Antifaschistische Aktionen: Keine Gewalt!
Die Lust, Nazis zu verprügeln, ist das eine. Doch die Taten der Gruppe um Lina E. sind indiskutabel. Menschenrechte gelten nun einmal für alle.
E ine Studentin radikalisiert sich in der linken Szene zusammen mit ihrem Freund. So sehr, dass sie zur Tat schreiten, Nazis in ihrem Umfeld nicht nur ausspionieren, sondern mehrfach gezielt attackieren, denn: Antifa ist Handwerk. Und am Ende gibt es dafür … den bayerischen Filmpreis – in Anwesenheit von Markus Söder. So war es bei dem Spielfilm „Und morgen die ganze Welt“, der im Oktober 2020 in die Kinos kam. Er thematisierte, so begeisterte sich 2021 die Filmpreisjury, auch „die Faszination der Aktion“.
Die Lust, Nazis einfach mal auf die Fresse zu hauen, ist weit verbreitet bis tief ins bürgerliche Milieu. Als Impulsreaktion auf das unerträgliche Gebaren der Faschos, auf rechtsextreme Strukturen selbst bei der Polizei, auf die in Teilen immer noch zögerlichen Ermittlungen der Justiz gegen rechts ist das durchaus nachvollziehbar.
Genau eine Woche nach dem Filmstart wurde Lina E. festgenommen, deren Geschichte sich wie das reale Vorbild für das Drehbuch liest. Anders als die Protagonistin im Kino kommt sie aber nicht einfach so davon, sondern sie wurde nun zu mehr als 5 Jahren Haft verurteilt. Man mag darüber streiten, ob die Indizien im Prozess tatsächlich ausreichend waren für so ein hartes Urteil. Aber dass die Taten der Antifa-Gruppe verurteilenswert sind, steht außer Frage.
Da wurde keinesfalls – wie linke Aktivist:innen nun lautstark beklagen – eine Szene vom „Schweinesystem“ kriminalisiert. Dafür haben sie schon selbst gesorgt. Wer gezielt Menschen zusammenschlägt, zumal so sehr, dass sie bleibende Schäden davontragen, überschreitet jede Grenze des Diskutablen. Dass ein Rechtsstaat solche Übergriffe nicht duldet, ist kein Skandal, sondern ein zivilisatorischer Fortschritt. Es mag manchmal schwerfallen, aber Menschenrechte gelten für alle – auch für Rechtsextreme.
Antifaschismus ist unabdingbar. Ohne Zweifel. Aber Gewalt gegen Nazis? Das mag als Idee im Kopfkino befreiend erscheinen. Im realen Leben darf es nur eine Antwort geben: keine Gewalt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht