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Anti-Wokeness-Kongress in BerlinNur rhetorische Fragezeichen

Die konservative Denkfabrik R21 trommelt gegen linke Identitätspolitik. Es gibt rationale Kritik zu hören – aber vieles kippt ins Affekthafte.

Historiker Rödder und Ex-Familienministerin Schröder beim Kongress der Denkfabrik R 21 Foto: Britta Pedersen/dpa

Auf dem Veranstaltungsplakat prangt ein Gesicht mit einem großen Pflaster vor dem Mund. „Wokes Deutschland – Identitätspolitik als Bedrohung unserer Freiheit?“ lautet der Titel der dazugehörigen ersten Veranstaltung der neuen liberal-konservativen Denkfabrik R 21 am Montag in Berlin. Man fühlt sich, soll das Pflaster heißen, von woken Linken mundtot gemacht. Das Fragezeichen im Titel ist Rhetorik.

Die Denkfabrik ist kein reiner CDU-Club. Zu ihr gehören auch der Autor Ahmad Mansour und die Ethnologin Susanne Schröter. Aber CDU-Mitglied und Historiker Andreas Rödder und Ex-Familienministerin Kristina Schröder sind zwei prägende Figuren, die mit R 21 versuchen, das Sinnvakuum der Union nach 16 Jahren Angela Merkel konservativ zu füllen.

Laut Rödder versteht man sich „als bürgerliche, demokratische Mitte“, die vor Rechtspopulismus ebenso warnt wie vor der woken Linken. Eine Schlüsselfrage aber lautet, ob die konservative Kritik an Identitätspolitik ausreichend Distanz zu rechtspopulistischer Feindbestimmung hält.

Als eher linker Kritiker tritt am Montag der Theatermann Bernd Stegemann auf, einst Mitstreiter von Sahra Wagenknecht bei der gescheiterten Aufstehen-Bewegung. Er kritisiert den „progressiven Neoliberalismus“, der auf Gendersternchen statt auf Umverteilung setze.

„Neue Ständegesellschaft“

„Amazon ist diskriminierungsfrei und ohne Gewerkschaften“, so Stegemann. Der woke Kapitalismus ersetze mehr Lohn durch mehr Anerkennung. Zudem hebele das Beharren auf der mit Opferattributen versehenen Sprecherposition den Kern der Demokratie, „den zwanglosen Zwang des besseren Arguments“ (Habermas) unter Gleichen aus. All das ist nicht neu, aber eine rationale Kritik.

FDP-Politikerin Linda Teuteberg hält die Praxis, „Menschen in unentrinnbare Gruppenzugehörigkeiten einzuteilen und nur Opfer und Privilegierte zu kennen“, für illiberal. Damit entstehe die Gefahr einer „neue Ständegesellschaft“, die um Opfergruppen zentriert sei.

Wokeness liest die FDP-Frau als Ausdruck einer wachsenden „Sehnsucht nach Eindeutigkeit“ und der Unfähigkeit, Mehrdeutigkeiten auszuhalten. Letzteres ist irgendwie immer wahr. Teuteberg formuliert ihre Kritik erfreulich entspannt und ohne Schützengräben auszuheben.

Ein anderen, viel schrilleren Ton schlägt die Ex-Bild-Redakteurin Judith Basad ab. Sie hatte bei Springer gekündigt, weil sich der Verlag von einem Text in der Welt distanziert hatte. In diesem waren ARD und ZDF attackiert worden, weil sie angeblich „unsere Kinder indoktrinieren“ und von Aktivisten mit einer „’woken’ Trans-Ideologie“ unterwandert würden.

Fast schon Nordkorea

Das klang nach AfD. Basad, die inzwischen in der Firma von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt arbeitet, deutet den Rückzieher des Springer-Verlags hingegen als Menetekel. Die woke Bewegung sei „die größte Gefahr für unsere Gesellschaft“ und „mächtiger, als es jede rechtsextreme Bewegung derzeit sein kann“, sagt sie.

Die Woke-Bewegung habe die Mainstreammedien gekapert und „eine Tyrannei“ errichtet. Folgt man diesem Bild, leben wir in einer Art identitätspolitischem Nordkorea. Der vorsichtige Einwand des Moderators und NZZ-Redakteurs Alexander Kissler, dass die Bild eigentlich kein Zentralorgan von Wokeness sei, prallt an ihr ab.

Basads Auftritt, viel beklatscht, zaghaft infrage gestellt, erhellt einen erstaunlichen Zug der Antiwokeness: Sie wiederholt spiegelbildlich die Opferinszenierung ihrer Gegner. Die Fantasie, in einem totalitären System zu leben, das jede Freiheit stranguliert und in der „die Macht des Mobs“ (Basad) auch konservative Medienhäuser niederringt, ist eine Art Echo mancher identitätspolitischen Konstruktionen eines umfassenden rassistischen oder kolonialistischen Systems.

Zu den Seltsamkeiten des Antiwoken gehört zudem die rituelle Bekundung, dass Identitätspolitik im wahren Leben niemand interessiere. Das steht in einem unvermittelten Widerspruch zu der felsenfesten Überzeugung, es mit einem übermächtigen Gegner zu tun zu haben.

Von Blase zu Blase

Die Historikerin Sandra Kostner attestiert einen machtvollen Trend zur „Moralisierung der Wissenschaft“. Als Beleg für den Einfluss linkswoker Irrationalität führt sie die Zeitschrift Nature an, die kürzlich proklamierte: „Research must do no harm“, Forschung solle einen Bogen um Rassismus, Sexismus, Homophobie und Hassrede machen. Warum das eine gravierende Einschränkung von Wissenschaftsfreiheit sein soll, bleibt unklar.

So hört man bei dieser Veranstaltung durchaus kühl-rationale Verteidigungen republikanischer Prinzipien gegen den Anspruch von identitätspolitischen Sonderrechten. Doch manches kippt ins Affekthafte. Kritische Gegenstimmen hatte man vorsichtshalber gar nicht erst eingeladen. Das führt mitunter zu dem bizarren Effekt, dass mit viel Verve woke Blasen attackiert werden – und man das faktisch in einer antiwoken Blase tut.

Diffus bleibt, ob man die Eskalation und die schroffe Feindseligkeit, wie es sie in den USA gibt, als Kraft der „demokratischen Mitte“ (Rödder) verhindern will – oder sich heimlich danach sehnt. Ex-Bild-Redakteurin Basad glaubt, dass sich auch in Deutschland eine schlagkräftige Anti-Woke-Bewegung entwickeln wird, inklusive Leitfiguren wie dem kanadischen Professor Jordan Peterson.

Von Obama lernen

Kristina Schröder hält den Erfolg der Identitätspolitik für ein Versagen der Union. „Viele haben gedacht: Das ist so bekloppt, das wird sich selbst erledigen.“ Nun komme auf die Freiheit „eine harte Zeit“ zu. Andreas Rödder kündigt am Ende an, man werde einen Kulturkampf gegen „moralisierende Überwältigung“ führen. Es klingt wie eine Drohung.

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hat die linken Bewegungen in den USA einst ermahnt: „Don't be too woke.“ Für die politische Kultur in Deutschland wäre es günstig, wenn Liberal-Konservative den Satz „Don't be too antiwoke“ beherzigen würden. Mehr jedenfalls, als es bei R 21 der Fall ist.

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134 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. 

  • Ob von der Veranstaltung ein Soli-Gruß an DeSantis zur Unterstützung seines Wahlkampfes in den USA rausging? "Anti-Woke" ist er ja[1], dass dürfte einige (verblendete) Bürgis doch sicher freuen. ;-/ Hier ein Zitat aus heutigem TAZ-Artikel:



    "DeSantis, der vor seinem Eintritt in die Politik 2012 als Militärstrafverteidiger tätig war, gehört seinerseits keineswegs zum moderaten Teil der Republikanischen Partei und wäre früher als „zu extrem“ angesehen worden. In seiner Siegesrede am Dienstagabend beschwor er, Florida verteidige unter ihm die Freiheit gegen den „woken Mob“. Florida sei, „wo die Wokeness stirbt,“ rief er unter großem Jubel seiner Unterstützer*innen ...



    Er setzte ein Verbot der Beschäftigung mit der rassismuskritischen ­Critical Race Theory an Schulen durch und untersagte, dass in Kindergärten Genderthemen angesprochen werden. Als der Walt-Disney-Konzern ihn deswegen kritisierte, belegte DeSantis das Unternehmen mit Sanktionen"



    [1] taz.de/Midterms-in-Florida/!5894241/

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    "Denkfabrik"?



    Denk-Fabrik?



    Das charakteristische der Fabrik ist in Chaplins "Modern Times" für alle Zeiten manifestiert.



    Mit denken hat das nichts zu tun.



    Garnichts.



    Scheint mir beii R21 ähnlich zu sein.



    Da werden nur Eier mit reaktionär-erzreaktionärem Inhalt ausgebrütet.

  • Wenn mir ein wenig Diskurskritik erlaubt ist: ich finde es schade, dass die Diskussion wieder auf eine Konfrontation von Maximalpositionen hinausläuft, in der 100%-Verfechter identitätspolitischer Ansätze ihren eben 100% entschlossenen Kritikern gegenüberstehen und die Suche nach common ground fast schon Verrat ist. Dabei zeigt der Artikel (und die klügeren der dort beschriebenen Vorträge) auf, dass es auch einen Mittelweg geben könnte: eine kritische Bestandsaufnahme, in der abgewogen wird, wo identitätspolitische Maßnahmen (hinter denen ja nicht eine einzige kohärente Politik steht) sinnvoll sind und wo sie in die Irre führen - oder vielleicht auch nur, ganz ohne große Wahrheitsansprüche, auf welchen modus vivendi man sich einigen kann. Erstaunlicherweise funktioniert das ja außerhalb des Internets ganz gut; vielleicht kann man auch hier auf maximalistisches Gehabe verzichten. Dieses Land ist nicht das Privateigentum irgendeiner ideologischen Clique (weder der Konservativen noch der Progressiven, die sich in ihrer Selbstgerechtigkeit oft allzu ähnlich sind) und niemand hat einen Anspruch darauf, nicht mit anderen Weltbildern behelligt zu werden. Diesen Meinungspluralismus nicht als Problem, sondern als Grundlage einer demokratischen Gesellschaft zu verstehen, wäre ein erster Schritt hin zu einer zivilisierteren und inspirierenderen Diskussionkultur, egal ob online oder im realen Leben.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Allem Entlarvungsdiskurs zum Trotz ruht die Linke seit je auf einem Fundament von Werten, die in einer scharfen Spannung zu konservativen Werten stehen. Praktisch ist der Linken längst klar, was sie theoretisch immer bestritt: dass das Wohl eines Gemeinwesens nicht zum geringsten Teil von moralischen Entscheidungen ethisch handelnder Subjekte abhängt."



    (Robert Misik) taz.de/Ihre-Moral-und-unsere/!458214/

  • Wer für Julian Reichelt arbeitet, ist in jedem Think Tank falsch plaziert.

  • 4G
    42798 (Profil gelöscht)

    Mal wieder steht die erfolgreiche Anerkennung von zu Minderheiten und Außenseitern stigmatisierten Gruppen als gleichberechtigte Akteure der Gesellschafft zur Disposition und gegen eine angeblich die Gesellschaft unterdrückende "politische Korrektheit" wird der Kulturkampf ausgerufen. Eine Klassismusdebatte und die Auseinandersetzung mit klassenspezifischer Diskriminierung ist offensichtlich wichtiger denn je.

    • @42798 (Profil gelöscht):

      exakt.

    • @42798 (Profil gelöscht):

      LOL

      Sie sind lustig.

      Die Ziele der woken Bewegung werden vom bösen mainstream zu Minderheiten gemacht?

      In meinem Wahn hätte ich gedacht, dass die geringe Zahl Betroffener sie zur Minderheit macht.

      • @Erwin Schiebulski:

        Man kann Minderheiten über die Anzahl von Betroffenen formulieren. Aber auch über ungleich verteilte Machtverhältnisse, obwohl sie aufgrund von Anzahl nicht sein können. Extrembeispiele: Weiße Machtinhaber in Ländern, die diese Macht hauptsächlich über eine POC Bevölkerung ausüben. Siehe auch: Männliche Machthaber, die über das Schicksal von Frauen bestimmen, die ja eigentlich die Hälfte der Gesamtbevölkerung ausmachen (plus-minus).

  • Was ist das denn für eine schräge Debatte nach dem Motto: Wer keine Probleme hat macht sich welche? Um die wahren Probleme der Menscheit ( Dummheit , Arroganz und Gier) nicht wahrnehmen zu müssen wahrscheinlich.

  • Die "Woken" (de.wikipedia.org/wiki/Woke) haben halt die Menschenrechte auf ihrer Seite, insbesondere Artikel 2 der AEMR 1948 mit der "catch all" Formel am Ende. Sozusagen das, was Voltaire als das Licht der Aufklärung bezeichnet hat. Was haben die Konservativen und Rechtsextremen momentan? Hetze, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, NSU-Morde, brennende Flüchtlingsunterkünfte, Hassverbrechen, Terroranschläge auf Synagogen ... Dunkelheit?



    Aber keine Sorge, die Dunkelheit naht auch von Links, Frau Wagenknecht arbeitet schon daran, Gruppen auch von links gegeneinader auszuspielen und Artikel 2 der AEMR 1948 als linken Lifestyle zu diffamieren!

    • @Felix Meran:

      Ich glaube Frau Wagenknecht bringt lediglich wieder Gruppen ins Spiel, die von den Wokis schlicht ignoriert wurden. Das zu Benennen ist kein gegeneinander Ausspielen.

      Und ihr Gedöns, dass Konservative, die Sie mit Rechtsextremen auf einer Stufe stellen, zeigt vor allem eine Realitätsfremde Abwesenheit.



      Gerade auch bei diskriminierte Gruppen sind es auch konservative Gruppen, die sich kümmern.

      • @Rudolf Fissner:

        Frau Wagenknecht nutzt halt keine Synergien und erklärt Artikel 2 für unwichtig, nutzt dafür noch Argumentationsmuster sowie Slogans der AfD, wie bspw. Deutschland aber normal. Das ist wohl eindeutig ein gegeneinander ausspielen und diffamieren der einen Gruppe. Und historisch betrachtet haben die Konservativen und Liberalen dem Ermächtigunsgesetz zugestimmt. Und ein Hauch von Weimar wehte bereits erneut durch dieses Land:

        www.deutschlandfun...on-weimar-100.html

        Das zu ignorieren ist sehr gefährlich, insbesondere hinsichtlich AEMR 1948!

    • @Felix Meran:

      Sorry, hier der funktionierende Link:

      de.wikipedia.org/wiki/Woke

      • @Felix Meran:

        Es kommt immer auf das Maß an.

        Ab wann wird eine Bewegung/Ideologie übergriffig, ja totalitär.

  • Die Überschrift dieser Kommentarspalte als "Leser*innenkommentare" zeigt doch, was die Antiwoken meinen:

    Obwohl eine Mehrheit das Gendersternchen ablehnt, verwenden es Privilegierte, um es durchzusetzen. Und diese Privilegierten sind nicht nur die Medienmacher der taz, sondern auch



    der ÖRR und viele Parteien.

    Dieses Szenario der Sprachdurchsetzung von oben ist gemeint mit dem Satz:

    "...Identitätspolitik im wahren Leben niemand interessiere. Das steht in einem unvermittelten Widerspruch zu der felsenfesten Überzeugung, es mit einem übermächtigen Gegner zu tun zu haben."

    • @Gorres:

      "Obwohl eine Mehrheit das Gendersternchen ablehnt"



      Dass sie das in dieser Form als Argument betrachten zeigt das zugrundeliegende Missverständnis recht deutlich. Wenn allein der Wille der Mehrheit entscheidend wäre, wäre die Diskriminierung und Unterdrückung von Minderheiten überhaupt kein Problem, die Mehrheit ist davon schließlich nicht betroffen und die Minderheit hat halt nix zu melden. Demokratie ist aber eben etwas anderes als die Diktatur der Mehrheit und wo ist eigentlich das ernsthafte Problem dabei mit so einem Sternchen auch jenen Respekt und Berücksichtigung zu erweisen die sich nicht in cis-heteronormativer Zweigeschlechtlichkeit verorten?

      • @Ingo Bernable:

        Ich widerspreche ungern, aber Demokratie ist erstmal genau das: die Diktatur der Mehrheit (Tocqueville, glaube ich).



        Nur hat eben diese Mehrheit hierzulande, und glücklicherweise auch in einigen anderen Ländern dieser Welt beschlossen, dass die Rechte von Minderheiten zu verteidigen seien.



        Das Problem liegt daher woanders: Welche Rechte fordern Minderheiten für sich ein? Und welche Rechte ist die Mehrheit bereit, ihnen zuzugestehen?



        Keine Frage von Mehrheiten, sondern der gegenseitigen Toleranz. Und meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist die Toleranz einer kleinen oder sehr kleinen, aber lautstarken Minderheit seit einiger Zeit, sagen wir, eher gering.



        Was die Toleranz der Mehrheit natürlich auch beeinflußt. Lautstärke ist erstmal notwendig, klar. Die Frage ist nur, wieviel Lautstärke über wie lange Zeit.

        • @Brobdignag:

          Ich teile ihr Demokratieverständnis nicht. Minderheitenrechte ergeben sich unverrückbar aus ethisch-normativen Grundsätzen und den Grenzen legitimer Entscheidungen über Andere (hierzulande im GG fixiert), nicht daraus weil die Diktatur der Mehrheit sie der Minderheit großzügigerweise zubilligt. Wenn 51% entscheiden die 49% zu versklaven ist das genauso illegitim wie die Entscheidung Menschen wegen irgendwelcher Kriterien zu diskriminieren und auszugrenzen.



          Alexis de Tocqueville äußerte sich übrigens tatsächlich zur "Diktatur der Mehrheit" aber eben nicht als Analyse, sondern als Warnung vor einem Zustand der niemals eintreten dürfe.

          • @Ingo Bernable:

            Es ist ein verbreitetes Mißverständnis, dass es so etwas wie allgemeingültige ethische Grundsätze gäbe. Den hier üblichen widersprechen regelmäßig Mitglieder anderer Gesellschaftsordnungen.



            Liegt wohl mindestens teilweise daran, dass die hier üblichen ethisch-normativen Grundsätze aus der Mehrheit des hiesigen westeuropäischen Kulturraums stammen, die solche Dinge wie Aufklärung, Säkularisation, Demokratie hinbekommen haben, und im Zuge dessen ethische Grundsätze formulierten, entlang derer sie sich weiter entwickelten. Und als ebendiese Mehrheit auch das GG und Minderheitenrechte für erstrebenswert hielten und umsetzten.



            Daher: Nein. Das alles für unverrückbar, allgemeingültig, in Stein gemeißelt zu halten, ist zu einfach. Das ist das Ergebnis einer Variante gesellschaftlicher Entwicklung. Vielleicht der besten, das weiß ich nicht. Aber offensichtlich nicht der einzigen.



            Und deswegen: Doch. Minderheitenrechte sind Zugeständnisse der Mehrheit. Immer.

    • @Gorres:

      Ich bin mir nicht sicher, ob Sie diese Mehrheit just hier unter den Leserinnen und Lesern finden. Ich freue mich an dieser Stelle explizit, als Leserin angesprochen zu werden. Wie wäre es denn für Sie stünde da nur Leserinnenkommentare, ohne Sternchen aber auch ohne männliche Leser zu adressieren. Wäre das für Sie dann antiwoke - oder auch nicht gut? Und wieso empfinden Sie die Wortwahl einer kleinen Tageszeitung als "Sprachdurchsetzung von oben"? Sie können doch im generischen Maskulinum Zigeunerschnitzel bestellen wie Sie lustig sind, ohne dass Sie dafür verhaftet werden. Kann halt nur sein, dass das jemand hört oder liest und das doof und/oder verletzend findet und das auch artikuliert. Dieses "von oben" wirkt auf mich immer etwas fiebrig herbeifantasiert...

      • @Pitta:

        Typisch woker Kommentar.

        "Leserkommentar" wäre das Generikum, kein Maskulinum. Es ist einfach kürzer und daher praktischer und eleganter, außerdem immer noch die Regel. Wer die Regel so eklatant und permenent absichtlich verletzt, will die Regel ändern, und das ist nicht Aufgabe der Medien und Bildungsanstalten.

        "kleine Tageszeitung" - in meinem Kommentar steht deutlich, dass außerdem der ÖRR und viele Parteien - dazu noch viele Unis - beim Gendersprech mitmachen. Deshalb "Sprachdurchsetzung von oben". Die kleine taz ist ja nicht alleine, aber sie ist ebenfalls privilegiert, weil Multiplikator.

        "Kann halt nur sein, dass das jemand hört oder liest und das doof und/oder verletzend findet und das auch artikuliert." Da wir alle wisssen, das sowas im Shitstorm und beim Arbeitgeber enden kann, ist Ihr Satz eine unverhohlene Drohung, die auch so verstanden wird.

        Es handelt sich bei meinen Aussagen also keineswegs um fiebrige Herbeifantasierereien, sondern um konkrete Ereignisse. Ihr Kommentar dagegen, der wesentliche Teile meiner Aussagen weglässt, ist typisch für die Woken, die alles nach ihrem Maßstab interpretieren und dann das Gegenüber nach diesem Maßstab beurteilen.

    • @Gorres:

      Wer sollen denn diese Priveligierten sein? In den letzten 16 Jahren war eine ziemlich privilegierte Gruppe an der Macht - aber die mag das Sternchen nicht.

      • @Pic:

        Wenn ich das Einkommen von Wählerschichten betrachte, dann sind FDP und Grünenwähler die Privilegierten im Land.

      • @Pic:

        Macht gibt es dankenswerterweise hierzulande nicht in absoluter Form sondern immer nur relativ im Kontext: In den Medien z. B. sind die Medienmacher schon in einer gewissen Machtstellung. Es sind ja nicht die Leser_*:Innen, die das Layout der Seite basisdemokratisch bestimmen, sondern die Redaktion. SIE bestimmt, ob sie lieber eine @Pitta glücklich macht und dafür möglicherweise @Gorres und noch ein paar Anderen auf die Nerven geht oder umgekehrt.

        Ebenso sind es die Führungsetagen der ÖRR-Anstalten die festlegen, ob in ihren Sendern gegendert wird oder nicht, oder das Lehrpersonal an Unis, das nach und nach ungegenderte wissenschaftliche Arbeiten in die Inakzeptabilität drückt. Es werden also schon Machtpositionen ausgenutzt, die nur eine Minderheit besitzt, um woke Inhalte in die Lebenswirklichkeit einer viel breiteren Gesellschaft zu drücken.

        Das heißt nicht, dass das per se schlecht wäre. Aber man sollte ehrlich genug sein zuzugeben, dass es sich sehr wohl um eine auch hierarchisch gestützte Durchsetzung handelt. Und die Opposition dagegen dann auch als solche akzeptieren - so weh es tut, ihr dann nicht pauschal irgendwelchen sinistren anti-emanzipatorischen Dünkel unterstellen zu können...

      • @Pic:

        "Mir ist allerdings noch kein einziges sachliches Argument bspw. für Transfeindlichkeit untergekommen, nur sehr viel leidenschaftlich zelebrierter Hass und noch viel mehr abstruse Desinformation. Ich habe wenig Nerv dafür, vor solchen Leuten meine Existenz rechtfertigen zu müssen. ...Ich setze mich nicht mit Menschen an einen Tisch, die mich auslöschen wollen und ich diskutiere nicht darüber, warum ich als ich selbst leben darf."



        So formuliert haben Sie natürlich Recht.



        Das Problem liegt allerdings darin, dass Sie alle Menschen, die nicht mit Ihnen einer Meinung sind, in diese Kategorie zu stecken scheinen. Korrigieren Sie mich wenn ich mich irre.



        Beispiel hierfür wäre: die Nichtverwendung ungewöhnlicher/nicht traditioneller Pronomina geschieht im Regelfall aus Gewohnheit und/oder Faulheit, nicht aus Transfeindlichkeit oder ähnlichem (wenn das auch vorkommen kann). Hieraus Transphobie abzuleiten, wie das ja gerne gemacht wird, ist schlicht falsch und schon gar nicht sachlich.

      • @Pic:

        "Wer sollen denn diese Priveligierten sein?"



        Reporter. Herausgeber. Presse im Allgemeinen. Beitrag nicht gelesen?

  • Friedrich Merz und Sahra Wagenknecht jetzt vereint im Kampf gegen anti-woke Umtriebe in unserer Gesellschaft? Jedenfalls kam mir diese Assoziation spontan in den Sinn beim Lesen dieses Beitrags von Stefan Reinecke.



    Aber mal im Ernst: Anti-Wokesness als letztes/einziges programmatisches Konzept der CDU, um die sonstigen und offensichtlichen inhaltlichen Leerstellen zu überkleistern? Das Konzept taugt wenig, um gesellschaftliche Mehrheiten zu organisieren und damit eine politische Machtperspektive zu formulieren, was ja u.a. eine Aufgabe solcher ideologisch ausgerichteter parteinaher „Denkfabriken“ ist … zumindest nicht über das bisherige klassische liberalkonservative Spektrum (bestehend aus den Unionsparteien und der FDP) hinausgehend. Wenn schon, müsste die AfD - bei der es ja momentan politisch rund läuft, zumindest was die Umfragewerte angeht - in ein solches anti-wokes Bündnis mit einbezogen werden, denn hier decken sich die Vorstellungen, zumindest was die Polemik betrifft. Eine rechnerische Mehrheit wäre zumindest denkbar und ich unterstelle mal, dass solche Gedankenspiele bei den liberalkonservativen Vordenkern sowie auch im Kopf ihres „großen Vorsitzenden“ Friedrich Merz längst schon mit eingepreist sind.



    Das würde dann aber auch eine Wiederbelebung der alten politischen/ideologischen Lager bedeuten - dass diese nicht tot sind, zeigen ja die innenpolitischen Entwicklungen in vielen anderen Länder - , die doch v.a. die Grünen überwinden wollten (wenn ich Habecks „philosophische“ Einlassungen dazu richtig interpretiert habe).



    AfD-Regierungsbeteiligungen auch nur auf Länderebene (Sachsen, Sachsen-Anhalt?) dürften aber selbst den Grünen zu weit gehen und sie von einer Zusammenarbeit mit der Union abrücken lassen … aber man weiß nie.

    • @Abdurchdiemitte:

      Wieso nur Merz und Wagenknecht?

      Sind Sie nicht auch gegen Cancel Culture?

  • "Zu den Seltsamkeiten des Antiwoken gehört zudem die rituelle Bekundung, dass Identitätspolitik im wahren Leben niemand interessiere. Das steht in einem unvermittelten Widerspruch zu der felsenfesten Überzeugung, es mit einem übermächtigen Gegner zu tun zu haben."

    Alles gesagt!

  • Wer ist eigentlich mundtoter? Jemand der Widerspruch von links ertragen muss oder jemand der von einem Nazi erschossen wird? Frage für einen Freund.

  • In Kiel sind in den vergangenen Tagen mehrere Menschen mit Messern angegriffen worden, weil ein Mann Nagellack trug und deshalb von den Tätern als schwul gelesen wurde. Es handelt sich nicht um queere Opfer, die Tat war aber offensichtlich queerfeindlich motiviert.

    Offensichtlich ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe eine kulturelle Zuschreibung sowohl des Individuums (Ich bin queer) als auch der Gesellschaft (Du bist queer) ist - und das Problem besteht in der Ausgrenzung ("othering") und Gewalt (Du bist nicht X, Du darfst hier nicht sein)?



    Ist das jetzt "links"? "woke"? Identitätspolitik?

    Ich blicke nicht mehr durch, wogegen sich diese ganze antiwokeness richtet. Häufig habe ich aber den Eindruck, dass man halt weiter ausgrenzen will.

  • "Von Blase zu Blase"

    Genau die richtige Umschreibung. Und genau das richtige Fazit im Artikel.

    Respekt, Toleranz, Empathie, Ehrlichkeit. Ne Hand voll aufrichtig gelebte Werte brauchts.

    Und wer das seinen Mitmenschen nicht entgegenbringen kann, soll bitte mit all seinen Vorurteilen und Moralkomplexen in seiner jeweiligen ideologisch verquasten Blase bleiben.

  • Herr Reinecke, haben Sie den Artikel in der Welt gelesen? Konservativ ja, aber von Afd hab ich da nix gesehen.

  • Puh. Ja de beleidigte Hinweis "ich identifiziere mich als Xy ich will -es- genannt werden" ist tatsächlich eine wesentlich größere Bedrohung für unsere Gesellschaft als das Anzünden von Häusern in denen sich Menschen, also eh nur Flüchtlinge befinden. Definitiv die wesentlich radikalere Bewegung, diese Woken, jeder der schon mal so ein grausames "Check mal deine Privilegien" oder vergleichbarer menschenfeindliche Kommentare hören musste sehnt sich geradezu nach einem harmlosen kleinen Mord von Rechts. Lübke kann froh sein dass er sowas schreckliches nicht hören musste sondern ganz ungefährlich ermordet wurde. Es gibt keinen Grund zur Annahme dass auch nur einer der paar untergetauchten angeblichen Neonazis aus dem NSU Umfeld irgendwas Böses im Schilde führt. Die wahre Gefahr droht ganz offensichtlich von leicht beleidigten Transen und ihrem enorm gefährlichen Wunsch sonderlich angesprochen zu werden.

    • @Eva Kern:

      Das nennt man glaube ich Whataboutism. Wird häufig nicht so gerne gesehen, aber vielleicht ist das ja bei der Verteidigung von wokeness anders.

    • @Eva Kern:

      Whataboutism.

      Ich könnte jetzt erwidern, das Anzünden von Häusern ist wesentlich weniger schlimm als das Hofieren von Autokraten, und das ist wiederum weniger schlimm als fossile Stoffe zu verbrennen, und das ist weniger schlimm als einen Todesstern zu bauen.

      Bleiben Sie doch bitte beim Thema.

  • Die ersten Aussagen waren rationale Kritik. Darüber sollte man definitiv diskutieren. Fällt mir ja auch auf, wie intolerant manche woken Menschen sind, die selber massiv Toleranz fordern. Aber..

    Die woke Bewegung sei „die größte Gefahr für unsere Gesellschaft“ und „mächtiger, als es jede rechtsextreme Bewegung derzeit sein kann“

    Ich lache Tränen.

    Wer kennt ihn nicht, den WU, den Woken Untergrund, mit seiner jahrelangen Mordserie.

    Wer kennt sie nicht, die ganzen woken Verschwörungstheoretiker, die woken Demokratiefeinde, die woken Reichsbürger, die woken Hassprediger, die woken korrupten Selbstbediener, die woken Klimawandelverschlimmerer, die woken Angriffskriegführer.

    Wie weit von der Realität will ich mich positionieren. Frau Basads Antwort war "ja"

    • @LennyZ:

      Von anderen Toleranz zu fordern bei gleichzeitig extremer eigener Intoleranz ist nun kein Phänomen, dass etwa die AfD kultiviert hat (Mimimi-Rhetorik) oder woke Zeitgenossen … es ist ungefähr so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst.



      Dazu fällt mir übrigens ein Song des niederländischen Liedermachers Robert Jong ein:



      youtu.be/DDPpYWjRP5E

    • @LennyZ:

      Ich halte die Aussage zwar auch für zu extrem, die Zielrichtung ist aber eine andere. Die Rechtsextremen morden zwar und sind für einzelne Bürger lebensgefährlich.



      Linke Identitätspolitik hat aber schon Einfluss auf Gesetze genommen, die dann jedoch für verfassungswidrig erklärt worden oder stellt verfassungswidrige demokratiegefährdende Forderungen auf, gemeint sind Päritätsgesetze und bestimmte Quoten für Minderheiten bei Parlamentswahlen, was beides eklatant dem Prinzip der freien Wahl widerspricht.

      • @Dr. McSchreck:

        Können Sie mir Ihre Beispiele nennen? Es gibt nämlich verfassungsrechtlich einwandfreien Minderheitenschutz bei Wahlen.



        www.bundeswahlleit...-minderheiten.html



        So allgemein wie Sie es hier sagen kann es also nicht sein.

        • @Pic:

          Es gab in 2 Bundesländern "Partitee-Gesetze", die den Parteien vorschreiben wollten, wie sie die Wahllisten aufzustellen haben, nämlich mit einer Mindestanzahl von Frauen. Zur freien Wahl gehört es aber, dass die Parteien selbst entscheiden, wen sie aufstellen und wen nicht - und der Gesetzgeber das nicht vorschreibt.



          Daher sind beide Gesetze von den jeweiligen Verfassungsgerichten auch wieder aufgehoben worden.

          Quoten bei der Aufstellung im Hinblick auf Migranten fordern zum Beispiel die Neuen Deutschen Medienmacher.

  • Die Linke ist einfach erfolgreich bei der Durchsetzung ihrer Politik. Man mag das kritisieren, aber das kommt halt auch daher, dass die liberale Mitte gesellschaftspolitisch kaum etwas Eigenständiges oder einen überzeugenden Gegenentwurf zu bieten hat.

    • @Clow:

      Die Linke wird genau dann erfolgreich "bei der Durchsetzung ihrer Politik" sein, wenn die BILD-"Zeitung" gendert. Wie sind die Chancen? Genau. Null.

      • @Kaboom:

        "Die Linke wird genau dann erfolgreich "bei der Durchsetzung ihrer Politik" sein, wenn die BILD-"Zeitung" gendert."

        Ich halte mich für links, möchte aber auf keinen Fall, dass "durchgesetzt" wird, dass irgendeine Zeitung gendern (muss).



        Das sollte und muss freiwillig bleiben.

  • Faszinierend wie ein durch Black Lives Matter postiver Begriff durch rassistische Gruppierungen ins negative verkehrt wird und rechte Narrative geschaffen werden. Doch wenn ich an die Dolchstoß-Lüge denke, dann war dieses Land schon immer gut darin, sich etwas vorzumachen und menschenverachtende Narrative zu begründen oder zumindest unkritisch zu übernehmen!

  • "Zu den Seltsamkeiten des Antiwoken gehört zudem die rituelle Bekundung, dass Identitätspolitik im wahren Leben niemand interessiere. Das steht in einem unvermittelten Widerspruch zu der felsenfesten Überzeugung, es mit einem übermächtigen Gegner zu tun zu haben."



    Ich sehe hier keinen Widerspruch. Man geht ja von der Annahme aus, dass eine kleine, mächtige Elite, die nicht im Interesse des "Volkes" handelt, quasidiktatorisch den Diskurs bestimmt und die Antiwoken dagegen den Volkswillen verkörpern. Das wird einfach nur das Gerede von der "schweigenden Mehrheit" aufgewärmt.

  • Mir ist nach dem Lesen des Artikels unklar, ob dies nun eine Veranstaltung war, der man im Wesentlichen die Ziele Diskussion und Wahrheitsfindung glaubt oder eine weitere Propagandaveranstaltung, die im Wesentlichen der Bildung oder Festigung antiwoker politischer Strukturen dient.

    Der Elephant steht nun mal im Raum.

  • Leider ist "research must do no harm" eine völlig wirkungslose Forderung von Nature, wenn gerade die Forschung zu sozialen und kommunikativen Interaktionen bei Google, Meta, Amazon stattfindet, und nicht in der scientific community.



    In den reinen Naturwissenschaften vielleicht eine nette Idee. Andererseits hat Otto Hahn noch 1944 den Nobelpreis für die Entdeckung der Kernspaltung bekommen, insofern fehlt "respice finem".

  • Schöner, neutraler Artikel, vielen Dank. Vielleicht schafft's der gesellschaftliche Diskurs ja auch irgendwann auf dieses Niveau, wäre hilfreich.

    • @Brobdignag:

      ja, fand ich auch! Sehr entspannt, wenig schrill.

  • "Drittens benutzen bestimmte linke Strömungen moralische Positionen für den Kampf um die Debattenhoheit"



    Bitte ein Beispiel, danke.



    Was genau woke ist, mit Beispielen aufzuzeigen, kann helfen.



    Moral ist nicht hilfreich, wenn es darum geht, das die Reichen immer reicher, und die Armen immer ärmer werden. Hilfreich wäre die stärkere Beteiligung der Reichen an den zu lösenden Aufgaben.



    Um das genau zu verhindern, gibts solche Veranstaltungen.



    Denn wenns um Moral ginge, müsste die Blase CDU bis AFD den Mund halten. Sie haben nämlich keine.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Beispiele:



      Weiße Musiker mit Rastalocken sollen keine Reggae Musik spielen.



      Bern Lucke soll nicht Vorträge zu Wirtschaftsthemen halten.



      Die Umbennung von Straßen, weil die Namenssgeber nach heutigen Vorstellungen moralisch nicht korrekt gehandelt haben. Ausgenommen sind dann natürlich Personen aus der eigenen woken Blase.



      Solche Veranstaltungen lösen sicher nicht das Problem von Arm und Reich, aber die Frage, ob man arm oder reich ist, ist keine moralische und die ärmere Bevölkerung ist ganz bestimmt nicht arm, weil sie moralischer lebt oder handelt.

  • Wo sind die Linken, die die Auswüchse linker Identitätspolitik bekämpfen, damit sich hier was ändern kann und nicht nur Schützengräben ausgehoben werden?



    Nein, ich frage nicht nach der Pionierleiterin Wagenknecht.

    • @WeisNich:

      Überall sind die. Es gibt auch massenhaft innerlinke Kritik an identitätspolitischen Essentialismen, Vergleiche mit Argumentationsweisen zwischen linker Identitätspolitik und Ideen der Neuen Rechten usw. Und ja, auch aus den Gender- und Queer Studies, den Postcolonial Studies usw. kann man solche Kritik vernehmen, man muss sich nur damit befassen.

      • @White_Chocobo:

        Dann sollte man die Öffentlichkeitsarbeit verändern.



        Das kommt nicht durch.

  • Behandelt eure Mitmenschen anständig, dann ist das gar kein Thema.

    • @Kappert Joachim:

      Wer auf solchen Konferenzen aufschlägt, will ja gerade die Freiheit haben, seine Mitmenschen NICHT anständig zu behandeln, sondern uns einfach ungestört dafür hassen und schikanieren zu dürfen, wie wir geboren wurden.

      Dass die Emanzipation von marginalisierten Gruppen bei Liberalen nicht ideal aufgehoben ist, dass alle Fortschritte in unserer Befreiung dort bitteschön hübsch kostenneutral und konform mit den Gewohnheiten der Bourgeoisklasse zu sein haben, dass unsere Anliegen all zu gern mit zweierlei Maß gemessen für die falschen Ziele instrumentalisiert werden, das kann und sollte man natürlich kritisieren. Mache ich selbst auch gern und viel.

      Aber zum einen nehme ich trotzdem auch kleine Fortschritte (wie ohne Inquisitionstribunal meinen richtigen Namen führen zu dürfen und von Ämtern nicht misgendert zu werden) mit. Und zum anderen sind weitergehende, substanziellere Forderungen ebenso wie Kritik an liberalen Irrwegen nur in linken Kreisen gut aufgehoben, aber niemals auf einer Konferenz, auf der man neben Hetzern spricht, denen selbst die BILD noch nicht queerfeindlich genug ist.

    • @Kappert Joachim:

      Genau das ist der Weg! Daumen hoch.

  • Also dieses "woke" ist nicht schlecht. Es geht mit einem hohen Sendungsbewusstsein und mit sprachlicher Abgrenzung einher. Da weisst immer gleich wer wer ist und vor allem, wer der wokeste von allen ist.

    Man sollte es übrigens streng deutsch aussprechen. WOCKE WOCKE WOCKE. Das macht die ganze Sache noch witziger!

    Ich bin ja mal gespannt was die jetzt alle tun wenn Twitter kaputt ist? Hoffentlich brechen die nicht aus ihren Käfigen aus...

    Wir sollten die Wocken und die Antiwocken irgendwo zusammen einsperren, wer zuletzt nen Nervenzusammenbruch bekommt gewinnt nen Blumentopf. Meine Meinung.

  • Stegemann muss verzweifelt sein. Hält er, der Neoliberalismus offenbar kritisch sieht, doch einen Vortrag vor Bürgerlich-Konservativen, also vor Neoliberalen.



    Ebenso schräg ist, dass da angebliche Liberale oder solche, die sich als welche verstehen, vor und mit Konservativen reden. Das, was Basad und Schröder sagen, passt schlecht mit dem Recht auf Selbstbestimmung überein, was ja eigentlich auch ein Wert der Liberalen ist.



    "Doch manches kippt ins Affekthafte. Kritische Gegenstimmen hatte man vorsichtshalber gar nicht erst eingeladen. Das führt mitunter zu dem bizarren Effekt, dass mit viel Verve woke Blasen attackiert werden – und man das faktisch in einer antiwoken Blase tut."



    Und ja, wie jetzt? Sie machen das, was sie den "Woken" vorwerfen? Nanu. Sehr konsequent.



    "Für die politische Kultur in Deutschland wäre es günstig, wenn Liberal-Konservative den Satz „Don't be too antiwoke“ beherzigen würden. Mehr jedenfalls, als es bei R 21 der Fall ist."



    Das scheint's dann zu treffen.

    • @Uranus:

      ".... doch einen Vortrag vor Bürgerlich-Konservativen, also vor Neoliberalen."

      Das ist in etwa so wirr wie die Behauptung, dass Linke alles Stalinisten sind. Wieso hat man solche immer wieder aufpoppenden Eintütungen so bitter nötig? Sind das Blaseneffekte?

    • @Uranus:

      Okay, sie kritisieren dass Menschen unterschiedlicher politischer Ausrichtung miteinander reden.



      Ich hoffe nicht dass das ihr Verständnis von Demokratie ist

      • @Emmo:

        Ich frage mich bloß, wer da zu der Veranstaltung mit eingegrenzten Meinungsbild denn hingeht. Eine Kontroverse schien weniger gewollt gewesen zu sein, wie es im Bericht heißt. Insofern schienen abgesteckter Rahmen und Leute mit "komischen" Positionen vorab klar zu sein.



        Mein Punkt ist weniger die bloßen politischen Ausrichtungen sondern die Werte, wofür sie stehen. Ich erinnere mich bezüglich Kristina Schröder an die Debatten um "Betreuungsgeld" und "Extremismusklausel" und naja, was Basad offenbar gesagt hat, klingt auch nicht gerade "nett". Aber gut, die Liberalen haben es ja auch nicht so mit Frauenrechten, wenn es darauf ankommt. So war die FDP ja mit der CDU&CSU in einer Koalition - auch mit Kristina Schröder.

    • @Uranus:

      Nun ja, dass Liberale bzw. im Fall Stegemanns Linke auch mit Konservativen reden, ist nicht "schräg", sondern sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein; es mag der digitalen Diskussionskultur fremd sein - aber Meinungspluralismus ist in einer Demokratie erstrebenswert und dient auch der Selbstkorrektur; es kann Liberalen und Linken nicht schaden, auch einmal ihren Kritikern zuzuhören, zumindest dann, wenn einige davon willens sind, sachliche Argumente vorzutragen und nicht nur lautstark den Untergang des Abendlandes zu beschwören.

      • @O.F.:

        Wie ich Emmo bereits antwortete, geht es um Werte und darum, was gesagt werden darf. Wie Tentacle_Therapist Lalonde weiter unten schreibt, geht es eben nicht nur um Meinungen sondern um Akzeptanz bzw. den "Anti-Woken" um Missachtung, Identitäten, Existenzen und Lebensentwürfe. Wobei es ja nicht bei bloßer Meinungsäußerung bleibt, sondern diese sich nach den Wünschen derer auch in Gesellschaftspolitik widerspiegeln soll - welche oder überhaupt eine Sexualaufklärung in der Schule, Geschlechterangabe im Pass, ob und was für eine Unterstützung von Menschen, die eine Transition durchmachen usw..

        • @Uranus:

          Ich glaube nicht, dass es jedem Konservativen (und erst recht nicht jedem linken Kritiker gegenwärtiger Identitätspolitik) um Mißachtung und Ausgrenzung geht; beide Seiten neigen in dieser Debatte dazu, nur noch Maximalpositionen zu sehen - als gäbe es nur vollständige "Woke" und Erzreaktionäre. Nicht jeder, der gegenwärtige Identitätspolitik(en) kritisiert, ist eine homophober, sexistischer Nationalist, um das etwas überspitzt auszudrücken. In Wirklichkeit haben wir es doch mit einem breiteren Meinungsspektrum zu tun - und innerhalb dieses Spektrums gibt es natürlich einen weiten Bereich des Akzeptablen; sich innerhalb dieses Bereichs auf Diskussionen um verschiedene Meinungen und politische Entwürfe einzulassen, ist - gesamtgesellschaftlich - grundlegend für eine Demokratie und - persönlich - lehrreich, weil man von der Widerrede als Korrektiv profitiert. Niemand hat immer recht. Das gilt nicht nur für dieses Thema: ich finde den zunehmend herrischen Ton, mit dem über alle möglichen Themen gestritten wird, besorgniserregend. Es ist nicht gut für eine Gesellschaft (zumindest nicht für eine demokratische), wenn man Andersdenkende als Feinde betrachtet, mit denen man nicht mehr diskutieren kann.

      • @O.F.:

        Mir ist allerdings noch kein einziges sachliches Argument bspw. für Transfeindlichkeit untergekommen, nur sehr viel leidenschaftlich zelebrierter Hass und noch viel mehr abstruse Desinformation. Ich habe wenig Nerv dafür, vor solchen Leuten meine Existenz rechtfertigen zu müssen. Schon rein aus Selbstschutz. Ich setze mich nicht mit Menschen an einen Tisch, die mich auslöschen wollen und ich diskutiere nicht darüber, warum ich als ich selbst leben darf. Ich setze das einfach als den Minimalkonsens voraus und für die überwältigende Mehrheit der Menschen ist das tatsächlich kein Problem. Wer nicht mal darauf klarkommt, der darf eben nicht mehr öffentlich stattfinden. Dem nimmt man eben seine Plattform weg. Pech gehabt.

        Im echten Leben, wo die Hetzer erfahrungsgemäß immer sehr schnell sehr klein mit Hut sind, wo ich weiß wann eine Diskussion ehrlich gemeint ist, kann ich ja immer gern geduldig sein und Leute da abholen, wo sie sind. Wenn die denn bereit dafür sind (meistens sind sie es übrigens).

        Aber das heißt nicht, dass ich die albernen Verschwörungstheorien und die abgründige Hetze, die man über Menschen wie mich kolportiert, in irgend einer Weise als "Meinungspluralismus" würdigen muss. Das ist Nazidreck und den benenne ich auch als solchen.

        Es hat auch niemand ein Recht auf solche "Meinungen" oder darauf, sie vor einem Millionenpublikum zu verbreiten. Hassrede ist ein Verbrechen und muss entsprechend bestraft werden. Dass das besonders bigotten Menschen nicht passt, ist schon klar. Aber das kann nicht länger das Problem derer sein, die viel zu lange unter ihnen gelitten haben. Ab und an ist ein Maulkorb schon angebracht und manche Rassisten, Sexisten und Queerfeinde gehören auch einfach in den Knast für das, was sie sagen. Ist leider so.

        • @Tentacle_Therapist Lalonde:

          100%!!

        • @Tentacle_Therapist Lalonde:

          Nun hat auf dieser Konferenz aber niemand die Existenz von Minderheiten in Frage gestellt; man mag konservativeren gesellschaftspolitischen Positionen zustimmen oder nicht, aber es handelt sich dabei weder um "Hassrede" noch sind ihre Vertreter "Nazidreck". Tut mit leid, aber Sie müssen in einem demokratischen Staat damit leben, dass an und an Menschen nicht ihrer Meinung sind. Ich finde es ehrlich gesagt absurd, darüber überhapt diskutieren zu müssen.

  • "woke" bedeutet doch "erwacht".

    Erinnert schon an eine bestimmte Glaubensgemeinschaft...

    • @drafi:

      "woke" bedeutet in diesem Kontext "wachsam". Hat leider (für Sie) nichts mit Kult zu tun.

      Es geht darum, sich bewusst zu machen, wie das eigene Verhalten inkl. Sprache auf andere (insbesondere Minderheiten) wirkt und - falls man sich nicht wie ein Arschloch verhalten möchte - es anzupassen.

      • @Ebenenwanderer:

        "Wirkt" ist das Problem des "Wokismus". "Wirken kann" wäre richtig und das ist ein riesengroßer Unterschied.

        Das eine unterstellt, dass jeder einer Gruppe gleich reagiert, das andere akzeptiert die Verschiedenheit von Menschen der gleichen Gruppe.

      • @Ebenenwanderer:

        Wenn ich die Diskussionen der letzten Monate so beobachte, müsste ihre Frage eher lauten: "...wie das eigene Verhalten inkl. Sprache auf Leute wirkt, die zu wissen glauben, was z.B Minderheiten darüber denken (sollten) "



        Und das ist ein ziemlicher Unterschied!

  • Das hört sich nach einer stinknormlen Veranstaltung an:Ein paar haben echte Argumente, ein paar drehen durch. Es ist gut, dass es so eine Veranstaltung gibt und sich nicht nur im Netz heißgemacht wird.

    • @FancyBeard:

      Prima auf den Punkt gebracht. Wir benötigen unsere Energie und unsere Köpfe ehrlich gesagt echt für wichtigere Themen.

  • Es ist ziemlich klar, dass "woke" weder eine einheitliche Denkrichtung oder Gruppe wäre, noch dass diese (nicht definierte) Gruppe DIE große Bedrohung der Gesellschaft wäre. Grund zum Reden gibt es natürlich trotzdem. Mir scheint auf der anderen Seite es auch nicht besonders relevant, ob dieser Kongress nun populistisch oder AFD-nah ist. Das ist relevant, aber keine besonders relevante Frage.

    Relevanter scheint mir, was denn nun die Werte und Prinzipien unserer Gesellschaft sind. Ganz offensichtlich scheint mir da niemand >90% der Menschen zu vertreten, außer man redet von ganz banalen Dingen wie "wir sind für ein gutes Leben" (ja, aber das unterscheidet eben auch von nichts).

    Ziemlich klar spricht dieser Kongress nicht für "die" Mitte oder "die" Menschen. Ziemlich klar sprechen aber auch Antidiskriminierungsbeauftragte, Genderlehrstühle oder sonst engagierte Menschen für besonders viele andere Menschen. Das kann man glaube ich nicht ernsthaft anzweifeln. Ein Blick in die Welt zeugt auch, dass da ziemlich verschieden gedacht wird und niemand sehr große Gruppen hinter sich hat - außer für Spezialthemen, aber nicht, wenn es um die Gesellschaft als Ganzes geht. Da stellt sich schon die Frage: was könnten den nun gemeinsame Prinzipien in "unserer" Gesellschaft sein. Hat jemand da Ideen?

    • @Markus Michaelis:

      Na ja, offenbar hat sich die Merz-CDU entschieden - die ja politisch hinter dieser „Denkfabrik“ steht -, in dieser Frage neue gesellschaftspolitische Gräben auszuheben … sie kann damit prima eigene programmatische Leerstellen zukleistern und ideologische Polarisierung ist ohnehin ihr Geschäftsmodell, um Wahlen zu gewinnen.

    • @Markus Michaelis:

      "was könnten den nun gemeinsame Prinzipien in "unserer" Gesellschaft sein. Hat jemand da Ideen?"

      Das gemeinsame Prinzip unserer Gesellschaft ist das Primat des Individuums. Der Staat hat nur eine einzige Aufgabe der alles andere unterzuordnen ist, der Staat muss jedem Individuum ein höchstes Mass an Autonomie gewähren. In der Verfassung heisst das "Die Würde des Menschen ist unantastbar".

      • @OldFrank:

        Das ist sehr allgemein.

        Das Problem ist, wie man die Grenzen ziehen will. Maximale Autonomie bedeutet, dass jeder tun und lassen kann, was er will. Inklusive morden, plündern usw. Es muss also Beschränkungen geben.

        Der Streit geht darum, welche Beschränkungen sein müssen und welche nicht.

        Der Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist zwar schön und wichtig. Aber erst die Definition, was unter "Würde" zu verstehen ist, erfüllt ihn mit Inhalt.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Ja, diesbezüglich hat das Grundgesetz etwas geschludert würde ich sagen, da hilft es auch nicht, daß die unantastbare Menschenwürde der Ewigkeitsklausel nach unantastbar ist. Aber hätten die Eltern des Grundgesetzes versucht den ersten Artikel mit Inhalt zu füllen wären sie wohl heute noch am diskutieren. Es war dann wohl doch sehr weise grundgesätzlich darauf zu verzichten.

          • @Suchender:

            Da wurde nichts geschludert.

            Die Abwägung von unterschiedlichen Grundrechten ist die Aufgabe der Justiz und der Politik.

            Wer glaubt im GG konkrete Antworten für konkrete politische oder rechtliche Probleme (die Baumpflanzung an der Grenze zum Nachbarn) zu finden, der liegt mächtig daneben.

  • Die Wissenschaft kann nicht Ergebnisse vorab ausschließen oder fragen nicht stellen, die einige vielleicht als verletzend empfinden könnten.

    • @Dr. McSchreck:

      Wenn die Wissenschaft sich nach Gefühlen richten soll (statt nach Fakten) sind wir kurz vor der Rückkehr der Inquisition

    • @Dr. McSchreck:

      "Die Wissenschaft" hat, soweit ich mich erinnere, in den 20er-, 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts Schädel vermessen um kriminelle Anlagen schon im Skelettbau nachzuweisen.

      Ich sag's mal so: Sie werden die Wissenschaft nicht daran hindern, aus früheren Fehlern heraus schlauer zu werden und manche irrigen Fragestellungen von vornherein zu lassen.

      • @V. Ohneland:

        Das gehört zum Lernprozess dazu, Irrwege zu beschreiten und als solche zu erkennen.

        Immerhin weiß man jetzt, dass man am Schädel derartiges nicht erkennen kann - auch ein Ausschluss ist eine Erkenntnis.

      • @V. Ohneland:

        "...irrigen Fragestellungen von vornherein zu lassen."



        Eine Wissenschaft, die Fragen nicht stellt, weil die Antworten ja angeblich bekannt sind, ist keine. Genau das ist ja der Punkt: auch (scheinbare?) Gewissheiten werden immer wieder in Frage gestellt. Nur so kommt man der Wahrheit näher.



        Sonst würden nämlich immer noch Schädel vermessen, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben.

        • @Encantado:

          Ergänzen müsste man auch noch, dass, wenn bestimmte Fragen von vorneherein ausgeschlossen sind, weil diese (potenziell) verletztend sein könnten, eben auch keine Wissenschaft mehr betrieben wird. Dies bedeutet andererseits aber nicht, dass man, wider besseren Wissens, bspw. irgendwelche rassistischen, sexistischen oder sonst wie diskriminierenden Stereotype reproduzieren sollte. In diesem Sinne ist es eben die Aufgabe von Wissenschaft, hier reflektiert und sensibel mit ihren eigenen (Denk-)Werkzeugen zu arbeiten, da Wissenschaft eben nicht außerhalb von Kultur und Gesellschaft funktioniert.

          • @White_Chocobo:

            "...die Aufgabe von Wissenschaft, hier reflektiert und sensibel mit ihren eigenen (Denk-)Werkzeugen zu arbeiten, da Wissenschaft eben nicht außerhalb von Kultur und Gesellschaft funktioniert."



            Das hört sich zwar gut an, sehe ich aber kritisch, weil es in Richtung Denkverbote driften kann... wer legt denn fest, was sensibel ist?



            Die Gedanken und Experimente von Galileo Galilei lagen auch eher außerhalb der damaligen Kultur und Gesellschaft. Funktioniert haben sie trotzdem.

  • Völlig verzerrte Wirklichkeiten auf beiden Seiten. Falls es tatsächlich so etwas wie eine Moralisierung des Diskurses gäbe, dann weil zuvor eine Entmoralisierung der Gesellschaft stattgefunden hat. An Moral ist ja auch nichts falsch. Zugleich fühlen sich immer mehr Menschen in Wohlstand und Sicherheit bedroht und reagieren zunehmend gereizt auf werteorientierte politische Forderungen. Drittens benutzen bestimmte linke Strömungen moralische Positionen für den Kampf um die Debattenhoheit. Das kann man mit Recht angreifen, nur diskreditiert es in Wirklichkeit nur diese Gruppen und nicht alle ihre Positionen. Mit denen möchte sich die Anti- Woke- Fraktion natürlich nicht wirklich befassen, die befasst sich lieber mit tatsächlichen oder vermeintlichen Auswüchsen. Die Konservativen haben nämlich selber das Problem, dass ihnen die Werte abhanden gekommen sind. Dafür suchen sie jetzt Entlastung.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "An Moral ist ja auch nichts falsch."



      Moral ist kulturabhängig und deshalb weder richtig noch falsch, sondern nur im Kontext zu bewerten.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @Benedikt Bräutigam:

      Dass Moral aus ungeschriebenen Gesetzen besteht, ein soziales Gewohnheitsrecht dass gewöhnlich jederzeit gebrochen werden kann und sowieso vor allem der Selbstvergewisserung und dem Distinktionsgewinn dient hat schon Habermas herausgearbeitet - und das ist heute noch der Kern der rationalen Kritik an Tugendfuror und Social-Justice-Kriegern.

      Die Begründung der Rechtsordnung nach dem zweiten Weltkrieg auf Menschenrechten statt auf Tunlichkeit und Moralisieren war dagegen ein liberaler Meilenstein, der gerade im Zuge der kompletten Rückabwicklung der Aufklärung mit im Orkus der Geschichte versenkt werden soll. Die Elite weiß schließlich am ehesten, was ein moralisches, gelingendes Leben sein kann und behält sich jederzeit die Deutungshoheit darüber vor. Egalitäre Menschenrechte, die sogar alten weißen Männern jeglichen sozialen Stands zustehen, kann da nun wirklich keiner gebrauchen.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "An Moral ist ja auch nichts falsch."

      An Moral ist alles falsch. Moral ist etwas persönliches, da kann jeder in seinem moralischen Sumpf versacken. In der Politik hat das nichts zu suchen da führt das zu Krieg , Jakobinertum und Terror immer im Namen der Moral natürlich.

      • @OldFrank:

        Politik ist die Umsetzung der gesellschaftlich relevanten Vorstellungens des Souveräns - auch der moralischen. So sind es zum Beispiel hochmoralische Fragen, ob man für ein Prinzip wie die territoriale Integrität der Länder oder auch die Befreiung von autokratischen Diktatorentypen in den Krieg ziehen sollte, oder wie weit man zukünftigen Generationen zuliebe Konsum oder Staatsschulden beschränkt und gesellschaftliche Ressourcen in langfristige Projekte wie Klimaschutz investiert. "Nach uns die Sintflut!" ist halt durchaus AUCH ein moralischer Standpunkt (und zwar moralisch ein ziemlich interessanter, da er erkennbar von ganz wenigen Menschen GETEILT, aber von einer viel größeren Zahl GELEBT wird...).

      • @OldFrank:

        Ein schönes moralisches Argument, dass Sie da haben. Wäre zu schade, wenn das jemandem auffallen würde.

  • „Moralisierung der Wissenschaft“



    Ich halte das ehrlich gesagt für ein Gerücht bzw. genauer gesagt für eine der medialen Aufmerksamkeitsökonomie geschuldete Fehlwahrnehmung; Identitätspolitik (bzw. andere, eher aktivistische Ansätze) spielen im Wissenschaftsalltag eine eher nebensächliche Rolle, finden aber überproportional oft den Weg in die Schlagzeilen, weil das öffentliche Interesse an diesem Thema groß ist. Sogar in angeblich politischen Bereichen wie den Gender Studies wird meist nüchtern und seriös geforscht. Das mit mit ein paar schrillen Thesen (seien sie nun postmodern-identitätspolitisch oder eben schneidig konservativ) mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als mit einer komplexen, ausgewogenen Studie, ist vermutlich unvermeidbar, aber vielleicht wäre es gut, ab und an daran zu erinnern, dass Wissenschaft mehr umfasst als das, was es in den Feuilleton schafft.

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @O.F.:

      dass sie meinen, der Wissenschaftsbetrieb wäre gegen dünkel und Group-think imprägniert, ist vielleicht in sich ehrenwert, erinnert aber auch an blauäugig-selbstreferenzielle "bei uns gibts keine Nazis"-Aussprüche besorgter Bürger und Montagsdemonstranten.

      Denn z.B. die reduktionistische Ansicht "ein weißer Cis-Dude als Vertreter der Mehrheitsgesellschaft kann niemals diskriminiert oder sonstwie strukturell benachteiligt werden" ist alles andere als eine Minderheitenposition. Und mit komplexen, ausgewogenen Studien können Sie auf keinen Fall Studien zu geschlechtergerechter Sprache meinen, an denen kein Sprachwissenschaftler beteiligt war, aber in denen höchst geringe Effekte prominent publiziert werden. Und wenn dann im Peer-Review keiner fragt, wie sich widersprüchliche Evidenzen in den Forschungsstand einordnen lassen, dann wird halt schon alles in Ordnung sein.

      • @04405 (Profil gelöscht):

        Sie legen mir etwas in den Mund, was ich nicht gesagt habe; ich habe nicht gesagt, dass Universitäten frei von allem Unsinn sind, sondern lediglich eine empirische Beobachtung gemacht: die nämlich, dass ein die Außenwahrnehmung (die sich auf auf provokante und politisierte Veröffentlichungen stürzt), nicht unbedingt adäquat ist.



        Im Grunde unterstreichen Sie ja mit ihrem Beispiel meinen Beitrag: ich weiß nicht, welche Studien zur "geschlechtergerechten Sprache" sie meinen, die Vorstellung, dass sich GS nur damit beschäftigen, ob man * oder _ verwendet, ist einigermaßen absurd; ein Großteil der Forschung konzentriert sich auf Fragestellungen, die vielleicht weniger Feuilleton-tauglich sind, aber dafür von sozialwissenschaftlicher, historischer, oder philologischer Relevanz; ich habe unten ja das Beispiel mit der spätmittelalterlichen Medizin gebracht. Sich immer nur auf ein paar Beispiele zu beziehen, die viel Staub aufwirbeln, aber keineswegs repräsentativ für den ganzen Forschungsbereich sind, ist wenig überzeugend.

    • @O.F.:

      "in angeblich politischen Bereichen wie den Gender Studies wird meist nüchtern und seriös geforscht."

      Ach ja? In einer Fachrichtung in der schon der Name die Ergebnisse vorwegnimmt? Echte Forschung ist ergebnisoffen!

      • @OldFrank:

        was nimmt den "gender studies" vorweg, im Namen? heisst doch nur, dass man sich wissenschaftlich mit dem sozialen geschlecht auseinandersetzt; das also 'studiert'. Nimmt m.E. nicht mehr vorweg als "politikwissenschaft."

      • @OldFrank:

        Wie genau nehmen die Gender Studies mit ihrem Namen Ergebnisse vorweg?



        Das wäre ja lustig. Machen das die Ingenieurwissenschaften auch? Die Europastudien?

      • @OldFrank:

        Ich sehe nicht, dass der Name "Gender Studies" irgendein Ergebnis vorwegnimmt; er benennt lediglich einen Forschungsgegenstand. Der letzte Vortrag aus dem Feld, den ich gehört habe, hat sich mit Geschlecht in medizinischen Texten des 14. Jahrhunderts beschäftigt, war methodisch extrem sorgfältig und hat ganz und gar den Geist traditioneller deutscher Geschichtswissenschaft geatmet (das meine ich als Kompliment) - was daran unwissenschaftlich, nicht ergebnisoffen oder von einer politischen Agenda getrieben sein sollte, sehe ich nicht.

    • @O.F.:

      Naja, wahrscheinlich sind darunter aufgebauschte Rückzugsgefechte von Konservativen, oftmals alte weiße Männer, zu verstehen. Die kommen mit ihrem Rassismus und Sexismus nicht mehr durch und beklagen sich nun darüber. Da mensch aber kein*e Rassist*in oder Sexist*in sein will, beklagt mensch sich über "Moralisierung".

      • 0G
        04405 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        dann ist das aber sehr blöd, dass genau diese Sentenz zur Moralisierung von einer Frau kam. Ihre Vorbehalte gegen alte weiße Männer kann Ihnen sicher niemand nehmen, diese "Wir-gegen-Die" Haltung beißt sich jedoch sehr mit moralischen oder auch nur wissenschaftlichen Ansprüchen.

        • @04405 (Profil gelöscht):

          Nicht alle Frauen sind Feministinnen. Da reicht ein Blick zur AFD oder CDU&CSU ...

  • "Amazon ist diskriminierungsfrei und ohne Gewerkschaften"

    Selten so einen Blödsinn gelesen. Amazon nutzt die Diskriminierung gegen bestimmte Gruppen schamlos aus, um deren Rechte zu beschneiden. Die Arbeiterschicht ist und war schon immer divers und eben nicht homogen.

    Man kann die Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, beispielsweise der Ethnie, und der Klasse nicht als zwei völlig getrennte Dinge betrachten.

    • @Tannenzapfen:

      Die Arbeiterschaft war früher viel homogener als heute. Es hat Gründe warum wir 89 bei Kundgebungen in unserer Stadt 70% der Gesamtbevölkerung auf die Straße bekommen haben, was heutzutage völlig ausgeschlossen ist. Amazon sucht in den USA gezielt Standorte mit hohem Diversitätsfaktor für die eigenen Lager aus. Dort ist das Risiko für die Bildung von Gewerkschaften und einer Solidarisierung der Belegschaft am geringsten. Es ist ehrlich kein Wunder warum die Wirtschaft sich diversity groß auf die eigenen Fahnen schreibt.

    • @Tannenzapfen:

      Ich verstehe "identity politics" tatsächlich auch eher so, dass die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, wie z.B. einer Ethnie, eines Geschlechts, eher als etwas gesehen wird, das "on top" noch dazu kommt zum Klassenunterschied, und dass es sich hier für die davon Betroffenen eben ganz und gar nicht um "Nebenwidersprüche" handelt, sondern dass diese Diskriminierungen ebenfalls benannt werden müssen, um sichtbar zu werden.



      Wie man ernsthaft behaupten kann, Amazon sei "diskriminierungsfrei" ist mir auch schleierhaft. Weil Amazon alle Angestellten gleichermaßen mies behandelt vielleicht?

      • @V. Ohneland:

        "Weil Amazon alle Angestellten gleichermaßen mies behandelt vielleicht?"

        Ja Sie haben es erfasst, das nennt man diskriminierungsfrei. Was würden Sie denn darunter verstehen? Wenn alte weisse Männer nochmal besonders mies behandelt werden?

  • "Spiegelbidlich" finde ich diese Kritik nicht gerade. Die als woke zusammengefasste Kritik arbeitet sich an ihrer Vorstellungen von ubiquitären Privilegien für ethnisch/biolgisch definierte Gruppen (weiße heterosexuelle Männer) ab. Gerade, dass für diese Gruppe(n) Privilegien angleblich jederzeit fraglos (!) gegeben seien, ist ein Hauptkritikpunkt. Die auf dem Kongress vorgestragene Kritik setzt aber nicht auf Ethnie, Geschlecht und Sexuelle Orientierung. Sie sieht ein Ringen um Prinzipien im Vordergrund. Diese können benannte und diskutiert werden und verdanken sich nicht einer letztlich annonymen Struktur. So kann es zwar sein, dass woker Aktivismus vermehrt von Menschen mit bestimmten ethnischen Merkmalen, sexueller Orientierung und Geschlecht vorangetrieben wird (bzw. einige woke Aktivisten der Meinung sind, dass auch nur solchen Menschen zuzugestehen ist die eigentlichen Subjekte dieses Protestes zu sein - der Rest sind Allies), aber die konservativen Kritiker legen diese Menschen eben nicht darauf fest, dass sie aufgrund ihrer letztlich (mehr oder weniger) angeborenen Merkmale eine vordefinierte Position in der Gesellschaft einnehmen müssen. Das ist meiner Meinung nach ein gewichtiger Unterschied.

    • @Rohek:

      Also mir ist bei den konservativen Kritikern noch kein derartiges Wohlwollen gegenüber transidenten oder Menschen mit Migrationshintergrund aufgefallen

      • @schnarchnase:

        Zunächst ist es natürlich etwas ambitioniert von den konservativen Kritikern im Kollektivsingular zu sprechen. Rödder, Schröder, Stegemann, Mansour etc. würde ich irgendeine Art von Wohlwollen nicht absprechen. Das sind zwar derer nur ein paar, aber auch für die weiß ichs letztlich nicht genau. Gemeint war meinerseits aber gar nicht das Wohlwollen gegenüber transidenten Menschen und solchen mit Migrationshintergrund (wieder so zwei Kollektive auf die bezogen von einem generellen Wohlwollen oder Abneigung gar nicht gesprochen werden kann. Ich glaube auch Sie würden nicht von sich behaupten Sie hätten eine generelles Wohlwollen gegenüber bspw. transidenten Personen, es sind ja nämlich am Ende immer noch einzelne Personen, trotz ihrer, für manche, alles überlagernden Transidentität). Gemeint war vielmehr, dass die sog. konservativen Kritiker (ich meine die, deren Postionen wir hier Ausschnittweise präsentiert bekamen) nicht davon ausgehen, dass jemand, der einer erkennbar nicht mitteleuropäischen Ethnie angehört, der (immer auch die) homosexuell ist, vielleicht auch transident ist, allein aufgrund dieser Merkmale in der gesellschaftlichen Debatte zwangsläufig eine bestimmte Postion einnehmen muss. Personen mit einer oder mehrere dieser Eigenschaften müssen demnach also nicht automatisch woke sein. Leute aus anderen Weltgegenden (Sie wissen schon, den sogenannt globalen) sind in vielen Ansicht durchaus konservativer als es sich der wohlwollende mittel-Mitteleuropäer so vorstellen mag (blicken Sie auf die Midterms). Das konservativer-seits anzuerkennen hat nichts mit Wohlwollen gegenüber Minderheiten zu tun, sondern mit Wohlwollen gegenüber Menschen, nämlich mit der Annahme, dass sie nicht von Geburt an auf eine bestimmte Weltanschauung festgelegt sind. Das auch dann nicht, wenn es gesellschaftliche Anreize genüge zu einer solchen Festlegung gäbe.

      • @schnarchnase:

        Solch SPEZIELLES Wohlwollen wäre ja auch gerade die "woke" Herangehensweise. Die Kritiker stehen halt auf dem Standpunkt, dass man, um Diskriminierung abzuschaffen, zuerst mal NICHT DISKRIMINIEREN sollte. Das heißt natürlich, nicht selbst Gräben entlang identitärer Grenzen herbeizureden, zu vertiefen oder gar aktiv zu ziehen.

        Umgekehrt zynisch ergänzt ist es in diesem Sinne aber eben auch ok, wenn man anderen Menschen UNABHÄNGIG von ihrer Identität wenig Wohlwollen zeigt. Wer ein Beispiel für diskriminierungsfreien Konservativismus hören will, führe sich nochmal den Begrüßungsappell des Drill Sergeant in "Full Metal Jacket" zu Gemüte. Der stellt es eigentlich schön dar, einschließlich der unverfroren sexistischen Bezeichnung seiner Rekruten als "Ladies" - typisch insofern, als Diskriminierung gegenüber ABWESENDEN dann doch wieder ok scheint... ;-)

      • @schnarchnase:

        Nun ja - Mansour, Kelek oder Ates bekommen von ihnen keinen Dolch in den Rücken, anders als von alten weißen Männern mit Migrationsforschungshintergrund.



        Und es wird nicht bei einer transidenten Offizierin bei der doch insgesamt eher konservativen Bundeswehr bleiben, da bin ich sicher. Gegenüber Zeiten vor nicht einmal 40 Jahren, als ein General seinen Hut nehmen musste, weil er schwul wäre, ist das ein erheblicher Fortschritt. Die Rassisten und Sexisten bei der AfD und am anderen rechten Rand sind nämlich keine Konservativen, sondern Politpöbel.

      • @schnarchnase:

        Die Antwort passt nicht zum Beitrag, auf den Sie antworten. Dieser beschäftigt sich mit der Frage "wie" ein Diskurs stattzufinden hat bzw. unterstellt, dass es dem Kongress darum geht. Dass Argumente wichtiger sind als wer sie ausspricht.

        Das hat einiges für sich, aus Sicht der Wissenschaft.

  • Danke für diesen tollen Bericht Stephan.



    Ich stehe irgendwo in der Mitte zwischen "„Don't be too woke“ und „Don't be too antiwoke“ und meine dass man nicht alles und immer an die große Glocke hängen muss.

    • @Rudi Hamm:

      Das mit der großen Glocke praktizieren eher Leute, die solche Kongresse veranstalten, dran teilnehmen und auch ansonsten blind unterstützen, hauptsache "antiwoke".

  • Wie kann man denn an „den zwanglosen Zwang des besseren Arguments" glauben und dennoch immer wieder die selben ollen Argumente aufwäremen die schon zig-mal analysiert und widerlegt worden sind? Da geht´s doch nur noch darum den eigenen Hass zu nähren, dass ziemlich viel von dem was man so im national-konservativen und rechts-populistischen Spektum so treibt, von Leitkultur über den "Kulturkampf" bis zum stramm-braunen Nationalismus, nichts anderes ist als Identitätspolitik übersieht man dabei natürlich geflissentlich.

    • @Ingo Bernable:

      "stramm-braunen Nationalismus, nichts anderes ist als Identitätspolitik übersieht man dabei natürlich geflissentlich."

      Diese grosse Schnittmenge in der Identitätspolitik zwischen der woke-Blase und den Nationalisten wird hauptsächlich im linken Milieu übersehen. Konservative und liberale legen da regelmäßig den Finger in die Wunde.

    • @Ingo Bernable:

      Das wird daran liegen, dass die "Widerlegung" nur in den Zirkelschlüssen linker identitärer stattgefunden hat.

      Man muss kein Extremist sein um von "woke" "gender" oder drei Buchstabenkürzeln - okay, heute sind es fünf - furchtbar genervt zu sein.

      • @Mangahn:

        Haben Sie sich mal damit beschäftigt, wieso Sie davon so "furchtbar genervt" sind? Es scheint nämlich nicht allen so zu gehen.

        • @Pic:

          Natürlich nicht Allen. Aber Vielen.

    • @Ingo Bernable:

      Glauben Sie denn an diesen zwanglosen Zwang des besseren Arguments? Ich frage, weil ich nicht allzuviele Argumente Entdecken kann in ihrem Beitrag. Was, nebenbei gefragt, ist denn ihrer Meinung nach ein Argument? Die Behauptung etwas sei bereits widerlegt worden, ist ein bisschen dürftig. Nach dem gelangweilten Schema kann dann ja jede Gruppierung ihre Kongresse abhalten, in dem Bewusstsein, dass man sich um die eigene Meinung so gar nicht mehr bemühen muss.

    • @Ingo Bernable:

      1907 wurde der " Keplerbund zur Förderung der Naturerkenntnis" gegründet. In seinen Statuten hieß es:

      "Der Keplerbund steht auf dem Boden der Freiheit der Wissenschaft und erkennt als einzige Tendenz die Begründung und den Dienst der Wahrheit an."

      Soviele blumige Worte, die doch nur einem einzigen Zweck dienten: zu verhüllen, dass der "Keplerbund" sich der Förderung antiwissenschaftlicher Wahnideen wie Kreationismus, Rassismus und Eugenik verschrieben hatte.

      Die "Denkfabrik" R21 kann getrost als der Nachfolger dieser illustren Organisation bezeichnet werden. Auch ihr geht es unter dem Vorwand der "Freiheit" um nichts weiter als die Bekämpfung und Unterdrückung von Gedankengut, das das Narrativ antidemokratischer, religiös-reaktionärer Eliten über den Haufen zu werfen droht.

      • @Ajuga:

        Sie sehen den Widerspruch in Ihrem Beitrag? Sie attestieren anderen eine antidemokratische Agenda, schaffen es aber nicht, konservative (oder im Fall Stegemanns sogar etwas altbacken-linke) Positionen als legitimen Teil eines demokratischen Meinungsspektrums zu verstehen. Leider ist diese Sehnsucht nach ideologischer Homogenität symptomatisch für unsere Zeit und zwar quer durch alle politischen Lager. Das ist nicht nur intolerant, sondern im Grunde auch dumm, weil man sich der Widerrede als potentiellem Korrektiv versperrt (fun fact: sogar an mittelalterlichen Universitäten gab es bei öffentlichen Disputationen den advocatus diaboli - wollen Sie wirklich hinter das Diskussionnivau von 1200 zurückfallen?).

      • @Ajuga:

        Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Und eine mit einigen saftigen Invektiven versehene Gleichsetzung ist auch noch lange kein Argument.

        Was Sie übersehen, ist dass das wogegen sich diese Nachfolger wenden, durchaus nicht nur Gedanken sind. Aus diesen Gedanken sprießen Forderungen, politische Maßregelungen, Shitstorms, semi- oder auch ganz offizielle Verhaltensregeln in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens, also jede Menge auch repressiv wirkende REALE Schlussfolgerungen. Dass sich dagegen jemand wehrt, sollte man nicht so pauschal als Versuch abgiften, Denkverbote durchzusetzen.

        Es ist (fast) immer schwer, einem "ideologisch stabilisierten" Aktivisten klarzumachen, dass man seine Ziele schätzt aber nicht seine Methoden zu deren Erreichung, ohne dass der Einem die Absicht der Konterkarierung der Ziele vorwirft. Nichtsdestotrotz sollte es in einer offenen Gesellschaft immer einen Versuch wert sein...

      • @Ajuga:

        "antidemokratischer, religiös-reaktionärer Eliten"

        starke Worte, viel Propagandagetrommel, kein Argument!

        Ich glaube Kissinger hat das passende dazu gesagt:



        "Um eine starke Meinung zu haben muss man über eine Sache alles oder garnichts wissen"

    • 0G
      04405 (Profil gelöscht)
      @Ingo Bernable:

      die angesprochene rationale Kritik ist eben leider nicht widerlegt worden - weil der Fokus zu sehr auf den affekthaften und effekthaschenden schrillen Tönen liegt. Diese sind zugebenermaßen sehr leicht zu widerlegen - lohnenswerter wäre die Beschäftigung mit der rationalen Kritik. Am Ende würden vielleicht sogar beide Seiten noch was draus lernen, denn Kritik kann immer auch ein Potential für Verbesserung sein.

      • @04405 (Profil gelöscht):

        Aber natürlich.



        "Amazon ist diskriminierungsfrei und ohne Gewerkschaften“, so Stegemann. Der woke Kapitalismus ersetze mehr Lohn durch mehr Anerkennung. Zudem hebele das Beharren auf der mit Opferattributen versehenen Sprecherposition den Kern der Demokratie, „den zwanglosen Zwang des besseren Arguments“ (Habermas) unter Gleichen aus. All das ist nicht neu, aber eine rationale Kritik."



        Zu der 1. rationalen Kritik: Was ist rational an der Annahme, dass Diskriminierungsfreiheit zwangsläufig mit Lohndrückerei einhergehen müsse? Und warum sollte man daraus schließen, dass man sich wieder auf den Klassesnkampf alter Schule fokusieren müsse? Sollte man nicht meinen das sowohl faire Entlohnung als auch ein fairer und respektierender Umgang gleichermaßen berechtigte Forderungen sind?



        Zu der 2. rationalen Kritik: Um das Argument mit dem zwanglosen Zwang überhaupt vorbringen zu können benötigt man im Diskurs überhaupt ersteinmal eine als legitim empfundene Sprecher*innenposition. Denjenigen die ihre soziale Kämpfe vor Allem darum führen noch bevor sie ihre Argumente vorbringen können überhaupt erst einmal Gehör zu finden dies als Unterminierung von Demokratie und Diskurs vorzuwerfen läuft auf eine ziemlich perfide Art hinaus die bestehenden Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse zu zuementieren.

        • @Ingo Bernable:

          Es zeugt aber auch nicht gerade von vertieftem Einlassen auf andere Positionen, wenn Sie Stegemann unterstellen er würde von zwangsläufigen Zusammenhängen ausgehen. Wohlmöglich sind Stegemanns Aussagen die Beschreibung eines Zustandes. Diesen auszuräumen ist dann doch eher Sache der so vorbildlich achtsamen Konzernleitung. Wissen Sie etwas über entsprechende Erfolge? Falls nicht, fragen Sie doch mal an geeigneter Stelle nach. Diese ist aber weder Stegemann, noch Rödder oder sonstwer vom R21.



          Und wenn Steegemann kritisiert, dass der woke Kapitalismus Lohn durch Anerkennung (von Vulnerabilität) ersetze, woher nehmen Sie die Überzeugung, dass Stegemann umgekehrt mehr Lohn für weniger Anerkennung fordert?

          Das Konzept des besseren Argumentes geht, so wie ich es verstehe, davon aus, dass in der Bewertung eines Argumentes nicht an erster Stelle die Frage steht, wer es vorbringt. Ich weiß ja auch nicht wer Sie sind und Sie wissen nicht wer ich bin. Diese Anonymität lässt sich zwar nicht eins zu eins auf die Gesellschaft übertragen. Und dass bestimmten Personen aufgrund bestimmter Merkmale keine stringenten Argumenten zugetraut werden, ist ein Problem, das nicht in Abrede steht. Aber nehmen Sie doch mal das Beispiel juveniler Klimaaktivist. Man wirft ihm vor seine Argumente seien wertlos, weil er ein Kind (o.Ä.) ist und er (meistens sie) sagt, seine Argumente seien gerade deshalb valide, weil er Kind ist, der Kern des Argumentes ist also das Kind-sein. Da haben Sie auf beiden Seiten viel Sprecherposition aber wenig Argumente. Finden Sie das gut? Ist das Ihre Vorstellung einer gelungenen Gesellschaftlichen Debatte? Meine ist es nicht.

      • @04405 (Profil gelöscht):

        @Dietmar Rosenthal



        Exakt. Und wesentlich neutraler/freundlicher formuliert als von mir.^^