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Soziologe über Niedergang der Kirchen„Vielleicht gibt es Gott ja doch“

Detlef Pollack ist Religionssoziologe. Den Niedergang der Kirchen betrachtet er mit Wehmut. Dabei ist er selbst nicht gläubig.

Bei seinen Kindern ist er mit der Glaubenserziehung „total gescheitert“: Detlef Pollack in Berlin Foto: Stefanie Loos
Jan Feddersen
Interview von Jan Feddersen

Er war unser Gast im taz-Kirchentagsstudio im Juni in Nürnberg, wir verabredeten uns damals für ein weiteres Gespräch in der Adventszeit: Detlef Pollack, aufgewachsen in der DDR, ist Religions- und Kultursoziologe, er war Professor in einem Exzellenzcluster an der Universität Münster. Wir treffen uns in der taz-Kantine in Berlin, er kommt mit dem Fahrrad, wir trinken Tee und Kaffee.

wochentaz: Herr Pollack, wir sind in der Adventszeit, bald ist Weihnachten – und Sie diagnostizieren den Niedergang der Religion. Leben wir in einem gottlosen Land?

Detlef Pollack: Jeder, der halbwegs in unserem Alter ist, erlebt es, die Zahlen, die wir kennen, bestätigen es: Der Glaube an Gott, den christlichen, ist in den letzten 60, 70 Jahren dramatisch zurückgegangen.

An ein höheres Wesen …

… glauben mehr Menschen als an einen Gott, wie er in der Bibel verkündet wird.

War denn der Glaube früher wirklich stärker?

Das Christentum hat über Hunderte von Jahren versucht, den Glauben zu internalisieren – mit Gebetsbüchern, mit Ritualen, mit Kirchengeläut, mit Schuldbekenntnissen, mit Buße und Sühne und so vielem mehr. Die biblischen Geschichten haben die Menschen in ihrem Herzen ergriffen.

Kurios: Eine Ergriffenheit unter Zwang?

Auch wenn zweifellos Druck mit im Spiel war, wirkten die biblischen Botschaften. Manche Theologen sagen, früher mussten, heute können die Menschen glauben. Ich würde das nicht in so einen krassen Gegensatz packen.

In Umfragen geben viele an, sie wähnten eine Kraft über sich, die sie stärkt. Können Sie mit diesem Gedanken etwas anfangen?

Sehr viel. Keine Religion lässt sich ohne diese Erwartung verstehen: dass eine höhere Macht dem Menschen eine Kraft gibt, mit deren Hilfe er mit schweren Lebenssituationen fertig wird, über sich hinauswächst, Hoffnung fasst. Religion ist kein philosophisches Lehrgebäude, an dessen Inhalte man glauben muss, sondern hat etwas zu tun mit den Grundfragen unseres Lebens. Mit unserem Streben nach einem erfüllten Leben, nach Glück, auch mit unserer Fehlbarkeit und dass wir unser Leben nicht in der Hand haben.

Das klingt wie eine Skizze der Sehnsucht.

Ja, so ließe sich das formulieren. Denn jeder Mensch sehnt, jeder Mensch will als jemand gesehen werden, der einzigartig ist, möchte geliebt sein. Religionen liefern diesen Stoff.

Nichtreligiöse sagen: Der Sinn des Lebens ist nur das Leben selbst.

Viele, sehr viele Menschen hegen trotzdem die Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort sein möge. Wir alle können uns, wenn überhaupt, schwer damit abfinden, dass nach dem Sterben das Nichts sein könnte.

Glauben Sie an Gott?

Nein.

Und weshalb studierten Sie, noch Bürger der DDR, Theologie?

Das war für mich die Möglichkeit schlechthin, aus den indoktrinierenden Ideen des realen Sozialismus auszusteigen. Der Marxismus hat mich als Geisteshaltung nie überzeugt, schon gar nicht der, der in der DDR gepredigt wurde. Dass ich mit meinem Studium der Theologie die große Tradition des abendländischen Denkens kennenlernen durfte, war ein intellektuelles Glück – mit dem ich kaum gerechnet hatte.

Was sprach dagegen, dass auch Sie zum Glauben finden?

So vieles. Zum Beispiel: Warum sollte gerade hier, wo ich geboren wurde, die Wahrheit erschienen sein? In Indien hätte ich den christlichen Gott wahrscheinlich gar nicht kennengelernt. Ich würde heute sagen, dass ich keine Erfahrungen machen konnte mit Gott. Ich habe auf sie gewartet, aber sie stellten sich nicht ein.

Aber Sie sind doch der christlichen Kultur ziemlich nah, oder?

Das ist ja aber was anderes. Wenn ich den Thomanerchor in Leipzig höre, wenn die Knaben die Passionen von Johann Sebastian Bach singen, dann bin ich ergriffen. So war es immer und so ist es noch. Auch wie hoheitsvoll Jesus in den Passionen dargestellt wird, wie er den Spott und Hohn seiner Peiniger wortlos erträgt, oder wenn Pilatus, der ihn verurteilen wird, ruft: Seht, welch ein Mensch! Das hat mich bewegt, aber zum Glauben geführt hat es mich nicht.

Ihre Familie …

… war auch nicht christlich. Die Musik war wichtig in unserer Familie, aber nicht der Glaube.

Im Interview: Detlef Pollack

Ostprägung

Detlef Pollack wurde 1955 in Weimar geboren. Er studierte Theologie in Leipzig, wo er auch promovierte. In seiner Habilitation beschäftigte er sich mit der gesellschaftlichen Lage der Evangelischen Kirche in der DDR.

Religionsforschung

Pollack zählt zu den wichtigsten Soziologen zur Erforschung von Kirchen, Glaubensformen und der Säkularisierung moderner Gesellschaften wie der deutschen. Nach Professuren in Leipzig, Frankfurt (Oder) und New York arbeitete er bis zum Mai 2023 an der Universität Münster im Exzellenzcluster Religion und Politik. Seine Abschiedsvorlesung unter dem Titel „Die Geburt der Moderne aus dem Geist der Religion“ gilt als Glanzstück säkularen Denkens.

Heute

Detlef Pollack lebt in Berlin und ist mit der Historikerin Hedwig Richter verheiratet.

Sie sind mit einer sehr christlich orientierten Frau verheiratet. Beten Sie bei Tisch?

Nie haben wir gebetet, aber wenn die Kinder aus meiner ersten Ehe da sind, dann haben wir so einen Spruch, mit dem wir das Essen beginnen. Die Kinder sind auch nicht gläubig, ich bin mit meiner Glaubenserziehung total gescheitert. Ich habe vieles probiert mit ihnen, habe die Bibel mit ihnen gelesen, ihnen erklärt, was es bedeutet, wenn Jesus Petrus auffordert, übers Wasser zu gehen, ich wollte ihr Einverständnis, sich taufen zu lassen.

Und?

Eine Zeit lang sah es so aus, als ob sie sich darauf einlassen, aber dann sagten sie: Man weiß es nicht. Darauf haben wir uns dann geeinigt: Man weiß es nicht. Ich wollte so die Tür offen halten für Gott. Man kann es halt nicht wissen. Vielleicht gibt es ihn ja doch.

Die Säkularisierung der Gesellschaft ist schnell fortgeschritten, bis in die privaten Lebensverhältnisse hinein. Noch in den sechziger Jahren schien alles für die beiden Amtskirchen in trockenen Tüchern.

Damals lagen die Kirchenaustrittsraten auf einem historisch niedrigen Stand. Die Kirchen waren eingebunden in den antitotalitären Grundkonsens der ökonomisch wachsenden und sich demokratisch stabilisierenden Bundesrepublik. Ihr Wort besaß politische Relevanz. In weiten Teilen war das soziale Leben christlich durchtränkt.

Und was hat sich geändert?

Als Soziologe lautet mein Befund wie auch der vieler Kollegen: Es kam zu einer funktionalen Differenzierung der Lebensbereiche. Es wuchs der Massenwohlstand, die Öffentlichkeit politisierte sich, die staatliche Herrschaft griff nicht mehr auf christliche Formeln zurück, immer mehr Ehen wurden ohne den Segen Gottes geschlossen. Man lernte: Es gibt Lebensbereiche, in denen es nicht auf Religion ankommt. Man kann zwar persönlich am Glauben festhalten, aber die Gesellschaft kommt auch ohne ihn aus.

Die Menschen …

… lernten, dass sie ihr Leben selbst gestalten können, dass sie nicht mehr von einem Gott abhängig sind, der das letzte Wort spricht. Gott und Individuum gerieten in ein Spannungsverhältnis, das war neu.

So begann ja in den späten Sechzigern die Zeit der Selbstverwirklichung.

Könnte man so sagen, ja. Man stellte fest: Es bedarf des Glaubens nicht. Mit Freunden zu sprechen, einander Kraft zu geben, ins Theater zu gehen, in ein Konzert, zu einer Lesung: Das alles ist auch ohne Religion möglich, ja, es macht vielleicht sogar mehr Spaß als im Gottesdienst zu sitzen und sich eine Predigt anzuhören. Die vielen Verwirklichungsmöglichkeiten, die unsere Gesellschaft in der Freizeit, aber auch im Beruf bietet, ziehen von der Konzentration auf das Wort Gottes ab.

Trotzdem glauben ja immerhin noch viele Menschen.

Ja, in Deutschland etwa die Hälfte der Menschen. 30 Prozent bekennen sich zum Glauben an ein höheres Wesen, 20 Prozent zu einem Gott, wie er sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat. Aber dieser Glaube, selbst wo man sich an ihn hält, durchdringt nicht mehr das ganze Leben, und zwar umso weniger, je weniger konkret man sich Gott vorstellt. So ein höheres Wesen, das man nicht genau beschreiben und mit dem man nicht kommunizieren kann, hat auch nur wenig Einfluss auf die Art, wie man seine Kinder erzieht. Je persönlicher der Gott, an den man glaubt, desto bedeutsamer ist er im eigenen Leben, das zeigen empirische Untersuchungen. Immer mehr Menschen aber fällt es schwer, sich Gott als Person vorzustellen.

Sie klingen melancholisch, wenn Sie über die Einbußen an allgemeiner Religiosität sprechen.

Über mein Studium bin ich in die traditionsreiche Welt des Christentums hineingelangt. Es ist eine schöne und große Welt. Aktuell spüre ich, wie das Verständnis für diese Welt immer mehr abnimmt, wie stark schon die Fähigkeit zurückgeht, sich sprachlich in dieser Welt zu bewegen. Es ist bedrückend zu sehen, mit welcher Herzlosigkeit man teilweise auf dieses Erbe schaut.

Dafür stehen Missbräuche, sexuelle oder die der Macht, im Mittelpunkt der öffentlichen Erörterungen.

Darüber ist zu reden, ja, und darüber muss geredet werden. Aber Kirche geht in den Missbrauchsfällen nicht auf. In ihr kann man lernen, auf neue Weise, auf eine nicht alltägliche Weise auf das Leben zu schauen. Sie eröffnet Horizonte, gibt Trost und Hoffnung, vermittelt einen Weg, auch mit den Widrigkeiten des Lebens umgehen zu lernen, oder auch einfach einmal loszulassen. Die Kirchen tragen einen reichen Schatz an Lebensweisheiten und Lebenserfahrungen in sich. Sie sind mehr als Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt, die ich damit nicht kleinreden will.

Nicht mal mehr die Hälfte der in Deutschland Lebenden ist Mitglied einer großen Kirche. Ist dieser Prozess umkehrbar?

Das sehe ich nicht. Die Kirchen sind zwar, weil die Kirchensteuer an die Einkommen gekoppelt ist, finanziell immer noch gut gepolstert, vieles wird geleistet, in der Caritas, auch in der Bildungsarbeit. Aber wenn der Glaube mehr und mehr zurückgeht und auch das soziale Umfeld schrumpft, in dem er gedeihen kann, dann schreitet der Prozess der Entkirchlichung immer weiter voran. Zwar langsam, aber unaufhaltsam.

Wo führt das hin? Wie sieht eine Gesellschaft ohne Kirche aus?

Eine Gesellschaft ohne Kirche ist ärmer. Es fehlt die katholische Messe mit dem Einzug des Priesters im Ornat, mit Messdienern, Weihrauch und rauschendem Orgelklang. Die schlichte Anmut eines Kirchenraums der Reformierten. Die aufopferungsvolle Strenge der Diakonissen. Das Gebet im stillen Kämmerlein. Und auch der erbarmungsvolle Blick auf unser armseliges Leben. Das und noch viel mehr.

Bücher von Pilgerfahrten, etwa das von TV-Star Hape Kerkeling, sind Bestseller. Spricht das nicht gegen Ihren Befund?

Natürlich ist eine Pilgerreise auch eine Geschichte auf den gläubigen Pfaden. Zweifellos, bestimmte Praktiken lassen sich aus den religiösen Kontexten lösen – bis hin zu Yogaübungen. Aber die Bedeutung dieser Praktiken ändert sich dabei. Jetzt geht es um körperliche Kräftigung oder um eine Wanderung der Seele nach innen oder um Abenteuer zu erleben. Die große Tradition der Pilgerfahrten, mit denen man die Nähe zum Heiligen suchte, um für seine Leiden Heilung zu finden, ist nicht mehr präsent.

Bald ist Weihnachten. In vielen muslimisch geprägten Familien gibt es auch gewisse Adaptionen dieses Familienfestes, weil die Kinder auch Geschenklisten schreiben. Auch sie feiern Weihnachten.

Sehr viele Menschen hegen die Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort sein möge. Wir alle können uns, wenn überhaupt, schwer damit abfinden, dass nach dem Sterben das Nichts sein könnte

Das ist eine schöne Sache: Kinder zu beschenken. Aber Weihnachten in einem christlichen Sinne meint, dass Gott Mensch geworden ist. Versteht das noch einer?

Nicht erst neuerdings wird von Kindern Halloween gefeiert. Findet dieses Ereignis Ihr Wohlwollen?

Auch wenn ich nicht gläubig bin, so bin ich doch Kirchenchrist. Und hier bin ich ganz Protestant: Nein! Das ist heidnisch. Das ist bestimmt wunderbar für Kinder, von Tür zu Tür zu gehen und Süßigkeiten zu erhalten.

Immerhin ist es konfessionsübergreifend.

Klar, es kommt als junge Tradition aus den USA, dort gibt es viele Glaubensrichtungen, die gemeinsam leben.

Wie bei uns ja inzwischen auch.

Ich plädiere dennoch für die Feier des Reformationsfestes am 31. Oktober oder für das Martinssingen am 11. November.

Das sind christliche Daten, die man nichtgläubigen oder nichtchristlich glaubenden Menschen nur schwer vermitteln kann.

Es sind Gelegenheiten, sich der Traditionen zu erinnern, die unsere Kultur geprägt haben – wichtig gerade bei Kindern.

Wie werden Sie Weihnachten verbringen?

Wir gehen immer in den Berliner Dom auf der Museumsinsel in Berlin-Mitte, zusammen mit den ungläubigen Kindern. Die kommen dann einfach mit. Dann singt der Domchor, dann hat man eine wunderbare Predigt, man hört die Weihnachtsgeschichte, die man kennt…

… eine Tradition – das Immergleiche zu hören, nicht wahr?

Wann, wenn nicht bei diesem Gottesdienst zu Weihnachten? Das ist ein wichtiger Punkt: diese Wiedererkennungseffekte; es beruhigt und vergewissert einen, dass nicht alles aus den Fugen gerät.

Als Sie, schon lang nicht mehr jung, Ihre zweite Frau kennenlernten, mit der Sie inzwischen verheiratet sind: War das nicht auch ein Flash, religiös gesprochen – ein Moment der Offenbarung?

Da spreche ich nur für mich. Ja, ich hätte nichts dagegen, das so zu bezeichnen.

Dass Ihnen das widerfahren ist?

Ich bin dankbar, ja. Es war wie ein Wunder.

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128 Kommentare

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  • Moah NEIN.

    Es gibt keinen von Menschen erfundenen Gott.

    Nach der Logik müssten dann Batman, Gandalf und Yoda auch real sein und existieren.

    Und das Christentum ist eine ganz schön kranke Sekte.

  • Ich bin überzeugt dass es Gott gibt. Wobei man mit Projektion und Bildern sehr vorsichtig sein sollte meiner Meinung nach. Gott - hmm, höheres Wesen - naja. Was verbinden wir mit den Bezeichnungen? Außer Heinrich Böll? Was nun Indien angeht, Atheisten und andere, so ist mein Credo, dass jedem Menschen eine gute „Grundprogrammierung“ mitgegeben ist. Call it „innere Stimme“. Auf die man hören kann oder sie zum Verstummen bringen kann. Unabhängig von Religion und Kultur. Es gilt, an ihren Werken (ich ergänze: individuellen Werken) sollt ihr sie erkennen. Ich freue mich immer sehr, wenn ich in einem Menschen einer anderen Kultur/Religion/Nichtreligion dann außerhalb der Formalien einer Gruppe einen gemeinsamen Kern entdecke. Und besonders ist es, wenn das gegenseitige Erkennen dieses Kerns dazu führt, zumindest für diese Person „eine Ausnahme“ zu machen. Mit Hinduismus kann ich zum Beispiel so garnichts anfangen… am Ende ist es aber fast egal, sofern der Mensch versucht, Gutes zu tun und bereit ist, dazuzulernen.

  • Ich finde Gläubigkeit ja gut. (Glück hat wer glauben kann). Das Wort Religion vermeide ich lieber. Ich denke aber, dass Religionen etwas Gutes sind, kulturelle Errungenschaften, tendenziell auch der Versuch zum Besseren. Blanken Atheismus finde ich total langweilig, wenn er auch noch mit sich überlegen wähnendem Stolz daherkommt, nur abstoßend. Religion als Konsumgut ist auch ziemlich erbärmlich (aber vielleicht erbarmt sich ja einer). Mag jeder zu Weihnachten in die Kirche gehen, nur wenn er nichts sucht wird er nichts finden. Aber es geht auch nicht ums finden, es geht ums suchen und da kommt man schon fast in den Bereich des Objektiven. Ich meine, wer nicht sucht verhält sich dumm.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Arrogante Haltungen sind IMMER abstoßend, egal ob religiös, nationalistisch oder atheistisch

  • Eigtl nur logisch: die Kirchen haben keinen guten Ruf und Eltern die christlich erzogen wurden erziehen ihre Kinder eher semichristlich. Es ist wie es ist, der Glaube an Gott hängt weder von den Kirchen noch vom Christentum ab und erst recht nicht von Deutschland. In anderen Ländern (vor allem Zentralafrika und Osteuropa) nimmt die Zahl der Christen meines Wissens nach ja eher zu

  • Ich bin ebenfalls studierte Soziologin. Mittlerweile Lehrerin an der Fos für Sozialwesen. Meine Generation 40+ ist damit groß geworden, die Kirche sei etwas für Omas. Ebenso, dass sie Kirche derzeit eine soziale Institution mit viel sozialer Arbeit ist (Kigas, Jugendarbeit, Betreuung, Seelsorge (Caritas) Altenpflege (Johanniter) etc. ohne als Gegenzug den Glauben zu verlangen. Jedoch erlebe ich bei den Schülerinnen und Schülern in den letzten Jahren ein Glaubensrevue! Sie kommunizieren dies öffentlich im Unterricht und stellen sich zu Beginn der Schule sogar als Christen vor. Zu meiner Zeit wäre dies undenkbar gewesen. Ich erkenne in den Diskussionen eine Halt- Sinnsuche, sowie eine Gegenbewegung zur Elterngeneration. Ebenso ein Statement gegenüber den islamischen Mitschülerinnen und Mitschülern, welche sich anfangs ebenfalls als Gläubige vorstellen. Diese Beobachtung habe nicht nur ich, sondern auch Kollegen und Kolleginnen aus anderen Schulen gemacht. Meine These: der Glaube kommt wieder. Wartet noch eine Generation

    • @Maria Anger:

      Es gibt unterschiedliche Bewegungen, würde ich meinen. Vieles läuft auch normativ ab. Einige Menschen passen sich Mehrheiten/Gruppen an.



      Es fragt sich auch, wie Atheismus/Agnostizismus präsentiert wird. Bloß als Abwesenheit von etwas mag zu wenig sein und zu schwach, um den Illusionen und Mystifizierungen der Religionen etwas entgegen zu halten. Hier bräuchte es mehr Sinnsuche und positive Deutung des Lebens. Was sich allerdings als schwierig darstellt angesichts dramatisch verschlechternder ökologischer Bedingungen und die hervorbringenden gesellschaftlichen Bedingungen und Ideologien. Schlechter als Gläubige dürften sie es aber auch nicht wirklich haben. Letzteren droht Verlust/Zerstörung der "Schöpfung" und damit womöglich das "Aufladen einer großen Schuld".



      Interessant und beachtenswert finde ich die Apostasie vom Islam und die damit verbundenen Schicksale. Also das Ablegen von Glauben als eine weitere Alternative zum Konvertieren oder Glauben-Annehmen.

    • @Maria Anger:

      Denke auch, dass Religion wieder kommt. Religion hat ja viel gutes zu bieten und vor allem für eine Generation der Vereinsamung und Depressionen kann Religion sehr hilfreich sein

  • Schon ein seltsamer Mensch bzw. Haltung und Handlungen - "nichtgläubiger Kirchenchrist, der u.a. Weihnachtspredigt wundervoll und vergewissernd findet, dass nicht alles aus den Fugen gerät." Eigentlich möchte mensch ja meinen, dass die Äußerungen satirisch gemeint sind. Warum nicht mehr Häresie wagen und die nudelige Hoheit und Wein achten?

    • @Uranus:

      Das mit den Fugen habe ich anders verstanden.

      Als Erklärung, warum Leute zu Weihnachten in die Kirche gehen, obwohl sie nicht gläubig sind.

      Nicht einfach als Bezug auf ihn selbst.

      Ich finde seine Haltung und Handlungen ja gar nicht seltsam.

      Vielmehr könnte ich mir vorstellen, dass seine Haltung vor ein paar Jahrzehnten recht verbreitet war.

      Es gibt Stimmen (auch außerhalb des Christentums), die sagen, Gläubigkeit ist ein Geschenk, das nicht jedem gegeben ist.

      Herr Pollack sagt offen, ihm ist es nicht gegeben.

      Trotzdem kann er die Sinnstiftung des Christentums annehmen und dort seine religiösen Bedürfnisse befriedigen.

      Ist mir persönlich lieber, als wenn er zu den säkularen/ politischen Religionen wechseln würde, wie Nationalismus oder Querdenkertum.

      Bei denen und anderen Gruppen habe ich häufiger das Gefühl, es sei Satire und ich verstehe sie nur nicht.

      • @rero:

        An Ihrer Deutung mag auch etwas dran sein.



        Mh, nennt rationale Gründe gegen Religion. Er spricht sich zumindest gegen den Wahrheitsanspruch von Religionen aus.



        Inhaltlich scheint er da wenig etwas zu suchen, sondern scheint die Präsentation, die Hülle, Tradition ... des Christ*innentums zu gefallen.



        Anders schlimm oder schlimmer geht immer. Besser auch oft. ;-)

  • Er glaubt nicht an Gott, hätte sie aber in Indien nie kennengelernt. Hä? Ich habe eher den Eindruck er ist tief gläubig und traut sich nicht es einzugestehen.

  • Es gibt kein höheres Wesen über uns, sondern die kosmische Lebenskraft in jedem von uns, die wir erkennen und nutzen können. Das lehrt beispielsweise der Buddismus, wie er in der Soka-Gakkai gelehrt wird.



    Das Buch Genesis beinhaltet auch viel Wahrheit, verdreht diese aber an entscheidenden Stelle: Nicht Gott hat den Menschen nach seinem Vorbild erschaffen, sondern mächtige Männer nach ihrem Vorbild. Damit lässt sich prima die Vorherrschaft legitimieren. Dann kommt noch das Gebot Gottes, fruchtbar zu sein und sich die Welt untertan zu machen. Leider hat sich Monotheismus weltweit durchgesetzt. Die Erde ist erobert und wird immer weiter zerstört und ausgebeutet. Es gibt schon Weltraumschrott, den wir dorthin gebracht haben! Kann man auch mal stolz drauf sein. Am Ende der Bibel steht das Johannesevangelium, das entspricht der Gegenwart.

    • @Matt Gekachelt:

      Die Natur selbst lehrt: Polytheismus.

    • @Matt Gekachelt:

      Monotheismus sollte als das identifiziert werden, was er ist:



      eine Kopfgeburt.

    • @Matt Gekachelt:

      "...sondern die kosmische Lebenskraft in jedem von uns, die..."

      Und das ist jetzt die Wahrheit/ der Weisheit letzter Schluss, WEIL...??

      Dass sowas hier auf Erden von irgendwem "gelehrt" wird, macht es auch nicht wahrer. Denn besagter Irgendwer GLAUBT am Ende doch nur, es zu wissen, WEISS es aber auch nicht besser als z. B. die Herren in Rom oder Quom oder Salt Lake City, die sich mit dem Thema "absolute Wahrheit" befassen.

      Will sagen: Nur weil eine Religion auch prima als Herrschaftsinstrument geeignet sein kann, macht sie das nicht per se zu einem Irrglauben - die Vielfalt menschlicher Fehlbarkeit ist ebenso unerschöpflich wie die Macht irgendwelcher Götter oder "Kräfte". Und umgekehrt ist nicht jede Lehre, hinter der Sie KEINE sinistren Machtgelüste identifizieren können, deshalb automatisch richtig. So Schwarz-Weiß funktioniert das Universum einfach nicht.

      Aber möge die Macht natürlich trotzdem immer mit Ihnen sein! ;-)

  • Einem Gott, der diese Grausamkeiten auf der Erde zulässt, der einem Vater befielt als Liebesbeweis seinen Sohn zu töten, der seinem eigenen foltern und ermordrn lässt, dem möchte ich weder hier noch sonst irgendwo begegnen!



    Das alles nennt sich christlich.



    Mache ich einen grosden, sehr grossen Bogen drum herum.

    • @Ria Hummelhain:

      ...und jetzt überlegen Sie, was genau das für Werte sind, die Sie so denken lassen, und wo die ihre historische Quelle haben. Die Bibel ist sicher nicht ohne Widersprüche, aber vor allem besagter gefolterter Sohn hat (jetzt mal unabhängig von seiner Abstammung, die man ihm abkaufen kann oder nicht) dann doch so Einiges von sich gegeben, was bis heute sehr tiefgreifend durchschlägt.

      • @Normalo:

        Ja, Jesus war ein vorbildlicher Kommunist. Was hat das aber mit Rias Kommentar zu tun?

        • @Karim Abidi:

          Oh, da ist noch mehr als ein paar politisch verwertbare Gedanken. Jesus war letzlich auch der Erste, der grundsätzlich infrage gestellt hat, ob ein Gott solche grausamen Beweise seiner Macht selbstverständlich verlangt. Überhaupt war dieses Töten um der Religion willen nicht sein Ding, während es doch in anderen Religionen bis heute nicht nur gängige Praxis ist (das war es in dunkleren Zeiten des Christentums auch dort), sondern nicht einmal eine gewichtige Gegenposition innerhalb der jeweiligen Dogmatik hat. Dass er sich selbst später in der Form "opferte", hat er als seinen eigenen Plan zu Erlösung der Menschheit verkauft, nicht als blutrünstige Forderung Gottes.

      • @Normalo:

        Moment, @Ria Hummelhain hat ja nicht davon gesprochen, dass es den von ihr kritisierten Gott nicht gebe. Sie möchte ihm nur unter keinen Umständen begegnen und da kann ich mich vollumfänglich anschließen.



        Wobei ich die alttestamentarische Geschichte von der Bindung Isaaks (Gen 22, 1 -19) faszinierend und abschreckend zugleich finde - faszinierend als Beispiel für Abrahams unerschütterlichen Gottesglauben, abschreckend, sogar abstoßend und entsetzlich, weil Abraham seinen Sohn Isaak zweifellos geopfert hätte, hätte es sein Gott weiter von ihm verlangt.



        Und, ja, ein entsetzlicher, blutrünstiger Gott, der den Ritualmord, den Kindesmord von seinen Gläubigen fordert. Im AT ist freilich oft von diesem strafenden/zornigen/eifersüchtigen Gott die Rede und wenn er denn liebt, gilt das ausschließlich seinem Volk Israel, nicht dessen Feinden.



        Und was für eine “Pädagogik”, zuerst dem Abraham die Opferung seines eigenen Sohnes als Glaubensbeweis abzuverlangen, es dann aber wieder zurückzunehmen, weil dieser sich zu der Tat fest entschlossen zeigt. Viel Stoff zum Nachdenken jedenfalls.



        de.m.wikipedia.org...fer%20zu%20bringen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Cum grano salis war der überlieferte Abraham vielleicht einfach einer jener sehr gläubigen Männer, wie wir sie leider auch gerade wieder in den Tunneln unter dem Gazastreifen bei ihrem Werk beobachten können. Er hatte sich im Zweifel in den Gedanken hineingesteigert, den ultimativen Beweis seiner Frömmigkeit bringen zu müssen, das aber - in einem Rückfall in vom Glauben unbeeinflussbare Menschlichkeit - nicht fertigebracht und es für den eigenen Seelenfrieden als Wink seines dann doch nicht ganz so ungnädigen Gottes interpretiert...

          Aber sie haben schon Recht, das Gottesbild des Alten Testamentes ist ein deutlich harscheres, interventionistischeres und auch diesseitigeres als das des Neuen. Der Gott, den Jesus beschreibt, lässt viel mehr die Menschen ihr Ding machen und straft eher als Prüfung oder nach dem Tod, ist aber vor allem grundsätzlich VIEL gnädiger.

          Vor diesem Hintergrund sollten Sie auch meine Bemerkung oben verstehen: Wenn Sie oder ich, oder eben @Ria Hummelhain, uns heute über den alttestamentarischen Wüterich mit dem grausamen Humor echauffieren, dann tun wir das, WEIL zwischen dieser Zeit und uns Jemand auf die Idee gekommen ist, dass man das Verhältnis eines allmächtigen Gottes zu seiner Schöpfung auch weniger hart, verlangend und Härte erwartend sehen kann, als diese Geschichten Jahwe beschreiben (oder auch der Islam seinen Gott zu erheblichen Teilen sieht). Das haben wir nicht von den Römern oder Griechen (deren Götter waren - nach heutigen Maßstäben - im Wesentlichen sehr menschliche, streitsüchtige und selbstverliebte A....löcher, und das war eben so), und es ist auch nicht erst aufgekommen, nachdem wir stark mit außereuropäischen Denkschulen konfrontiert wurden.

      • @Normalo:

        ... z.B. vor nicht allzu langer Zeit mit der Prägung "Gott mit uns" auf der Gürtelschnalle zur Freude des Papstes gegen "Bolschewiki/Untermenschen", Jüd*innen ...

        • @Uranus:

          Was wollen Sie? Stänkern? Das können Sie gerne machen, so viel Sie wollen. Ich bin nicht hier, um irgendwelche Kleriker in Schutz zu nehmen (und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das zur Kenntnis nehmen könnten).

          Es geht mir um die Frage, wo die moralischen Maßstäbe HERKOMMEN, nach denen wir den Kirchen ihre vielen, vielen Missetaten ankreiden. Stellt sich heraus, dass sie uns die zu einem erstaunlichen Teil selbst eingeimpft haben.

          Es ist halt viel "Do as I say..." dabei in der Kirchengeschichte. Aber der Effekt dieser 2000 Jahre währenden Bigoterie auf die moralische Grundlage - speziell AUCH der nicht bekennend christlichen Weltbevölkerung - sollte nicht unterschätzt werden.

          ps Wenn schon Godwin, dann bitte nicht so schlampig! "Gott mit uns" stammt von den erzprotestantischen Hohenzollern und war seit Beginn des 18 Jh. Wahlspruch der preussischen Könige. Als irgendwann die Nazis ihren Hakenkreuzadler drüberhämmerten, hatten die Worte schon über achtzig Jahre "Koppelschlossdienst" auf dem Buckel, ohne dass der Papst da je was mit zu tun gehabt hätte.

          • @Normalo:

            Einen direkten Zusammang, dass der Papst die Koppelschloss-Prägung vorgab, gibt es nicht. Mit der Zuspitzung wollte ich deutlich machen, dass neben der Praxis christlicher Individuen, des von mir genannten "kleinen" Beispiels, selbst kirchliche Praxis/Politik Ihrer Beschreibung "was bis heute sehr tiefgreifend durchschlägt" dann doch eine andere Färbung gibt. Dass der Wehrmachts Praxis eine preußisch-protestantische Praxis voranging, lässt das Christ*innentum doch noch schlechter dastehen. Die Tradition, entgegen der von Ihnen genannten, sieht offenbar ein bisschen anders aus. Allerdings nehme ich an, dass Sie an Militarismus und Krieg nicht gedacht haben, als Sie Ihren Kommentar hier hinschrieben.



            Auch in jüngerer Vergangenheit kann mensch da "leichte" Abweichungen von bspw. Nächstenliebe finden - wie bspw. die Asylpolitik der "CD"U oder womöglich noch deutlicher die Freude Seehofers über 69 Abschiebungen an seinem Geburtstag. Und die Christ*innen, die diese Leute und Partei dennoch gewählt haben und wählen. Da ist wohl einiges an vorgeblichen Kanon/Werten nicht durchgeschlagen.

            • @Uranus:

              Es stimmt, die christliche Rechtfertigung von Krieg und Gewalt hat eine Geschichte, die bis in die Anfänge des Christentums zurückreicht. Das liegt so klar auf der Hand, dass wir DARÜBER wohl nicht mehr diskutieren müssen.



              Aber diese Geschichte ist nicht originär christlich, sie trägt allgemein sozialpsychologische Züge - wenn wir beispielsweise an den Antisemitismus, aber auch andere Formen von Rassismus denken - und jedwede Ideologie hat ihren Anteil daran - und nicht bloß in ihrer religiösen Ausprägung (Stichworte: NS, Stalinismus). Aber da wir hier ja im christlich geprägten “Abendland” leben, ist es natürlich recht und billig, vor der eigenen Haustür zu kehren. Keine Frage.



              Aber ist Ihnen bei der Beschäftigung mit dieser Geschichte von Intoleranz, Hass und Gewalt eigentlich aufgefallen, dass die Gegenbewegung, der Widerstand auch immer aus den Reihen der Kirche kam? Nur ein Beispiel: Friedrich Spee, einer der schärfsten Gegner des Hexenwahns seiner Zeit, war Jesuit, katholischer Kleriker. Klar, nur jemand mit seiner Ausbildung bzw. seinem akademischen Bildungshintergrund war in der damaligen Zeit überhaupt in der Lage, die diesem System innewohnende Ideologie zu durchschauen und den Widerspruch dagegen auch zu formulieren. Um es nicht zu verschweigen: andere Kritiker aus den eigenen Reihen wurden als Häretiker auf dem Scheiterhaufen verbrannt.



              de.m.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Spee



              Diejenigen, die seinerzeit also die Idee von Aufklärung, Vernunft und Toleranz vorangebracht haben, entstammten also aus den selben Reihen der Kirche wie diejenigen Kräfte, die genau dies um ihres Machterhalts willen verhindern wollten.

              • @Abdurchdiemitte:

                Am Antisemitismus hat das Christ*innentum einen großen Anteil. Dem ging ja der christliche Antijudaismus voraus und auch seine gesellschaftlichen Reglementierungen - wie den Jüd*innen auferlegte Berufsge- und Verbote und hieraus wiederum entstandene Vorwürfe gegenüber Jüd*innen.



                Okay, es gab innerkirchliche Oppositionelle. Christ*innentum und um Auslegungen hat es seit Begründung "Streit" gegeben und es haben sich ja ständig Gruppierungen gebildet und (wurden) abgespaltet - "Sekten". Opposition entstand doch auch, weil es zuvor Missstände in der Kirche gab. Ohne Kirche und deren Praxis hätte es nicht jener Opposition gegen diese bedurft. Zumal zweitere ja gewaltsam unterdrückt wurde (Inquisition u.a.). Ich fände es kurios, wenn eine Fürsprache für das Christ*innentum mit der Begründung auf deren eigenen Widersacher*innen gehalten würde. Überhaupt waren die kirchlichen Dogmen so stark verbreitet, dass wohl eine Welt ohne Gott eine lange Zeit nicht/schwer denkbar waren. Für mich überwiegen die negativen Aspekte und die Rückschrittlichkeit. Die enge Verwobenheit der Kirchen mit dem Christ*innentum (und christlichen Machthaber*innen) macht es in meinen Augen schwierig, sie getrennt voneinander zu betrachten und zu werten (noch dazu positiv) - zumindest je weiter Sie in die (gewaltvolle) Vergangenheit zurückgehen.



                Die Epoche Renaissance (quasi Wiedergeburt (der Antike)) wird nicht ohne Grund so genannt. Vielleicht mehr über die Antike, griechische Philosophie reden als über das Christ*innentum ...

            • @Uranus:

              Offenbar schreibe ich chinesisch. Sie werden bei Menschen immer Inkonsequenz, Bigoterie und Missbrauch von Labels finden - egal um welches Label es sich HANDELT (deshalb ja z. B. auch das ganze Brimborium um die Vergebung von Sünden). Aber das ist nicht mein Punkt. Der ist, dass es eben Abweichungen von einem moralischen Gerüst sind, das selbst großenteils christlichen Ursprungs ist. Man kann diese Abweichungen natürlich zu Recht kritisieren, Man ssollte aber, bevor man das Christentum auf Basis dieser Kritik IN TOTO verdammt, einen Schritt zurück machen und sich vergegenwärtigen, dass man damit auch einen erheblichen Teil der moralischen Basis verdammt, auf der man selbst mit seiner Kritik steht.

              • @Normalo:

                Gänzlich ignorieren, würde ich Nächstenliebe & Co nicht. Allerdings sollten die Praxis der Kirchen, deren Historie und all jene, die sich Christ*innen nennen, miteinbezogen werden. Und wie Sie weiter unten selbst schrieben, kann mensch aus der Bibel alles mögliche herauslesen. Hieraus folgt ja auch ein Teil der Breite verschiedenen Handelns. All das genannte mitgedacht, kommt es mir schräg vor, dem Christ*innentum einen so großen Anteil beizumessen. Zumal Ethik ein Teil der Philosophie ist. Das andere ist Moraltheologie. An sich finde ich es herausfordernder und spannender, wenn ethische Konzepte ausgearbeitet sind, die eben nicht stumpf auf ein Buch ("Steht da so"), fiktive Person ("Hat er so gesagt/befohlen") oder Strafe ("Sonst kommst Du in die Hölle") verweisen, sondern die logisch aufgebaut sind. Das sich Menschen freiwillig aus eigener Erkenntnis heraus moralisch handeln, finde ich beachtenswert, weniger, wenn Handlungen/Haltungen normativ oder religiös hergeleitet ist. Allgemein finde ich es ermüdend, wenn das Christ*innentum als (alleiniger) Moralbegründer dargestellt wird. Das haben Sie nicht (ganz so stark) gemacht, aber andere hier weiter unten. Kritik und Unmut gegenüber diesen Märchenerzählungen kann ich nur allzu gut nachvollziehen. Dann doch lieber über philosophische Ansätze reden, die ja meist wesentlich älter sind als das neue Testament.

              • @Normalo:

                Ich finde, Ihr radikaler UND zugleich abwägender Ansatz von Religionskritik ehrt Sie. Wenn schon Religionskritik, dann richtig, d.h. Religionskritik hat auch immer Ideologiekritik zu sein. Da werden dann manche atheistischen (marxistischen) Kritiker des Christentums ganz blass. Und, bitteschön - aber da renne ich bei Ihnen wahrscheinlich offene Türen ein -, Ideologiekritik im umfassenden Sinne, nicht jeweils bloß partikular als “Kritik” am Christentum, am Islam (als Kritik getarnte Islamophobie) oder am Judentum - da kann’s sogar ganz schnell antisemitisch werden.

      • @Normalo:

        [Johannes 15, 6.] Jesus sagt: „Wer nicht in mir bleibt (wer mich ablehnt), der wird weggeworfen wie eine verdorrte Rebe. Man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, sie muss verbrennen.“

        Bringt einen echt zum Nachdenken, dieser Jesus.



        Eines habe ich jedoch nie Verstanden: Jesus ist ja Gott und somit Unsterblich. Was hat er damit bewiesen, sich selbst zu Foltern und drei Tage später gut gelaunt zurück zu kommen? Schmerzen wird der Allmächtige durch ein paar Nägel ja wohl nicht haben.

        • @Genosse Luzifer:

          Wie gesagt: Wer in der Bibel Widersprüche finden will, WIRD sie finden. Davon abgesehen hat Jesus immer fein unterschieden zwischen diesseits und Jenseits. Seine harten Saiten zog er nach meiner Erinnerung eher in Bezug auf das Jenseits auf. Für das Diesseits predigte er eher, dass man eben NICHT so herzlos mit Anderen umspringen sollte ("Wer ohne Sünde ist,...", der verlorene Sohn, diverse Zöllner-Gleichnisse, Bergpredigt usw.).

          Und nochmal die Frage: Woher kommen diese Werte, WENN NICHT aus der christlichen Überlieferung? Warum hat die Kirche sie - NEBEN der ganzen Misanthropie, Verbieterei, Inquisition etc. - immer schon so inständig gepredigt? Kosmischer Unfall, dass den Bösen plötzlich Gutes aus dem Munde schwoll?

  • Ich bin religiös verwildert aufgewachsen. Mein Vater war Ex-Protestant, der außer dem berühmten moralinsauren protestantischen Arbeitsethos nichts beibehalten hatte, und meine Mutter war ungetauft, so wie ihre Mutter und Großmutter. Die christlichen Feste machte ich mit, weil alle es machten, aber ohne inneren Bezug.



    Die Vertreter der Kirchen hatten auf mein Leid keine Antworten. "Gott will es so.", "Gott will uns prüfen."



    Jemand, der foltert und tötet, um dann einen Beweis meiner Liebe zu verlangen? Das hat mich schon vor 50 Jahren abgestoßen, und je mehr ich von der Welt sehe: Falls es ein Schöpferwesen gibt, hat es uns eh längst vergessen.



    Die Art Religion, die ich mir als Kind selbst zusammengezimmert habe, entspricht in etwa dem Animismus. Jedes Tier, jede Pflanze, jeder Mensch, auch jeder Stein und jedes Ding ist beseelt und muss mit Respekt behandelt werden. An Weihnachten erfreuen mich die Lichter in der Dunkelheit, ich empfinde die Wintersonnenwende stärker als den Geburtstag eines kleinen Jungen namens Jesus.



    Mit der Thailänderin, die im Garten ein Geisterhäuschen aufstellt, habe ich tiefere Resonanz als mit christlich-kirchlichen *zensiert*.

    • @Die Schnetzelschwester:

      “Jemand, der foltert und tötet, um dann einen Beweis meiner Liebe zu verlangen?”



      Eine gute Frage, darüber bin ich auch schon oft gestolpert. Allerdings komme ich zu folgender Antwort: das Leid, das Menschen anderen Menschen zufügen - aus nicht-anthropozentrischer Sicht: was wir aller “Kreatur” zufügen - ist derart unermesslich, das es nach menschlichem Ermessen nicht vergeben werden kann. Jedenfalls kann ich persönlich das von den Opfern meiner eigenen Handlungen weder erwarten noch fordern.



      So seltsam es erscheinen mag: den stellvertretenden Kreuzestod des Gottes-/Menschensohns empfinde ich immer noch als eine Freisprechung von persönlicher Schuld gegenüber Anderen. Es geht dabei nicht um billige Absolution/Rechtfertigung, es geht um Vergebung, die menschliche Maßstäbe überschreitet.



      Ich weiß, man könnte mir damit leicht einen Schuldkomplex unterjubeln, überhaupt ist es heutzutage ja aus der Mode gekommen, von Schuld und Verantwortung zu sprechen.



      Für mich ist daher das Bild des gekreuzigten Christus immer noch Dreh- und Angelpunkt meines persönlichen Glaubens. Ich denke das jedoch zusammen mit der Auferstehung, sonst wäre es wahrscheinlich tatsächlich nur eine Art Todeskult.



      Ich habe mich auch intensiv mit dem Buddhismus und der jüdisch-christlich-islamischen Mystik befasst, praktiziere selbst Zen-Meditation - mehr oder weniger “erfolgreich” -, von den genannten christlichen Kernaussagen werde ich mich jedoch nicht verabschieden. Die halte ich für essentiell.



      Mit ihrer “animistischen” Haltung kann ich mich übrigens auch gut anfreunden. Ich glaube, es war Erich Fried, der sagte, seine Tierliebe im Kindesalter habe ihm den Weg zu seiner späteren Menschenliebe als Erwachsener geebnet.

    • @Die Schnetzelschwester:

      Ok, verstanden - SIE brauchen keine Kirchen.

      Aber macht sie das objektiv überflüssig? Es gibt offenbar auch - noch - nicht zu knapp Leute, die an die Dreifaltigkeit glauben, sehr wohl einen "tiefe Resonanz" spüren, wenn sie in einem christlichen Gottesdienst sitzen, die sich NICHT ihre eigene Spiritualität zusammenzimmern müssen wollen sondern dankbar sind für eine gewachsene Autorität, die ihnen das abnimmt und Glaubenssätze vorgibt - und die gefestigt genug erscheint, dass sie es ihr abnehmen können, wenn sie ein Leben nach dem Tod verheißt.

      Man muss diese Bedürfnisse nicht teilen (tu ich auch nicht), um sie zumindest respektieren zu können. Von daher verstehe ich den Zweck Ihres Postings nicht so ganz. Meinen Sie, was SIE nicht brauchen, braucht auch niemand sonst?

      • @Normalo:

        “… wenn sie in einem christlichen Gottesdienst sitzen, die sich NICHT ihre eigene Spiritualität zusammenzimmern müssen wollen sondern dankbar sind für eine gewachsene Autorität, die ihnen das abnimmt und Glaubenssätze vorgibt - und die gefestigt genug erscheint, dass sie es ihr abnehmen können, wenn sie ein Leben nach dem Tod verheißt.”



        Okay, ich erkenne schon, Sie sind katholisch oder Lutheraner. (Stimmt’s oder bin ich mal wieder voll ins Fettnäpfchen getreten?) Die beiden Volkskirchen, die in letzter Zeit - aus wohl unterschiedlichen Gründen - die größten Abgänge an Mitgliedern zu verzeichnen haben. Die Antwort auf diesen Schwund geben Sie ja selbst, nur müssen Sie dann auch akzeptieren, dass sie zu Minderheitenkirchen werden (im Osten sind sie es schon) - was ja nicht das Schlechteste sein muss, im Gegenteil.



        Ein Leben nach dem Tode? Hm. Ich halte es da mehr mit dem Neutestamentler Willi Marxsen, der mal sagte: er wisse nicht, könne nicht wissen, OB es ein Leben nach dem Tod gebe. Das Entscheidende sei jedoch, dass schon der Glaube daran das Leben im DIESSEITS nachhaltig verändere.



        de.m.wikipedia.org/wiki/Willi_Marxsen

        • @Abdurchdiemitte:

          Um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin ein in einer AUCH stark christlich geprägten Gesellschaft ("Abendland") sozialisierter, überzeugter Agnostiker - und der Meinung, dass jedwede Religion höchstwahrscheinlich keinen göttlichen Ursprung hat, sondern den Wünschen und Ängsten von Menschen entstammt, insbesondere dem Wunsch nach einem Sinn des Lebens und der Angst vor dem Tod. Die habe ich auch (nur vielleicht nicht so stark), also kann ich verstehen, wenn andere Menschen zu solch ausladenden Gedankenkonstrukten greifen, um sich besser zu fühlen. Denen von ihnen, die dabei - wie auch immer - zum christlichen Glauben gekommen sind, helfen die Kirchen trotz all ihrer Fehler. Das Ergebnis dieser Hilfe ist sicher zweischneidig und in erheblichen Teilen kritikwürdig, aber was ist das nicht?

          Mein Verständnis hört auf, wenn diese Bedürfnisbefriedigung aggressiv betrieben wird, also Andere gezwungen werden sollen, den Gläubigen durch Mitmachen bei der Selbstbestätigung zu helfen, oder wenn Menschen jenseitige Verheißungen zur Durchsetzung ihrer ausschließlich diesseitigen Interessen missbrauchen. Ansonsten soll bitte gerne Jeder nach seiner Facon glücklich werden.

    • @Die Schnetzelschwester:

      Da ginge ich mit. Wenn schon glauben, dann animistisch. Vor jedem Baum und vor jeder Raupe habe ich Ehrfurcht - aber bestimmt nicht vor einem Pfaffen.

      • @Zebulon:

        Auch ein Pfaffe ist ein zunächst mal ein Lebewesen...

        • @Normalo:

          Liggers - das mußte in Volkers 👄 der durchs gebretterte Autofahrer letztlich auch akzeptieren - …und keine große schwarze 🐈‍⬛ mit weißer Halskrause! Woll



          Halt dumm gelaufen! Newahr.



          Na normal - Schonn - wa!

  • Eine Meisterleistung intellektueller Unredlichkeit, auf die das französisches Sprichwort passt:

    »On ne peut pas avoir le beurre et l'argent du beurre.«

    (Du kannst nicht die Butter haben und das Geld für die Butter behalten.)

    • @Bernardo Januar:

      Wenn man es ernst nimmt mit der intellektuellen Redlichkeit, landet man bei Hans Küngs Aussage, dernach für Gott aus aufgeklärter Sicht nur der Sekundenbruchteil vor dem Urknall übrigbleibt. Alles danach lässt sich naturwissenschaftlich erklären.

  • Huch, es gibt doch auch hierzulande noch denkende Menschen, die nicht alles nur verdammen, weil christlich drauf steht. Das läßt hoffen.

  • Wer an den lieben Gott glaubt,

    seine Güte, ihn als Friedensstifter ansieht und in ihm die Erlösung sieht....



    Glaubt auch an Schneewittchen und die 7 Zwerge.,



    Wenn die Weltgeschichte eines lehrt ....



    Einen lieben und gute Gott hat es nicht und wird es nie geben

  • Liebe Leute - Religiosität bedeutet nicht Kirche, sondern Transzendenz. Die Natur kennt keine "Macht", da sie selbst "machtlos", d.h. das Ergebnis dialektisch wirkender Kräfte ("polytheistisch"), ist.

  • Ähm.. nein? Was würde Herr Pollak von einem hochgebildeten, feingeistigen Verein von Päderasten sagen? Sie seien ja immerhin auch noch hochgebildet und feingeistig? Es gibt nicht nur schlechtes Wissen das gutes Wissen zudeckt, es gibt auch schlechte Taten die alles andere überdecken, zumindest so lange sie fortdauern. Und diese Tat dauert immer noch fort, weil sich die Kirchen immer noch hinter (willkürliche?) Verjährungsfristen verstecken und sich immer noch schlicht weigern die Opfer auch nur annähernd für deren misslungenes Leben zu entschädigen.



    Es beweist mir das sich dort absolut NICHTS geändert hat, und man schlicht nur abwartet bis sich die Herde wieder zur Ruhe kommt um dann die nächste Beute zu schlagen. Dieser, aus dem "Glauben an die heilige katholische Kirche" entstandene Anspruch auf buchstäblich blindes Vertrauen hat natürlich auch viele angelockt die sich darauf verstehen diese Eigenschaft auszunutzen und das seit über 1000 Jahren.



    Nein, nein: Glaube mag ja gut und schön sein, aber er steht nur und allein einem Gott zu! An jedem anderen Platz erzeugt er nur Ungeheuer.

    • @da Customer:

      Richtig.

  • Das Christentum hat über Hunderte von Jahren versucht, den Glauben zu internalisieren – mit Gebetsbüchern, mit Ritualen, mit Kirchengeläut, mit Schuldbekenntnissen, mit Buße und Sühne und so vielem mehr.



    ---



    Mhmmm, ... und das hat nicht ganz geklappt! Doch Heute scheint es eine Chance für einen Wende zu geben!



    Beleg:



    Der englische Gruß im Neuen Testament nach Lukas:



    „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ – Lk 1,28 EU



    ist einen fehl Übersetzung!



    Der Begriff "mit" ist wohl falsch, "bei" oder "in",, da streiten Philologen & Theologen noch wäre der richtige Ausdruck!



    Damit wäre auch der uralte Streit (seit Nicaä) öb Jesus ein Menschen- oder Gottessohn sei beigelegt & an den "Menschen & seine Aussagen" können wir wieder glauben! :-)



    Wir "glauben" ja auch an Lindner, Merz. Söder, einige an Höcke, ja sogar an S.Wagenknecht!



    Frohe Weihnachten schon mal! Wenigstens für die, die schon allen Geschenke gekauft haben & damit ihre Konsum-Pflicht erfüllt haben! :-(.

    • @Sikasuu:

      An Weihnachten feiern wir ja eigentlich die Menschwerdung Gottes. In älteren vorchristlichen Lehren und Kulturen geht es zu dieser Jahreszeit auch um den Einbruch des Lichts in die Dunkelheit der Nacht. Eigentlich eine schöne, mutmachende Metapher, sogar losgelöst vom ursprünglichen spirituellen/religiösen Kontext.



      Insofern verstehe ich Ihren Weihnachtsgruss auch gar nicht als so sarkastisch. Ob das mit oder ohne Geschenke an unsere Lieben passiert, ist dabei unerheblich, obwohl ich die in Ihrem Weihnachtsgruss zum Ausdruck gebrachte Konsum-Kritik durchaus teile.



      Wenn wir also von der Menschwerdung Gottes im Weihnachtsgeschehen sprechen, ist - denke ich - vielen (christlichen) Zeitgenossen die Tragweite und Radikalität dieses Geschehens heutzutage überhaupt nicht bewusst.

  • Die Vorstellung, dass man erbittert versucht an einem Glauben festzuhalten und die Lebensrealität diesen Glauben immer wieder auf die Probe und zur Prüfung stellt, ist der blanke Horror.



    Ich glaube nicht und ich weiß nicht (ob es "da oben" jemanden gibt). Damit habe ich meinen Frieden gemacht und diesen möchte ich mir erhalten.



    Und für viele Menschen wird es in den kommenden Tagen dann doch wieder spürbar: die Tage werden wieder länger, die Nächte kürzer - Wintersonnenwende. Ein Grund zu feiern.

    • @NurFürDieKommentareHier:

      Es geht mir nicht und "den da oben" - da habe ich auch meine Zweifel, zumindest habe ich eine andere Sicht auf einen möglichen Schöpfer als die Kirche. Dennoch sind die Werte, die vermittelt werden, richtig. Darin sehe ich die Aufabe der Kirche -als Mahner.

  • Kirche ist mehr als der Glaube an Gott und die kirchlichen Rituale. Sie mahnt uns, Christliche Werte zu teilen und zu behüten. In einer Welt, die immer mehr auseinanderdriftet, wo statt sittsamer Diskussionen immer mehr Hass und Hetze Einzug hält, mahnt die Kirche Werte an, die nie wichtiger waren als heute.. Werfen Sie einen Blick auf die Charta der Menschenrechte -da steckt viel Christliches drin. Ich bin früher eigentlich nie zum Gottesdienst gegangen. Mittlerweile mache ich das öfters, weil ich hier einen Hort der Ruhe finde und Menschen guten Willens ohne Vorbehalt.

    • @Krumbeere:

      " Sie mahnt uns, Christliche Werte zu teilen und zu behüten."

      In letzter Zeit gab es reichlich Beispiele, wie intensiv sie das tut...

      Über die Vergangenheit sprechen wir lieber garnicht erst.

    • @Krumbeere:

      Ja, die Kirche mahnt und mahnt und mahnt. Hass und Hetze von Seiten der Kirche gab es natürlich nie, Frauen und Homosexuelle und aufständische Bauern und Barbaren und Heiden und Ehebrecher und Juden und Hexen mal ausgenommen, stehen die christlichen Kirche ja wohl schon immer ALLEN Menschen sehr tolerant gegenüber!

      • @Brokkoli_1979:

        Wo Macht ausgeübt wird, wird auch Macht missbraucht -da macht die Kirche keine Ausnahme. Ja im Mittelalter gab es Hexenverbrennung, Kreuzzüge und vieles mehr. Was Deutschland und seine Abgründe betrifft sind es gerade mal 80 Jahre. Wollen Sie das heutige Deutschland dennoch auf ewig verdammen?



        Bei all den Fehlern, die auch die Kirche begangen hat, sind die gelehrten Werte dennoch richtig und ein Mahnmal für uns alle. So wie sie ihren Text formulieren haben sie anscheinend christliche Werte nicht verstanden und stehen für Krawall statt Austausch.

        • @Krumbeere:

          Ich schätze schon, dass BROKKOLI_1979 die christlichen Werte verstanden hat. Mensch könnte meinen, dass christliche Institutionen sie selbst nicht verstanden und das teils bis heute hin. Andererseits könnte mensch meinen, dass manche derer (diverse Freikirchen, Katholische Kirche) Auslegung Homofeindlichkeit u.ä. bedeutet und somit aus humanistischer Sicht abzulehnen sind. Die katholische Kirche bspw. meint ja christliche Werte zu vertreten und so eben über sehr lange Zeit hin, dass Homosexualität nach deren Auslegung "sündhaft" u.ä. sei.. Wobei seit kurzem offenbar ein Segen mit Auflagen, quasi Segen zweiter Klasse, für homosexuelle Paare ermöglicht werden soll ...

        • @Krumbeere:

          Wenn der säkulare Staat Menschen tötet, dann braucht er dafür keine Kirche. Das war beim Holocaust und WK2 so und auch bereits bei den Hexenverbrennungen.

          "Für den Bereich der Hexenprozesse bleibt jedoch festzuhalten, dass die Verfahren in erster Linie von weltlichen Institutionen angestrengt und vor staatlichen Gerichten verhandelt wurden. Prinzipiell musste die weltliche Herrschaft bereit sein, Hexenprozesse zu fördern oder wenigstens zu tolerieren und ihren Verwaltungs- und Justizapparat hierfür zur Verfügung zu stellen. " (Wikigedöns)

          • @Rudolf Fissner:

            Diese Argumentation taucht immer wieder auf, um die Kirche reinzuwaschen. Allerdings ist sie stark verkürzt und lässt wesentliche Faktoren außer Acht.

            Die Kirche legte mit ihren Lehren die Grundlage für Verfolgungen (s. z.B. Hexenhammer) und sie hatte auch ein gewaltiges Druckmittel. Weltliche Machthaber, die nicht genug Eifer zeigten, setzen sich dem Verdacht aus, selbst im Bunde mit dem Teufel zu stehen. Und so und so hielt die Geistlichkeit den Schlüssel zum "ewigen Leben" in der Hand. Sie zu verärgern, war riskant.

            Und nicht zuletzt lagen weltliche und geistliche Macht (gerade auch in D) nicht selten in einer Hand. Dort ist eine Trennung überhaupt nicht möglich. Einer der schlimmsten Massenmorde an angeblichen "Hexen" in D fand in Bamberg statt. Durch denn dortigen Fürstbischof und seine Handlanger.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Der Hexenhammer konnte "Trotzdem [] weder kirchliche noch weltliche Anerkennung finden." (Wikigedöns) Das Werk hat seine Bekanntheit vor allem durch seine hohe Auflage. Das seinerzeit florierende ziemlich weltliche Druckwesen hat seinen Reibach damit gemacht.

              Auch theologisch passt das ganze Hexen-Zaubereigedöns nicht in das Lehrgebäude der Kirchen.

              Die immer wieder behauptete Allmacht der Kirchen ist nur der übliche Trick, die überwiegende säkularen Aspekte auszublenden.

              Die jurstischen, theologischen und machtpolitischen Verantwortlichkeiten liegen ebenso wie die konkrete Durchführung von der Anklage bis zur Tötung bei den weltlichen Instituionen.

              Der Bürger, wie auch die jeweilige Kirche hat sich nach dem Hegemon zu richten "Cuius regio, eius religio" ( de.wikipedia.org/w...egio,_eius_religio )

              • @Rudolf Fissner:

                Der Hexenhammer wurde bestimmt von gelangweilten Hausfrauen gelesen 😁

                Aber im Ernst.

                "Auch theologisch passt das ganze Hexen-Zaubereigedöns nicht in das Lehrgebäude der Kirchen."

                Mose 22:17 "Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen." steht nun mal in der Bibel und nicht in einem Kochbuch. Es es war über sehr lange Zeit Handlungsfaden.

                Und es geht auch nicht darum, alles auf die Kirchen zu schieben. Nur um die Versuche, die Kirchen reinzuwaschen.

                Es ist schwierig, bis zur Aufklärung kirchliche und weltliche Macht zu trennen. Beide waren eng verquickt. Das schloss Machtkämpfe untereinander nicht aus. Man denke nur an Canossa. In der Regel war es aber so, dass die weltliche Macht (das Schwert) die Kirche schützte und ihre Gegner und Abweichler mit härte verfolgte. Im Gegenzug lieferte die Kirche die idiologische Rechtfertigung für das weltliche Herrschaftssystem (z.B. Gottesgnadentum der Herrscher).

                Praktisch haben wir 2 Seiten einer Medaille. Und das natürlich auch bei der Hexenverfolgung.

                "Der Bürger, wie auch die jeweilige Kirche hat sich nach dem Hegemon zu richten "Cuius regio, eius religio""

                Nett aus dem Zusammenhang gerissen.

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  “Praktisch haben wir 2 Seiten einer Medaille.”



                  Da haben Sie einerseits den Nagel auf den Kopf getroffen, vermutlich auch hinsichtlich der Geschichte des Hexenwahns und speziell der Rolle, die ein Friedrich Spee dabei spielte. Die Veröffentlichung der zweiten Auflage seiner Cautio Criminalis geschah ja - soweit ich weiß - mit ausdrücklicher Billigung der Jesuiten, dem Orden, dem Spee als katholischer Kleriker angehörte. Und wenn man sich die kirchenpolitischen Machtspielchen jener Zeit anschaut - speziell die Rolle, die die Jesuiten dabei spielten - , kann man sich natürlich 1 und 1 zusammenrechnen.



                  Grundsätzlich zeigt diese Geschichte auch, dass kirchlicher Machtanspruch und Aufklärung kein Widerspruch sein mussten, je nach Konstellation eben. Den aufständischen Bauern im Jahrhundert zuvor war da weniger Glück beschieden: sie fanden in Martin Luther keinen einflussreichen Fürsprecher, im Gegenteil, die Kirche verband sich mit den protestantischen Fürsten, um deren - übrigens biblisch abgeleiteten - Forderungen nach Gerechtigkeit brutal niederzuschlagen.

                • @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Ich frage mich immer, wie man auf "Reinwaschen" kommt, wenn man mal ein paar Fakten auf den Tisch legt. Wenn dann auch noch die Geschichte der Neuzeit mit Bibelzitaten von vor ein paar tausend Jahren beschrieben wird, dann wird es vollends amüsant.

                  Das zeigt: es hat weniger mit Reinwaschen zu tun als vielmehr mit einem großen Strauß an Vorurteilen. Ist es so schwer wissenschaftliche Ergebnisse einfach mal zu akzeptieren?

        • @Krumbeere:

          Ich kann mich noch gut erinnern, wie dagegen gewettert wurde, Vergewaltigung in der Ehe zur Straftat zum erklären. Ein Angriff auf die "heilige" Institution Ehe!

          Nur ein Beispiel. Und es ist noch nicht lange her.

          Es gibt Christen, die tatsächlich Werte haben und danach leben. Das ist achtenswert. Aber es gibt auch genug, die nur über "Werte" reden und dann auf ihren Mitmenschen rumtreten.

          Um anständig zu sein braucht es weder Gott noch Kirche. Es braucht vor allem Anstand.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Anstand sind Werte, die dem christlichen Glauben entspringen. Dafür bräuchte es keine Kirche, da gebe ich ihnen Recht. Aber wer lehrt dann die Kinder, was Anstand ist. Wer mahnt ethische und moralische Grundsätze zu achten wenn es keine Kirche gibt?

            • @Krumbeere:

              Den Begriff 'Anstand_ würde ich nicht verwenden. Ich assoziere das mit Konservatismus.



