Drohende Räumung: Auf nach Lützerath

An der Zerstörung des kleinen Dorfes in NRW zeigt sich der ganze Wahnsinn der deutschen Klimapolitik. Nun gilt es die Räumung zu verhindern.

Ein Ortsausgangsschild mit der Aufschrift Lützerath, dahinter ein riesiger Braunkohlebagger

Im Januar soll Lützerath geräumt werden Foto: dpa

Wer wissen will, wie ernsthaft Deutschlands Klimaschutz-Bestrebungen für das kommende Jahr sind, sollte einmal Lützerath besuchen. Das kleine Dörflein in Nordrhein-Westfalen ist nur wenige hundert Meter entfernt von der Abbruchkante des Braunkohletagebaus Garzweiler entfernt. Obwohl Braunkohle der klimaschädlichste Energieträger und der Kohleausstieg 2030 beschlossene Sache ist, will der Energiekonzern RWE Lützerath abbaggern, um die darunter liegende Braunkohle zu fördern. Notwendig ist das nicht, denn RWE müsste keine weiteren Dörfer zerstören, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Doch mit dem Nicht-Verfeuern der 280 Millionen Tonnen Kohle, die unter Lützerath schlummern, würden RWE-Profite in Milliardenhöhe entgehen.

Ausgerechnet die Grünen erteilten RWE für diesen klimapolitischen Wahnsinn den politischen Segen. Zusammen mit der schwarz-grünen Landesregierung handelte Wirschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Oktober einen Deal mit RWE aus, der den Kohleausstieg auf 2030 vorverlegt, und dafür dem Energiekonzern die Ausbeutung der Kohlevorräte unter Lützerath zusichert. Dem Klima ist mit diesem Deal wenig geholfen, da unterm Strich dieselbe Menge Kohle verfeuert wird.

Um Lützerath zu retten, besetzten Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen die leerstehenden Häuser, errichteten Baumhäuser und hauchten dem verlassenen Ort wieder Leben ein. Doch nun will RWE das Dorf mit einem Polizei-Großaufgebot räumen lassen. Bereits jetzt versucht die Polizei die Räumung vorzubereiten, indem sie die Zufahrt zu dem Dorf abgesperrt und versucht, einen Zaun um Lützerath zu ziehen. Ak­ti­vis­t:in­nen tun ihr bestes, um die Arbeit der Polizei zu erschweren. Die eigentliche Räumung soll ab dem 10. Januar stattfinden. Eine erfolgreiche Verhinderung der Räumung wäre nicht nur ein dringend benötigter symbolischer Erfolg für die Klimabewegung, sondern könnte den Beginn eines Politikwechsels markieren: echter Klimaschutz statt zerstörerischem und kapitalhörigem Weiter-So.

Für alle Klimabewegten heißt es also: Auf nach Lützerath. Wer noch nicht überzeugt ist, hat die Möglichkeit, sich in mehreren Online-Info-Calls zu informieren. Dort werden nicht nur praktische Fragen zum Ablauf der Räumung beantwortet, sondern auch über mögliche rechtliche Folgen informiert (Mittwoch, 4. Januar und Freitag, 6. Januar, jeweils 19 Uhr, online).

Bundesweite Vorbereitung

Um möglichst gut auf die bevorstehende Räumung vorzubereiten, finden bundesweit Aktionstrainings statt. In Berlin gibt es zwei Termine: Am 3. Januar von Ende Gelände (18 – 21 Uhr, Ort wird nach Anmeldung unter berlin@ende-gelaende.org bekanntgegeben) und im Cafe Zwille. Hier wird es auch möglich sein, eine Bezugsgruppe zu finden, damit man bei der Räumung nicht alleine dasteht (7. Januar, 12 bis 16 Uhr, Straße des 17. Juni 136, TU Berlin).

Noch besser vorbereiten lässt es sich vor Ort: In Lützerath findet vom 2. bis zum 8. Januar ein Skillshare Camp statt. Dort kann man lernen wie man klettert, Tripods- und Barrikaden errichtet und darüber hinaus der Polizei die Räumung schwer machen kann (Montag, 2. Januar, bis Sonnatg, 8. Januar, Lützerath, 41812 Erkelenz).

Ab dem 9. Januar startet das Unser Aller Camp in Keynenberg. Das Camp ist offiziell angemeldet und einige Kilometer von Lützerrath entfernt, und bildet somit eine sichere Basis für Unterstützer:innen.

Am 14. Januar findet dann eine Großdemo zum Erhalt des Dorfes statt. Schon 2018, als 50.000 Menschen für die Rettung des Hambacher Forst demonstrierten, erwies sich die Mischung aus bürgerlichem Protest, ungehorsamen Aktionen und rechtlichen Klagen als sehr erfolgreich – die Rodung des Hambacher Walds wurde gestoppt (Samstag, 14. Januar, 12 Uhr, Lützerath oder Keyenberg).

Da akute Räumungsgefahr erst ab dem 10. Januar besteht, bleibt vorher noch Zeit für einen kurzen Abstecher nach Dessau. Dort findet wie jedes Jahr die Oury-Jalloh-Demo statt. Fast 18 Jahre ist es nun her, dass der Sierra Leoner in einer Polizeizelle verbrannt wurde. Alle Indizien deuten daraufhin, dass Polizisten Jalloh ermordet haben. Doch bis heute wurden die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen. Das der Fall trotz aller Bemühungen der Polizei und des Landes Sachsen-Anhalts nicht unter den Teppich gekehrt werden konnte, ist dem ausdauernden Engagement der Initiative Oury-Jalloh zu verdanken (Gemeinsame Anreise vom Hauptbahnhof: Samstag, 7. Januar, 11 Uhr, Gleis 14).

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Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.

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