Carolin Emcke auf dem Grünen-Parteitag: Eklat entdeckt
Äußerungen der Publizistin Carolin Emcke auf dem Grünen-Parteitag veranlasst die CDU zu Antisemitismus-Vorwürfen. Was ist dran?
Was ist passiert? Die Grünen hatten auf ihrem Parteitag eine Videobotschaft der preisgekrönten Publizistin Carolin Emcke eingespielt. Die dort von ihr geäußerten inkriminierten Sätze lauten: „Die radikale Wissenschaftsfeindlichkeit, die zynische Ausbeutung sozialer Unsicherheit, die populistische Mobilisierung und die Bereitschaft zu Ressentiment und Gewalt werden bleiben. Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen oder die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen.“
Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, schrieb zu den Vorwürfen auf Twitter: „Dass Paul Ziemiak Carolin Emcke und den Antisemitismus-Vorwurf für ein billiges Wahlkampfmanöver instrumentalisiert, ist daneben. Dafür ist der Kampf gegen Antisemitismus zu wichtig und zu ernst.“
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nannte es „schäbig“, der Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Antisemitismus zu unterstellen. Emcke ist bekannt dafür, in ihren Schriften gegen Ausgrenzung und Diskriminierung zu schreiben – etwa in ihrem Buch „Gegen den Hass“.
Grünen-Politiker Cem Özdemir
Tatsächlich beschreibt Emcke in ihren nun geäußerten Sätzen den Mechanismus von Ausgrenzung und Stigmatisierung bestimmter Personengruppen. Zu den Betroffenen zählt sie auch die Juden – eine angesichts der deutschen Geschichte zweifellos richtige Einschätzung. Kritiker stoßen sich nun daran, dass Emcke Juden damit für ihre Zwecke instrumentalisiert und mit Klimaforschern gleichgesetzt habe.
Während Virologen und Klimaforscher sich ihren Beruf aussuchen können, besitzen Jüdinnen und Juden tatsächlich nicht die Möglichkeit, ihre Herkunft zu wechseln.
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir, der Emckes Stellungnahme ansonsten verteidigte, sagte dazu: „Vergleiche mit dem Hass, dem Menschen jüdischen Glaubens ausgesetzt sind, sind nicht angemessen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod