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taz-Sonderausgabe zu Utopie„Gut und böse muss aus den Köpfen“

Sind Gefängnis und das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ noch zeitgemäß? Hannah Hettich und ihr Kollektiv fragen nach einem neuen Umgang mit Gewalt.

Wozu Knast? Die Gesellschaft kennt bessere Antworten, sagt Hanna Hettich vom Kollektiv Radix Foto: erhui1979/getty images
Interview von Frederike Grund

taz: Frau Hettich, was ist das Problem mit unserem Justizsystem?

Hannah Hettich: Die meisten von uns wachsen mit einer Praxis des Strafens auf: Macht man als Kind etwas „Böses“, muss man eine Strafarbeit schreiben­. Verhält sich ein Mensch gegenüber anderen gewaltvoll, folgt der Ausschluss aus der Gemeinschaft. Dem liegt der Glaube zugrunde, damit sei die Gemeinschaft wieder sicher. Dieser Gedanke findet sich auch im Strafsystem. Transformative Gerechtigkeit beginnt sozusagen einen Schritt früher und geht davon aus, dass der Status quo die Gewalt erst ermöglicht hat.

Im Interview: Hannah Hettich

28, beendet gerade an der Universität Wien den Master in Internationaler Entwicklung und gibt als Teil des Kollektivs Radix Workshops zu dem Thema Transformative Gerechtigkeit.

Nach diesem Ansatz würde man Gewalt ausüben und dem System die Schuld geben. Wie soll das gerecht sein?

Gewalt ist oft facettenreich und subjektiv. Ausgangspunkt sollte sein, der von Gewalt betroffenen Person zu glauben. Betroffene von Gewalt sollten nichts beweisen müssen. Das ist im staatlichen Strafsystem aber noch anders, in dem das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt. Betroffene sind also in unserem jetzigen Justizsystem nicht wirklich geschützt. Bei Transformativer Gerechtigkeit liegt der Fokus nicht auf Rache und Bestrafung, sondern auf Heilung und auf Veränderung von Verhalten und Strukturen. Es geht darum, Menschen zu begleiten und als Gemeinschaft die Sicherheit für Betroffene wiederherzustellen.

Was gehört zu so einer Begleitung alles dazu?

Illustration von Ali Arab Purian
Die taz total utopisch

🐾 Von der Kneipe an der Ecke bis zum solidarischen Garten in Bogotá: Junge Au­to­r*in­nen haben sich auf die Suche nach utopischen Ideen begeben. Die dabei entstandenen Artikel haben sie in einer Sonderausgabe der taz veröffentlicht.

Veränderung und Gerechtigkeit müssen ganzheitlich verstanden werden. Was braucht die gewaltbetroffene Person, damit sie heilen kann? Es bedeutet aber auch, die Person, die die Gewalt ausgeübt hat, in der Aufarbeitung ihrer Taten zu begleiten. Außerdem nimmt man auch die Gruppe in Verantwortung: Müssen wir über Bilder von Männlichkeit reden oder über Alkoholkonsum in Räumen nachdenken? Wie sprechen wir miteinander? Wo ist Raum für Unsicherheiten, wo für Emotionen? Wie stark ist das gegenseitige Vertrauen? Das und vieles mehr hat Einfluss darauf, wie Gewalt entsteht. In unseren Workshops merken wir: Der Wunsch zu lernen, wie in Gruppen mit Gewalt umgegangen werden kann, ist sehr groß.

Wie können die gewaltbetroffenen Personen geschützt werden, wenn beide Parteien in der Gemeinschaft verblieben sind?

Das ist sehr individuell und bei einer Wohngruppe natürlich anders als in einem Verein. Es können langfristige Vereinbarung über Triggerpunkte, Nähe und Abstand im Gemeinschaftsalltag getroffen werden. Wo und wann sind zum Beispiel getrennte Räume nützlich? Wer fühlt sich dafür verantwortlich, der gewaltausübenden Person ihre problematischen Muster bei einem „Rückfall“ zu spiegeln? Die betroffene Person braucht das nicht zu tun. Die Arbeit mit Transformativer Gerechtigkeit ist sehr anstrengend und oft sehr emotional. Aber das darf es auch sein. Es darf etwas mit uns machen, wenn Gewalt in unseren Räumen geschieht.

Warum fällt es vielen so schwer, sich Alternativen zum Justizsystem und zu Gefängnissen vorzustellen?

In vielen Köpfen herrscht ein binäres Denken, das heißt, man denkt, alles ist entweder gut oder schlecht. Im Strafsystem findet sich das in Begriffen wie „Täter“ und „Opfer“ wieder. Das gewaltvolle Erlebnis wird damit zur Identitätszuschreibung. Damit ist kaum Platz für Veränderung. In der Transformativen Gerechtigkeit spricht man daher von „gewaltausübender“ und „gewaltbetroffener Person“. Die Praxis kommt aus der Abolitionismusbewegung der 80er und 90er Jahre und entstand in den USA.

Damals erstarkte die Schwarze Widerstandsbewegung gegen Gefängnisse, die als Institutionen dazu genutzt wurden, Menschen nach Ende der Versklavung weiter auszubeuten. Menschen of Color, queere Menschen und Trans*­per­so­nen haben die Praxis der Transformativen Gerechtigkeit sehr geprägt und tun dies nach wie vor. Gerade diese Gruppen sind von rassistischer, trans*- und queerfeindlicher Gewalt betroffen, die sie auch von staatlicher Seite erleben. Denn ein Gang zur Polizei bedeutet oft nur noch mehr Gewalt.

Wie kriegen wir dieses binäre Denken in den Kategorien „Gut“ und „Böse“ aus unseren Köpfen raus?

Wir müssen die komplexen Zusammenhänge verstehen, die hinter Gewalt stecken. Sobald zum Beispiel über Rassismus gesprochen wird, betonen viele weiße Menschen als Erstes, keine Ras­sis­t:in­nen zu sein. Gesellschaftlich scheint wenig Bewusstsein darüber zu existieren, dass wir in einem rassistischen System sozialisiert wurden und uns daher auch rassistisch, also gewaltvoll, verhalten oder anderes gewaltvolles Verhalten reproduzieren. Das muss nicht absichtlich passieren, aber es passiert. Das anzuerkennen kann befreiend sein. Man kann auf einmal fragen: Wie übernehme ich Verantwortung, statt in eine Abwehrhaltung zu verfallen, um das Selbstbild von sich als einen „guten Menschen“ zu schützen.

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58 Kommentare

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  • Wie so oft bei solchen Interviews: konkrete Fragen nach konkreten Sachen werden nicht gestellt. Was macht Frau Hettich denn zB mit einem psychopathischen, sadistischen Mörder? Was mit einem Kriegsverbrecher? Einem Folterer? Einem Menschen, der Kindern sexuelle Gewalt antut?

    Warum scheute sich der Interviewer, diese Fragen zu stellen? Das ist doch klar, dass genau das die Fragen sind, deren Antwort den Leser interessiert. Schon, weil die Frage nach dem Konkreten den Elfenbeinturm des Abstrakten vielleicht etwas ins Wanken bringt.

  • „Statt Rache Heilung als Prinzip“…

    Ohne hier explizit der Akademikerin etwas unterstellende wollen, verursacht bei mir in Teilen ihre Antworten extremes Unbehagen.

    Denn die Unschuldsvermutung auszusetzen und die Negierung dieses nicht gerade banalen Grundsatz unseres Rechtsstaats damit zu „verniedlichen“, dass man ja die dann bereits mit Beschuldigung zu ahnenden „Täter“ ja nur „heilen“ würde…

    In der NS-Justiz reichte ebenso bereits nur die Denunziation, damit Menschen „zur Heilung“ in Konzentrationslager zwecks Umerziehung gesteckt wurden.



    Und liebe Leute: nicht wenige Psychiater und Psychologen stellten sich nur zu gerne dabei für „Heilungsmaßnahmen“ (und deren akribische Dokumentation) zur Verfügung.

    Was ist dann „Heilung“? Chemische Kastration? Elektroschocks? Psychopharmaka? Verhaltenstherapie mit Waterbording?

    Wer unter dem Deckmantel kruder Ideologien den bestehenden Rechtsstaat aushöhlen will, sollte schon sehr kritisch betrachtet werden!

  • Wenn ich ihre Theorie und die Jahrtausende gültige Praxis von Mensch und Gewalt vergleiche, dann komme ich zu dem Schluss, dass ihre Darstellung ein Traumdenken ist und niemals Praxis werden kann/wird.



    Aber es liest sich fast so moralisch wie die Bibel.

    • @Rudi Hamm:

      Kommt auf den Bibelteil an. Steht nicht irgendwo: "Auge um Auge, Zahn um Zahn"?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Der Satz als einzelnes verkehrt die Botschaft ins Gegenteil, siehe hier:



        "Ihr habt gehört, dass den Alten gesagt ist: ,Auge um Auge, Zahn um Zahn'. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin" (Mt 5,38 f.)"

  • „ dass wir in einem rassistischen System sozialisiert wurden und uns daher auch rassistisch, also gewaltvoll, verhalten …“

    Jede/r hier ist also perse ein gewalttäter/ in. Zahllose Konflikte in anderen Regionen, auch mit legalem töten, krieg, zeigen dass das nicht die alleinige Ursache sein kann.



    Bzw, dafür haben hier sogar noch relativ wenig Gewalt.

  • Binäres Denken entsteht,



    wenn Neonazis die Unterkünfte Geflüchteter anzünden,



    wenn Großmutter beim Einkauf vom Junkie oder Alk niedergerissen und beraubt wird, wenn die korrekte Radfahrerin beim Autorennen in der Innenstadt über den Haufen gefahren wird, und wenn der Mann die Frau schlägt, weil sie nicht spurt.



    Ich spüre Zweifel, dass man das mit ein paar zehntausend Begleitern, Dialog und guten Absichten wieder hinbekommt.

  • Leider viel zu kurz (erklärt) und es fehlt der hauptpunkt bei der ganzen nummer, welcher manchen gesellschaftswissenschaftlern immer noch abgeht ... geschweige denn der masse:

    Das ICH ist nicht nur die einzelne PERSON!!!!



    Das ICH ist ein determiniertes resultat aus historisch abhängigen sozialen prozessen. Jegliches handeln und potential ergibt sich aus dem UMFELD des ICHS, nicht aus dem ICH, also der exklusiven PERSON, allein!!!

    Das ist "einfacher sozialer determinimus", den viele leute immer noch nicht wahrhaben wollen - können, weil sie vor allem dem narrativ des neoliberalismus - des primitiven - folgen, anstatt der ganzheitlichen wissenschaft - die leider nur wenigen zu teil wird!!!



    Die leute haben viel zu wenig ahnung von Physik, Philosophie und Soziologie.

    das ist teil des problems, warum viele milieus und kulturen probleme damit haben, ihre vorherrschenden kulturen zu erweitern mit den werten der wissenschaft aus allen anderen kulturen!!!

    dieser komplex ist fundamental um auf die nächste stufe der globalen kultur zu kommen ... geschweige den der wissenschaft und den kosmischen abhängigkeiten.

    Gerechtigkeit und schuld muss in einem viel breiteren sozialen kontext verhandelt werden.



    ebenso wie unsere abhängigkeit und beziehung zu ganz vielen anderen dingen.



    die UMWELT ist ALLES, nicht nur pflanzen und tiere ... wir reden hier von komplexen sozialen mustern ... die die masse noch lange nicht erkannt hat ...sonst würden die leute nämlich anders sprechen und anders handeln ...



    Von der Eltern bis zum König!

    all das ist determiniert und hängt zusammen. so müssen einige wörter und themen neu gedacht werden von den meisten leuten, weil ihnen massiv viele informationen noch fehlen - im kontext einer globalen friedlichen und wahrheitssuchenden gesellschaft.

    so kurze und unvollständige artikel machen es nur halb besser ... aber immerhin.

    wir sind alle gewalt ausgesetzt, verschiedener formen, manche davon sind sogar gut. Doch vieles ist besser zu organisieren!!!!

    • @Christian Will:

      Ihr deterministisches Bild einer letztlich nicht mehr durch einen freien Willen gesteuerten Person liest sich zwar schlüssig.



      Nur erklären Sie mal, wie es dann überhaupt zu individuellem Verhalten kommen kann. Oder überhaupt zu solchen Ideen, wie die im Interview genannten?

    • @Christian Will:

      Da mein Denken und Handeln sozialdeterministisch vorbestimmt ist, habe ich leider nicht die Möglichkeit ihre Thesen zu akzeptieren, trotzdem vielen Dank für die Ausführungen.

    • @Christian Will:

      Ich glaube ohne Soziologie-Studium kann man ihren Text nicht verstehen. Ich habe es nicht verstanden.

  • Bei solchen Artikeln und Interviews wünsche ich mir, dass detaillierter darauf eingegangen wird, was denn sowas wie "Täter bei der Aufarbeitung ihrer Taten zu begleiten" bedeutet.

    Wie sieht das in der Praxis aus? Und wie geht man damit um, wenn diese "Gewalt ausübenden Personen" einfach immer weiter machen?

    Akzeptiert es die Gesellschaft, wenn solche Täter ohne echte Konsequenzen einfach immer weiter Straftaten begehen und ihr Leben ganz normal weiter leben dürfen?

    • @gyakusou:

      Ich kann den Aufmacher nur parodistisch kommentieren:

      Donald Trump for president!

      Denn der hat bislang noch keinen Hinweis darauf gegeben, dass in seinem "Kopf" die Konzepte "gut" und "böse" existieren. Er benutzt diese Wörter, aber nichts daran legt nahe, dass er eine Vorstellung dessen hat, was er sagt, die über "für mich versus gegen mich" hinausgeht.

      Der umgangssprachliche Begriff für Individuen, die weder Gut noch Böse kennen, ist "Psychopathen".

  • Theoretisch recht hübsche Gedanken, praktisch natürlich völlig sinnlos. Wenn ich in einer Gemeinschaft stets ehrlicher Menschen lebe, die sich an jede Vereinbarung halten, könnte so ein Konzept möglicherweise funktionieren.



    Dann wäre es nur gleichzeitig absolut unnötig.



    In jeder anderen Gemeinschaft ist eine funktionierende Umsetzung dieser Idee logisch nicht denkbar.

  • "Ausgangspunkt sollte sein, der von Gewalt betroffenen Person zu glauben. Betroffene von Gewalt sollten nichts beweisen müssen. Das ist im staatlichen Strafsystem aber noch anders, in dem das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt."

    Da kann einem Angst und Bange werden. Dass zunächst gar nicht feststeht, ob die Person, die behauptet von Gewalt betroffen zu sein, tatsächlich eine "von Gewalt betroffene Person"ist, wird ignoriert und rhetorisch verschleiert.

    Nach dieser Logik sollte jede beschuldigte Person sofort ebenfalls eine Beschuldigung erheben, der müsste nach dieser Logik dann auch sofort und ausnahmslos geglaubt werden - Schöne neue Welt!

  • Das ganze Prinzip beruht auf der Annahme, dass alle Menschen einsichtige, vernunftbegabte, empathische und im Kern nach Harmonie strebende Wesen sind und negative Eigenschaften wie Habgier, Neid, Eifersucht, Egoismus, Lüge, etc., die zu Gewalt führen, rein gesellschaftlich bedingt sind.



    Dass alle Konflikte mit dem Prinzip von Vergebung und Reue gelöst werden können.



    Dass Menschen andere Menschen nicht zu Unrecht beschuldigen. Dass Täter ihre Taten bereuen, solange die Gesellschaft ihnen vergibt. Dass Opfer nicht traumatisiert sind, wenn sie dem Täter vergeben.



    In dem verlinkten Beitrag empfiehlt die Soziologin bei sexuellen Übergriffen nicht die Polizei zu rufen, da von dieser mehr Gewalt zu erwarten ist und man die Siution damit lösen sollte "Mit den Leuten, mit denen ich unterwegs bin, gut zu kommunizieren, aufeinander aufzupassen und bedürfnisorientiert zu reagieren, also zu gucken, was die Menschen tatsächlich brauchen."

    Für mich pendelt das alles sehr bedenklich zwischen idealisierter Fiktion, einem politisierten Gewaltbegriff und -auch wenns hart klingt- zynischer Ignoranz.

    • @Deep South:

      …und Mittelschichtsverwöhntheit.

      Richtig absurd wird es, wenn man sich Verbrechen an Kindern dazu vorstellt.

  • Nein, Ausgangspunkt kann nicht sein den von Gewalt betroffenen Menschen zu glauben. Im Zweifel für den Angeklagten ist ein Prinzip des Rechtsstaates, der den einzelnen vor der Verfolgung des Rechtsstaates schützt. Es gibt tatsächlich Unschuldige und es gibt tatsächlich falsche Anschuldigungen. Selbst wenn diese die absolute Ausnahme darstellen, können wir doch nicht einfach unser komplettes Rechtsstaatsprinzip über den Haufen werfen. Damit ist niemandem geholfen. Im Rechtsstaat geht es auch nicht primär um Gut oder Böse, klar werden wir Taten auch moralisch beurteilen. Wir können uns doch als linke Menschen doch nicht ernsthaft gegen Empirie aussprechen. Natürlich muss eine Straftat bewiesen werden. Damit werden eben nicht nur Täter geschützt. Stellen wir uns nur das Szenario vor. Ein Mensch schlägt einen anderen. Dummerweise gibt es keine Beweise, aber natürlich glauben wir dem Opfer. Was passiert jetzt, wenn der Täter behauptet, er wurde geschlagen. Werden dann beide verurteilt. Ist derjenige das Opfer, der als erstes angab das Opfer zu sein? Der Vorschlag immer den Opfer zu glauben entbehrt doch jeder Logik. Ich verstehe nicht, wie man ernsthaft für so etwas plädieren kann.

  • 1. "Ausgangspunkt sollte sein, der von Gewalt betroffenen Person zu glauben. Betroffene von Gewalt sollten nichts beweisen müssen."

    in Verbindung mit

    2. "Sobald zum Beispiel über Rassismus gesprochen wird, betonen viele weiße Menschen als Erstes, keine Ras­sis­t:in­nen zu sein. Gesellschaftlich scheint wenig Bewusstsein darüber zu existieren, dass wir in einem rassistischen System sozialisiert wurden und uns daher auch rassistisch, also gewaltvoll, verhalten..."

    heißt für mich, dass jeder einzelne "Weiße" immer und überall Verantwortung für echte oder angebliche rassistische Übergriffe trägt, egal wie man sich individuell verhält (Kollektivschuld durch Hautfarbe), die siehe Übergriffe aber nie bewiesen werden müssen, weil man die Anschuldigungen von Nichtweißen IMMER glauben muss.

    Für mich ist das eine "Weiße"=schlecht, "Nichtweiße=gut" Argumentation, die sich sehr durchschaubar gegen Kritik und Widerspruch immunisieren will.

    Andererseits kann man sich ja so Justiz stark verschlanken...

  • jetzt ist aber der oder die, der Gewalt Beschuldigte ja auch Opfer - oder in dieser Sprache "Gewalt ausgesetzter", weil er/sie ja aus seiner/ihrer Sicht vor den anderen herabgewürdigt wird. Er erfährt durch die Bauhauptung, er hätte Gewalt ausgeübt selber Gewalt. Viel Spaß beim lösen.

  • Ich wüsste gerne wie dieses System mit Mord umgeht. Natürlich ein Extrembeispiel aber nicht selten. Wie soll hier dem Opfer geglaubt werden? Diese sind aus der Natur der Sache heraus nicht aussagefähig. Genau so kann die Sicherheit für das Opfer nicht wiederhergestellt werden.

  • Ich wüsste gerne wie dieses System mit Mord umgeht. Natürlich ein Extrembeispiel aber nicht selten. Wie soll hier dem Opfer geglaubt werden? Diese sind aus der Natur der Sache heraus nicht aussagefähig. Genau so kann die Sicherheit für das Opfer nicht wiederhergestellt werden.

    • @Choronyme:

      es ist das Ziel, die Sicherheit für die Gemeinschaft herzustellen. Nicht (nur) für das Opfer, sondern ALLE sollen sich sicher fühlen.

      Gerade bei Mord kann dies nur erreicht werden, in dem man schaut, warum ist der Mord passiert und wie kann man künftig vermeiden das so etwas passiert.

      Beispiel siehe meine Antwort auf Mellys Frage.

      • @TAE EZR:

        Okay. Sollen wir jetzt also zB gucken, warum



        Wladimir Putin so viele Menschen hat ermorden lassen und wie man die russische Gesellschaft verändert, damit kein russischer Präsident je wieder einen Krieg beginnt?

        Und was ist mit psychopathischen und sadistischen Mördern, die immer wieder töten? Darf man die gar nicht mehr einsperren?

      • @TAE EZR:

        Viele Morde geschehen im Affekt. Also in emotional aufgeladenen Situationen.

        Das lässt sich nur völlig verhindern, wenn man aus den Menschen emotionslose Zombies macht.

        Ob das wirklich erstrebenswert ist?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          ....ach, Sie meinen " no risk - no fun " ?



          ...interessanter Ansatz...

          • @Alex_der_Wunderer:

            Über "Fun" spricht hier niemand.

            Nur über die Diskrepanz zwischen Utopie und Wirklichkeit.

            PS: Emotionslose Zombies können auch nicht lieben, sich freuen...

      • @TAE EZR:

        Ja und man kommt dann unweigerlich zu dem Ergebnis, man kann es nicht so einfach ändern. Das ist Naiv.



        Die Gesellschaft kann sich nicht nur an denen richten, welche die übelsten Straftaten begangen haben. Dann stehen Straftaten an der Tagesordnung mit der beispielhaften Begründung: "Wenn die Gesellschaft mir nicht zur Begrüßung eine Verbeugung gibt, dann bringe ich x Leute um"



        Als gute Gesellschaft soll man das dann machen?

      • @TAE EZR:

        Das man sich die Ursachen und Motive anschaut für eine Tat ist doch nun absolut nichts neues,

        In ihrer Anrwort an Melly schreiben Sie, dass die Kultur geändert werden müsse. Kultur und der ganz konkrete Mörder sind aber zwei völlig unterschiedliche Fragestellungen.

  • Was Frau Hettich da sagt ist naiv.

    Ich empfehle Frau Hettich mal einen längeren Besuch in einer JVA für Schwerverbrecher.

  • "Denn ein Gang zur Polizei bedeutet oft nur noch mehr Gewalt."

    Bedeutet dies, dass Formen von übelster Gewalt, von Missbrauch und Vergewaltigungen nicht mehr öffentlich bekannt werden und die Täter weiterhin frei herumlaufen und im einfachsten Fall sich einfach nur verabschieden von der Gruppe um anderswo dann ihr Unwesen weiter zu betreiben?

  • Genau so ist es, danke auch an Herma, dies in ihrem Kommentar nochmal in anderen Worten ausgedrückt hat.

    Ein Beispiel wäre eine Fahrscheinkontrolle. Diese Situationen beobachte ich immer wieder im ÖPNV: Eine Fahrscheinkontrolleurin geht durch den Zug. Allen Handys schenkt sie einen müden Blick. Nur bei einer Person fragt sie zusätzlich nach dem Ausweis. Die Person hat schon öfter die Erfahrung gemacht, wie sie aufgrund ihres Aussehens anders behandelt wird, und vermutet einen rassistischen Hintergrund, wehrt sich, sagt "nein, ich zeige meinen Ausweis nicht, bei den andren haben sie ja auch nicht gefragt".

    Wie soll die Geschichte hier weitergehen? Vor dem Gesetz ist die kontrollierte Person ganz klar schuldig. Wenn sie auf ihrem Standpunkt beharrt, so nachvollziehbar er ist, muss sie aussteigen.

    Aber ist die kontrollierte Person hier wirklich der Täter, und die Fahrscheinkontrolleurin wirklich das Opfer? Kann man das so binär sehen?

    • @TAE EZR:

      Ich kenne Fahrkartenkontrollen nur so, dass alle Personen kontrolliert werden. Man zeigt seine Fahrkarte, und bei einer personalisierten Dauerkarte dazu einen Lichtbildausweis bzw. beim Jobticket den Firmenausweis. Fahre allerdings arbeitstäglich Bus, bei der Bahn sieht es vielleicht anders aus.

    • @TAE EZR:

      Ja kann man, da Hausrecht gilt. Und es gibt schlicht Tickets, wo das zeigen eines Ausweises schlicht in den AGBs stehen. Muss man halt nur lesen. Gilt hauptsächlich für die Bahncard und für Tickets, welche nicht Personengebunden verifizierbar sind.



      Kann man Blöd finden, aber hier hat die Kontrolleurin recht.



      Mit der Nutzung stimmt man den AGBs zu.

    • @TAE EZR:

      In Ihrem Beispiel kann es aber genausogut sein, dass die Person einen Ausweise zeigen muss, weil ihr Ticket nur in Verbindung mit einem Ausweis gilt und andere Tickets nicht personengebunden sind.

  • Grundsätzlich sind solche Neudenkungen sinnvoll und können auch schon aktuell hilfreich sein. Allerdings eher im Sinne einer Weiterentwicklung als im Sinne einer Ablösung. Unser Gerechtigkeitskonzept hat sich über Jahrtausende entwickelt und ist tief verankert. Auf ihm basiert der grundsätzliche Rechtsfrieden. Und weder die Menschen nocht die gesellschaftlichen und staatlichen Strukturen haber sich signifikant weiterentwickelt. Beim überwuegenden Teil unserer Mitmenschen gilt weiterhin als erlaubt, was nicht verboten ist und wenn es verboten ist, dann hört man, dass das ja jeder macht und dass es ja gar keine Opfer gibt. Nein, der aktuelle Mensch braucht mehr denn je Vorschruften und ihre Sanktionierung, Überzeugungsarbeit kann dafür kein Ersatz sein.

  • "Ausgangspunkt sollte sein, der von Gewalt betroffenen Person zu glauben."

    Alles klar. Frank Magnitz wurde wirklich mit einem Kantholz angegriffen, Andreas Jurca ist von Linken verprügelt worden, und Alexander W. sind von der Macheten-Antifa die Finger entfernt worden.

    Das wollt Ihr erreichen, dass wir das nun alle unbesehen glauben?

  • Aha. Wie genau wäre denn dieses Konzept beispielsweise auf die Kopfabschneider von Hamas oder IS anzuwenden?

    • @melly:

      Um Sicherheit für die Gemeinschaft herzustellen, und zu vermeiden, dass künftig solche Morde wieder passieren, sollte man sich anschauen, warum diese Morde passiert sind.

      Offensichtlich hat sich in der Gruppe / Gesellschaft der Mörder eine Kultur etabliert, die zu einem großem Hass auf die Ermordeten geführt hat.

      Diese Kultur in der Gesellschaft der Mörder sollte geändert werden. Hier sollte man nach Wegen suchen, wie diese Kultur geändert werden kann.

      Insbesondere, da die Mörder ohnehin nicht der Gerichtsbarkeit der Ermordeten unterliegen, ist die Frage nach einer Bestrafung der Mörder rein theoretischer Natur.

  • Für so ein Geschwurbel gibt es einen Master ?



    Vielleicht sollzr die Frau sich mal "Clockwork Orange" von Kubrick ansehen, dort wird ein Gewalttäter auch "transformiert".

  • "Ausgangspunkt sollte sein, der von Gewalt betroffenen Person zu glauben."

    Da gehe ich voll mit.

    Daraus aber abzuleiten, dass das Prinzip "Im Zweifel für den Angeklagten" nicht mehr gelten soll, ist sehr gewagt. Auch Lüge ist eine Form von Bosheit, die in Form von Verleumdung schlimme Folgen für Betroffene haben kann. Das Prinzip "betroffenen Personen zu glauben" muss also für den neutralen Beobachter zunächst auch für den mutmaßlichen Täter gelten.

    Zur Beweislast: KEIN Betroffener muss etwas beweisen, weder Opfer noch mutmaßlicher Täter. Die Beweislast hat der Staatsanwalt, sonst niemand.

    Gefängnisstrafen sind tatsächlich nicht in allen Fällen der Weisheit letzter Schluss. Im Vergleich zu den USA geht Deutschland mit dieser Maßnahme aber recht maßvoll um. Mildere, "transformative" Maßnahmen sind dann sinnvoll, wenn der Täter irgendwie willens ist, sich darauf einzulassen und ein wenig Reue signalisiert. Das ist in vielen Beziehungen sicher der Fall und stellt eine Chance dar. Religiös würde man wohl von Konzepten wie "Versöhnung" oder "Vergebung" sprechen. Diese auszusprechen und anzunehmen braucht immer intensiven Dialog und Zuhören von beiden Seiten.

    Das alles ändert nichts daran, dass es Gut und Böse gibt. Jeder Mensch ist zu beidem fähig. Das ist das erste, was man sich eingestehen sollte. Ohne gute Begleitung und Erziehung in jungen Jahren driftet man ganz von alleine in Richtung böse ab. Jedes Kind kann schon sehr früh lügen. Das muss man ihm nicht beibringen. Die Veranlagung zum Bösen scheint stärker zu sein als die zum Guten. Das lässt sich in jedem Kindergarten beobachten bzw. jeden Tag in der Zeitung nachlesen.

    • @Winnetaz:

      Volle Zustimmung von mir zu allen Punkten.

  • Das ist ein Paradebeispiel für einen universitären Elfenbeinturm.

    • @Odradek:

      Nein, das ist nicht mal mehr Elfenbeinturm. Dagegen ist der Elfenbeinturm ein leuchtendes Beispiel von Praxisnähe...

    • @Odradek:

      Genial formuliert, 100% Zustimmung.

    • @Odradek:

      Muss Ihnen recht geben. Kein einziges konkretes Beispiel wie zB mit einer schweren Körperverletzung oder Vergewaltigung umgegangen wird. Viel Gerede auf der Metaebene und keine einzige Nachfrage. Ziemlich peinlich für die taz.

  • Frau Hettich nebst Kollektiv kann sich ja mit den „gewaltausübenden Personen“ in diversen „Räumen“ auseinandersetzen. In meiner „binären“ Denke, ist der primäre Raum für diesen Personenkreis Knast oder Psychiatrie.

  • "Transformative Gerechtigkeit beginnt sozusagen einen Schritt früher und geht davon aus, dass der Status quo die Gewalt erst ermöglicht hat."



    Der Verbrecher ist demnach per se unschuldig und die Gesellschaft schuld? Interessanter Gedanke.



    "Ausgangspunkt sollte sein, der von Gewalt betroffenen Person zu glauben. Betroffene von Gewalt sollten nichts beweisen müssen. Das ist im staatlichen Strafsystem aber noch anders, in dem das Prinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ gilt."



    Demnach sind Opfer immer im Recht und Beschuldigte erst einmal automatisch schuldig? Interessanter Gedanke.

    Wie passt das jetzt zusammen? Das Opfer als Teil der Gesellschaft ist schuldig, aber ebenso der Beschuldigte, und zwar erst einmal ohne Sicht der Faktenlage.

    Ääh... nee das krieg ich nicht sinnvoll zusammen.

    • @Encantado:

      In der Mee-too Bewegung sind wir ja schon häufig an dem Punkt gewesen, dass es sinnvoll ist, dem Opfer prinzipiell zu glauben.



      Gefährlich wird das dann, wenn der Beschuldigte dadurch eine Strafe zu erwarten hat. Es widerspricht zurecht unserem Rechtsempfinden, dass jemand eine Strafe erleiden muss, ohne sich zuvor verteidigen zu können. Diese Verteidigungsmöglichkeit macht es aber unmöglich, prinzipiell dem Opfer zu glauben.

      Wenn wir nun aber einen Schritt weitergehen und den Beschuldigten nicht bestrafen für die begangene Tat, sondern ihm helfen, nicht wieder zum Täter zu werden, dann gibt es auch keinen Grund mehr zu glauben, das Opfer würde die Tat nur behaupten, um dem Beschuldigten zu schaden. Denn die Behauptung schadet dem Täter ja nicht mehr.



      Kommt es also zu einem Fall von Gewalt, gibt es kein Fingerzeigen, sondern alle in der Gesellschaft sind dafür verantwortlich, eine Wiederholung dieser Gewalt zu verhindern. Indem sie sowohl Gewaltbetroffene als auch Gewaltausübende Person in der Gesellschaft belassen und helfen.

      Momentan ist es ja so, dass teilweise beide Personen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Täter, weil er böse ist, und Opfer, weil man nicht an die Möglichkeit von Gewalt erinnert werden möchte (Zeigt sich in victim blaming: Dir ist das nur passiert, weil du dich so und so verhältst, ergo: mir kann nichts passieren)

      • @Herma Huhn:

        Geschätzte “In der Mee-too Bewegung sind wir ja schon häufig an dem Punkt gewesen, dass es sinnvoll ist, dem Opfer prinzipiell zu glauben.“ May be. But.



        Das ist Ihnen hoffentlich kein Ansatz - wie hier doch aufscheinend - Alice-Schwarzer-like den roché de bronce des Strafrechts im modernen Rechtsstaat: “in dubio pro reo“ auszuhebeln?!



        Dank im Voraus!



        Geb aber mal zudem den ollen Cato - a 🥱 & a 🥱! Gelle



        “#Metoo ist für mich moderner Pranger“



        Ruppert “Plotte“ von Plottnitz - exRAF-Anwalt & ex hess.JuMi - unlängst auf einem Kongress KritJur in Ffm.



        Und! - RA Claudia Burgsmüller - feministisches Urgestein - nickt zustimmend & sie ergänzt:“ Ich kann es meinen Geschlechtsgenossinen nicht ersparen! Aber in letzter Zeit besteht meine Arbeit zunehmend darin - den betreffenden Frauen - den Gang zur Polizei - die Anzeige auszureden!



        Weil Ihre Geschichten vorn und hinten nicht stimmen.“



        Damit nicht genug. Berichtete eine geschätzte (Jugend)Strafrichterin aus Hamburg - auf einem der letzten Richterratschläge (gender fifty-fifty!).



        Daß in deutlich mehr als der Hälfte der bei ihr anhängigen Fälle - die in Frage stehenden Anschuldigungen sich als unzutreffend herausstellten.



        (und das nach Filter RA/Polizei StA!).

        kurz - dies habe ich schon des Öfteren hier im Forum unterbreitet.



        Reaktionen - insbesondere der einschlägigen tazlerinnen: Null Zéro Nix



        Das angeführte mag ja nicht ins Konzept passen! Woll. Sage dazu aber - wer als Journalist sich der Wahrheit verpflichtet fühlt - kann derartige Auswirkungen in .und aus der Gesellschaft - schlicht nicht ignorieren •



        (Die von mir hier angeführten Personen - allesamt als Profis Urgesteine - sind hingegen über jeden Zweifel erhaben.)

      • @Herma Huhn:

        Kommt es also zu einem Fall von Gewalt, gibt es kein Fingerzeigen, sondern alle in der Gesellschaft sind dafür verantwortlich, eine Wiederholung dieser Gewalt zu verhindern.

        Das ist ja schön. Aber alle Mee-too-Fälle haben ja ein Problem: Es gibt keine Zeugen, sonst wäre es ja leicht gewesen, den Täter zu bestrafen. Verkürzt gesagt bedeutet dies: Wenn Sie einer Person glauben, Opfer von Gewalt geworden zu sein, lässt man zu, dass es wieder ein Opfer wird.

        Zu Ihrem letzten Punkt: Ein "Opfer" wird nicht ausgeschlossen, weil man nicht daran erinnert werden will. Ich habe noch nie gehört, dass jemand, der - nachweislich - brutal zusammengeschlagen wurde - ausgeschlossen wurde. Es werden höchstens solche Opfer ausgeschlossen, denen man nicht glaubt, Opfer zu sein und denen daher vorgeworfen wird, selbst Täter zu sein - vielleicht kein Gewalttäter, aber dann eben ein Betrüger.

        • @Strolch:

          Sie haben also noch nie davon gehört, dass die junge Frau eben besser nicht so einen kurzen Rock hätte tragen sollen?



          Sie haben noch nie gehört, dass eine Frau, die sich offenherzig zeigt, es doch eigentlich selbst gewollt hat?



          Wachen Sie auf!



          Victim Blaming gibt es auch heute noch. Im Grunde betreiben Sie es selbst, indem Sie zugeben, dass Sie Frauen, die eine Vergewaltigung nicht mit videoaufnahmen beweisen können, Betrüger nennen.

          Und @ wirklich: Die juristische Strafe ist definitiv nicht die einzige. Man sieht es gerade in den Fällen von Sexueller Gewalt, wo allein der Vorwurf schon ausreichen kann, um einen Mann zu ruinieren. Die Möglichkeit, sich zu verteidigen wird ihm oft schon genommen, obwohl wir eigentlich das Prinzip "Im Zweifel für den Angeklagten" haben. Hier prallen zwei Auffassungen von Gerechtigkeit aufeinander, die nicht miteinander vereinbar sind. Man kann nicht gleichzeitig jedem Opfer glauben und jedem Angeklagten das Recht auf Verteidigung zugestehen.



          Eine Gesellschaft, in der grundsätzlich dem Opfer geglaubt wird, müsste daher vollkommen anders aufgebaut sein als unsere. Wir können nicht einfach die Gerichte und Gefängnisse durch Psychosoziale Beratungsstellen ersetzen und alles wird gut.



          Sie haben vermutlich Recht, wenn Sie vermuten, dass die dem Täter angebotene Hilfe in unserer Gesellschaft als Strafe aufgefasst werden würde. Solange dies der Fall ist, kann es nicht so funktionieren, wie im Artikel vorgeschlagen.



          Vielleicht ist unsere Gesellschaft sogar zu groß für eine andere Auffassung von Gerechtigkeit.



          Vorstellbar wäre es in einer deutlich kleineren Gesellschaft. Etwa eine Kolonie auf dem Mars. Täter und Opfer werden zwangsläufig weiter miteinander in Kontakt sein. Es sind schlicht nicht genug Menschen da, um sich aus dem Weg zu gehen. In einer solchen (jetzt noch fiktiven aber eventuell gar nicht so weit entfernten) Mikrogesellschaft, werden wir andere Auffassungen von Gerechtigkeit brauchen. Prävention muss hier ganz vorne stehen.

      • @Herma Huhn:

        Glauben sie wirklich, dass nur die Bestrafung des Justizsystems eine Strafe darstellt? Was heißt das denn, dem Täter zu helfen und wird eine solche Hilfe nicht sehr wohl auch als Strafe empfunden. Ich glaube schon und diese Strafe soll nun also ohne der Möglichkeit einer Verteidigung, bzw. ohne erbrachte Beweise erfolgen? Es tut mir für die Opfer leid, ganz besonders für die, die dies nicht nachweisen können, trotzdem kommen wir aus der Sache nicht heraus, dass Straftaten bewiesen werden müssen. Was wir tatsächlich ändern könnten in Bezug auf MeToo ist unsere Kultur, unsere Kontrolle von Machtpositionen, die den Missbrauch dieser ermöglichen. Das ist nicht einfach und es wird solche Fälle nie komplett verhindern können, aber wäre ein Anfang, der zumindest teilweise angestoßen wurde.

  • Es gibt Gewalthandlungen, denen nur mit juristischen und exekutiven Maßnahmen begegnet werden kann.

    • @aujau:

      Das Problem ist, daß Menschen die sich solche "Utopien" ausdenken zu oft nur von sich selber ausgehen und nicht wahrhaben wollen welche Abgründe sich in manchen Zeitgenießenden auftun.