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CSD-Absage der BundestagsverwaltungKlöckner macht Kulturkampf

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Unter der Bundestagspräsidentin folgt eine anti-queere Geste auf die andere. Statt „verbindend und verbindlich“ zu sein, provoziert und polarisiert sie.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner provoziert mit ihrer Anti-Haltung gegen queere Menschen Foto: Fabian Sommer/dpa

S ie wolle als Bundestagspräsidentin „verbindend und verbindlich“ wirken, hatte Julia Klöckner (CDU) im April betont würdevoll angekündigt. Wenige Wochen später hat sie bereits mehrfach gezeigt, dass sie genau das nicht tut. Im Gegenteil: Klöckner provoziert und polarisiert.

Jüngster Spaltungsvorstoß, getarnt als „Bekenntnis zur Neutralität“: Nach dem Verbot der Regenbogenflagge über dem Reichstagsgebäude am Christopher Street Day nun auch das Verbot, dass das Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung am Berliner CSD als Gruppe teilnimmt. Da hilft es wenig, dass Klöckner die Verantwortung für letzteres auf den von ihr kürzlich eingesetzten Verwaltungsdirektor Paul Göttke abwälzt. Ohne Zustimmung seiner Chefin hätte Göttke das Verbot kaum aussprechen können.

Klöckner führt als Bundestagspräsidentin fort, was sie als Bundesministerin begonnen hat: einen Kulturkampf, der auf Rechte von Minderheiten, letztlich auf Menschenrechte zielt. Die gelten ihr offenbar als politisches Statement, die neutrale Be­am­t*in­nen zu unterlassen haben. Das ist entweder ein Missverständnis, das in einer Zeit, in der Menschenrechte weltweit unter Beschuss stehen, bedrohlicher nicht sein könnte. Oder, schlimmer noch, es ist ein Bekenntnis: dazu, dass Klöckner Menschenrechte letztlich wenig zählen.

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Pride wird aus der Sichtbarkeit gedrängt

Vor nur wenigen Tagen wurde das Stadtfest des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“ von Rechtsextremen angegriffen. Der Regensburger CSD kann aufgrund einer „Bedrohungslage“ keine Parade, nur eine Kundgebung abhalten. Feste wie diese werden aus der Sichtbarkeit gedrängt. Den Mitarbeitenden der Bundestagsverwaltung vor diesem Hintergrund die Sichtbarkeit am CSD zu nehmen, ist ein beunruhigendes Statement.

Das Motto des diesjährigen CSD ist „Nie wieder still“. Doch Klöckner will offenbar genau das: Back to the closet. Sie sollte sich überlegen, mit wem sie sich gemein macht. Und wie das mit ihrem Amt vereinbar ist.

Anmerkung der Redaktion: In der Überschrift dieses Textes haben wir das Amt von Julia Klöckner (CDU) falsch genannt. Wir haben das korrigiert und bitten, dies zu entschuldigen.

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Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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2 Kommentare

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  • Für mich ist Frau Klöckner einer der Gründe - aber nicht der einzige - nicht die CDU zu wählen. Ich habe von Frau Klöckner auch nicht erwartet, dass sie den Anforderungen ihres Amtes auch nur annähernd so gerecht würde wie ihre VorgängerInnen.

  • Man könnte meinen, die AfD nicht die Union stelle die Bundestagspräsidentin. Klöckner handelt so, wie wir es von den Rechtsextremisten erwarten können: Ausnutzung eines neutralen Amtes zur Umsetzung der eigenen Agenda.



    Die Dame sollte sich ein Vorbild an Jenninger nehmen und das Amt zur Verfügung stellen, geeignetere Mitglieder des Bundestags dürfte es zu hauf geben.