Robert Habeck oder Christian Lindner: Finanzministerium an die Grünen

Bei der Frage, wer das Finanzministerium bekommt, geht es nicht um die Eitelkeit zweier Alphamännchen. Es geht um den Kurs der nächsten Regierung.

Robert Habeck

Robert Habeck for Finanzminister Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Grünen müssen im Ampelbündnis das Bundesfinanzministerium für sich beanspruchen, wenn sie sich nicht lächerlich machen wollen. Alles spricht dafür. Bei dieser Frage geht es nicht um das Ego oder die Eitelkeit zweier Alphamännchen, auch wenn sowohl Robert Habeck als auch Christian Lindner von beidem reichlich besitzen. Es ist ganz einfach: Der Finanzminister wird – als mächtigster Mann neben dem Kanzler Olaf Scholz – den Kurs der nächsten Regierung bestimmen.

Wenn die Grünen wirklich eine Klimaregierung wollen, müssen sie deshalb zugreifen. Bei diesem Machtkampf geht es um eine grundsätzliche, in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Richtungsentscheidung. Die Grünen haben in der Steuer- und Finanzpolitik bisher weit reichende Zugeständnisse gemacht, um die FDP in das Bündnis zu locken.

Das ist bedauerlich, aber nachvollziehbar; anders ging es nicht. Mit Lindners FDP lässt sich nun mal keine Vermögensteuer einführen, das wäre ihr Tod – und gegen die starke Position der Union im Bundesrat ist auch die Lockerung der Schuldenbremse nicht durchzusetzen.

Die finanzpolitischen Leitplanken sind also gelb angestrichen. Umso wichtiger wird jetzt das faktische Regierungshandeln. Woher sollen die 50 Milliarden Euro für Klimaschutz kommen, die aus Sicht der Grünen jährlich nötig sind? Um trotz Schuldenbremse frisches Geld für den Bahnausbau, für Ladesäulen für E-Autos oder neue Radwege aufzutreiben, braucht es eine kreative Haushaltsführung – und den unbedingten Willen dazu. Der neue Finanzminister müsste sich neben dem Klimaschutz auch für sozialen Ausgleich starkmachen.

Zeit für kalte Machtpolitik

Glaubt irgendwer, dass Lindner für höhere Hartz-IV-Regelsätze kämpft? Oder dass er mehrere Staatskonzerne mit eigenem Kreditrahmen gründet, die sich die Grünen wünschen? Für Habeck muss spätestens bei der Ressortfrage Schluss sein mit der Kumpelei mit Lindner, dann ist es Zeit für kalte Machtpolitik.

Die Grünen sind mit dem Anspruch angetreten, die gesamte Gesellschaft zu prägen. Von diesem Anspruch sollten sie sich auch mit 14,8 Prozent im Rücken nicht verabschieden, er muss sich in einer Regierung wiederfinden. Schließlich sind die Grünen immer noch deutlich stärker geworden als die FDP.

Sich angesichts dessen auf ein Klimaschutzministerium zu beschränken wäre falsch. Jenes wäre zu machtlos, eine Art Schrebergarten, wenn es unter einem Finanzminister arbeitet, der eine andere Agenda verfolgt. Auf Olaf Scholz ist kein Verlass, er wird wohl nicht der Klimakanzler sein, als der er sich im Wahlkampf präsentierte. Deshalb sollte der nächste Finanzminister Robert Habeck heißen. Pure Vernunft muss diesmal siegen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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