Das 1,5-Grad-Ziel beim Klimawandel: Der Traum ist aus

Der Klimawandel – die physikalische Konsequenz unserer Blödheit – ist da. Dass das 1,5-Grad-Ziel nicht zu halten ist, macht den Kampf nicht zwecklos.

Eine Welle bricht

Alles zu spät in Sachen Klimawandel? Ja und nein Foto: K.C. Alfred/ZUMA Wire/dpa

Die Uhr tickt. Unerbittlich. Und rückwärts. Am 1. Oktober 2026 wird, so zeigt es die CO2-Uhr auf taz.de, wird die Menschheit das Budget an Kohlendioxidausstoß verbraucht haben. Jede weitere Tonne wird dazu führen, dass das hehre Ziel der Klimakonferenz in Paris, die Erwärmung bis 2100 möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, nicht mehr zu erreichen ist.

Am Sonntag um 17.30 Uhr bleiben der Menschheit noch genau noch drei Jahre für ein Wunder. Aber nichts deutet daraufhin. Im Gegenteil. Jedes Auto mit Verbrennungsmotor, das noch gekauft wird, jede Gasheizung, die noch installiert wird, jedes Kohlekraftwerk, das gebaut wird, ist ein Verstoß gegen das Pariser Klimaabkommen – weil sie alle nicht am 1. Oktober 2026 aufhören werden, CO2 ausstoßen. Aber der Verkauf von Verbrennern ist sogar bis 2034 erlaubt, neue Gasheizungen bleiben im Extremfall bis 2028 legal und China plant Kohlekraftwerke im Wochenrhythmus. Damit steht fest: das 1,5-Grad-Ziel ist Makulatur. Ein schöner Traum ist aus. Die Welt wird sich stärker erhitzen. Wir sind auf dem Weg zu 3 Grad mehr bis zum Jahr 2100. In Städten mit Kontinentalklima wie Berlin hieße das: 6 Grad mehr.

Ist also alles zu spät? Zumindest so spät, dass Politik sich auf Hitze ausrichten müsste, wie in Frankreich, wo mit Plus 4 Grad kalkuliert wird. Aber nicht so spät, dass der Kampf gegen den Klimawandel zwecklos würde. Im Gegenteil. Denn jedes Zehntelgrad zählt.

Jahrzehntelang wurde versucht, das Drama des Klimawandels mit dem steigenden Meeresspiegel zu veranschaulichen. Mit geringem Erfolg. Denn wer wohnt schon am Meer? Mittlerweile ist der Klimawandel längst Realität. Der September war mal wieder der heißeste seit Menschengedenken. Und das Meer wartet nicht mehr, bis es über die Deiche schwappen kann. Es fällt uns vom Himmel auf den Kopf: Seit März liegt die Temperatur der Weltmeere auf Rekordniveau. Die Verdunstung steigt, die Folge sind dramatische Starkregen weltweit – zuletzt mit tausenden Toten in Libyen.

Ist das die Rache von Mutter Erde? Nein, es ist die physikalische Konsequenz aus der Blödheit der Menschen. Die aber steigt offenbar ebenso unaufhaltsam wie die Temperaturen. Nicht nur bei den Klimawandelleugnern der AfD oder den FDP-Radikalen, die die Welt nur retten, wenn technologieoffene Märkte garantiert sind, sondern selbst bei Linken, die etwa gegen ein klimaneutrales Berlin votierten, weil das nicht finanzierbar sei.

Ist das die Ignoranz der Gegenwart vor der Zukunft? Nein, viel schlimmer. Es ist ein Verbrechen an der Generation, die gerade in die Kita geht. Die Kinder von heute werden im Sommer 2100 die 80-Jährigen sein, die dann den Hitzetod sterben.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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