Vermögenssteuer als Wahlkampfthema: Meint die SPD es ernst?
Der Fraktionschef will die Vermögenssteuer zum Thema im Wahlkampf machen. Um sie tatsächlich einzuführen, muss die Partei einen Schritt weiter gehen.

D ie Debatte ums Bürgergeld hat die SPD verloren, und zwar nicht mit Anstand. Sie hat sich kampflos einer Stimmung ergeben, die jene, die wenig verdienen, gegen die, die nichts verdienen, ausspielt. Mit sozialdemokratischer Billigung soll der Haushalt auch auf Kosten der Ärmsten ausgeglichen werden – mehr Druck, mehr Sanktionen.
Dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nun erklärt, die Vermögensteuer zum Wahlkampfthema zu machen, ist ein erfreulicher Schwenk des Scheinwerferlichts auf die, die sehr viel besitzen. Aber nimmt man ihn der SPD wirklich ab?
Nötig wäre eine Vermögensteuer. Die Vermögensverteilung ist in Deutschland „überdurchschnittlich ungleich“, Tendenz steigend, stellte im Juli die Boston Consulting Group in ihrem „Global Wealth Report“ fest – eine Unternehmensberatung also und kein linker Thinktank. Solche, etwa das Netzwerk Steuergerechtigkeit, thematisieren die riesige materielle Ungleichheit hierzulande aber ebenfalls seit Jahren und rechnen vor, welche Milliardenbeträge sich der Staat mit dem Verzicht auf Reichensteuern entgehen lässt. Trotz all dem hat die SPD mit Grünen und FDP einen Koalitionsvertrag ausgehandelt, der Steuererhöhungen ausschließt.
Mit dem Verweis, „derzeit gibt es für eine gerechte Besteuerung keine ausreichende parlamentarische Mehrheit“, spielt Mützenich das Thema auch jetzt schon wieder herunter. Tja, uns sind die Hände gebunden.
Doch für die Rente nach 45 Beitragsjahren gibt es eigentlich auch keine „parlamentarische Mehrheit“, die FDP würde sie am liebsten wieder abschaffen, genau wie die CDU. Aber der SPD ist sie eben so wichtig, dass daran bei den Haushaltsberatungen nicht gerüttelt wird.
Wenn es den Sozialdemokraten also ernst ist mit der Vermögensteuer, dann macht sie das im Wahlkampf nicht nur zum Thema, sondern zur Bedingung. Aber im Zweifel haben sich die Sozis dann doch immer dem deutschen Geist gebeugt: Nach oben buckeln, nach unten treten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt