Aktionwoche von „Ende Gelände“ in Hamburg: Sabotage ist erlaubt
Klimaaktivist*innen fordern den sofortigen Erdgasausstieg. Im Visier der Hamburger Aktionswoche: Hafen und LNG-Terminals.
Die Klimagerechtigsbewegung hat ein neues Ziel: Nach dem beschlossenen Atom- und Kohleausstieg, soll nun der Gasausstieg forciert werden. Im Fokus der Aktivist*innen steht das zweite Jahr in Folge „LNG“, also Flüssiggas. Um es in das bestehende Versorgungssystem einzuspeisen, sollen an verschiedenen Orten in Norddeutschland bis zu zwölf LNG-Terminals gebaut werden. Die Bundesregierung erhofft sich durch LNG einen Ausweg aus befürchteten Gasversorgungsengpässen aufgrund der Ukrainekrise.
Charly Dietz, Sprecherin des Bündnisses Ende Gelände, sagt, der Neubau fossiler Infrastruktur sei ein Verbrechen, denn Gas sei noch viel klimaschädlicher als Kohle. „Statt aus Gas auszusteigen, werden Millionen in Gasinfrastruktur investiert und ein Import bis 2043 vorgeschrieben“, kritisiert Dietz. Deswegen planen die Aktivist*innen LNG-Infrastruktur zu blockieren. Zum ersten Mal sollen die Anlagen auch über die Präsenz der Aktivist*innen hinaus außer Betrieb genommen werden, heißt es im Aktionskonsens von Ende Gelände. Das bedeutet, es könnte zu Sachbeschädigungen kommen.
Neu ist in diesem Jahr auch, dass der Hamburger Hafen in den Fokus der Klimaaktivist*innen gerückt ist. Die Sprecherin des kommunistischen „ums Ganze!“-Bündnis, Liv Roth kündigte an, die Aktivist*innen planten, mit ihren Körpern Straßen und Versorgungswege des Hafens zu blockieren. Der Hafen stehe für ein System, in dem die Wirtschaft über die Lebensgrundlage der Menschen gestellt werde.
Umweltkämpfe in Südamerika
„Die ungebremste Ausbeutung von Natur und Menschen gewährleistet die Logistik, die Ader des Kapitalismus“, so Roth. Dafür stehe der Hamburger Hafen. Das Bündnis „ums Ganze!“ beteilige sich an den Aktionen, um den unauflösbaren Zusammenhang von Klimakrise und Kapitalismus „anzugreifen“. Der Kapitalismus sei bei endlichen Ressourcen auf unendliches Wachstum angewiesen.
Insbesondere Perspektiven aus dem globalen Süden wollen die Aktivist*innen noch stärker in ihre Aktionen einbeziehen. „Wir möchten die Umweltkämpfe in Südamerika hier in Deutschland sichtbar machen“, sagte Init Amaguaña von der Gruppe Abya Yala Anticolonial bei der Pressekonferenz im „System Change Camp“ am Donnerstagvormittag. Abya Yala ist die Bezeichnung der indigenen Gruppe der Kuna für den amerikanischen Kontinent vor der Kolonialisierung. „Die Wirtschaft in Abya Yala basiert auf der Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die in den globalen Norden exportiert werden“, sagt Amaguaña.
Ein Beispiel für ein fossiles Unternehmen aus Europa, das in Südamerika Ressourcen ausbeute, nennt Esteban Servat, ein Anti-Fracking-Aktivist aus Argentinien. Er berichtet von der Beteiligung des deutschen Gas- und Ölförderunternehmens Wintershall DEA an Fracking-Aktivitäten an der argentinischen Ölschiefer-Lagerstätte Vaca Muerta. Seitdem das Fracking angefangen hat, sei der Anteil der Leukämieerkrankten im Umkreis dreimal so hoch wie der nationale Durchschnitt, schildert Servat.
Das System Change Camp am nördlichen Ende des Altonaer Volksparks läuft seit Dienstag und soll bis Anfang nächster Woche dauern. Eigentlich war es in der Innenstadt geplant. Die Versammlungsbehörde versuchte Schlafen und Essen zu verbieten. Das Hamburger Verwaltungsgericht kippte dies und das Camp wurde in den kleineren Altonaer Volkspark verlegt.
Um die 40 Gruppen aus dem gesamten Spektrum der Klimabewegung sind an der Organisation beteiligt. In verschiedenen Zelten gibt es Vorträge und Workshops. Bis zu 6.000 Teilnehmer*innen erwarten die Organisator*innen. An einer Auftaktdemonstration am Mittwochabend durch die Hamburger Innenstadt beteiligten sich etwa 2.000 Personen. Wann die angekündigten Massenaktionen stattfinden sollen, wollten die Pressesprecher*innen noch nicht verraten.
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