              Ich nehme an, Sie meinen mit 'Anstand' einen respektvollen Umgang mit Mitmenschen - wobei ich durchaus auch andere Tiere einschließen würde. Für eine Herleitung eines respektvollen Umganges braucht es aber meiner Ansicht nach weder Glauben noch Kirchen. Unter Ethik sind grob gesagt Theoretisieren von menschlichen Handlungen und ihren Bewertungen zu verstehen. Ethische und moralische Grundsätze werden gesellschaftlich und kulturell geprägt, begleitet und "überwacht". Als Teil der Gesellschaft machen dies auch Kirchenleute. Allerdings machen sie dies aus einer abgeleiteten und angeeigneten Autorität heraus mit Berufung auf ein altes Buch und (fiktiven) Gott. Ich halte es da mit der Aufklärung, wonach mensch Mut haben möge, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und zu versuchen, sich aus der eigenen Unmündigkeit zu befreien. Das heißt Gedankengebäude, Autoritäten (auch Religionen und deren Vorgaben) zu hinterfragen, vom Sockel zu stoßen und sich eigene Gedanken zu machen. Nun muss mensch das Rad nicht neu erfinden. Es gibt viele ethische Ansätze. Herausfordernd ist es wohl, sich konsistentes Verhalten zu erarbeiten, zu erhalten und nicht (stark) opportunistisch, nihilistisch, egoistisch, relativierend zu werden ...

            • @Krumbeere:

              "Wer mahnt ethische und moralische Grundsätze zu achten wenn es keine Kirche gibt?"

              Ethik in der Schule. Und natürlich die Eltern. Es gibt viele Möglichkeiten. Ganz ohne Götter.

            • @Krumbeere:

              Die Kirche lehrt Moral?



              Wie? Wann?



              Frauenverbrennen, Kindesmisdbrauch, Töten von Ungläubigen, Bestrafung von sexuel anders orientierten Menschen.....

              • @Ria Hummelhain:

                Das ist vielleicht ETWAS verkürzt. Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Vergebenkönnen, der Begriff "Gemeinde" - all das stammt nicht aus irgendwelchen säkularen Denkschulen, sondern aus der christlichen Heilsbotschaft. Wenn Sie die Menschenrechte durchgehen und sie mit dem vergleichen, was andere Zivilisationen so an Wertesystemen hervorgebracht haben, landen Sie vielfach - nicht ausschließlich - bei der Bibel als maßgeblicher Quelle. Ich würde sogar soweit gehen, dass Marx ohne christliche Ideale so nie hätte verfangen können. Ohne sie wäre er wahrscheinlich entweder nie auf seine Ideen gekommen oder wäre komplett verlacht worden. Und ohne die Kirchen wäre Jesus in den Augen der Welt einer von vielen idealistischen Spinnern, die es irgendwann mal gab, die man aber nur als historische Randerscheinung in Fachkreisen studiert.

                Dass die Kirchen dieses moralische Erbe teils in sehr irdischer Fehlbarkeit verwaltet und etliche Male auch geradezu pervertiert haben, sei unbestritten. Aber so zu tun, als wären die Grundsätze, die sie immer schon gepredigt haben, Kirche hin oder her, einfach "da", ginge auch weit an der Realität vorbei.

            • @Krumbeere:

              Anstand findet man auch bei Amazonasvölkern und auf Papua-Neuguinea, ohne dass dort jemals "christliche Werte" vermittelt wurden. Auch Römer, Ägypter und Chinesen waren im Allgemeinen "anständige" Leute. Die konfuzianische Moral kommt sogar ganz ohne Gottheit aus.



              Ehrenhaftes oder anständiges Verhalten wurde und wird allerdings unterschiedlich definiert, auch innerhalb derselben Weltanschauung.



              DIe Evangelikalen in den USA sind soagr so "Christlich", dass sie Jesus als "Kommunist" ablehnene. Also bleib wir weg mit dem Christentum.

            • @Krumbeere:

              "Anstand sind Werte, die dem christlichen Glauben entspringen."

              Dann können also Menschen ohne christlichen Hintergrund keinen Anstand besitzen? Moslems, Hindus, Buddhisten, Atheisten usw.?

              Es ist schon etwas peinlich, wenn Christen behaupten, sie hätten die Moral gepachtet.

              "Wer mahnt ethische und moralische Grundsätze zu achten wenn es keine Kirche gibt?"

              Anständige Menschen. Die sind nicht immer in der Kirche. Manchmal (Missbrauch!) mussten sie der Kirche sogar erst ordentlich in den Hintern treten.

              • @warum_denkt_keiner_nach?:

                Anstand gibt es sicher in allen Kulturen. Die Frage ist nur, was er beinhaltet. Die Kombination von Werten, die wir heute meinen, als universellen "Anstand" betrachten zu dürfen, ist in seiner globalen Bedeutung eigentlich nur ein Resultat der (meist nicht sehr anständigen) Verbreitung des christlichen Moralcodex durch unsere Vorfahren, würde ich sagen.

                • @Normalo:

                  Unterscheidet sich der christliche Moralcodex (was ist das genau?) wirklich so sehr vom Moralkodex der Angehörigen anderer Religionen?

                  Und ist er konstant? Viele Dinge, die wir heute als Teil unseres Moralcodex betrachten, wurden gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen durchgesetzt. Frauenrechte, Rechte von LGBTQIA+, überhaupt sexuelle Freiheit, Glaubensfreiheit (inklusive der Freiheit nicht zu glauben), Gleichheit der Menschen usw. usw.

                  Die christlichen Kirchen waren in Europa lange Zeit feste Stützen von Unterdrückungssystemen.

                  Nicht zu vergessen, dass auch heute noch fleißig die Bibel geschwungen wird, wenn es darum geht, sie Zeit zurück zu drehen. Man muss nur in die USA schauen.

                  • @warum_denkt_keiner_nach?:

                    Heilsbotschaft und Dogmatik sind nicht dasselbe - bei den allermeisten Religionen zumindest.

                    Wenn Sie also mal mehr in moralischen Grundzügen denken, als in dem konkreten Regelwerk, dann werden Sie feststellen, dass Konzepte wie universelle Menschenrechte, der Respekt vor ALLEN, auch vor "Verlierern", als gleichwertigen Menschen, das generelle "Wie Du nicht willst, dass man dir tu..." usw., die wir für selbstverständlich nehmen, wenig Basis außerhalb des Christentums finden. Was Milliarden von Menschen über 2000 Jahre hinweg daraus sonst noch alles für einen Sch... zusammenbauen können, ist sicher AUCH real. Es ändert aber an der grundsätzlichen - leicht paradox klingenden - Tatsache nichts, dass wir eben jenen Sch... vor allem DESHALB als solchen erkennen, weil wir eine christlich geprägte Moral unterlegen.

                    • @Normalo:

                      Ich gebe es auf.

                      Wenn Christen glauben, spielen Tatsachen keine Rolle.

                      All die Dinge, die Sie aufzählen, sind aufgekommen, nachdem die Macht der Kirchen zurückgedrängt wurde. Sie wurden gegen die Kirchen durchgesetzt.

                      Und genau da liegt die Grundlage moderner Moral und Freiheit. Erst wenn der Mensch nicht mehr von religiösen Dogmen beherrscht wird, kann er frei leben.

                      • @warum_denkt_keiner_nach?:

                        Nur die Menschrechte als solche wurden erst nach der Aufklärung definiert. Und sie (also angefangen vom KONZEPT eines Rechts des Einzelnen, dass er gegen die Gesellschaft unbedingt durchsetzen kann) sind selbst ein Ausfluss aus dem Postulat, dass jeder Mensch auf Erden Respekt verdient, und DAS stammt direkt aus dem neuen Testament - ebenso wie Konzepte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Vergebung von Sünden etc.. All diese Dinge hat ein gewisser Jesus von Nazareth mal als Ausdruck der Liebe Gottes propagiert und gefordert, dass sie allen Menschen zustehen mögen ohne Ansehung von was auch immer - weil jeder einzelne Mensch an sich einen überragenden(!) Wert darstellt. Wo gibt es das sonst?

                        Und das frage ich historisch. Ich bin weder religiös noch gläubig. Nur bin ich AUCH nicht so verbohrt zu glauben, diese Areligiosität mache mich immun gegen die Übernahme eines ethischen Grundgerüsts, das sehr wohl zu erheblichen Teilen aus einer religiösen Heilslehre stammt.

                        Man vergisst angesichts der langen Liste von Verfehlungen der Kirchen gerne, dass sie nicht nur aus diesen bestehen, sondern eben auch aus einer moralischen Kernbotschaft, die heute wie vor 2000 Jahren gelehrt wird (und die OHNE die Kirchen wahrscheinlich längst vergessen wäre, DURCH sie aber aber so tief in unserem moralischen Empfinden verwurzelt ist, dass wir ihre Herkunft schon kaum noch merken).

            • @Krumbeere:

              Mit welchem Recht unterstellen Sie, dass religionslose Menschen keinen Anstand und keine ethischen Grundsätze haben können?



              Nach meinen Erfahrungen ist oft das Gegenteil der Fall, bei den Religiösen regiert die Scheinheiligkeit.



              Man fühlt sich gerecht und in seinen Handlungen gerechtfertigt, weil man glaubt ja.



              Der Ungläubige neigt mehr zum Reflektieren seiner Handlungen.

              • @The Calif:

                Sicher gibt es religionslose Menschen die Anstand leben. Gott sei Dank ist das so (passendes Wortspiel). Der Anstand, den auch religionslose leben, kommt aus der christlichen Lehre. Behüten sie ihren Anstand, dann sind sie christlich genug.

            • @Krumbeere:

              Leute, welche diese Werte tatsächlich auch vertreten?



              Werte anzumachen und selbst darauf zu pfeifen überzeugt niemanden. Ganz abgesehen davon, dass ich Homophobie, Frauenhass und blinden Gehorsam nicht als "ethische und moralische" Grundsätze bezeichnen würde.

  • Also der Herr ist zwar nicht gläubig, macht aber dennoch alles mit, bringt seinen Kindern die Traditionen bei, geht zu den Kultversammlungen und Kritik kommt nur pflichtschuldig auf Nachfrage. Dabei vergisst er natürlich was neben den Sexualstraftaten noch stattfand oder findet: Unterdrückung, Ausbeutung, Zusammenarbeit und aktive Unterstützung faschistischer Regime, dass sie sich an Steuergeldern bedient, als würde ihr das zustehen. Mir kommt da das Wort "Indoktrination" in den Sinn. Obwohl er sich, zumindest nach eigener Aussage, "Verstandsmäßig" von Gott gelöst hat macht er pflichtbewusst alles mit und verbreitet diese Ideologie noch weiter.



    Das Religion ein Herrschaftsinstrument ist sieht man dieser Tage ja leider im Nahen Osten, wo religiöse Extremisten versuchen, die Israelis im Namen ihres Gottes auszulöschen.



    Schon klar, dass sich um Weihnachten herum viele freuen, wenn man ihnen sagt, dass ihr Glauben nicht aus der Zeit gefallen ist und Gott vielleicht ja doch existiert. Wahr ist es deswegen nicht.



    Freuen wir uns lieber auf ein echtes Fest: Eine weitere Umrundung unserer Sonne, welche nicht nur existiert, sondern uns mit Licht und Wärme versorgt. Und, als wäre das noch nicht genug, entzückt sie uns auch noch mit allerlei Farbspielereien.



    Gelobt sei die Sonne!

    • @Genosse Luzifer:

      Praise the sun!

      • @Die Schnetzelschwester:

        Ramen!

  • Ob es Gott (oder Götter?) gibt oder nicht: wenn eine Sache klar ist, dann, dass keine Gottheit uns hilft, aus der von uns Menschen selbstangerichteten Scheiße rauszukommen!

    • @Ajuga:

      Gute Nachricht: Genau darum geht es an Weihnachten. Ein Erlöser kommt in eine zutiefst erlösungsbedürftige Welt.

  • halloween hat seinen ursprung im keltischen druidentum und dem glauben, daß die verstorbenen seelen da unterwegs sind.



    bezüge bestehen auch zum "wilden heer" in den sog. rauhnächten zwischen weihnachten und neujahr.



    da ist der harlequin - der anführer des wilden heers (in schillernder montur) unterwegs als anführer der verstorbenen bzw. deren seelen, die dann den himmel beherrschen.

    "Samhain: Die Toten sind unterwegs

    Der Mythologie nach machten sich an Samhain die Toten auf die Suche nach den Lebenden, die im nächsten Jahr sterben sollten. Zur Abschreckung der bösen Geister verkleideten sich die Menschen mit furchterregenden Kostümen und spukten selbst bei Nacht durch die Straßen. Große Feuer sollten böse Geister fernhalten. Vor den Häusern standen kleine Gaben ("treats"), die die Geister besänftigen und von Untaten abhalten sollten."



    www.ndr.de/ratgebe...h,halloween10.html

  • Mir fällt zu den Überlegungen Pollacks noch der herausragende Theologe Dietrich Bonhoeffer mit seinem Entwurf einer konsequent diesseitsbezogenen Religiosität ein. Leider hat er als Gegner des NS-Regimes viel zu früh sein Leben verloren. Ich denke, er hätte uns heute in einer fast durchgehend säkularisierten, individualisierten Gesellschaft noch viel zu sagen.



    www.humanistische-...etrich-bonhoeffer/



    Und natürlich noch Ernst Blochs “Atheismus im Christentum”.



    religionsphilosoph...mus-im-christentum

  • Man muss es mal so sehen: Das Christentum hatte mehr als 1.000 Jahre Zeit sich zu integrieren. Und das ist bis heute nicht gelungen. In der Öffentlichkeit drängelt es sich als zwanghafter Fremdkörper gerne in die Szene, die ihm nur durch seine innigen Bande mit den jeweiligen Machthabern zugänglich ist.

    Dabei setzt man sich auch in unserer demokratischen Zeit gemeinsam mit der durchlobbyierten Elite über die Köpfe des Wahlvolks hinweg.

    Bedenklich auch die besondere Vorliebe der römisch-katholischen Kirche sich mit allen faschistischen Regimen Europas im 20. Jahrhundert per Vertrag einzulassen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Die Kunst an nichts zu glauben" Gar nicht so einfach.



    Zum Üben: www.hanser-literat...978-3-446-24965-3/

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Auch wenn ich anscheinend nicht glaube, so glaube ich dann doch, dass es keinen Gott gibt. Wissen tun wir das alle nicht - deshalb heißt es ja auch Glaube. Das Problem der Welt ist, dass manche es eben doch zu wissen glauben.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Nichts zu glauben ist wie nichts zu denken, oder?

      • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        Nein, man glaubt um nicht denken zu müssen.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Liggers. Das Ruhrgebiet wußte diese Dreifaltigkeit schon immer! Woll



      “Glaube Liebe Hoffnung -



      Und das Geld - ist das wichtigste von den dreien.“

      • @Lowandorder:

        & nochens - ooch wieder wahr! Wollnich

        „Die Kunst an nichts zu glauben" - ? -



        Nichts leichter als das:



        “Der Glaube versetzt Berge - aber keine Misthaufen!“



        Bäuerliche Variante - 🙀 🥳 -

        • @Lowandorder:

          "Der Glaube versetzt Berge - aber keine Misthaufen!"

          Das ist eine profunde Wahrheit (völlig unironisch gemeint). Danke!

          • @Ajuga:

            Jung - das haben meine bäuerlichen Altvorderen auch so gesehen - genauso •

  • Vor einigen Jahrzehnten kamen in Deutschland Sekten auf, auch problematische Glaubensgemeinschaften, dann gab es eine gehypte esoterische Welle. Heute lese und höre ich oft von Spiritualität. Das Bedürfnis des Menschen nach Philosophie und Religion ist im Verlauf der Evolution ein wirklicher Schrittmacher kultureller Entwicklung geworden, zumindest für weite Teile der Religionen auch nachhaltig.



    www.evangelische-a...ch-spiritualitaet/



    Und wir alle lassen uns gerne anrühren von Bräuchen, die unser Herz erwärmen, dafür wurde statt Ostern oder Pfingsten Weihnachten ganz besonders zelebriert, mit erheblichen Anleihen aus anderen Traditionen.

    • @Martin Rees:

      Nur haben diese Bräuche und die schönen Ausschmückungen darum herum nichts genuin mit dem Christentum zu tun. Und auch nichts mit Glauben.

  • Im Lateinunterricht habe ich Epikur kennengelernt: „solange wir da sind, ist der Tod nicht da; und wenn der Tod da ist, sind wir nicht mehr.“ Der Schluss, den die Epikureer (die alten römischen Stoiker sprachen übrigens sehr schlecht von ihnen) daraus zogen, war der gleiche wie im Buddhismus, insbesondere in den letzten Gliedern des Edlen Achtfachen Pfads: Sei immer ganz im Augenblick, durch die Rechte Versenkung vergeht Dukkha, das Leiden, das das Leben mit sich bringt.



    Sehr viele Menschen spüren das, wenn sie meditieren, Yoga üben oder sich einfach in Sport, Bewegung oder Arbeit versenken, darin aufgehen, ihr Selbst mit allen Begierden verlieren. Diesen Zugang gab es in der Mystik und in manchen Praktiken auch der monotheistischen Religionen, im Gebet im stillen Kämmerlein, in der Kirchenmusik, in der Kunst, in der Pilgerfahrt, na klar.



    Aber: Die monotheistischen Religionen haben darüber einen Gott „Vater“ gesetzt, dessen Liebe wir uns durch „Wohlverhalten“ verdienen sollten, und die sich in vielen Fällen nach außen auch zeigen sollte. Es ist der Glaube des Patriarchats, dass der Vater streng, aber gerecht ist, und wer sich an die Traditionen hält, einen Anspruch auf Glück habe. Kaum etwas verursacht aber in unseren modernen Gesellschaften noch so viel Leid wie die Tradition des Patriarchats.



    Kurz: Was am Christentum gut ist, kennen andere Religionen und Philosophien auch, aber die christliche Tradition ist wegen der patriarchalischen Grundüberzeugung schlecht für uns alle!

    • @Zangler:

      Nun war Jesus aber ein früher Feminist.

      Er predigte eindeutig eine Religion für Frauen und Männer.

      Vergleichen Sie in der Ostergeschichte die Rolle von Frauen mit denen von Männern.

      Deshalb waren im frühen Christentum so viele Frauen aktiv, was Paulus nicht schmeckte.

      Übrigens brauchen Sie sich die göttliche Liebe gar nicht durch Wohlverhalten zu verdienen.

      Die ist sozusagen eine Vorableistung.

      Ja, Herr Pollack hat recht, das Verständnis für diese Welt und die Kenntnisse gehen zurück.

      • @rero:

        Herr Pollack spricht nicht über eine moderne Deutung Jesu Christi, sondern über christliche Tradition. Ich bestreite nicht, dass viele Äußerungen, die wir in den Evangelien lesen (vom schwer verständlichen Johannes mal abgesehen), durchaus beachtenswerte ethische Prinzipien in verständlicher Sprache darlegen und damit auch Jesu echten Aussagen nahekommen (vermutlich war er nicht so eloquent wie Lukas ...)



        Aber weder die originale Lehre noch die der Kirchenväter oder -lehrer waren voraussetzungslos, sondern im Gegenteil von der antiken Philosophie stark geprägt. Gerade der Hellenismus hat ja auch die Tür bis nach Südasien noch einmal weit aufgestoßen. Es erscheint mir daher, vorsichtig gesagt, ziemlich verkürzt, die christliche Tradition nur in den Lehren des Evangeliums suchen zu wollen, und zwar ohne deren Deutungen zu berücksichtigen.



        Auch sollte man die verschiedenen Renaissancen und die Auseinandersetzung mit der außereuropäischen Lehre nicht einfach als Fremdkörper der europäischen Geistesgeschichte und belanglos für die modernen Gesellschaften ansehen. Die Aufklärung, Bayle, Diderot, Hume, sogar Kant, sind ohne Montaigne und dieser wiederum ohne die gedruckten Ausgaben der Werke von Sextus Empiricus nicht denkbar.



        Und nur, wer das ignorieren will, kann die christliche Tradition als beinahe einzige Quelle der modernen Menschenrechte und unserer säkularen Moral auffassen. Kann man vertreten, halte ich aber nicht für überzeugend.



        Nur am Rande: Viele Kirchenväter waren Platoniker, z.B. Origines und Augustinus sehr ausgeprägt. Von den antiken europäischen philosophischen Schulen dem Buddhismus am ähnlichsten war vermutlich der Pythagoräismus. Nun vergleichen Sie bitte die Rolle der Frau bei Platons Schülern und Pythagoras' Schüler:innen. Der Anknüpfungspunkt für die platonischen Christen war der personale Gott, der als hypostasierte und personalisierte Idee des „Guten“ gelesen werden konnte, während sich die Pythagoräer wegen der Reinkarnation in Empathie übten.

        • @Zangler:

          "Und nur, wer das ignorieren will, kann die christliche Tradition als beinahe einzige Quelle der modernen Menschenrechte und unserer säkularen Moral auffassen. Kann man vertreten, halte ich aber nicht für überzeugend."



          Um da mal ergänzend anzuknüpfen: Sicherlich ist das nicht überzeugend, diplomatisch ausgedrückt. Aufklärung und Menschenrechte mussten ja den Kirchen abgerungen werden und deren Einflüsse und Deutungsmacht mussten in einem langen Prozess zurückgedrängt werden. Aufklärung und Vorläufer bezogen sich stark auf die nichtchristliche Antike, u.a. griechische Philosophie. Es ist auch darum gegangen, sich anhand der Vernunft von religiösen Dogmen zu befreien, eine Ethik zu begründen, nicht der bloße Verweis auf das Wort (einer erdachten Figur) in alten Büchern oder auf die Androhung eines Schicksals in der (erdachten) Hölle - heute immerhin aus katholischer Sicht "nur" noch die Hölle, nach dem Papst Ratzinger, die "Vorhölle" "abschaffte" ...

    • @Zangler:

      A WILD SPINOZA APPEARS



      i.imgflip.com/1fiofi.jpg



      Ich gehe mal noch einen Schritt weiter und postuliere:



      Deus, sive natura, ergo physica.

      Niemand braucht mehr. Manche brauchen sogar weniger.

      Auch:



      Charvaka. Die altindische Philosophie, die für die Almosenökonomie und Sozialhierarchie so gefährlich war, dass Buddhisten und Hinduisten sich zusammentaten, um sie zu auszulöschen.



      "Solange noch Leben in einem Menschen ist, lasset ihn glücklich leben; lasst ihn in Butterschmalz schwelgen, auch wenn er sich überschuldet hat [d.h. verarmt ist]."

      "Oh ihr Hochweisen! Erkennet, dass jenseits dieses Universums nichts ist. Zieht das vor, was vor euren Augen ist, und kehrt dem, das jenseits unserer Erkenntnis ist, dem Rücken zu!"

      Aber auch Linji/Rinzai erkannte:



      "Die, die die Zehn Stufen der Bodhisattva-Übungen vollendet haben, sind nicht besser als angeheuerte Wanderarbeiter auf dem Acker; diejenigen, die die Erleuchtung der einundfünfzigsten und zweiundfünfzigsten Stufe erlangt haben sind gebundene und gefesselte Gefangene; Arhats und Pratyekabuddhas sind Scheiße in der Latrine; Bodhi und Nirwana sind Pflöcke um Esel daran festzubinden."

    • @Zangler:

      marx soll seine dr.-arbeit über epikur geschrieben haben. wie überaus sinnvoll!

    • @Zangler:

      Ich kann Ihnen zustimmen, wenn Sie den patriarchalischen, monotheistisch-abrahamitischen Gott meinen, ein im Kern kriegerischer (und eifersüchtiger) Stammesgott, der SEIN Volk aus der Gefangenschaft herausführt, dessen Feinde jedoch grausam schlägt. Ein Gottesbild, mit dem auch ich wenig anfangen kann, egal, ob in jüdischer, christlicher oder muslimischer Ausprägung.



      Viel anfangen kann ich hingegen mit dem Weg, den die jüdischen, christlichen und islamischen Mystiker gehen und auch Zen-Praktizierende und andere buddhistische Schulen. Gotteserfahrung als Selbsterkenntnis. Es gibt keine Trennung zwischen Profanem und Sakralem, der Weg ist das Ziel. Mit einer solchen Vorstellung von Religiosität/Spiritualität kann ich mich gut anfreunden. Darin können wir und wahrscheinlich beide wiederfinden.

    • @Zangler:

      Das was sie schreiben ist nicht falsch aber luxuriös. Die christliche Philosophie "Jesus (!)" schlägt allle anderen Richtungen mit Ihren Themen : Barmherzigkeit, Vergebung ( auch/gerde den Feinden), "Liebe deinen nächsten wie dich selbst" und einer frommen Askese, die in der heutigen Zeit avantgardistisch wirkt. . die 10 Gebote bleiben unschlagbar. Ich bin überzeugter Atheist, Anhänger der Franz. Revolution und im Herzen Kommunist. Die Elendsviertel der westlichen Staaten als da wären Krankenhäuser, Gefängnisse, Pflegheime mit ihrem unfassbaren Leid treiben einen zurück in die Kirche, dann bleibt man bei Verstand oder zur Gewerkschaft, dann KÄMPFT man. Buddhist wird man ehr selten, Epikuräer treffe ich da nie.

      • @Hildebrand Felixflash:

        Ich kenne heute keine überzeugten und nach außen auftretenden Epikureer. Buddhisten im Westen schon, aber das ist mehr so etwas Spirituelles, Zeitgeistiges, Esoterisches.



        Ich würde jedoch abstreiten, dass der Buddhismus und die antike Philosophie weniger vom echten Leiden ihrer Zeit und Umgebung geprägt waren als es die christliche Tradition ist, deren Verschwinden im Artikel beklagt wird. Seit der Zeit Konstantins „des Großen“ haben einflussreiche Vertreter der christlichen Tradition verhältnismäßig wenig Leid und Elend erfahren.

    • @Zangler:

      „Aber: Die monotheistischen Religionen haben darüber einen Gott „Vater“ gesetzt, dessen Liebe wir uns durch „Wohlverhalten“ verdienen sollten“

      Das ist so nicht korrekt. Sie wissen wohl nicht viel über die monotheistischen Religionen.



      Im Islam, ja, da geht es darum, ein Leben nach Allahs Regeln zu führen, ein Leben, das Allah liebt. Vor allem soll man selbst Allah lieben. Dann wird man von ihm zurückgeliebt und belohnt. In vielen evangelikalen christlichen Sekten mag das ähnlich sein. Das ist aber nicht die Botschaft des Evangeliums.



      Im modernen, zivilisierten Christentum liebt Gott bedingungslos jeden Menschen als Schöpfung nach deinem Bild. Auch darum soll der Mensch seinen Nächsten lieben. Neues Testament: Gerade weil Gott uns alle, auch den Sünder, liebt, weil Gott Mensch geworden ist = Gott in uns allen ist, sollen wir miteinander solidarisch sein. Auch deshalb sollen wir uns versöhnen und einander vergeben.

      Eine ausgesprochene Wohlfühlbotschaft, wie sie übrigens auch der westlich angehauchte Buddhisms und die westlichen Yogapraktiken verbreiten, ja sogar die westliche Esoterik und die westliche Self-Help-Szene. Man kann Kirche uncool und total von gestern finden, aber man kann eben nicht aus seiner kulturellen Haut - und die ist, sogar in der Postmoderne als Gegenentwurf - zutiefst christlich geprägt. Die Entstehung von westlicher Demokratie, der Aufklärung und des Sozialstaat westlicher Prägung, ja sogar die Emanzipation von der Religion, haben viel mit dem modernen Christentum zu tun und sind ohne es nicht denkbar.

      Dafür könnte man auch einfach mal dankbar sein. Oder es zumindest anerkennen. Anstatt sich einzureden, dass das Christentum das einzige und wahre Böse in der Welt ist. Deswegen muss man ja noch lange nicht an Gott glauben.

      Und wenn’s um das Patriarchale geht: in meiner Kirche predigen zwei miteinander verheiratete Frauen. Das suchen Sie in sämtlichen anderen Religionen und Regionen der Welt vergebens.

      • @Fraudokter:

        Sie haben das gut formuliert. An den Beiträgen hier sehen wir doch, woran es hapert. Oberflächliche reflexhafte Ablehnung, ohne groß nachzudenken. Unser gesamtes freiheitliches System basiert auf dem, was wir christliche Werte nennen. ....will nur keiner wahrhaben.

      • @Fraudokter:

        Sie scheine ein fundiertes und achtenswertes Bild vom Christentum zu haben. Ihre Ausführungen finde ich interssant



        Nur leider solten Sie ihre Kritik, nicht vorschnell über andere Religionen zu urteilen, über die einem das Wissen fehlt, auch sich selber gegenüber gelten lassen, hinsichtlich ihres Urteils zum Islam..

        • @imani drews:

          Das ist keine Kritik des Islams.

          Unterschiede zwischen dem Christentum und dem Islam in der jeweiligen Mainstream-Fassung kann man nicht leugnen, sie sind offensichtlich.

          Deshalb wurde Khorchide von traditionell-islamischer Seite vorgeworfen, er predige Christentum.

          Es gibt aktuell nicht wenige Konversionen zum Islam.

          Er spricht also manche Menschen hier in Deutschland an.

          Da ist per se noch kein "Besser" oder "Schlechter" drin.

      • @Fraudokter:

        Bei den vielen Jahrhunderten der Wirkungsgeschichte muss man schon unterscheiden: Einige Ausprägungen des modernen protestantischen Christentums haben sich der säkular-spirituellen Gegenwart angepasst. Das hält aber weder die Austrittswelle auf noch ist es der Mainstream unter den Christ:innen weltweit.



        Im Interview wird ja gerade beklagt, dass die Tradition und der personale Gott verlorengingen. Über die paulinische Theologie, ihre Erneuerung durch Luther, den Weg seither, der zu den Lehren der lutherischen Kirche heute geführt haben, wie wir sie kennen, wird nicht erwähnt. Die Kirche hat sich hier, so argumentieren traditionalistisch gesonnene Gegner, dem Zeitgeist mehr angepasst als er sich ihr.



        Das Verständnis, dass „Gott in uns allen“ ist, ist keineswegs eine christliche Besonderheit, sondern vielmehr eine, die verschiedene mystische, verinnerlichte Formen der Religiosität vertreten haben. Im japanischen Zen spricht man von Kensho, die griechische Antike von „Erkenne dich selbst“.



        Das Christentum ist mit unserer heutigen westlichen Welt im Guten wie im Bösen verwoben, aber der personale Gott erscheint mir als eine Vorstellung, die sich dem Patriarchat besser zu Diensten machen lässt als eine unpersonale Spiritualität. (Der Buddhismus hat sich historisch auch einer patriarchalen Tradition angepasst, wie man etwa an den japanischen Zen-„Meistern“ oder den tibetischen Lamas erkennen kann.)



        Jedenfalls teile ich das Bedauern über das Schwinden des Glaubens an einen personalen Gott und die bisherige Tradition nicht, sofern es alternative Wege gibt, den Menschen nicht nur im unvermeidlichen Leiden Trost zu spenden, sondern auch ihr Leben tatkräftig zu verbessern. Die patriarchalischen Traditionen sind den Beweis, dass sie das aus eigenem Antrieb heraus wollen und können, bisher schuldig geblieben.

        • @Zangler:

          Sehe ich ganz genau so. Danke.

        • @Zangler:

          Dass sich der Individualismus im christlich geprägten Westen entwickelt hat, ist kein Zufall.

          Der personale Gott ist Voraussetzung für den Individualismus.

          Es kommt ja nicht von Ungefähr, dass Ost- und Südasien nicht die Region ist, in der der Individualismus erfunden wurde.

          Dem Patriarchat kann man anscheinend jede Religion anpassen.

          Das Christentum war in Geschlechterfragen ursprünglich revolutionär.

  • "Das höhere Wesen" machte sich schon seit seiner Konstituierung durch die französische Revolution unglaubwürdig - man erinnere sich, auf wieviel wahnhaftem Guillotinengebrauch der gesellschaftliche Umbruch damals beruhte. Und dennoch ist es existent. Das höhere Wesen.

    Es ist, vereinfacht gesagt jedenfalls, "die Gesellschaft". Kein Wunder, dass im Interview der Soziologe den Glauben an ein höheres Wesen und den an einen Gott zusammenzählt, um auf die 50% religiös Gläubigen zu kommen. Die Gesellschaft, wie auch immer konstituiert sie sich dem einzelnen Menschen darstellt, fordert.

    Vor 50 Jahren galt auf dem Schulhof in zur Gretchenfrage "Wie hälst Du's mit der Religion?" wörtlich der Konsens-Satz: "Die 10 Gebote sind ganz OK!" Zehn Forderungen eines höheren Wesens, ja sogar eines, unseres Gottes also.

    Die übrigen 50% hätten immerhin die geistige Chance, die Teilung der sich uns offenbarenden Welt in niedere und höhere Wesen nicht mitzutragen - im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes, um den nicht nur die frz. Revolution, auch der amerikanische Bürgerkrieg und die Russische Revolution ausgefochten wurden. Aber unter ihnen sind auch Hardcore-Individualisten, die überspitzt gesagt, außer sich selbst niemanden kennen, angesichts solchen Naturells leicht in Versuchung geraten können, eine Nietzsche'sche "Übermenschen"-Haltung einzunehmen. Gemäß der verballhornten Definition von Nächstenliebe: "Jeder ist sich selbst der Nächste".

    Soziologisch betrachtet aber ist wahrscheinlich Nächstenliebe auch Ausdruck der Anerkenntnis der Abhängigkeit der einzelnen Mitglieder einer Gesellschaft voneinander.

    Sprich: 50% sind sich des höheren Wesens bewusst, der Rest verzichtet lediglich auf diese Erkenntnis, ist aber genauso von der Gesellschaft abhängig.

  • Ein berührendes Interview. Schade aber, dass nur die Gretchenfrage gestellt und die Expertise des Religionssoziologen so wenig befragt wurde. Historisch geht jedenfalls der christliche Aufbruch in den 1960er Jahren in Deutschland auf Impulse aus den USA und natürlich die Demographie zurück. Gleichzeitig gab es wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen (Bildung, öffentlicher Dienst) einen Stellenaufwuchs. So gesehen, klingt jetzt einfach eine Welle ab. Und Bildungsabbrüche gibt es nicht nur im Religiösen. Mit der gesellschaftlichen Differenzierung diversifiziert (und verdünnt) sich die spirituelle Praxis, ohne jedoch zu verschwinden. Global bedeutsam ist das Wachstum der charismatischen Bewegungen insbesondere in Lateinamerika und Afrika, auch als Abwendung von den als kolonial und korrupt wahrgenommenen Denominationen. Von dort kommt vielleicht eines Tages ein neuer Anstoss zum Glauben. Pollack hat schon recht: Glaube ist mehr als Ethik, Moral oder diakonische Dienstleistung. Sonst wäre er schon viel früher und mit Recht verschwunden. So bleibt Hoffnung.

  • Kirche ist so etwas wie Familie, oder wie die Parteitage zuletzt mit der Verbreitung von Zuversicht (auch wenn sie den Realitätssinn vermissen lassen) , das ein Zusammenleben erleichtern soll, insbesondere auf der Ebene des unmittelbaren Miteinander. Das kann ein Nationalismus, wie ihn die Rechten propagieren, eigentlich nicht ersetzen. Eine Community ohne einen Rahmen erschwert letztlich ein Zurechtfinden, eine Emanzipation. Haben wir geute noch genügend Vorbilder, die ein Zusammenleben erleichtern ? Von der Kanzel funktioniert es nicht mehr....

  • Wozu braucht man fragwürdiges, teures "Bodenpersonal" um an Gott zu glauben?

    • @Rudi Hamm:

      Brauchen Sie nicht.

      Wozu braucht man Lehrer, wenn Sie Ihren Kindern auch allein Lesen und Rechnen beibringen können?

      Wozu brauchen Sie einen Maler und einen Bäcker, wenn Sie auch allein Brot backen und die Wand streichen können?

      Ihr Auto reparieren Sie natürlich allein.



      Wer braucht schon fragwürdige teure Werkstätten?

      So bald Sie irgendwo ein zögerndes "Na ja" denken, haben Sie den Grund für das Bodenpersonal.

  • Ach was! ©️ Vagel Bülow z 💯

    “Noch in den sechziger Jahren schien alles für die beiden Amtskirchen in trockenen Tüchern.“



    *45 - Nordlicht - Nö. Schon der Schein existierte da nicht mehr.



    & gut so



    “Wo führt das hin? Wie sieht eine Gesellschaft ohne Kirche aus?“



    “Die Studenten können mit vielen Kunstwerken kaum noch was anfangen!“



    Der Kunstprofessor! Gelle.



    “Naja. Die Bibel gibt’s halt nicht bei 2001!“ Woll.

    kurz - “Keen Prüntje kaut - un Gott vertraut!



    Hett jümmers dicke Backen!“ Bauernweisheit - ;)



    Liggers. “Nich to glöben un rein tonn katolsch warrn!“



    (ps letzteres war schon immer - seit dem 30jährigen Krieg!



    Im hohen Norden aus guten Gründen eines der heftigsten Flüche!



    Normal un zu recht!;)

    • @Lowandorder:

      Faß z’samm

      “Vielleicht gibt es Gott ja doch“



      Mit Arturo Rubinstein “Glauben Sie an Gott?“ - “Nein. Aber wenn ich ihm morgen begegne - werde ich ihm fröhlich die Hand schütteln!“



      &



      Atheist “Es gibt keinen Gott!“



      “Glaubst du!“ Agnostiker •

      kurz - Mehr - ist Geschwätz! Woll

      • @Lowandorder:

        Lemmy Kilmister über Religion:

        „Eine Jungfrau wird von einem Geist geschwängert? Come on! Piss off!“

      • @Lowandorder:

        Schön zusammengefasst, Herr Doktor 🎩🎶👍

  • Danke für die Überschrift!



    Allein schon aus diesem Grund bin ich Agnostiker…ich könnte niemals wie ein überzeugter Atheist sagen „Gott gibt es nicht!“, denn wie kann ich das jemals mit absoluter Gewissheit wissen? Was weiß ich denn überhaupt schon?

    • @Saile:

      Deshalb sage ich immer wenn es mir gut



      geht:" danke an unbekannt" das geht dann immer an der richtigen Adresse.

  • Ich glaube Terry Pratchett hat irgendwo geschrieben, dass auf Agnostiker, die sich "die Tür offen halten für Gott" im Jenseits ein sehr zorniger Gott mit einem großen Knüppel wartet...

    • @Samvim:

      Soll nur kommen. Dem habe ich was zu husten.

  • Dass man aus dem Niedergang der Kirchen herausliest, dass es Gott doch noch gibt, ist sympathisch.



    Schon klar, er meint das anders. Aber so ist es netter.