Folgen der Gaskrise: Kohleausstieg 2030 in Gefahr

Ein Selbstläufer sei der frühere Kohleausstieg nicht mehr, warnt eine Wirtschaftsweise. Die Regierung müsse jetzt feste Beschlüsse fassen.

Ein rauchender SChornstein, eine Windanlage und ein Strommast

Rauchender Schlot am Steinkohlekraftwerk Scholven in Gelsenkirchen Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin taz | Nun soll es offiziell werden: Klimaschädliche Kohlekraftwerke, deren Ende eigentlich schon besiegelt ist, dürfen länger am Netz bleiben. So soll Erdgas als Energieträger im Stromsektor eingespart werden.

Eine entsprechende Verordnung will das Kabinett am Mittwoch beschließen, die dann auch gleich diese Woche in Kraft trete, wie es aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums hieß. Mit den anderen Ministerien sei das schon abgestimmt.

Demnach geht es erst mal um Steinkohlekraftwerke, die nur noch in Reserve gehalten werden oder bei denen die Abschaltung eigentlich kurz bevorsteht. „Die Anlagen müssen technisch in einen Zustand versetzt werden, der einen dauerhaften Betrieb am Strommarkt erlaubt“, heißt es in einem Papier aus dem Wirtschaftsressort.

Das Ganze ist vorerst bis zum kommenden April befristet. Die aktuelle Energiekrise bringt aber auch die langfristige energiepolitische Planung der Ampelregierung durcheinander. Die will ja eigentlich den Kohleausstieg schon 2030 absolviert haben – acht Jahre früher, als es das Kohleausstiegsgesetz der Großen Koalition vorschreibt. Bisher galt dieses aus Klimagründen nötige Vorhaben allerdings als Selbstläufer, für den die Regierung kaum etwas hätte tun müssen.

Gaspreis viel höher als früher gedacht

Man konnte lange davon ausgehen, dass Kohlekraftwerke durch den Europäischen Emissionshandel bis 2030 sowieso unwirtschaftlich werden – und die Konzerne sie freiwillig abschalten. So müsste sich die Politik auch nicht mit Diskussionen um Entschädigungen herumschlagen, wie eine Gesetzesreform sie wahrscheinlich mit sich brächte. Eine Studie zeigt nun: Das war einmal.

Hinter den Berechnungen steckt unter anderem die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die auch zu den sogenannten Wirtschaftsweisen gehört.

Das Problem laut Studie: Die bisherigen Pläne gehen nicht nur von einem massiven Erneuerbaren-Boom zur Ablösung der Kohlekraftwerke aus, sondern auch vom Bau neuer Gaskraftwerke. Dass In­ves­to­r:in­nen den freiwillig in Angriff nehmen, ist durch die unerwartet hohen Gaspreise weniger wahrscheinlich geworden.

Das heißt laut Grimm und Kol­le­g:in­nen nicht, dass der Kohleausstieg jetzt bis 2030 nicht mehr zu schaffen ist. Die Politik müsse aber zügig „klare Beschlüsse über die Zeitachse“ fassen, so die Wirtschaftsweise. Sonst investiere die Wirtschaft nicht schnell genug um und setze lieber auf Kohle. Mit Laisser-faire wie bisher klappt es also nicht mehr.

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