+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Kaum neues Gas mehr eingespeichert
Die Einspeicherung von Gas in Deutschland ist fast zum Erliegen gekommen. Die Politik schaut nach Alternativen, um einem Gasmangel im Winter vorzubeugen.
Gazprom stellt Betrieb von Pipeline in Frage
Der russische Gaskonzern Gazprom hat den Weiterbetrieb der Nord Stream-Pipeline vor dem Hintergrund der Reparatur einer dafür notwendigen Turbine in Kanada in Frage gestellt. Gazprom habe bislang keine schriftliche Bestätigung, dass die reparierte Turbine aus Kanada dem für die Installation verantwortlichen Unternehmen Siemens tatsächlich geliefert werde, erklärte der russische Gaskonzern am Mittwoch. „Unter diesen Umständen“ könne Gazprom den künftigen Betrieb der Leitung nicht garantieren.
Die Einspeicherung von Gas in Deutschland ist nach dem Stopp der russischen Lieferungen fast zum Erliegen gekommen. Aktuell werde zwar netto noch weiter Gas eingespeichert, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Aber das bewegt sich auf ganz niedrigem Niveau.“ Wie aus der Webseite von Europas Gasinfrastruktur-Betreiber (GIE) hervorgeht, stieg der Füllstand der deutschen Gasspeicher zuletzt nur noch um 0,09 Prozent am Tag.
Um eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden ist Deutschland aktuell bemüht, seine Gasspeicher so schnell wie möglich zu füllen. Laut Gesetz sollen die Gasspeicher bis zum 1. Oktober zu 80 Prozent und bis zum 1. November zu 90 Prozent gefüllt sein. Aktuell ist Deutschland von diesem Ziel allerdings noch weit entfernt. Die Gasspeicher sind gerade einmal zu 64,6 Prozent gefüllt, wie Bundesnetzagentur berichtete. Sie korrigierte damit frühere Angaben, nach denen der Füllstand schon bei 64,9 Prozent lag.
Russlands Energieriese Gazprom pumpt nach der vorübergehenden Abschaltung von Nord Stream 1 sein Gas aber trotz des Krieges weiter über die Ukraine nach Europa. Die für Mittwoch vereinbarte Liefermenge liegt allerdings nur bei 41,3 Millionen Kubikmeter und damit nicht einmal bei der Hälfte des möglichen Umfangs. Das geht aus Mitteilungen des ukrainischen Gasnetzbetreibers und von Gazprom hervor. Der Umfang entsprach dem der vergangenen Tage, obwohl durch die Abschaltung von Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten bis 21. Juli eigentlich größere Mengen durchgeleitet werden könnten.
Um Gas zu sparen und damit mehr Einspeicherung zu ermöglichen, dürften in Deutschland schon bald vermehrt Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung zum Einsatz kommen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine entsprechende Verordnung. „Wir wollen jetzt im Sommer Gas einsparen, um unsere Speicher für den Winter zu füllen“, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Kraftwerke, die mit Kohle und Öl betrieben werden und sich aktuell in der Netzreserve befinden, können demnach bis zum Ende des Winters befristet an den Strommarkt zurückkehren. Die Verordnung soll schon am Donnerstag in Kraft treten. (dpa/afp)
Klimastiftung M-V muss Auskunft geben
Dem Portal für Informationsfreiheit Frag den Staat zufolge muss die Stiftung Klima- und Umweltschutz M-V der Presse gegenüber Auskünfte erteilen. Zu dieser Entscheidung ist das Oberlandesgericht in Rostock (OLG) gekommen, sie ist nun rechtskräftig. Den Eilantrag hatte Frag den Staat selbst eingereicht. Zweck dieses Antrags war es, Transparenz innerhalb der Arbeit der Stiftung zu erzeugen.
Derzeit legt die Stiftung ihre Arbeit nicht offen vor, doch das OLG bestätigte, dass die Klimastiftung nicht das Presserecht umgehen kann. Da sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt und mit öffentlichen Geldern finanziert wird, steht sie in der Pflicht, Pressevertreter:innen Auskunft zu geben.
Die Klimastiftung steht in der Kritik, weil sie seit ihrer Gründung im Januar 2021 die Landesregierung nutzt, um Sanktionen der USA zu umgehen und den Bau der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 voranzutreiben. Dies wird nun schwieriger werden, da sie sich nicht mehr ins Privatrecht flüchten kann. (bet)
Schwerverletzte in Behandlung in Berlin und Brandenburg
Mehrere Kriegsverletzte aus der Ukraine sind zur Behandlung in Notfallkrankenhäuser in Berlin und Brandenburg gebracht worden. Die 17 Schwerverletzten und ihre Begleitpersonen seien am Mittwoch auf dem Flughafen Berlin-Brandenburg bei Schönefeld angekommen, teilte das brandenburgische Sozialministerium in Potsdam mit. Zuvor seien sie nach Polen transportiert und dann nach Deutschland geflogen worden.
Ende Mai seien erstmals Kriegsverletzte aus der Ukraine zur Behandlung nach Berlin und Brandenburg verlegt worden, hieß es. Weitere Informationen zu den Patienten würden nicht erteilt. (epd)
Separatistenführer: Ausländern droht Erschießung
Drei von prorussischen Separatisten in der Ostukraine zum Tode verurteilte Ausländer haben den Behörden zufolge Berufung gegen die umstrittenen Gerichtsverfahren eingelegt. Das sagte Separatistenführer Denis Puschilin am Mittwoch im russischen Staatsfernsehen.
Sollte das Gericht der international nicht anerkannten „Volksrepublik Donezk“ die Strafe für rechtmäßig halten, dann soll das Urteil vollstreckt werden. Die zwei Briten und der Marokkaner würden dann Puschilin zufolge unter Ausschluss der Öffentlichkeit erschossen. Zuvor hatte bereits die Anwältin von einem der Männer über die Berufung ihres Mandanten berichtet.
Die Separatisten in der Region Donezk haben kürzlich ein Moratorium auf die Todesstrafe aufgehoben. Puschilin unterschrieb dazu einen Erlass am Dienstag.
Die Männer waren Mitte April in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol von prorussischen Kämpfern gefangen genommen und Anfang Juni als ausländische Söldner zum Tode verurteilt worden. Die beiden Briten hatten Medien zufolge schon vor dem Krieg in der Ukraine gelebt und auch dort geheiratet. Großbritannien, die Ukraine und die Vereinten Nationen kritisierten das Todesurteil scharf und sprachen von Kriegsgefangenen, die Anspruch auf Schutz hätten.
Separatistenchef Puschilin sprach zudem von Prozessvorbereitungen gegen mehr als hundert ukrainische Kämpfer, die bis Ende Mai das mittlerweile von Russland eroberte Mariupol verteidigt hatten. Die Männer des Asow-Regiments säßen bereits in Untersuchungshaft. Medien zufolge sind auch weitere Ausländer in der Gewalt der Separatisten. (dpa)
Biden zu Auftakt von Nahostreise in Israel eingetroffen
US-Präsident Joe Biden ist zum Auftakt seines Besuchs im Nahen Osten in Israel eingetroffen. Er wurde am Mittwoch am Ben-Gurion-Flughafen von Tel Aviv von Israels neuem Regierungschef Jair Lapid empfangen. Es handelt sich um Bidens erste Nahostreise seit seinem Amtsantritt im Januar 2021. Der US-Präsident will in den nächsten Tagen auch das Westjordanland und Saudi-Arabien besuchen.
Lapid wollte mit Biden insbesondere über den Umgang mit Israels Erzfeind Iran sprechen. Kurz nach Bidens Landung sollte ihm das israelische Militär sein neues Iron-Beam-System vorführen, einen Laser zur Drohnenabwehr, der israelischen Angaben zufolge entscheidend für die Bekämpfung der iranischen Flotte unbemannter Flugzeuge ist. Zur Absicherung von Bidens Besuch waren 16.000 Polizisten im Einsatz. Zahlreiche Straßen waren gesperrt In Jerusalem wurden 1000 Flaggen gehisst, um den US-Präsidenten willkommen zu heißen.
Für Donnerstag ist ein kurzes Treffen zwischen Biden und den ehemaligen Regierungschef Benjamin Netanjahu geplant. Biden will in Israel auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchen. Es ist der erste Besuch eines US-Präsidenten in Israel seit 2017. Bidens Vorgänger Donald Trump hatte damals seinen Entschluss verkündet, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, und in der Folge die US-Botschaft dorthin verlegt. Im Westjordanland will Biden anders als sein Vorgänger Trump mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Gespräche führen. Das Treffen ist für Freitag in Bethlehem geplant.
Als besonders brisant gilt Bidens Besuch am Freitag in Saudi-Arabien. Noch als Präsidentschaftskandidat hatte Biden gesagt, die Ermordung des saudiarabischen Journalisten und Regierungskritikers Jamal Khashoggi 2018 habe das Land zu einem „Paria“ gemacht. Nach US-Geheimdiensterkenntnissen soll Saudi-Arabiens mächtiger Kronprinz Mohammed bin Salman den Mord angeordnet haben.
Am Samstag will Biden den Kronprinzen in Dschiddah treffen. Ein Thema seiner Gespräche in Saudi-Arabien werden die hohen Ölpreise infolge des Ukraine-Krieges sein. Der US-Präsident will Saudi-Arabien dazu bringen, mehr Öl zu exportieren, um den Ölpreis zu drosseln und die Inflation in den USA zu dämpfen. (afp)
Russischem Oppositionellen drohen zehn Jahre Haft
Die russischen Behörden haben strafrechtliche Ermittlungen gegen den bekannten Oppositionellen Ilja Jaschin eingeleitet. Gegen Jaschin werde wegen der „Verbreitung falscher Informationen über das russische Militär“ ermittelt, erklärte sein Anwalt Wadim Prochorow im Onlinedienst Facebook. Wie das zuständige Moskauer Gericht am Mittwoch mitteilte, forderte das russische Ermittlungskomitee eine zweimonatige Untersuchungshaft für Jaschin, bei einer Verurteilung drohen ihm zehn Jahre Gefängnis.
Jaschins Anwalt Prochorow sagte nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen, die Ermittlungen seien eingeleitet worden, weil Jaschin im April auf der Videoplattform Youtube von „der Ermordung von Zivilisten in Butscha“ als einem „Massaker“ gesprochen habe. Russischen Einheiten werden Kriegsverbrechen vorgeworfen, nachdem in dem Vorort der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach dem Rückzug russischer Soldaten die Leichen von Zivilisten entdeckt worden waren.
Prochorow schrieb nun ferner auf Facebook, die Ermittler hätten ihn angerufen und über eine bei Jaschin geplante Hausdurchsuchung informiert. „Ich werde mich dorthin begeben.“ Ein anderer Anwalt Jaschins bestätigte später, dass die Hausdurchsuchung stattgefunden habe.
Nach Angaben des Moskauer Gerichts forderte das für schwere Straftaten zuständige russische Ermittlungskomitee, Jaschin vorsorglich bis zum 12. September zu inhaftieren. In der Regel wird eine Untersuchungshaft in Russland stetig bis zum Prozessbeginn verlängert. Bei einer Verurteilung wegen „Verbreitung falscher Informationen“ über die russische Armee drohen Jaschin bis zu zehn Jahre Haft.
Der 39-Jährige war bereits am 28. Juni wegen „Ungehorsams gegenüber der Polizei“ zu 15 Tagen Haft verurteilt worden und befand sich am Dienstag noch immer im Gefängnis. Bevor die neuen Anschuldigungen bekannt wurden, hatte Jaschin in Online-Diensten berichtet, dass er am Mittwoch entlassen werden solle. „Vielleicht lassen sie mich raus, vielleicht auch nicht“, schrieb er.
Seit Beginn der Militäroffensive in der Ukraine am 24. Februar haben die russischen Behörden ihr Vorgehen gegen Regierungskritiker verstärkt. Viele von ihnen wurden ins Exil getrieben oder inhaftiert. Das Gesetz zur „Verbreitung falscher Informationen“ über die Armee stellt Kritik an Russlands Offensive in der Ukraine unter Strafe und war nach Beginn des Einsatzes verabschiedet worden.
Jaschin, ein bekannter Gegner von Präsident Wladimir Putin, hatte sich entschieden zu bleiben. Er verurteilt die russische Militäroffensive öffentlich. „Die wahren Gründe für meine Verhaftung sind natürlich politischer Natur“, hatte Jaschin bei seiner Festnahme im Juni erklärt. „Ich bin Oppositioneller, unabhängiger Kommunalabgeordneter, ein Kritiker von Präsident Putin und ein Gegner des Krieges in der Ukraine.“
Jaschin war in Russland vor allem während der Protestbewegung gegen den Kreml in den Jahren 2011 bis 2012 bekannt geworden. Er steht dem Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nahe, der derzeit eine neunjährige Haftstrafe in einem Straflager verbüßt. (afp)
Bauern bekommen wegen Ukraine-Kriegs Anpassungshilfe
Landwirte, die nachhaltig Gemüse, Obst, Wein oder Hopfen anbauen, Hühner, Puten, Enten, Gänse oder Schweine mästen oder Ferkel züchten, erhalten bis Ende September eine eine sogenannte Anpassungshilfe wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs. Das Kabinett beschloss die Zahlung am Mittwoch, wie Minister Cem Özdemir (Grüne) mitteilte. Ein weiteres Kleinbeihilfeprogramm sei in Vorbereitung. Insgesamt belaufen sich die Mittel demnach auf 180 Millionen Euro.
Die Anpassungsbeihilfe werde direkt auf den berechtigten Höfen ankommen, ein Antrag sei nicht erforderlich, erklärte Özdemir. Bekommen sollen die maximal 15.000 Euro Höfe, die 2021 eine sogenannte Greening-Prämie für bestimmte nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden erhielten. Die Beihilfe richtet sich den Angaben zufolge nach der Flächen- und Tierzahl.
Die geplante Kleinbeihilfe soll es für Betriebe geben, die für die Anpassungshilfe nicht in Betracht kommen – das Ministerium nannte Obst- und Gemüsebau mit geschützter Produktion, Tierhaltungsbetriebe ohne eigene Flächen, Kleinerzeuger und Betriebe bis zehn Hektar Ackerfläche; dazu neu gegründete Betriebe. Auch hier sind die Hilfen auf 15.000 Euro pro Betrieb begrenzt. Anträge sollen Betroffene voraussichtlich ab Oktober stellen können. (afp)
Mindestens fünf tote Zivilisten bei russischen Angriffen
Bei russischem Artilleriebeschuss sind nach Angaben des ukrainischen Präsidialbüros vom Mittwoch innerhalb von 24 Stunden mindestens fünf Zivilisten getötet worden. Weitere 18 seien verletzt worden. Die meisten Todesfälle gab es demnach in der Provinz Donezk im Donbass, dem industriellen Kernland im Osten des Landes.
In Donezk und der benachbarten Provinz Luhansk, die gemeinsam den Donbass bilden, haben prorussische Separatisten Volksrepubliken ausgerufen. Russland versucht, den gesamten Donbass zu erobern. Die Separatistengebiete hat es vor der Invasion vom 24. Februar als unabhängig anerkannt.
Besonders schwer unter Beschuss geriet die Stadt Bachmut, wie der Donezker Verwaltungschef Pawlo Kyrylenko erklärte. In der fast vollständig von Separatisten und russischen Streitkräften eroberten benachbarten Provinz Luhansk kämpften ukrainische Soldaten nach Angaben von Gouverneur Serhij Hajdaj darum, die Kontrolle über zwei abgelegene Dörfer zu behalten. Die Russen „verwandeln den Donbass absichtlich in Asche“, sagte Hajdaj. Es werde in den von Russland eingenommenen Gebieten keine Menschen mehr geben.
Russisches Artilleriefeuer traf auch den Nordosten des Landes. Der Gouverneur der Region Charkiw, Oleh Synjehubow, warf dem russischen Militär vor, in der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw Zivilisten zu terrorisieren. Vor dem Hintergrund der russischen Konzentration auf den Osten der Ukraine mühte sich das ukrainische Militär darum, eingenommene Städte im Süden zurückzuerobern. (ap)
Heizen könnte um 50 Prozent teurer werden
Die Heizkosten für Berliner Mieter werden aus Sicht der Wohnungswirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um mehr als die Hälfte steigen. „Das ist ein enormer Preissprung, den auch die steuerpflichtige Einmalzahlung des Bundes in Höhe von 300 Euro nicht auffängt“, teilte Maren Kern, Vorstandsmitglied des Verbands Berlin-Brandeburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) am Mittwoch mit. Für einen Durchschnittshaushalt in einer 60-Quadratmeter-Wohnung bedeute dies zusätzliche Kosten von mindestens 360 Euro in diesem Jahr.
Eine Umfrage des Verbands unter den rund 340 Mitgliedsunternehmen im Juni habe außerdem gezeigt, dass bei fast 85 Prozent von diesen die Energiepreise seit Anfang des Jahres erhöht wurden – bei knapp 70 Prozent um 25 bis 50 Prozent oder sogar um mehr als die Hälfte. „Die Heizkosten werden auch weiter deutlich steigen“, sagte Kern mit Blick auf das kommende Jahr.
Haupttreiber sind die stark gestiegenen Gaspreise in Folge des Kriegs in der Ukraine. Die Gaskrise hat sich mit den Unsicherheiten rund um Lieferungen aus Russland zuletzt weiter verschärft. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte jüngst an, dass im Falle einer Gasmangellage auch Verbraucher einen Beitrag zum Energiesparen leisten müssten. Seither gibt es eine Diskussion über niedrigere Heiztemperaturen in Mietwohnungen.
Die Temperatur in der Nacht zu senken, wie es der Immobilienkonzern Vonovia plant, sei in Berlin laut Umfrage von der Mehrheit der Unternehmen allerdings nicht vorgesehen, betonte BBU-Chefin Kern. Für solche Maßnahmen fehle eine einheitlich gesetzliche Regelung. Bislang gebe es lediglich Rechtssprechungen, die eine Temperatur zwischen 20 und 22 Grad tagsüber und zwischen 17 bis 18 in der Nacht vorschrieben. Weichen die Vermieter davon ab, sei das grundsätzlich ein Grund für eine Mietminderung.
Branche und Bewohner kämpfen nicht nur mit gestiegenen Energiepreisen. Auch unterbrochene Lieferketten und fehlende Materialien wie Holz oder Stahl machen den Unternehmen zu schaffen und wirken sich auf den Wohnungsbau in der Hauptstadt aus. Die Zahl der neu begonnenen Baustellen sei schon im Jahr 2021 um knapp ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. (dpa/bb)
Mindestens fünf Tote bei Bombardements nahe Mykolajiw
Bei russischen Angriffen nahe der südukrainischen Großstadt Mykolajiw sind nach ukrainischen Angaben mindestens fünf Menschen getötet worden. Die Region sei mit Mehrfach-Raketenwerfern beschossen worden, teilte der Vizechef der Präsidialverwaltung, Kiril Timoschenko, am Mittwoch im Messenger-Dienst Telegram mit. Dadurch seien ein Krankenhaus und mehrere Wohnhäuser beschädigt worden. Nach vorläufigen Informationen seien fünf Zivilisten im Bezirk Witowsk östlich von Mykolajiw getötet worden.
Timoschenko fügte seiner Mitteilung das Foto eines dreistöckigen Hauses mit völlig zerstörter Fassade bei. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, Ziele in Mykolajiw seien mit „Luft-Boden-Raketen von hoher Präzision“ angegriffen worden. Dabei seien 70 ukrainische Soldaten getötet worden.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs wurden am Mittwoch auch Charkiw im Nordosten des Landes sowie mehrere Viertel der südlich von Charkiw gelegenen Stadt Bachmut bombardiert. „Der Feind setzt seine Angriffe fort, um seine Position zu verbessern und günstige Bedingungen für die Offensive“ in Richtung der Städte Isjum und Slowjansk zu schaffen, erklärte der Generalstab.
Der Gouverneur von Donzek, Pawlo Kyrylenko, teilte mit, in der ostukrainischen Region seien vier Zivilisten getötet worden, davon einer in Bachmut.
Die Zahl der Todesopfer durch den russischen Raketenangriff auf ein Wohngebäude in der Kleinstadt Tschassiw Jar stieg derweil auf 46, wie Rettungskräfte mitteilten. Die russische Armee hatte das vierstöckige Wohngebäude am Sonntag bombardiert, zahlreiche Menschen wurden verschüttet. Der Angriff war Teil einer breiten Offensive der russischen Streitkräfte in der besonders stark umkämpften Region Donezk.
Die russische Militäroffensive konzentriert sich derzeit auf den Osten der Ukraine mit den selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Die Region Luhansk hat die russische Armee nach eigenen Angaben inzwischen vollständig erobert. Seitdem gab es keine größere russische Bodenoffensive mehr.
Experten gehen von einer Einsatzpause vor dem Sturm auf die ostukrainischen Städte Slowjansk und Kramatorsk aus. US-Regierungsvertreter sind der Ansicht, dass die russische Armee Zeit braucht, um ihre Verluste zu verwinden und die Lieferung hunderter Kampfdrohnen durch den Iran unter Dach und Fach zu bringen. (afp)
Getreide-Verhandlungen in Istanbul begonnen
In Istanbul haben die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland über eine mögliche Wiederaufnahme der Getreidelieferungen begonnen. Die Gespräche begannen am frühen Mittwochnachmittag (Ortszeit), wie ein türkischer Beamter der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. An den Beratungen über mögliche Korridore zur Getreideausfuhr über das Schwarze Meer nahmen Militärexperten aus der Ukraine, Russland und der Türkei sowie Vertreter der Vereinten Nationen teil.
Das türkische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass die Gespräche unter strikter Vertraulichkeit stattfänden. Weder die Uhrzeit noch der genaue Ort des Treffens waren im Vorfeld bekanntgegeben worden. Seit dem 29. März ist es das erste Mal, dass russische und ukrainische Delegierte von Angesicht zu Angesicht Gespräche führen.
Die Ukraine ist einer der weltgrößten Exporteure von Weizen und anderem Getreide. In den ukrainischen Häfen, die unter russischer Kontrolle stehen oder von russischen Truppen blockiert werden, stecken allerdings Millionen Tonnen Weizen fest.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 24. Februar hat sich in vielen Ländern die Getreideversorgung verschlechtert. Die Türkei pflegt traditionell gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und bemüht sich um eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. (afp)
Putin wird bei Iran-Besuch nicht über Drohnen sprechen
Russlands Präsident Wladimir Putin wird bei seinem bevorstehenden Iran-Besuch laut Kreml mit seinem Kollegen Ebrahim Raisi nicht über einen möglich Erwerb von Kampfdrohnen sprechen. „Nein“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge auf eine entsprechende Frage von Journalisten. Auf die Nachfrage, wie es grundsätzlich um eine mögliche Lieferung unbemannter Luftfahrzeuge stehe, antwortete Peskow: „Dazu geben wir keinerlei Kommentare ab.“
Am Montag hatten die USA erklärt, ihnen lägen Hinweise vor, dass der Iran Russland bei den Kämpfen gegen die Ukraine unterstützen wolle. Demnach bereite sich die iranische Regierung darauf vor, mehrere Hundert Drohnen bereitzustellen – darunter auch solche, die Waffen transportieren können. Der Iran wies die US-Darstellung zurück. Es gebe zwischen Russland und dem Iran zwar eine Zusammenarbeit auf technologischer Ebene, hieß es aus Teheran. Diese habe aber schon lange vor dem Ukraine-Krieg begonnen.
Am Dienstag dann gab der Kreml bekannt, Putin werde in der kommenden Woche in den Iran reisen und dort neben Raisi auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen. Es ist Putins zweite offiziell bekannte Auslandsreise seit Russlands Einmarsch in die Ukraine Ende Februar. Offiziell soll es bei dem Treffen der drei Staatschefs um eine Verbesserung der Lage im Bürgerkriegsland Syrien gehen. (dpa)
Ukraine strebt Befreiung besetzter Städte im Süden an
Die Ukraine strebt die „vollständige Befreiung“ der von Russland besetzten Städte und Gemeinden nahe der Schwarzmeerküste im Süden des Landes an. Das sagte der ukrainische Außenminister der Nachrichtenagentur AP. Die ukrainischen Streitkräfte haben ihre Versuche, Gebiete im Süden von Russland zurückzuerobern, vor dem Hintergrund der russischen Konzentration auf den Osten des Landes bereits intensiviert.
Mit Blick auf die Wahrscheinlichkeit von Verhandlungen über ein Ende des Krieges, der mit der russischen Invasion am 24. Februar begann, sagte Kuleba, es sei unwahrscheinlich, dass es bald zu Friedensverhandlungen kommen werde. Russland sei weiter in Kriegsstimmung und strebe keine Verhandlungen in gutem Glauben an. „Sie suchen nach einem Weg, uns dazu zu bringen, ihre Ultimaten umzusetzen, was nicht passieren wird“, sagte Kuleba.
Moskau strebe de facto die Annexion von Cherson, Mariupol und anderen Städten an, indem dort russische Lehrpläne an Schulen eingeführt, Geschäfte in Rubel abgewickelt und Ukrainern russische Pässe angeboten würden, sagte Kuleba. „Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen, sobald diese Gebiete befreit sind, ihre russischen Pässe leise in ihren Kaminen verbrennen wird“, sagte er. Bis dahin bestehe die Ukraine auf einen vollständigen Abzug der russischen Truppen als Voraussetzung für die Beendigung des Konflikts.
„Wir kämpfen für unsere Freiheit, für unsere territoriale Integrität, und wir wollen Frieden. Dieser Krieg wurde uns aufgezwungen. Das war nicht unsere Entscheidung“, sagte der Minister der AP.
Er betonte, die Ukraine begrüße die Unterstützung durch die USA und die Europäische Union, die westlichen Waffenlieferungen müssten aber beschleunigt werden. „Solange da nicht genug ist, um zu gewinnen, werden wir um mehr bitten“, sagte Kuleba. Bis man gewinne, seien es nie genug Waffen.
Kuleba erkannte schwere Verluste von Menschenleben unter den ukrainischen Truppen an, während Russland seine Offensive im Donbass vorantreibe. Dennoch gebe es genug Menschen, die bereit seien, sich der Armee anzuschließen, sagte er. „Das einzige Ziel, das wir in diesem Krieg verfolgen, ist unser Überleben. Wenn du um dein Überleben kämpfst, hast du keine Wahl. Du musst kämpfen.“ (ap)
Zahl der Toten in Tschassiw Jar gestiegen
Die Zahl der Toten nach einem Raketenangriff auf ein Wohnhaus in der ukrainischen Stadt Tschassiw Jar ist nach ukrainischen Angaben auf 45 gestiegen. Die Rettungsdienste teilten am Dienstagabend mit, es seien weitere Leichen gefunden worden. Es seien im Tagesverlauf aber auch neun Menschen aus den Trümmern des fünfstöckigen Wohnhauses gerettet worden. Der Raketenangriff hatte das Gebäude in der Stadt in der umkämpften Donbass-Region Donezk am Samstag getroffen. (ap)
Gazprom liefert weiter Gas durch Ukraine
Russlands Energieriese Gazprom pumpt nach der vorübergehenden Abschaltung der Ostseepipeline Nord Stream 1 sein Gas trotz des Krieges weiter über die Ukraine nach Europa. Die für Mittwoch vereinbarte Liefermenge liegt bei 41,3 Millionen Kubikmeter und damit nicht einmal bei der Hälfte des möglichen Umfangs. Das geht aus Mitteilungen des ukrainischen Gasnetzbetreibers und von Gazprom hervor. Der Umfang entsprach dem der vergangenen Tage, obwohl durch die Abschaltung von Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten bis 21. Juli eigentlich größere Mengen durchgeleitet werden könnten.
Laut Vertrag möglich sind tägliche Lieferungen von 109,6 Millionen Kubikmetern durch die Ukraine nach Europa. Gazprom bemängelt der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge, dass die Ukraine die Lieferungen nur noch durch eine Leitung erlaube. Durchgelassen werde das Gas nur noch an der Messstation Sudscha.
Gazproms Pläne für die Durchleitung am Punkt Sochranowka seien abgelehnt worden, sagte Konzernsprecher Sergej Kuprijanow. Die Ukraine hatte angesichts des Krieges erklärt, nicht mehr die Kontrolle über eine wichtige Kompressorstation dort zu haben. Nach Darstellung von Gazprom ist die Funktion der Anlagen aber nicht beeinträchtigt. Es könne auch dort weiter der Transit erfolgen.
Nord Stream 1 wurde am Montag wegen Wartungsarbeiten vorübergehend stillgelegt. Angesichts von Befürchtungen in Deutschland, dass Russland den Gashahn nicht wieder aufdrehen könnte, hatte ein Kremlsprecher in der vergangenen Woche betont, dass die Energiegroßmacht ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen wolle.
Gazprom hatte zuletzt die Durchleitung durch Nord Stream 1 stark gedrosselt. Als Grund wurde eine fehlende Turbine genannt, die zur Reparatur nach Kanada geschickt worden war. Kanada will die Turbine nun Deutschland übergeben. Nach Kremlangaben sollen die Lieferumfänge durch Nord Stream 1 wieder hochgefahren werden, sobald die Turbine wieder eingesetzt wird. Unklar ist, wann das sein wird. Zuletzt waren wegen der fehlenden Turbine rund 40 Prozent der üblichen Gasmenge durchgeleitet worden. (dpa)
Steinmeier dankt US-Truppen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Geschlossenheit mit den USA bei der Unterstützung der Ukraine betont. „Wir sind geeint in unserer Unterstützung für die Ukraine“, sagte Steinmeier laut verbreitetem Redetext vor US-Soldaten im bayerischen Grafenwöhr am Mittwoch. Dies gelte für politische, finanzielle, humanitäre und militärische Unterstützung. „Unsere Geschlossenheit und unsere Entschlossenheit waren nie so wichtig wie im Angesicht der russischen Aggression.“
Deutschland werde alles daran setzen, diese Geschlossenheit zu erhalten, sagte Steinmeier. „So, wie wir uns auf Sie verlassen, ist auch auf uns Verlass!“ Deutschland stehe zu seinen Bündnisverpflichtungen in der Nato und wisse, „dass wir mehr tun müssen“.
Deutschland werde deshalb „mehr investieren, mehr Truppen an der Nato-Ostflanke bereitstellen und die deutsche Bundeswehr umfassend modernisieren“, betonte Steinmeier. „Gemeinsam mit Ihnen und allen unseren Partnern sind wir bereit, jeden Quadratzentimeter des Nato-Territoriums zu verteidigen.“
Steinmeier dankte den US-Soldatinnen und Soldaten im Namen Deutschlands für die jahrzehntelange Unterstützung. Ihr Einsatz sei „von existenzieller Bedeutung für die Sicherheit meines Landes, meiner Landsleute, unseres Kontinents und unseres Bündnisses“, sagte er laut Redetext bei dem gemeinsamen Besuch mit US-Botschafterin Amy Gutmann. „Ihre Großväter und Urgroßväter haben dafür gekämpft, unseren Kontinent vom nationalsozialistischen Terrorregime zu befreien.“ (afp)
Habeck: Bei Gasmangel müssen Verbraucher Beitrag leisten
Im Falle einer Gasmangellage müssen aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums alle Verbraucher Beiträge zum Energiesparen leisten. Dies habe Minister Robert Habeck (Grüne) deutlich gemacht, sagte eine Sprecherin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Eine europäische Verordnung, auf der der deutsche Notfallplan Gas basiert, definiere geschützte Kunden und diese Vorgabe gelte, so die Sprecherin. „Das heißt Kindergärten, Krankenhäuser, private Verbraucher sind geschützte Verbraucher und diese werden auch im Fall einer Gasmangellage weiter versorgt und beliefert und nicht abgeschaltet.“ Klar sei aber auch, „dass im Fall einer Gasmangellage alle Verbraucher einen Beitrag zum Energiesparen leisten müssen.“ Dafür brauche es dann auch Standards zum Energiesparen.
Habeck hatte am Dienstag in Wien deutlich gemacht, dass er auf europäischer Ebene Handlungsbedarf sieht. Die europäische Verordnung sehe den Schutz von kritischer Infrastruktur und Verbrauchern vor, aber nicht den von Wirtschaft und Industrie. Das mache nur Sinn bei einer kurzfristigen Störung, sagte Habeck. „Das ist aber nicht das Szenario, das wir jetzt haben.“ Es gelte, die Folgen einer langfristigen Unterbrechung von industrieller Produktion zu berücksichtigen. Es gehe darum, wie private Kunden einen Beitrag leisten könnten zur Einsparung von Gas.
Über das Energiesicherungsgesetz könnte die Bundesregierung Verordnungen zur Energieeinsparung erlassen. Dabei könnte es zum Beispiel darum gehen, Vorgaben zu Mindesttemperaturen beim Heizen abzusenken.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken betonte den Vorrang von Privathaushalten vor der Industrie. „Privathaushalte und systemrelevante Einrichtungen müssen in einer Gasmangellage ganz klar eine Priorität haben“, sagte sie der Düsseldorfer Rheinischen Post (Mittwoch). „Das ist auch so im Gas-Notfallplan festgeschrieben, Privathaushalte und soziale Einrichtungen sind dort besonders geschützt. Für mich zählen Schulen ebenso dazu.“ (dpa)
🐾 Odessa im Krieg
Odessa lebt vom Meer, aber jetzt fahren keine Schiffe mehr. Die Strände sind verwaist, die Lokale leer. Einblicke in eine tief getroffene Stadt. Eine Reportage von taz-Autor Marco Zschieck.
„La Repubblica“: Biden will mit Nahost-Reise Putin entgegenwirken
Zur Reise von US-Präsident Joe Biden in den Nahen Osten schreibt die italienische Zeitung „La Repubblica“ aus Rom am Mittwoch:“Auch wenn er es nicht offen sagt, ist das Hauptziel von Präsident Biden während seines Besuchs im Nahen Osten, das Abraham-Abkommen auszuweiten, und weiter natürlich die Golfstaaten zu ersuchen, ihre Ölproduktion zu erhöhen, um die Inflation einzudämmen und Wladimir Putin entgegenzuwirken, der die Energie als Erpressungswaffe nutzt.
Es ist kein Ergebnis, das er bereits auf der Reise, die gestern Abend mit der Abreise aus Washington begann, zu erwirken hofft – aber seine Absicht ist es, Grundlagen zu schaffen und den Dialog zu beginnen, damit dies geschehen kann.
Und wenn er es schafft, Saudi-Arabien und die Palästinensische Autonomiebehörde in dieses Projekt einzubeziehen, würde er mit dem Aufbau eines Bündnisses gegen den Iran beginnen, welche das Gegenstück zu einer Koalition darstellen würde, die Putin durch seinen nächsten Besuch in Teheran bilden will.“ (dpa)
Brasilien verhandelt mit Russland über Diesel
Brasilien ist dabei, mit Russland neue Geschäfte über den Kauf von Diesel abzuschließen. Dies berichtete etwa die brasilianische Wirtschaftszeitung „Valor Econômico“ am Dienstag (Ortszeit). Brasiliens Außenminister sagte der Zeitung zufolge nach einem Treffen des UN-Sicherheitsrates in New York, dass sein Land „so viel, wie wir können“ des Kraftstoffs von Russland kaufen wolle.
