Künftiger FDP-Minister provoziert Grüne: Anwalt der Autofahrer
Der designierte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Diesel-Fahrenden helfen, wenn das Steuerprivileg fällt. Für die Grünen ist das eine Provokation.
Überraschend besetzen nicht die Grünen, sondern die FDP mit Volker Wissing in der neuen Bundesregierung den Posten des Verkehrsministers. Die Aufgabe des Verkehrsressorts sorgt unter den Grünen für massiven Unmut. „Die Tragweite dieser Entscheidung ist unermesslich katastrophal“, findet etwa die ehemalige Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann, die mit ihrer Pop-up-Radwegepolitik in der Coronakrise weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt hatte.
Tatsächlich scheinen sich die Befürchtungen zu bestätigen. Bereits kurz nach seiner Nominierung hatte Wissing sich für eine Senkung der Energiesteuern starkgemacht, damit auf diesem Weg die Spritpreise sinken können. Er machte zudem klar, dass er sich als Anwalt der Autofahrenden versteht. Dann legte er mit der Forderung nach einem Ausgleich für Diesel-Fahrende nach.
Im Koalitionsvertrag der Ampel haben sich SPD. Grüne und FDP allerdings darauf verständigt, die Steuern für Diesel an die für Benzin anzupassen. Heute wird Diesel 18 Cent weniger besteuert als Benzin. Das sogenannte Dieselprivileg wollen Umweltschützer:innen seit Langem abschaffen. Das findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder. „Mit der Umsetzung der EU-Energiesteuerrichtlinie, die u. a. die steuerliche Angleichung von Dieselkraftstoff und Benzin vorsieht, werden wir die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen in der Kfz-Steuer überprüfen“, heißt es dort.
Wissings Vorstoß sei nicht gedeckt, betonte Verkehrsexperte Gelbhaar. Im ersten Teil dieser Passage sei klar vereinbart, dass die EU-Richtlinie umgesetzt werde. Im zweiten Teil sei von einem Prüfauftrag die Rede. Prüfaufträge sind eine Chiffre dafür, dass sich Koalitionspartner:innen nicht geeinigt haben, sondern über den entsprechenden Punkt weiter verhandeln werden. In der Frage der Kfz-Steuer ist ein Alleingang des Verkehrsministers nicht möglich. „Das Parlament entscheidet darüber“, sagte Gelbhaar. Deshalb muss sich die Ampel auch darüber verständigen.
Scheuer hätte es nicht anders gemacht
Auch der grüne Bahnexperte Matthias Gastel, der anders als Gelbhaar den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt hat, ärgerte sich über Wissings Vorstoß. „Ein zukünftiger Ampel-Verkehrsminister sollte zuvorderst Anwalt für Bahn, Bus und Fahrrad sein – und auf Zukunft alternativer, innovativer Antriebe setzen statt rückwärtsgewandt und zukunftsvergessen auf fossile Kraftstoffe“, twitterte Gastel.
Die Vereinbarungen der Ampel zu Mobilität sind auf zum Teil harsche Kritik von Umwelt- und ökologischen Verkehrsverbänden gestoßen, weil ihnen wichtige Punkte fehlen und vieles vage bleibt. Das Wort Verkehrswende wird nicht einmal erwähnt.
Die wohl – unfreiwillig – härteste Kritik kommt vom bisherigen CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. „Schön, dass die Ampel meine Arbeit der letzten Jahre fortsetzt“, sagte er gegenüber der dpa. Den Vertrag hätte er bei den Themen Verkehr und Digitales auch schreiben können. „Großspurige Ankündigungen, es radikal anders zu machen“, fänden sich im Koalitionsvertrag nicht.
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