Protest in Lützerath: David und Goliath

Die Panikmache der Polizei vor der Räumung in Lützerath ist absurd. Die massiveren Gewaltmittel befinden sich nicht in den Händen der Aktivist:innen.

Polizisten stehen in der Grube eines Tagebaus

Goliath in der Grube: Polizei-Aufmarsch in Lützerath Foto: Thilo Schmuelgen/reuters

Alle Augen ruhen auf Lützerath. Die nordrhein-westfälische Polizei spricht über aktivistische Gewalt und warnt vor „erheblichen Risiken“ für ihre Einsatzkräfte. Im Vorfeld der Räumung, die am Mittwoch beginnen kann, wappnet sie sich mit Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und Hundertschaften aus 14 Bundesländern im Einsatz gegen die Ak­ti­vis­t:in­nen.

Man kann sich allerdings nur fragen, wer hier mehr ins Risiko geht: Sind es die uniformierten Be­am­t:in­nen mit ihren Helmen, Schilden, Waffen und der Macht eines Millardenkonzerns im Rücken? Oder je­de:r Einzelne, der oder sie sich der Verteidigung eines Ortes und dem Stopp der unnötigen Kohleverbrennung im Sinne des Pariser Klimaabkommen verschrieben hat, auch um den politischen Rückhalt zu mobilisieren.

Besonders wo Menschen sich nicht einmal gegen Gewaltanwendungen von Einsatzkräften – etwa mit einem Sichtschutz gegen Tränengas oder Schienbeinschoner gegen Tritte – schützen können ohne sich des Schutzwaffengebrauchs strafbar zu machen. Es ist immer dasselbe. Dort, wo sich Menschen der Staatsgewalt in den Weg stellen, sind die bekannten Diskussionen über die „gefährlichen Steineschmeißer:innen“ omnipräsent.

Was fehlt, ist ein klar definierter Begriff von Gewalt. Es wäre gefährlich, der Illusion zu verfallen, dass es so etwas gibt. Denn wenn wir den Blick abwenden von systematischer Gewalt sowie der gewaltsamen Zerstörung dieses Ortes, die dieser ganzen Diskussion vorausgeht und lieber über die moralische Vertretbarkeit der Taten Einzelner reden, verschieben wir einmal mehr den Diskurs.

Im schlimmsten Fall liefern wir den Geg­ne­r:in­nen dieses Protests neue Argumente, ihn abzulehnen und der Polizei die nötige Legitimation für die immer heftigere Kriminalisierung der Protestierenden. Dabei kann das Ziel doch nicht sein, die Gewalt der einen Seite mit der Gewalt der anderen Seite zu rechtfertigen. Sondern es geht vielmehr darum anzuerkennen, dass Polizei und normale Bür­ge­r:in­nen nicht über dieselben Mittel verfügen, Gewalt gegen den jeweils anderen auszuüben.

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1998, schreibt, filmt und macht Social Media bei der taz zu Klima, Aktivismus und Lützerath

Eine Person sitzt auf einem Ausguck. Sie trägt eine blaue Hose und hat eine goldene Wärmedecke um die Schultern geschlagen. Außerdem trägt sie eine weiße Maske und eine Mütze. Szenerie aus Lützerath

Wie lebt es sich im besetzten Weiler? Die taz-Autor*innen Aron Boks und Annika Reiß waren für die Kolumne Countdown Lützerath vor Ort. Zwischen Plenum, Lagerfeuer und Polizei

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