„Wir müssen garantieren, dass es genug Diesel für die brasilianische Landwirtschaft gibt, und für die brasilianischen Fahrer.“ Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hatte am Montag gesagt, dass der Kraftstoff in zwei Monaten in Brasilien ankommen werde. „Russland betreibt weiter Handel mit der ganzen Welt“, sagte Bolsonaro dem brasilianischen Nachrichtenportal „G1“ zufolge.
Außenminister França sagte in New York, Russland sei ein „strategischer Partner Brasiliens. Wir sind Partner in der Gruppe der Brics-Staaten.“ Außerdem hänge man stark von Düngemitteln aus Russland und Belarus ab. „Und klar, Russland ist ein großer Lieferant von Öl und Gas. Das können Sie Deutschland fragen, das können Sie Europa fragen.“ In Brasilien sei Diesel eben knapp.
Ein Besuch in Russland – inklusive Treffen mit Putin im Februar – sollte laut Bolsonaro der Verbesserung der Handelsbeziehungen dienen. Brasilien ist weltweit einer der führenden Agrarproduzenten. Bolsonaro ist vor der Präsidentenwahl in Brasilien im Oktober auch an niedrigen Kraftstoffpreisen gelegen. (dpa)
Separatisten melden massiven Beschuss mit US-Waffen
Die ukrainischen Streitkräfte haben im Osten des Landes gegen die prorussische Separatistenhochburg Luhansk zahlreiche Raketen abgefeuert. Es habe massenhaften Beschuss aus dem von den USA gelieferten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars gegeben, teilte der Separatistenvertreter Andrej Marotschko in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit. Gefeuert worden sei am späten Dienstagabend von der Ortschaft Artemiwsk im Gebiet Donezk aus auf Luhansk. Mehrere Raketen hätten ihre Ziele getroffen.
Auch die ukrainische Seite berichtete vom Einsatz des Mehrfachraketenwerfers. Der Chef der ukrainischen Militäradministration für das Gebiet Luhansk, Serhij Hajdaj, teilte mit, dass Militärdepots des Feindes vernichtet würden. In der Industriezone von Luhansk sei es gar nicht ruhig gewesen in der Nacht zum Mittwoch, meinte er. Die russischen Besatzer würden aber weiter von allen Seiten angreifen – mit Luftwaffe und Artillerie. Besonders bedroht seien die großen Städte des Donezker Gebiets.
Die ukrainischen Streitkräfte veröffentlichten auch ein Video vom Einsatz des Himars-Systems. Russische Medien hatten von schweren Explosionen sowie von einem großen Brand in der Nähe der Großstadt Luhansk in der Nacht zum Mittwoch berichtet. Nach Angaben der prorussischen Separatistenbehörden sei die Lage gespannt, aber die Luftabwehr habe sie unter Kontrolle. Demnach feuerte die Ukraine auch drei Raketen vom Typ Totschka-U ab. Es gab keine Berichte über Tote.
Das US-System Himars bedrohe die Sicherheit der „Volksrepublik Luhansk“, sagte der Chef der von Russland als Staat anerkannten Region, Leonid Passetschnik, der Moskauer staatlichen Nachrichtenagentur Tass. „Zum Glück haben sie nicht viele solcher Waffen, deshalb gibt es überhaupt gar keinen Grund zur Panik“, sagte er.
Aus dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Teil der umkämpften Region Donezk gab es ebenfalls Berichte über Raketen- und Artillerie-Beschuss von ukrainischer Seite. Nach Angaben vom Mittwochmorgen kamen innerhalb von 24 Stunden drei Menschen ums Leben, zwölf weitere wurden verletzt. Die Behörden dort meldeten Zerstörungen an Wohnhäusern und anderer ziviler Infrastruktur. (dpa)
🐾 Reisepass zu verschenken
Russland betrachtet die besetzten Gebiete immer mehr als eigenes Territorium. Ukrainer*innen können sich nun vereinfacht „einbürgern“ lassen. taz-Autorin Inna Hartwich berichtet aus Moskau.
Russland leitet Ermittlungen gegen Oppositionellen ein
Russische Behörden haben strafrechtliche Ermittlungen gegen den bekannten Oppositionellen Ilja Jaschin eingeleitet. Gegen Jaschin werde wegen der „Verbreitung falscher Informationen über das russische Militär“ ermittelt, erklärte sein Anwalt Wadim Prochorow am Dienstag im Onlinedienst Facebook.
Prochorow sagte später nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen, die Ermittlungen seien eingeleitet worden, weil Jaschin im April auf seinem Youtube-Kanal von „der Ermordung von Zivilisten in Butscha“ gesprochen habe. Russischen Einheiten werden Kriegsverbrechen vorgeworfen, nachdem in dem Vorort der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach dem Rückzug der Soldaten die Leichen von Zivilisten entdeckt worden waren.
Prochorow schrieb nun auf Facebook, die Ermittler hätten ihn angerufen und über eine bei Jaschin geplante Hausdurchsuchung informiert. „Ich werde mich dorthin begeben.“ Ein anderer Anwalt Jaschins gab später an, die Hausdurchsuchung habe stattgefunden.
Der 39-Jährige war am 28. Juni wegen „Ungehorsams gegenüber der Polizei“ zu 15 Tagen Haft verurteilt worden und befand sich am Dienstag noch immer im Gefängnis.
Die „Verbreitung falscher Informationen“ über das russische Militär kann in Russland mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Das Gesetz stellt Kritik an Russlands Offensive in der Ukraine unter Strafe und wurde nach Beginn des Einsatzes verabschiedet.
