfreien) Muslimbrüderschaft, spezifisch mit dem Zweck, sich am Kampf gegen Israel (der damaligen ersten Intifada) aktiv beteiligen zu können. Die Muslimbrüderschaft selbst entstand nicht als "soziale", sondern als religiöse Bewegung, die sich zudem nicht aktiv am Kampf gegen Israel beteiligte. Da ich mir sicher bin, das Herr Alijla all dies auch weiß, frage ich mich wirklich, was diese Lüge bewirken soll.

    • @Agarack:

      Und Herr Alija hätte das ebenso wie der/die Interviewende auch problemlos nachlesen können:

      de.m.wikipedia.org/wiki/Hamas

      Die Entstehungsgeschichte der Hamas liest sich wie ein Horrorfilmdrehbuch.

      • @Gnutellabrot Merz:

        Die Entstehungsgeschichte der Hamas als Horrorfilmdrehbuch.

        Habe ich auch gedacht.

        Ein fortgesetzter Albtraum.

        Lesenswert auch die Charta der Hamas. Da haben Sie die Zukunft dazu.

        de.wikipedia.org/wiki/Hamas-Charta

    • @Agarack:

      Das ist nicht gelogen. Die israelische Besatzer haben die mit den Muslimbrüdern verbunde Vorgängerorganisation sogar Ende der siebziger und Anfang er 80er finanziert und dieses Netzwerk entstehen lassen, um die weltliche PLO/Fatah zu schwächen. Die Geschichte ist zu der von Al Qaida, welche von der CIA gegen die Sovietunion finanziert wurde, wirklich sehr ähnlich. Den 7.Oktober als Israels 11. September zu bezeichnen, wie es anfangs geschah, ist überaus treffend.

  • "Das Stammesnetzwerk, das mit der Politik verwoben ist, macht es sehr schwierig, die Hamas aus dem sozialen Gefüge der palästinensischen Gesellschaft herauszulösen oder zu trennen."

    Ich sehe da keinen Wiederspruch. Wenn die israelischen Hardliner sagen sie hätten vor die Hamas vollständig zu vernichten und der palästinensische Soziologe meint die Hamas sei nicht trennscharf von der Gesellschaft zu unterscheiden, dann können da beide durchaus vom Selben reden.

    Dass die Israelis nur auf uniformierte Kämpfer abstellen wenn sie von der Hamas reden, ist halt auch nur eine Wunschvorstellung des "Westens". Oder haben die Israelis das wirklich genau so gesagt, wie wir es gerne lesen würden?

    Dass es derart viele Opfer gibt die in der westlichen Vorstellung "Zivilisten" sind, beißt sich überhaupt nicht mit der israelischen Ankündigung und auch nicht mit der Sichtweise des palästinensischen Soziologen. Konsequent gedacht ist das sogar deckungsgleich.

    Und dann kommen wir halt an einem noch betrüblicheren Punkt heraus. Wenn die Hamas so tief in der Gesellschaft verwurzelt ist, darf sie dann vollständig vernichtet werden? Sind es dann "zivile" Opfer?

    Wie zutreffend die Sichtweise mit der tief in der Gesellschaft verankerten Hamas ist kann ich nicht bewerten, aber wenn ich ihr folge, dann komme ich bei einer noch größeren Katastrophe heraus.

    • @Nafets Rehcsif:

      Das sehe ich genauso und ist tatsächlich der Punkt: So wie Alija hier argumentiert, ist es tatsächlich praktisch deckungsgleich mit den Rechtsaußenablegern des Likud, die von Amalek schwafeln. Es muss aber doch noch etwas anderes geben als nur wechselseitige Vernichtung?

      • @hedele:

        "Es muss aber doch noch etwas anderes geben als nur wechselseitige Vernichtung?"

        Das wahrste an diesem Satz ist wohl - leider - aktuell das Fragezeichen. Oder könnten Sie eine REALISTISCHE Alternative nennen?

        Aus meiner Sicht ist das Dilemma, dass, selbst wenn man unterstellt, Israel habe als funktionierende Demokratie westlichen Musters das Potenzial und damit auch die Pflicht, den ersten Schritt zu tun, der Ansprechpartner auf palästinensischer Seite fehlt, der diesen Schritt zu schätzen wüsste UND entsprechenden Rückhalt in der Bevölkerung hat. Abbas wäre sich er glücklich, wenn jetzt aus Israel der Vorschlag einer echten Autonomie käme, aber das mindeste Zugeständnis wäre die offizielle Anerkennung Israels, und die würde Abbas wahrscheinlich entweder nicht durchstehen können oder nicht überleben - zumindest nicht politisch.

        • @Normalo:

          Der palästinensische Ansprechpartner fehlt, weil es die israelische Politik der letzten beiden Dekaden war die Entstehung eines solchen Ansprechpartners zu verhindern. Sie folgen mit ihrem Argument einfach Netanyahus perverser Logik mit der er die Hamas unterstützt hat.

          • @EinHistoriker:

            Ist es so einfach?

            Ich sehe ja ein, dass Netanyahu (wie seine Vorgänger seit Barak) es der Autonomiebehörde bzw. der Fatah nicht gerade leicht gemacht hat, ihre Stellung als anerkannter - und effektiver - Fürsprecher der palästinensischen Bevölkerung mit dialogbereiter Agenda zu halten. Aber das WÄRE immer noch machbar gewesen, wenn die sich nicht so sehr aufs Intifada-Ausrufen und im Übrigen Machterhalten und Geldabzweigen verlegt hätte, oder?

            Davon abgesehen zeigt die Situation in Gaza nur zu plastisch, dass es bei Weitem nicht reicht, einen Schuldigen benennen und mit gerechtem Zorn überziehen zu können - wenn man LÖSUNGEN sucht...

  • 30.000 Tote Zivilisten bedeutet automatisch ein Völkermord? Dann wäre der 2. WK ein Völkermord an Deutschland. Es gibt aber niemand Seriöses auf diese Idee. Auch bleibt der "Experte" die Antwort schuldig, wie der Iran die Zerstörung der Hamas verhindern will, wenn 2 amerikanische Flugzeugträger in der Nähe sind.

    Israel wird sicherlich nicht jeden einzelnen Hamas Kämpfer erwischen, aber ohne Infrastruktur (Tunnel und Raketendepots) wird es für die Hamas schwierig in absehbarer Zeit ein neues Massaker zu veranstalten.

    Mit seiner Beobachtung, die Hamas sei tief in der zivilen Gesellschaft verankert und mit ihr verwoben, liefert der "Experte" auch gleich die Begründung, warum es für Israel unmöglich ist, zivile Kollateralschäden gänzlich zu vermeiden. Schaut man sich das Verhältnis von abgeworfenen Bomben zu gestorbenen Zivilisten an, wird einem schnell klar, dass Israel versucht zivile Kollateralschäden zu minimieren.

  • Es ist schon erstaunlich, dass der Experte für die Palästinenser keinen Ausweg und keine Rettung sieht durch Glaubensbrüder. Weshalb dürfen Palästinenser nicht nach Ägypten oder in andere Ländern flüchten? Europa hat doch auch Millionen von Flüchtlingen aus dem nahen Osten aufgenommen? Warum dürfen Palästinenser aus arabischer Sicht nur gegen Israel kämpfen?

  • "Solange die Besatzung besteht, hält das Trauma an. Solange es die Besatzung gibt, wird es militärischen Widerstand geben. Die Hamas wird in Zeiten des Friedens schwächer."

    Gaza ist aber nicht besetzt! Israel ist bereits 2005 einseitig und in Hoffnung auf Frieden abgezogen.

    Also hört bitte auf immer wieder die selbe Mär zu verbreiten!

    Es gibt ein hartes Grenzregime gegenüber Gaza, allerdings auch von Seiten Ägyptens.

    • @Dunkelrot:

      Israel kontrollierte nach 2005 weiterhin den Luftraum über dem Gazastreifen, das Meer vor dem Gazastreifen und die Bevölkerungsregister. Gemeinsam mit Ägypten bestimmte Israel, wer den Gazastreifen betreten oder verlassen durfte und welche Waren ein- oder ausgeführt werden durften.

  • Hitler-Deutschland konnte besiegt werden. Dazu gehörte auch das flächenmäßige Bombardieren von Städten. Möglicherweise hat der Interview-Partner aber doch Recht. Auf den erhältlichen Videos ist im Haß auf Israel und Juden kein großer Unterschied zwischen HAMAS-Kämpfern und der „Zivil“-Bevölkerung zu erkennen. Wenn also nur die als HAMAS-Kämpfer identifizierbaren Terroristen bekämpft werden, bleibt die Gefahr für Israel bestehen.

  • Wenigstens ein wohl ehrliches Interview.

  • „Sich mit dem Aggressor zu identifizieren hat eine Schutzfunktion für Opfer. Wenn er recht hat und ich nicht, dann bleibt er richtig und mächtig, väterlich und gut. Seine Verachtung und Gewalt ergeben „einen Sinn“.“



    schrieb Ahmad Mansour am 16.11.2023 in Ihrer Zeitung:



    taz.de/Extremismus...der-Haft/!5725150/



    Auch wenn es verständnisvoll daher kommt ist es grausam:



    Soziale Gründe für die Massaker der Hutu-Milizen in Rwanda 1994 und zu weiteren Zeitpunkten zu verstehen, wirkt in dieser Erzählung so, wie die Interpretation des Völkermordes an den Tutsi in Rwanda als Klassenkampf. Es ist eben leider so.

  • Ich vermisse irgendeinen Satz zum 07.Oktober. Wie soll Israel wieder Vertrauen zu den Palästinensern aufbauen?

  • Israel ist im Recht, so lange die Nachbarländer nur die Zerstörung von Israel als Ziel propagieren.



    Doch die Hamas auszuschalten wird nicht gelingen. Denn tausende Kinder und Jugendliche im Gazastreifen sehen und erleben das Leid des Krieges und ihre Eltern sagen ihnen "schau das sind die Juden die uns töten". Das wird sich in die Köpfe der Kinder einbrennen und daraus entsteht ein Hass, der das ganze Leben lang Bestand haben wird. Die Kinder des Gazastreifens von heute sind der Nachwuchs der Hamas von morgen.



    Sehr traurig, aber so ist es leider.

    • @Rudi Hamm:

      "Israel ist im Recht, so lange die Nachbarländer nur die Zerstörung von Israel als Ziel propagieren."



      Welches Nachbarland tut das denn heute oder in den letzten 30 Jahren?

      • @Deutschfranzose:

        Israel hat 4 Nachbarländer. Aus dem Libanon wird Israel regelmäßig von der Hizbollah angegriffen. In Syrien stehen iranische Milizen direkt an der israelischen Grenze und beschießen Israel mit Raketen. Jordanien hat gerade das eigene Militär an der israelischn Grenze verstärkt und in Alarmbereitschaft versetzt. In Ägypten hat nur ein Militärputsch bei der letzten Wahl die Herrschaft der Muslimbrüder und damit von eliminatorsichen Antisemiten verhindert. Alle 4 Länder haben gleich mehrere Kriege mit Israel vom Zaun gebrochen und würden bei der nächsten Gelegenheit angeifen wenn Israel Schwäche zeigt. Die arabischen Nachbarn können sich ja schon demographisch alle 30 Jahre eine Niederlage leisten. Israel dagegen ist in einer deutlich schwächeren Position was das angeht.

    • @Rudi Hamm:

      Hat man das nicht einst auch Millionen deutscher Kinder erzählt?

      • @Nafets Rehcsif:

        Nur dass Deutschland nicht angegriffen wurde sondern selbst der Aggressor und Leidbringer war, während Israel von der Hamasmit übelstem Terror angegriffen wurde.

    • @Rudi Hamm:

      Was für ein "Recht" meinen Sie da genau?

      Und ja, das Unrecht von heute wird den Frieden in der Zukunft schwerer machen.

    • @Rudi Hamm:

      Zwischen Recht haben und Recht bekommen ist oft ein weiter Weg. Hier auch.

  • Ich halte es für ziemlich überheblich zu behaupten, aus dem Irakkrieg und Afghanistan hätte niemand etwas gelernt.

    Noch dazu lassen sich diese Kriege und das, was im Moment im Gazastreifen passiert überhaupt nicht vergleichen. Die USA sind kein Nachbarstaat zum IRAK oder Afghanistan.

    Und das Völkermordgerede macht es leider nicht besser.

    Ansonsten stehen da viele Allgemeinplätze und Binsenweisheiten. Das Kernproblem aber wird nicht thematisiert. Dass die Vernichtung Israels auf den Agenden der umliegenden Terrorislamofaschisten steht und von diesen auch nicht aufgegeben wird.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Ich fürchte, Sie haben den Grundgedanken des Artikels gar nicht verstanden.

    • @Gnutellabrot Merz:

      'Noch dazu lassen sich diese Kriege und das, was im Moment im Gazastreifen passiert überhaupt nicht vergleichen. Die USA sind kein Nachbarstaat zum IRAK oder Afghanistan.'



      Das mit der Nähe ist zunächst einmal richtig, aber das macht es ja nicht besser, eher das Gegnteil. Denn wenn es den USA schon nicht aus der Ferne, also in einer weniger bedrohlichen Lage gelingt, mit dem Militär eine Terrororganisation zu besiegen, dann wird es für Israel, daß unter der Furcht vor einem Angriff steht umso schwieriger hier rational zu agieren.



      Die Gemeinsamkeit all dieser Fälle ist die asymetrische Kriegsführung zwischen staatlich geführtem Militär und nichtstaatlicher Terrororganisation. Mir ist kein Fall bekannt, wo das zu dauerhaftem Frieden geführt hat, ohne politische Intervention.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Was ist denn Ihr Vorschlag zum weiteren Vorgehen?

    • @Gnutellabrot Merz:

      Dieser Allgemeinplatz ist für den Krieg und den Völkermord ausserordentlich nützlich,

    • @Gnutellabrot Merz:

      An der These bzgl Afghanistan und Irak steckt leider eine Menge Wahrheit. Merken Sie nicht, dass in vielen westlichen Ländern nachwievor die Meinung vorherrscht, dass man Konflikte und Kriege mit Waffen beendet werden können!?



      Unsere Welt ist ja nicht per se gewalttätiger geworden aber ulder Umgang damit hat sind innerhalb der letzten Jahre stark verändert. Es gibt ein großes Bedürfnis nach "einfachen" Lösungen und das sind natürlich Waffen!

    • @Gnutellabrot Merz:

      Dass der Interviewte das Thema der Vernichtungsabsicht der Hamas gegenüber Israel ignoriert, macht die Sache doch nur noch deprimierender, vorausgesetzt man teilt ansonsten seine Auffassung, die Hamas ließe sich mit militärischen Mitteln nicht besiegen.



      Glauben Sie denn, dass ein militärischer Sieg Israels möglich ist, dergestalt, dass mit dem Ende der Hamas der Weg zu einer Verhandlungslösung beschritten werden kann? Ich persönlich kann mir das nicht vorstellen, nicht mit der gegenwärtigen israelischen Strategie. Die Hamas ist außerdem so fest in die sozialen Strukturen in Gaza eingewoben - das wird von Alijla ja durchaus zutreffend analysiert -, dass sie aus der palästinensischen Bevölkerung regelrecht “herausamputiert” werden müsste. Die Konsequenzen, die ein solches Vorgehen auch für Israel bedeuten würde, möchte ich mir lieber nicht ausmalen.



      Glücklicherweise gibt es zwei Hoffnungsstreifen am Horizont, die von Israel selbst ausgehen: 1. der Verweis auf die Strategieänderung der israelischen Armee mit der Andeutung der Abkehr von der bisherigen “totalen” Kriegsführung. 2. der von Verteidigungsminister Gallant vorgelegte Plan, nach der Israel nicht dauerhaft die Verwaltung Gazas übernehmen wird und auch nicht die Ansiedlung jüdischer Siedler dort erwägt. Letztere Ankündigung bremst die Falken in der israelischen Regierung (Ben-Gvir, Smotrich) hoffentlich effektiv aus.



      Es ist jedoch bezeichnend, dass diese Erklärung nicht vom Ministerpräsidenten selbst kam, sondern von dessen “Parteifreund” Gallant. Dieser soll sich ja schon mehrfach mäßigend und konstruktiv geäußert haben. Deutet sich da eine Abkehr des Likud von Netanyahus Kurs an, bringt sich Gallant möglicherweise selbst als dessen Nachfolgekandidat ins Spiel? Er hatte Netanyahu ja schon im letzten Jahr herausgefordert, blieb damals aber unterlegen.



      www.zeit.de/politi...nister-joav-galant

      • @Abdurchdiemitte:

        Die Deutschen haben am Ende auch verhandelt, nachdem die Alliierten Deutschland in Schutt und Asche gebombt hatten. Und immerhin hat es über 60 Jahre gedauert, bis langsam wieder Faschisten politisches Gewicht bekommen haben bzw. bekommen.

        • @Gnutellabrot Merz:

          "Die Deutschen haben am Ende auch verhandelt..."

          Nein. Sie haben bedingungslos kapituliert, als Deutschland fast vollständig besetzt war. Oder gibt es in D Schulen, in denen etwas anderes gelehrt wird?

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Vor allem: Den Gazastreifen und die Westbank hat Israel vor über 50 Jahren besetzt. Wenn diese sich danach nicht so wie Deutschland unter alliierter Besatzung entwickelt haben, liegt das vielleicht nicht nur an den Palästinenser, sondern auch daran, dass die Israelis als Besatzungsmacht sich nicht wie die amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsmächte in Deutschland verhalten haben, sondern eher wie z.B die britische Kolonialmacht in Kenia. Dass es 1987 zu einem Aufstand kam, hängt durchaus damit zusammen.

            • @Francesco:

              Damit die Allierten sich so verhalten, war es aber unabdingbar, dass das besiegte Deutschland bedingungslos kapituliert. Wären die Amerikaner, Briten und Franzosen stattdessen widerholt von deutschen Attantätern angegriffen und getötet worden, glaube ich nicht, dass die Zusammenarbeit sich so positiv gestaltet hätte.

            • @Francesco:

              Ja natürlich. Schräge Vergleiche mit D bringen den nahen Osten absolut nicht weiter.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Die schrägen Vergleiche mit Deutschland stammen nicht von mir.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Ja, die Deutschen haben bedingungslos kapituliert. Aber danach haben sich die zahllosen Altnazis größtenteils an die neuen Verhältnisse angepasst, wenn auch widerwillig, und Deutschland war zumindest bis zur Wiedervereinigung ein relativ friedliches Land und ist heute noch ein demokratisches. Und wenn das in Deutschland ging, kann es auch im Nahen Osten gelingen, ein Land mit einer praktisch durchgehend antisemitisch und islamofaschistisch geprägten Bevölkerung durch Maßnahmen, wie sie die Siegermächte des 2. Weltkriegs getroffen haben, umzugestalten und die Bevölkerung mehrheitlich von Demokratie und Menschenrechten zu überzeugen. Araber sind ebenso wenig von Natur aus Islamisten und Judenhasser, wie es die Deutschen sind. Aber solange westliche Länder Geld direkt an die terrorfördernde Palästinensische Autonomiebehörde und mittelbar (über die UNRWA, angebliche "Hilfs-" bzw. "Menschenrechtsorganisationen" sowie Geschäfte mit dem Iran) an die Hamas zahlt, wird sich nichts ändern. Wer Staaten und Organisationen pampert, die darauf hinarbeiten, dass der Staat Israel verschwindet, fördert den Konflikt, den er zu lösen vorgibt. Eine "2-Staaten-Lösung" (wenn man sich Jordanien wegdenkt; eigentlich ist es eine 3-Staaten-Lösung) kann es nur mit palästinensischen Kräften geben, die Israel anerkennen und von dem "Rückkehrrecht" für Personen, die nie in Israel gelebt haben, Abstand nehmen.

            • @Budzylein:

              Man nehme eine völlig andere Situation und fange an zu schreiben...

              Natürlich muss es für den nahen Osten eine Lösung geben, die dauerhaften Frieden bringt.

              Hinkende Vergleiche mit D helfen bei der Suche aber sehr, sehr wenig.