Seit der Militäroffensive gegen die Ukraine haben die Repressionen gegen Regierungskritiker in Russland zugenommen. Die wenigen noch im Land verbliebenen Oppositionellen werden ins Exil getrieben oder inhaftiert.
Jaschin, ein bekannter Gegner von Präsident Wladimir Putin, hatte sich entschieden zu bleiben und verurteilt die russische Militäroffensive öffentlich. Er wurde in Russland vor allem während der Protestbewegung gegen den Kreml in den Jahren 2011 bis 2012 bekannt. Er steht dem Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nahe, der zurzeit eine neunjährige Haftstrafe in einem Straflager verbüßt. (afp)
Baerbock: Keine Chance auf Verhandlungen mit Russland
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sieht derzeit keine Chance auf Verhandlungen mit Russland. „Worüber kann man mit jemandem verhandeln, der nicht mal bereit ist, mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz humanitäre Korridore für die Flucht von Zivilisten zu vereinbaren?“, sagt die Grünen-Politikerin dem „Stern“.
Forderungen nach einem sofortigen Waffenstillstand und der Aufnahme von Verhandlungen weist sie zurück. „Welches Recht hätte ausgerechnet eine deutsche Außenministerin, für die Ukraine zu entscheiden, welchen Teil ihres Landes sie bitte schön abgibt, wie viele Millionen ihrer Bürgerinnen und Bürger sich Russlands Herrschaft zu unterwerfen haben?“ Niemand könne vorhersehen, ob sich in der russischen Regierung plötzlich die Machtverhältnisse ändern. (rtr)
🐾 Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Ein Selbstläufer sei der frühere Kohleausstieg nicht mehr, warnt eine Wirtschaftsweise. Die Regierung müsse jetzt feste Beschlüsse fassen. taz-Klimaredakteurin Susanne Schwarz berichtet.
Deutschland stellt Kauf von russischer Kohle und Öl ein
Deutschland wird Regierungsangaben zufolge ab dem 1. August keine russische Kohle und ab dem 31. Dezember kein russisches Öl mehr kaufen. „Damit wird sich die Energieversorgung des Landes grundlegend ändern“, sagt Kanzleramts-Staatssekretär Jörg Kukies auf einer Energie-Konferenz in Sydney. Sowohl bei der Kohle als auch beim Öl würden die Lieferungen aus Russland derzeit noch jeweils 40 Prozent ausmachen. (rtr)
🐾 Ukrainekrieg mit weltweiten Folgen
Somalia erlebt eine Hungersnot, weil ein Großteil der Weizenimporte ausbleiben. Experten warnen vor weiteren humanitären Krisen aufgrund des Kriegs. taz-Auslandsressortleiter Dominic Johnson berichtet.
Inflationsrate im Juni 2022 leicht abgeschwächt
Die Inflation hat sich in Deutschland leicht abgeschwächt, bleibt aber auf hohem Niveau. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, stiegen die Verbraucherpreise im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,6 Prozent. Im Mai hatte die Inflationsrate noch bei 7,9 Prozent gelegen. „Hauptursachen für die hohe Inflation sind nach wie vor Preiserhöhungen bei den Energieprodukten“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Geort Thiel. „Leicht dämpfend wirkten sich im Juni 2022 das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt auf die Gesamtteuerung aus.“ Im Vergleich zum Mai stiegen die Preise im Juni um 0,1 Prozent.
Im Bereich Verkehr schwächte sich die Teuerung den Angaben zufolge auf 8,3 Prozent ab, nach 16,3 Prozent im Mai. Wären – ohne Entlastungsmaßnahmen – die Preise für Kraftstoffe und für den öffentlichen Personenverkehr im Juni unverändert gegenüber Mai geblieben, hätte sich der Verbraucherpreisindex insgesamt um 8,6 Prozent gegenüber Juni 2021 erhöht. Die Preise für Energieprodukte insgesamt lagen im Juni 2022 um 38,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, nach 38,3 Prozent im Mai.
Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich im Juni für die privaten Haushalte um 12,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie es weiter hieß. Damit verstärkte sich der Preisauftrieb erneut (Mai: 11,1 Prozent, April: 8,6 Prozent). Bei allen Nahrungsmittelgruppen wurden im Juni Preiserhöhungen beobachtet. Erheblich teurer wurden Speisefette und Speiseöle (43,1 Prozent). Ebenso wurden für Fleisch und Fleischwaren (18,9 Prozent), Molkereiprodukte und Eier (15,3 Prozent) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (12,5 Prozent) Teuerungsraten im zweistelligen Bereich ermittelt.
Die Inflationsrate ohne Energie lag laut Statistikbehörde im Juni bei 4,2 Prozent. Wie stark aktuell zudem die Nahrungsmittelpreise Einfluss auf die Gesamtteuerungsrate nehmen, zeigt sich an der Inflationsrate ohne Berücksichtigung von Energie und Nahrungsmitteln: Sie lag bei 3,2 Prozent und damit nicht einmal halb so hoch wie die Gesamtinflationsrate. (epd)
🐾 Weltweite Hungerkrise
Die Europäer verfügen über eine gewaltfreie Waffe gegen Putins Russland: weniger Fleisch essen. Doch leider nutzen sie sie nicht. Wie schade, sagt taz-Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann.
Russland und Ukraine beraten über Getreidelieferungen
Delegationen aus Russland und der Ukraine beraten am Mittwoch in der Türkei über eine Wiederaufnahme der Getreidelieferungen über das Schwarze Meer. An dem Treffen in Istanbul werden nach Angaben Ankaras auch Vertreter der UNO und der Türkei beteiligt sein. Die Ukraine ist einer der weltgrößten Exporteure von Weizen und anderem Getreide.
In den ukrainischen Häfen, die unter russischer Kontrolle stehen oder von russischen Truppen blockiert werden, stecken Millionen Tonnen Weizen fest. Seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar hat sich in vielen Ländern die Getreideversorgung verschlechtert. Die Türkei pflegt traditionell gute Beziehungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland und bemüht sich um eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. (afp)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen